«die SMittwoch, 23. Feier 1038Nr. 45in allererster Linie die Rationalisierung! grapheu 1 und 2 ein Subkomitee ein.Erster Debatteredner Ivar May lSdP), dereine der üblichen selbstbewußten Reden„an die tschechische Nation" hielt, die doch wieder andererseitsdaö llnvermögen der SdP dartun, für ihreWähler auch nur die geringste positive Leistung zuvollbringen. Auf die außenpolitischen Vorgänge gingMay mit keinem Wort«in. Dafür erging er sich ineinseitiger Schilderung der Karlsbader Vorfälle inwüsten Beschimpfungen der Republikanischen Wehrund suchte den 18. Feber als„Scheinlösung" verächtlich zu machen.Von KoaliiionSscite sprach Polach lisch. Soz,dem.) über die Arbeitslosigkeit, als deren Ursache erbezeichnete. Zur Besserung der Verhältnisse in terTextilindustrie schlug er eine Reihe wohldnrchdai'uter Maßnahmen vor.Nächste Sitzung: Mittwoch um 14 Uhr.Der Präsident der Republik empfing am L2.Feber den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Bukarest Dr. Ferdinand Veverka. Weiters empfing der Präsioenteine Deputation von Chlwov, Lrbän und Paco»,welche ihm die Diplome der Ehrenbürgerschastüberreichten.Die Regierungsvorlage über das Getährrn'äquivalent wurde Dien-tag vom BudgetauSsihuß derAbgeordnetenhauses mit einer Reihe von Aenderun«gen angenommen. Der Referent Bergmannwies daraus hin, daß die SelbswerwaltungSkörper Inden historischen Ländern bisher Begünstigungen genossen, die nunmehr entfallen sollen; die Zuerkennung von Begünstigungen bleib« künftig dem Wohlwollen der Administraiive überlassen. Dr. Klapkaführte aus, daß dies« Neuregelung die Selbstverwaltung in Böhmen und Mähren-Schlesien mit etwa 18Millionen jährlich belaste. Luch gegen di« Festsetzung deS„gemeinen Wertes" als Bemessungsgrundlage wurden mehrfach Bedenken laut. Vaverka fisch. Sozdem.) begrüßte die Befreiung deSbeweglichen Vermögen» der mit der Wehrerziehungbetrauten Institutionen von dem Gebührenäquida-lent und verlangte die obligatorische Ausdehnungdieser Begünstigung auch auf die I m m o b> l i e ndieser Institutionen. Er beschwerte sich darüber, daßfür die Wehrerziehung kaum 1t bis 16 Millionenzur Verfügung stehen, obwohl die Kosten aus Sv bis70 Millionen veranschlagt sind.— Die Abstimmungüber die Paragraph« 1,7, 8 und 8 wurde vertagt.Eubkomltee für Verkehrszeichen. Der Regie-rungSentwurf über die Verkehrszeichen im Straßenverkehr wurde vom BudgeimiSschuß und vom verfassungsrechtlichen Ausschuß in Verhandlung gezogen. Letzterer setzte zur Beratung von Einwendungen gegen gewisse Formulierungen in den Para-AuSsührliche Angaben machte RemeS über dieDepurierungSaktion, von der 1988rund 1800 Millionen Steuerrückstände erfaßt wurden. Davon wurden über zwei Drittel abgeschrie»üen und nur 587 Millionen bezahlt. In das Jahr1987 wurden an Rückständen auS der DepurierungSaktion rund 2.760 Millionen übertragen;. erst derAbschluß fiir 1987 wird uns ein endgültiges Bildüber diese Aktion geben.Die außerordentlichen Steuerguischrif»ten für SteuervorauSzahlungen hält RemeS nichtmehr für notwendig. Im Jahre 1988 kostete dieseAktion die Staatskasse 74 Millionen. Sehr entschieden setzte sich RemeS für die fakultative Steuer»barzahlungbci den Steuerämtern ein. DerVerkehr mit den kleineren Steuerzahlern werdevieleinfacher sein, wenn jede Zahlung sofort in da- Steuerbüchel eingetragen tverden kann.Durch die Scheckeinzahlungsgebühr von 60 Hellern'werden die Steuerträger mit einer Sonder,st e u e r von mindesten- zehn Millionen K£ willkürlich belastet. Unter den Gründen für die Wiedereinführung regionaler Staatskassen führte RemeS auchdie Rücksicht auf die Staatsverteidigung an.wirklichen Quellen dec RüstungSfiiiaiizieruiig zugelangen. Diese wirklichen FinanzierungSquellenaber sind im wesentlichen zwei: 1. Die Aufzehrung aller Reserven und die Ausplünderung desdeutschen ProduktionSapparateü und 2. die Einschränkung des volkswirtschaftlichen Verbrauchs.Die Aufzehrung der volkswirtschaftlichenReserven vollzieht sich auf allen Gebieten. 1982hatte Deutschland große Vorräte an Getreide,Rohstoffen und Fertigfabrikaten aller Art. 1087mußte die Berfiitternng von Brotgetreide verboten und die Verwendung fiir die menschliche Ernährung auf die verschiedenste Weise gestrecktwerden. Seit vier Jahren treibt man Raubbauam deutschen Wald. Unternehmer und Kaufleutesehen mit Schrecken, wie ihre Lager immer mehrzusainmenschrumpfcn und dafür sich ihre Tresoreimmer mehr mit Kreditpapieren des Reichs füllen.Die andere große Finanzierungsquelle istdie Einschränkung des Verbrauchs. Sie besteht ineiner einfachen Formel: schlechter essen, sich schlechter Heiden und schlechter wohnen für mehr Gels.Qualitätsverschlechtcrung auf allen Gebieten beigleichzeitiger Preissteigerung, unzureichenderWohnungsbau.trotz Förderung der Bevölkerungszunahme sind die einfachen Methoden, mit denenNeue Provokation FrancosMarseille. Die Marseiller radiotelegraphische Station hat eine Meldung ausgefangen, in der eS heisst: Der französischeDampfer„Prad o" wurde auS Maschinengewehren von Flugzeugen 1k Meilen von Va-lencia beschossen. An Bord deS Dampfer- wurdeein Mann verletzt. Dem Dampfer eilt der fran-zösische Torpedobootzerstörer„Epervier" zu Hilst.Regierungserklärung erst nächste WocheDebatte über den StaatsrechnungsabschluB für 1936 eröffnet2.5 Milliardenfür wasserwirtschaftliche ZweckeIm Verkehrsausschuß des Abgeordnetenhauses erstattete Dienstag Arbeitemninister Jng.D o st ck l e k ein ausführliches Expost über diestaatliche Wasserwirtschaft seit dem Umsturz. Fürdiese Zwecke wurden bis 1988 fast 2% Milliarden investiert, wovon zwei Milliarden auf Baufirmen entfallen. Sechzig Prozent dieser Suinmeentfallen auf Löhne. Die Realisierung des gesamten Wasserwirtschaft-planes» dessen Hauptzielim Ausbau eines Wasserweges von der Nordseeund der Ostsee zum Schwarzen Meer über dasGebiet der Tschechoslowakei besteht, wild nochungefähr ztvei Milliarden flä erfordern. Den:Expost, das auch schriftlich vorlag, waren Karren bcigcgeben, au» denen die genaue Trasse de»Donau- Oder» und des Elbe- Donau- Kanalsersichtlich ist, deren Länge 278, bzw. 826 Kilometer betragen soll.Das Abgeordnetenhaus eröffnete Dienstagnachmittags die Aussprache über den Staat»-,... rechnungSabschluß für 1988, der schon im Atstl-denderdeutsche Arbeiter tatsäch-s schuß ungewöhnliches Interesse erweckt hatte,lich ausgezahlt erhält, kann er sichmindestens um 80 Prozent we»nigerkaufen als vord. e in Umsturz.DaS also ist das Ergebnis dieser kleinenPrüfung: die Preise sind in den letzten fünf Jah ren nicht nur um vier Prozent gestiegen, wie eSHitler behauptet, sondern um mindesten» 20 Pro zent und die Löhne sind nicht stabil geblieben,sondern in ihrer Kaufkraft um mindesten» 80Prozent gesunken.Diese beiden Beispiele zeigen nicht nur. wa»von den amtlichen statistischen Zahlen zu haltenist, sie zeigen auch, wo man den Hebel ansetzenmuß, um da» ganze schöne Zahlengcbäude insWanken zu bringen. Geht man von einer 20pro«zentigen Preissteigerung aus, dann ist z. B. da deutsche Volkseinkommen nicht um 60 Prozent ge stiegen, wie behauptet wird, sondem seinem inne ren Werte nach nur um 17 Prozent.Aehnlich geht e» mit den Werten der ge werblichen und landwirtschaftlichen Erzeugung,den Umsätzen des Handwerks und des Einzelhan dels. mit der Aus- und Einfuhr usw.Besonders aufschlußreich ist die Nachprüfungder amtlichen Angaben über da» Lohn- und Ge-haltSeinkommen: Danach betrug das deutsche Ar beitseinkommen 1982 nur 26.99 MilliardenRM. 1987 aber 89.80 Milliarden. Berücksichtigtman auch hier die 20prozentige Preissteigerung,legt also di« Kaufkraft der Mark von 1982 dem(lullucll„„ 1)lllu lwlll„ U| vls„„Vergleich zugrunde, so schrumpft das Arbeitsein-1 ten Defiziizifsern lKasiendesizit 1759, rechnung».kommen von 1987 schon auf 81.44 Milliarden 1 mäßige» Defizit 2818 Millionen) ein.durch eine wie immer von genauer Sachkenntnisund Gründlichkeit zeugende Rede des Berichterstatters R e m e S. Für die Plenardebatte sindbereits zwölf Redner contra und elf Redner pro! gemeldet, so daß sich die Debatte bis mindestensFreitag auSdehnen wird.Vorher verhandelte ein« Klubobmännerkonferenz der Koalition unter Vorsitz des Abg.Beran iiber verschiedene aktuelle Fragen. Mi-! nisterpräsident Dr. HodZa hatte sich entschuldigenlassen. Abg. Beran verdolmetschte die Absichtender Negierung dahin, daß vorläufig(fürdiese Woche) mit einer außenpolitischen Stellungnahme der Regienmg n i ch t zu rechnen sei.Al» wahrscheinlicher Zeitpunkt dieser Erklärungwurde in den Couloir» der nächste Donnerstaggenannt. Im Lauft der nächsten Tage wird Dr.Hodisa die Obmänner der koalierten Parteien erstnoch eingehender über die innen- und außenpolitischen Aktualitäten informieren.Vorläufig werden die Koalitionsredner daher keine außenpolitischen Gesichtspunkte in der Debatte zur Geltung bringen.Sollte jedoch die Opposition die Außenpolitik inden Vordergrund nicken, so ist eventuell mit e'nergemeinsamen Erklärung der Koalition zu rechnen.Berichterstatter RemeS widmete der formalenSeite de» Rechnungsabschlusses lehrreiche Betrach»,! tungen und ging dann auf die Analyse der bekann-dern daß auch der Geldbetrag ihre» Lohne»wesentlich höher war.Auch bei den Löhnen läßt sich der Wider spruch zwischen der amtlichen Statistik und dentatsächlichen Verhältnissen unschwer aufllären.Wie bei den Preisen geht die Statistik auch beiden Löhnen nicht von den tatsächlich gezahlten,sondern von den amtlich festgesetzten Löhnen au».An dir Stelle der Tarifverträge, die zwischenUnternehmern und Arbeitern vereinbart wurden,sind nach dem Umsturz die sogenannten Tarif ordnungen getreten, die von Reichsbeamten, den„Treuhändern der Arbeit", erlassen tverden. DieLöhne, die in diesen Tarifordnungen festgesetzttverden. ohne daß die Arbeiter dabei auch nur ge hört werden, gelten oksiziell als Mindestlöhne, inWahrheit sind eS in den meisten Fällen Höchst löhne. In allen Tarifordnungen sind nämkrchAuSnabmellauseln enthalten, die für einzelne Ar beiter, für einzelne Betriebe oder für ganze Be zirk« ein Unterschreiten der„Mindestlöhne" zu lassen.Die Statistik aber nimmt von dieser„Auf lockerung" deS deutschen Lohnniveaus keine Notiz,ebensowenig wie sie davon Notiz nimmt, daßheute die deutschen Arbeiter mehr denn je tm Ak kord arbeite» müsse» und daß seit dem Unisturzjede neue Alkordfestietzung für den Unternehmer sich in"däs'Gestrüpp der Schächt'schen Geld- und»üt» Gelegenheit zum Lohndruck war, gegen den Kreditpolitik zu verlieren. Zweifellos sind Dut- man daö Volk zwingt, seinen Verbrauch einzu»sich die Arbeiter nicht wehren konnten. zende von Milliarden an RüstungSwechsetn und. schränken. Eines Tages wird das deutsche Volk er»Ebenft spricht Hitler zwar von der Bezah« I ReichSschahanweisungen auSgegeben worden- aber kennen, daß alle„Großtaten" der Diktatur be-lung der Feiertage und des Urlaubs, verschweigt jedermann ist klar, daß TanlS, Flugzeuge, Auto«, zahlt werden müssen, bezahlt werden müssen mitaber, daß eß beute in den meisten Betrieben zur streßen und Prachtbauten nicht mit bedrucktem I der Arbeit und den Entbehrungen des Bolles.Uebung geworden ist, Uebcrstundenzuschlage und|———■———dergleichen nicht zu bezahlen.Vor allem aber verschweigt Hitler die unge heure Steigerung der Abzüge. Lohnsftuer, Bür-gerstcuer. Arbeitsfrontbeitrag, Winterhilsüspendeusw. machen in den meisten Fällen 20 Prozentdes Lohnes au», manchmal sogar 26 Prozent.Und wenn man nun noch die tatsächliche Preis steigerung hinzunimmt, dann ist eö niedrig ge griffen, wenn man feststeUt: für den Lohn,RM zusammen. Berücksichtigt man aber außer« Papier gebaut werden können, sondern daß diesesdem, daß 1982 nur 12.68 Millionen Arbeiter bedruckte Papier nur ein Umweg ist, um zu denund AngesteNte Beschäftigung hatten, 1987 aber18.37 Millionen, so ergibt sich, daß d a S j ä h r-liche Durchschnittseinkommendes Lohn- oder GehaltSempfän»ger»von20SS RM im Jahre1982auf 1 7 11 RM imJahre1937gesun»k e n ist. Dabei ist die Erhöhung der Abzüge nochnicht eingerechnet.ES ist nicht z»l leugnen: Deutschland hat inden letzten fünf Jahren so und soviele TausendKanonen, Flugzeuge, Tanks, so und soviele hun dert Flugplätze, Kasernen, Befestigungsanlagen,so und soviel tausend Kilometer strategische Stra ßen gebaut. Es hat fast«ine Million Soldatenunter den Waffen und fast eine viertel MillionArbeitsdienstler.Da» alle« ist da, ist nicht zu bestreiten, aberebensowenig zu bestreiten ist, daß da» alle» Geldkostet, ungeheuer viel Geld und die entscheidendeFrage ist und bleibt: wer bezahlt dasalles? Wer bezahlt die Arbeitsbeschaffung,wer bezahlt die Rüstung?Auf alle diese Fragen gibt eü eine sehr ein fache Antwort. Es kommt gar nicht darauf a»,;14Der ewige SchattenMax Hochdor!Roman vonDas Fräulein Adelgonde de Bockst starrte zurHöhe. Da die beiden Männer jedoch hinter demGebüsch versteckt waren, konnte sie nichts sehen.Sie stürmte hinauf.„Hier, hier, hier", gab siedas Signal,„Freunde kommen, sie warten schonvieft Stunden auf Sie!"„Ich störe die Herren doch nickst? Ich bindoch nicht zu unwillkommen?"Das erste Wort, das Maimon Viterbo her-vorstvmmelte, war:„Man wird Ohne» Häschernachschicken, mein Fräulein! Sie tun Unrecht, sichunseretwegen in solche Gefahr zu begeben."Jehuda Valdez konnte aber nicht sprechen.Das Fräulein:„Sorgen Sie sich darumnicht, meine Herren! Die Königin liegt im schweren Fieber. Sie droht, den Prinzen an ihr Bettanletten zu lassen. Sie hätte ihn erdrosselt, würdeder Prinz von ihrer Seite gewichen sein. Siehaben keine Zeit dort, um nach un» zu fahnden.,— Durst haben die Herren? Hunger haben dieHerren? Alles ist da für Hunger und für Durst."Sie zog die beiden aus dem Gebüsch. Sieerblickten am Fuß des Abhang» einen Planwagen,wie ihn die Wanderkrämer brauchen, um durchdie Länder zu fahren. Zwei Pferde waren angepflockt, und ihre Köpfe steckten im Hafersack. Indem Planwagen hingen an Stangen irdene Teller und hölzerne Löffel, Pfriemen und Wollknäuel, Peitschenstiele und Bastschuhe, ein ganzer,bunter Kram.„Da» bin ich, die Krämerin, und die Arletteist meine Mutter, und mein Kutscher ist sie auch",erzählte das Fräulein.„Habe ich das gut auSge,dacht, meine Herren? Und der alte Herr, er istmein Vater, und der junge Herr, er ist..." Siestockte, sie errötete:„Mein Bruder oder meinHerr Gemahl. Er hat nur zu wählen."Scherzen wollte das Fräulein, aber eS klangschwermütig, wie eS eben klingt, wenn ein Menschnoch gar nichts ahnt von dem neuen Leben, inda» er sich hinausgeworfen hat.Das Fräulein Ivartete, daß au» den beidenMännern etwa» antworte, eine angsteinschläferndeReihe von Silben. Sie dachte, sie könnten dochzu mir herantreten, sie könnten mich doch, jedereinzeln, an die Hand nehmen, ich bin ihnen dochnicht mehr fremd, ich bin doch mit ihnen vereintdurch das gleiche Zufluchtsuchen, durch ein Abgestorbensein im gemeinschaftlichen Unglück, durchden nämlichen Wunsch, wiederaufzuwachen, damitda» ganze Dasein neu entdeckt und neu gemeisterrwerde. Sie hatte eß sich so schön ausgedacht, dieseSache des Wiederfindens. Ein heiteres Aufeinanderstürzen sollte es sein, ein blitzartige» 2n-einanderflammen der Freundschaft, ein Verkürzen der Fremdheit. Und nun standen die beidenMänner erstaunt und zögernd vor ihr. Sie wagten es nicht einmal, ihr die Hastd zu reichen. Sielüfteten nicht einmal die dicken Kappen, umirgendwelchen Ausdruck des Hörenwollens aufihren Gesichtern zu entschleiern. Sie konnten sichvon ihr abwenden, ohne Abschied zu nehmen. Unddann würde sich nicht» zwischen ihnen und demFräulein spannen al» der trostlose Raum. In diesem Augenblick meinte Adelgonde de Bocht, daßsie besser getan hätte, zu der Mutter zu flüchtenals zu diesen beiden unbeweglichen und undurchdringlichen Wesen. Mso war alle» nur ein Träumen gewesen, ein Irrtum, diese» Nachwandern,diese» nachtwandlerische Flattern nach den beidenFremden, ungeheuer Fremden?Maimon Viterbo sagte:„Wir danken Ihnenvon ganzer Seele, daß Sie alle» so tapfer eingeleitet haben, um uns au» der Hölle zu entführen."Sie hörft wohl Worte, doch keinen Sinn.Mit Worten nur wollte sie nicht abgespeistsein. Zu groß war ihre Hoffnung gewesen. Wassich jetzt erfüllte, schien ihr nur kärglich und kränkend. Ein Wunder ersehnend, blieb sie am Bodenhocken. Sie hob die Arme, wie ein Vogel mitgebrochenen Flügeln, der sich verzweifelt regt,weil er noch einmal versucht, sein Lebenselementzu erreichen.Endlich geschah e», daß die beiden Männerihre Hände ergrifft«. Sie ließen nicht mehr lo».Sie stützten sie so fest, daß sie nicht mehr in ihreVerwirrung zurückfallen konnte.DaS Fräulein warf sich Maimon Viterbo andie Brust. Sie umschlang seinen Hals. Sieschluchzte:„ES wird alle» so schwer sein, so unendlich mühevoll."Mainwn Viterbo legte ihr die Hand aufSHaupt. Magnetisch verzaubert, bohrte sft ihreblonden Flechten in die Hände, von denen sie gestreichelt wurde. Die Hand, die auf ihr ruhte, warder Hebel, der verhinderte, daß sie von neuem insich zusammensank. Sie zitterte nicht mehr. Siewar nicht mehr taub für den Sinn der Worte, diezu ihr gesprochen wurden. Sie war nicht mehrblind vor Angst, daß lein Strahl der Herzlichkeitaus diesen fremden Wesen zu ihr ströme. Siefühlte sich ihnen verwandt und geborgen bei ihnen.Sie hörte ganz deutlich, wie Maimon Vi«rerbo zu ihr sprach:„Der Herr segne dich undbehüte dich, der Herr lasse dir sein Antlitz leuchten und sei dir gnädig!"•Ein Krämergespann fuhr südwärts durchFlandern und Frankreich. Bald zügelte ein alterMann die schweren, landstraßengewohntenPferde, bald ein junger Mann. Hätten die Bauernin den Dörfern, hätten sich die Städter die Mühegegeben, genauer in die Augen de» Jungen zublicken, der Traumschftier über seinen Pupillenwürde sie verwundert haben. Die Bauem und dieStädter waren aber viel zu neugierig auf da»,Was unter hem Plandach an den Stricken vonGeschirr und Handwerksgerät hing, al» daß siesich viel um die Augen der Krämerfamilie kümmerten.Südwärts, weiter südwärts— freute sichdie einträchtige Familie, und die Olivcnwäiderwerden Schatten spenden und noch mehr Schattendie brcitfächcrigen Palmen. Saft quillt au» decErde Andalusiens. Wird dort soviel gesungen, soist es, weil dort die Menschen nicht Sorge habenum Brot und Wein. Wird dort soviel getanzt, soist es, weil die Hüften der Mädchen, weil dieMuskeln der jungen Männer nicht vorzeitig erschlaffen im Rackern gegen den Geiz der Aeckcrund der Bäume.Der Kutscher wandte sich zu den beidenFrauen um, die im Hintergrund des Wagenslagerten, und er sprach:„Meine Damen, sie dürfen nicht erschrecken, wenn die gleichen Menschen,denen die süßen Feigen in den Mund wachsenund die herrlichen Trauben und die Granatäpfelund die dunkelgoldenen Orangen, manchmalblutgieriger sind als die Wölfe, heißhungrigerim Bösetun als die Raubadler, wahnsinniger imErsinnen von Grausamkeit als die Giftotlcrn,gegen die wir unsere Tier« mit Lederschicncnschützen mußten."DaS Fräulein Adelgonde de Bocht sagte:„Die Welt ist viel schöner als ich geträunst habe,Herr Jehuda Valdez."„Vielleicht— vielleicht wird sie e» einmalsein", erwiderte Jehuda.X.In diesem Sommer 1600, da der kastilischenKönigin Johanna, auch Herrin über da» vomSalbwind gnädig gedüngte Land Flandern, ihrSohn Karl geboren wurde, hatten segensreicherRegen und flammende Sonne schönsten Wechselgebracht..(Fortsetzung folgt.)!