Seite 1 SamStag, 12. März 1938 Nr. 00 ..Was wollen Sie am Nordpol..I Interview mit Prof. Otto Schmidt an Bord des Eisbrechers3ermak" Der berühmte Polarforscher Uber die Aufgaben und Erfolge der Papanln>Leute Kopenhagen.  »Nehmen Sie einen Kognak vom Kaukasus, dieselbe Sorte, die wir am Nord-! pol tun 20. Mai des verflossenen Lahres getrun­ken haben, grade als wir mit unseren Flugzeugen, gelandet waren...? Oder ettvas Kaviar und| Fruchtsalat, denn mit diesem Festmahl haben wir! die erste Nacht gefeiert, die wir direkt auf dem I Nordpol verbrachten.. So begrüht Prof. Otto Schmidt die däni­schen Journalisten, die vom Lotsen-Boot an Bord des EisbrechersLerma!" klettern, gemeinsam mit dem Lotsen, der das imposante Schiff durch die dänischen Gewässer, den Großen Belt  , steuern soll, um dann mitPolldampf voraus!" ins Eis­meer den Papanin-Leuten entgegenzueilen. Ln fieberhafter Eile hat man in Kronstadt   dieses bestePferd im Stall", den Riesen unter Ruß« landS Eisbrecher-Flotte, ausgerüstet, einen ruhm­reichen Veteranen im Polarmeer, mit dem nach Prof. Schmidts Ansicht, selbst wenn alle anderen Versuche scheitern sollten, die Bergung der Papa- nin-Leute von ihrer Eisscholle nebst ihrem wert­vollen wissenschaftlichen Material auf jeden Fall möglich ist. 180 Mann beträgt die Besatzung, außerdem Prof. Schinidt nebst seinen 25 Mit­arbeitern, Wissenschaftlern, Fliegern, Journali­sten und einer charmanten Aerztin. Prof. Otto Schmidt   ist unter der Elite der Polarforscher von heute fraglos dasAtz". Er sieht eigentlich älter aus als seine 40 Jahre, das macht wohl nicht nur der massive Vollbart, son­dern man vermeint, ihm die Strapazen seiner heldenhaften Tscheljuskin-Fahrt und seiner jüng­sten Nordpol-Expedition anzusehen. Aber lächelnd bestreitet Prof. Schmidt dielaienhafte" An­nahme, daß man am Nordpol   nichtkomfortabel" lebe: Ich war selbst 10 Tage am Nordpol   und kann Ihnen versickern. wir lebten genau so gut wie in Paris  ! Bon Pemminkan- und Bisquit- Nahrung kann gar keine Rede sein, wir und ebenso die Papanin  -Leutel hatten alles, was das Herz begehrt. Jeden Tag ein anderes Menn! Man könnte es sonst garnicht solange aushalten in der Arktis   und wenn wir das nicht vorher organisiert hätten, dann hätten wir niemals un­sere großen Polar-Ersolge erreichen können. Ein Beispiel: wenn das weibliche Mitglied einer un­serer Polar-Erpeditionen auf Franz-JosefS-Land   mit Zwillingen niederkommen konnte, dann können wir wirklich sagen, daß wir in der Arktis  Fuß gefaßt haben. Das ist nämlich auf einer un­serer Expeditionen passiert!" Damit weichet sich daS Gespräch der am mei­sten interessierenden Frage zu. Seit Jahren beob­achtet die Welt den verwegenen, ja gradezu phan­tastischen Einsatz der Rusten an Menschenleben und Material am Nordpol  , seit Wochen bangte man um daS Schicksal der vier Papanin-Leute auf ihrer treibenden, zuletzt geborstenen Eisscholle: Was wollen die Rusten eigentlich am Nordpol  ...? Fuß fassen am Nordpoll Unsere Idee", erklärt Prof. Schinidt, zum Nordpol   zu fliegen und durch längeren Aufenthalt dort die Polargegend wirklich zu er­forschen, ist ja an sich nicht originell. Dasselbe schwebte als Ziel ja einem Nansen, einem Andrö, einem Amundsen vor, und vor einigen Jahren erst wollte der Engländer Martin Lindsatz zum Nordpol mii dem Luftschiff fliegen und sich dann auf dem Eise durch die unerforschten Regionen treiben lassen. Wir sind die ersten, die solche Pläne auSgeführt haben, und zwar mit Hilfe von Flugzeugen. Unser Ziel ist kein anderes als bei unseren Vorgängern: die Nqrdpol-Regionen so intensiv zu erforschen, daß man wirklich in der Arktis   Fuß faßt l Die Papanin-Expedition und vor allem die Tatsache der Ueberwinterung am Nordpol   beweist,, daß wir unser Ziel erreicht haben. Die technische Vorbereitung war ganz ans die Schtvierigkeiten des großen Zieles eingestellt, und jeder wird zu­geben, daß große wissenschaftliche Resultate erreicht wurden. Zum ersten Male konnten eine längere Zeit hindurch regelmäßig täglich meteorologische Be­richte aus einem Gebiet gesandt werden, daS tat­sächlich bis dahin unerforscht war. Wir haben er­kannt, daß der hohe Luftdruck und das ruhige Wetter, daS nach unseren früheren Annahmen in der Nordpol  -Gegend herrschen sollte, in Wirklich­keit nicht existiert. Das Klima ist dort genau so Vom Rundfunk CMWtehlenswerte> aus den Proirammaai Sonntag: Prag  , Sender k. 7.80 Konzert aus Karls­ bad  . 9.00 Ueberlragung aus Böhm.-BudlveiS: L. Schmidt: Mista SolemniS. 13.20 Unterhaltungs­konzert. 14.16 Deutsche   Arbeitersendung: Abg. Wenzel Jaksch  : Der Parteitag der deutschen sozial­demokratischen Arbeiterpartei. 17.40 Deutsche   Sen­dung: Orchesterkonzert: Sudetendentsche Komponi­sten dirigieren eigene Werke. 18.46 Sportbericht vom Sonntag. 19.10 Militärmusik. 20.80 Festkonzert aus Budweis  . 22.36 Tanzmusik. Brünn. 15.16 Deutsche   Sendung: Zur Frier des 120. Geburtsta­ge- von Reiffeisen: Konzert. 17.86 Deutsche   Sen­dung: Dr. Glück: Deutsch  -tschrchische Kultnrbezie- hungen in Mähren.   Pretzbnrg: 10.20 Kompo­sitionen von Joh. Strauß. Mähr.-Ostrau. 20.10 Uellokonzert. sturmreich Ivie anderswo, Papanln hat ja genug von Cyklonen zu berichten gewußt. Ferner wurden zum ersten Male Lotsungen in der direkten Umgebung des Nordpoles vorge­nommen. Peary   versuchte ja auf seiner Schlitten­reise zum Pol die Tiefen zu messen. Bei 2300 Meter hatte er noch immer keinen Grund, aber weiter reichte sein Lot nicht. Wir haben an« ersten Tag, als wir am Nordpol   waren, eine Lotung vorgenommen, die eine Tiefe von 4000 Meter ergab. Die vielfach vertretene Theorie von einem Kontinent in der Nähe des PoleS ist somit also entkräftet! Ferner sind unsere htzdrographischen Kennt­nisse deS Polarmeeres revidiert worden. Es ist jetzt bewiesen, daß die warmen Strömungen deS Atlantik   weit nördlicher verlaufen als man bis­her annahm. Außerdem werden eine Riesenzahl von Wafferproben zu unserem Verständnis für das biologische Leben im Polarmeer beitragen. Luftlinie Moskau   Chicago   via Nordpol  ? UebrigenS solle man sich, erzählt Professor Schmidt weiter, den Nordpol   nicht so trist und tot vorstellen, wie man es im Allgemeinen tut. Kritik eines ksekmennes Im Lande des vervollkommnetsten Parla- mentarismus, im Dritten Reich  , erschien ein Buch von Philip Gibbs   unter dem TitelEngland sprcht". Ln diesem Buche wird folgendermaßen vom englischen Unterhause gesprochen: Wenn man von der Fremdengalerie auf das Unterhaus hinabschaut, sinkt einem vor all der Mit­telmäßigkeit daS Herz in die Hosen. Jeder JmpillS fehlt. Die Männer in den beiden vordersten Rei­ben sind zwar ehrenwert, aber dumm. Mit wenigen Ausnahmen hat die Arbeiterpartei keine Führer von Qualität. In der konservative«: Partei fehlt jeder Anzeichen dafür, daß auS ibr jemals ein Führer erstehen könnte, der einen Funken vom"Feuer der früheren konservativen Führer in sich verspürte. Diese Partei ist eine zahrne Versammlung schaf»- ähnlicher Mitglieder, die sich, wenn die Glocke er­tönt, stumpfsinnig im richtige«« Stall einfindet.. Den richtigen Eindruck von diesem Stall bekam man gerade in den letzten Wochen, als Chamberlain und Eden sprachen. Wie erhaben muß sich gegenüber dieserzahmen Versamm­lung" der Deutsche Reichstag fühlen! ZugSunglück in Polen  . Freitag früh um 6 Uhr entgleiste ein Personenzug auf der Strecke von Warschau   nach Zdolbunowo. Zu dem Unfall kam eS bei Koivel. Der Gepäck- und der Postwa­gen, sowie drei Waggon- zweiter und dritter Klaffe stürzten um. Der Gehilfe deS Lokomotiv­führers wurde getötet, der Heizer leicht verletzt. Vier Personen, darunter drei Reisende erlitten Verletzungen. Schwiegertochter Ebertü verübt Selbstmord. Wie erst jetzt bekannt wird, ist vor einigen Tagen die Sck«wiegertock)ter des früheren Reichspräsiden­ ten Ebert   im Badezimmer ihrer Wohnung tot aufgefunden worden. Es ist noch nicht bekannt, ob ein Unglücksfall oder Selbstmord vorliegt. Erfahrungen deS passiven Luftschuhe-. Der Chef der eidgenössischen Abteilung für den paffiven Luftschutz, Prof. Dr. von Wald­kirch, hielt über dieses Thema in Bern   einen Vortrag. Seinen intereffanten Schlußfolgerun­gen entnehmen wir: Aus den bisherigen Erfah­rungen(Abessinien, Spanien  , China  ) läßt sich I Märzgedenken 1848 Auf dem Wacholderberg bei Teplitz   erhebt sich ein originelles Denkmal. Aus einer Anzahl von Gesteinsplatten, die die Namen der unilie« genden Gemeinden tragen, erhebt sich ein schlan­ker Obelisk und erinnert mit der Inschrift:Ma­die Väter kämpfend errungen, sollen wachsam wahren die Jungen" an den Bauernbesreier HanS Kudlich  . 60 Jahre steht nun diese- Denk­mal und SO Lahre sii«d es her, daß der März­sturm über die Kaiserstadt brauste und den Fun­ken der Revolution zur hellen Flamme anfachte. Am 13. März 1848 kam eS in Wien   zum ersten Zusammenstoß mit den« Militär. Unter den Verwundeten ist ein junger Student, dem ein Bajonettstich die rechte Hand durchbohrt hat. Ar­beiter tragen den Ohninächtigen auS dem Ge- tümn«el und leisten Ihm die erste Hilfe. Wenige Monate später wird der Vierundzwanzigjährige in seiner schlesischen Heimat zum ReichSrat-abge- ordneten gewählt. Als Bauernsohn wejß er, Wa­den Bauern drückt: Im Wiener   Reichstag   stellt der Bauernsohn HanS Kudlich   den Antrag auf Aufhebung deS Untertänigkeit-Verhältnisse- samt allen daraus entspringenden Rechten und Pflichten. Nach fünf Wochen wird der Antrag Gesetz. Ungeheuer ist die Begeisterung unter der Bauernschaft, Tausende bringen ihm einen Fak- kelzug, sein Name ist in aller Munde. AIS   aber Am ersten Tag, als wir am Nordpol   waren, sahen wir Vögel, und oft genug wurden wir von Möven begleitet, die ihre Fischnahrung im Schmelzwasser de- Packeises finden. Unsere flie» genden Freunde haben also Jahre hindurch den Nordpol   besucht und wir haben ihnen im letz­ten Sommer da- Kunststück per Flugzeug nach­gemacht". Jetzt stellt ein Berichterstatter Professor Schinidt die direkte Frage, ob nicht in Wirklich­keit das eigentliche Ziel der ganzen Nordpol- Arbeit die Herstellung einer Luftlinie: Moskau  Chicago   via Nordpol   sei? Hier antwortete Pro­fessor Schmidt sehr zurückhaltend:Für unS ging eS nur darmn, den wissenschaftlichen BeloeiS dafür zu führen, daß ein längerer Aufenthalt am Nordpol möglich ist, den haben wir erbracht. Ich persönlich zweifle nicht daran, daß die Realisie­rung einer solchen Luftlinie möglich ist, wenn zu­vor mehrere meteorologische Stationen im Polar­meer angelegt werden".Und wenn diese Stationen vom Eise abgetrieben werden?" Dann werden wir sie per Flugzeug wieder zu­rück transportieren!" Wie gesagt: hier kam Prof. Schmidt au- verständlichen Gründen nicht ganz mit seiner Meinung heraus. Al>er es besteht wohl kein Zwei­fel. daß der imposante Einsatz der Russe  «: in der Arktis   weniger rein theoretisch-wissenschaftlicher Forschung dient, al- dein praktischen Endziel: einer Revolutioniening der Luftverbindung zwi­schen den Kontinenten via Nordpol  ! deutlich erkennen, daß nur eine Bevölkerung die Schrecken de- Kriege- erfolgreich bestehen kann, die gewillt ist, die schwersten Opfer auf sich zu neh­men unb welche wohlvorbercitet den Ueberra« schlingen standhalten wird. Entscheidend ist die Größe der seelischen Widerstandskraft.Unsere Aufgabe", so sagte der schweizerische Fachmann, besteht nicht darin, Boll und Staat bis ins Letzte z«» militarisieren, sondern die vorhandenen Mittel zum Schutz von Land und Volk au-zu- nützcn. Die Organisation deS paffiven Luftschut­zes bildet aber nur da» Gerüst, welches die ge­samte übrige Bevölkerung in ihrem eigensten Jn- tereffe ausbauen muß. Durch einen sorgfältig auSgebautcn passiven Luftschutz werden wir unS gegebenenfalls nicht nur bis zum äußersten ver­teidigen können, wir werden auch anderen Leu­ten den nötigen Respekt einznllößen vermögen. Ein aufgeklärte- Voll, daS den Willen aufl>ringt, sich gegen jeden Gegner zu widersetzen, wird sich auch zu schützen wiffen. Vom italienischen Flugwesen. In der Zeit­schriftRassegna Jtaliana" veröffentlicht der UnterslaatSsekretär im Luftfahrtministerium Ge­neral Valle einen Artikel über das italienische Flugwesen. Er geht davon a««S, daß das Flugwe­sen dazu bestimnit ist,«in Hauptelement deS Fortschrittes der Völker zu werden. Er sagt u. a die italienischen Apparate seien nicht erbaut wor­den, um Rekorde aufzustellen, sondern ausschließ­lich für die Erforderniffe ihrer praktischen Ver­wendung. Rekorde bilden allerdings eine Schluß­prüfung, durch die die unbedingte Vollkommen­heit des Apparates in bezug auf die Sonderver­wendung, für die es erbaut wurde, bewiesen wird. Ausführlich schildert General Valle die hohe Enttvicklung deS Unterrichtswesen» für Flieger und Spezialisten. So wurden in Florenz   eine Fortbildungsschule für Fliegerunterleutnants, die aus der Akademie hervorgegangen sind, in Roin eine Schule des Luftkriegs, in Viterbo   ein Kurs für Fallschirmspringer, in Rom   eine Segelflieger­schule für alle Fliegerosfiziere sowie sehr viele Fliegerschulen niederer und Höherer Ausbildung in ganz Italien   geschaffen. Zyklon tötet Ploisiagenarbeiter. Es bestehen Befürchtungen, daß in den Plantagen im Ge- birgSdistrikt Dibrugarn, wo eine Zyklon wütete, viele Arbeiter um» Leben gekommen sind. AuS den Trümmern der Hütten wurden bereits 26 Tote geborgen, nach weiteren wird geforscht. 46 Personen, darunter Frauen und Kinder wurden in» Krankenhau» übergeführt. Horak dreißig Jahre Zwölf Stimmen: Schuldig! Prag.rb Nach Abschluß deS Beweis- verfahrens war die Freitag-Verhandlung auSge« füllt durch die Plädoyers und die Urteilsfällung. Staatsanwalt Dr. Andres summierte die be­lastenden Momente und bat die Geschworenen, sämtliche Schuldfragen zu bejahen. Die Verteidi­gungsrede de» Anwalts des Angeklagten, Tr, P ö s l, wurde zum größten Teil unter Ausschluß der Oeffentllchkeit gehalten. Soweit sie der Oef- fentlichkeit zugänglich war, berief sich der Veriei- diger darauf, daß der Angeklagte eher in die Pflege einer Heilanstalt gehöre, als in die Strafhaft. Die Geschworenen bejahten nach länge­rer Beratung die Schuldfragen auf das Verbre­chen des Meuchelmordes, auf das Ver­brechen des Be t r u g e s durch Fälschung einer öffentlichen Urkunde und auf die Uebertretung de» Diebstahl» mit allen zwölf Stim­men, die Schuldfrage auf das Verbrechen der Münzfälschung mit neun Stünmen. Nach der gemeinsamen Beratung de» Ge­richtshofes mit dem Geschworenenkollegium ver­kündete der Vorsitzende daS Urteil,% durch wel­che- der Angeklagte Josef Kamil H o r ck k im vol­len Umfang der Anklage schuldig erkannt und zu dreißig Jahren schweren Ker­ker- verurteilt wurde. Der Verurteilte erklärte die Strafe anzunehmen und sofort anzutreten. Flugzeugabsturz. Auf dem Flughafen Vi­ terbo   bei Rom  , stürzte ein Militärflugzeug kurz nach dem Start ab. Die aus fünf Mann beste­hende Besatzung fand den Tod. Da- Journal der Abenteuer. In Amerika   er­scheint seit langem, wie in anderen Ländern mich, eine Zeitschrift, die sichJournal der Abenteuer" nennt, und alle möglichen Reiseberichte, Romane und Erzählungen au» fünf Weltteilen bringt. Zu Be­grün des vorigen Jahre- hatte die Zeitschrift einen ausgezeichneten Einfall: sie schuf eine RubrikKleine Anfragen  ", und jetzt teilt die Redaktion mit, daß sie im Jahve 1987 auf 4000 Anfragen Antworten erteilt habe«» ist bei weitem der mühevollste Teil der Redaktion-arbeit, und e- mußte eine eigene Ab­teilung dafür geschaffen werden. Man wird die» ohne weitere- glauben, wenn man z. B. erfährt, daß ein Leser, der eine Weltreise auf dem Motorrad an­treten wollte, eine genaue Route der Straßen quer durch Asien   wiffen tvollt«. Die Redaktion hat sich an einen Chinakenner und Asien  -Forscher gewandt, und dieser hat in Forni eine» Artikel» von Allge- mein-Jntereffe die gewünschte Antwort gegeben. Ein anderer Leser schrieb, er beabsichtige den Rest seine» Lebens irgendwo zu verbringen, wo es am meisten Früchte verschiedenster Art gäbe. Er wollte mich Galapago» gehen. Die Zeitschrift klärte ibn dar­über aus, daß er lieber sein Hau» auf den Abhängen de» Kirikwi-Berge» in Panama   bauen sollte; dort ist der Fruchtreichtum am größten. Die Redaktion ver­rät, wie sie zu ihren Kenntnissen gelangt; Mitarbei­ter von so universellem Wissen sind einfach nicht auf­zutreiben. Sie hat daninr ein Preisausschreiben ver­anstaltet, und eine neue Kartothek von Forschern, Großwildjägern, Kapitänen, aber auch einfachen Touristen angelegt, und jetzt kann sie keine Frage mehr verblüffen. Veränderlich! In Mitteleuropa   herrscht nun­mehr veränderliches und etwa» kühlere» Welter mit Schauern vor. Auf den Bergen fällt zeitweise Schnee und die Temperaturen verblieben dort 2 bi» 4 Grad unter dem Gefrierpunkt. Auch in den Nie­derungen ist ein weiterer Temperaturrückgang ein- getreten, so daß z. B. in der Republik   die Nachmit- tagS-Teinperaturen am Freitag überall unter 10 Grad lagen. Bon Westen her breitet sich über da» Festland ein Druckhoch au» und infolgedessen dürste sich der allgemeine Witterungscharakier allmählich bessern. Wahrscheinliche» Wetter Samstag: Verän­derlich mir Schauern, mäßig kühl, auf den Bergen Frost, Nordwest- bi» Nordwind. Wetteraussichten für Sonntag: Wechselnde, im ganzen jedoch abneb- I inende Bewölkung, Temperatur wenig geändert Nordwest- bi» Nordwind, im Oktober noch einmal da» revolutionäre Wien  aufsteht, da» Zeughaus genommen und mit den aufständischen Ungarn   konspiriert wird, schließt die Arm« des Fürsten Windischgrätz den eisernen Ring um die Kaiserstadt. Vergebens bemüht sich Kudlich  , die Bauern al» Landsturm zum Ent­sätze Wien  » zu sammeln. Die Reaktion erstickt jede freiheitliche Regung, der Reichstag  , der zu­letzt in Kremsier   tagte, wird aufgelöst und nun droht den Abgeordneten der Linken Galgen oder Kerker. Abenteuerlich ist die Flucht Kudlich». Zu­sammen mit seinem Freunde Bioland schlägt er sich auf Feldwegen unerkannt durch Mähren  und Schlesien  , wird bei Lägerndorf voy seinem Vater über die Grenze gebracht, ein heünatloser Emigrant, der noch in Sachsen   und Baden unter dem Freiheitsbanner dient, bis ihn die preußi­schen Bajonette zum Uebertritt auf Schweizer  Gebiet zwingen. In der Schweiz   warf sich Kudlich   auf das Studium der Medizin. Er tat recht daran, sich mit dem Studium zu beeilen, denn auf Drängen der österreichischen   Regierung mußte er 1863 die freie Schweiz   verlassen. Amerika   war sein neues Ziel. Auf dieser Fahrt aber begleitete ihn schon seine junge Frau, Luise Bogt, eine Tochter de» Schweizer Naturforscher» Karl Vogt  . In Hoboken  ("lew flork) machte er eine ärztliche Praxi» auf und konnte in Ruhe abwar- ten, bis die österreichische Regierung ihn, den zu«n Tode durch den Strang verurteilten Hochverräter, wieder amnestierte. Im Jahre 1872 betrat er zum erstenmal wieder den Boden seiner alten Heimat. ES war eine Triumphfahrt, auf der dem alten Freiheitskämpfer stolze Genugtuung zuteil ward. Erlebte er doch, wie tiefverwurzelt seine Tat in allen Bauernherzen und Freiheitsfreun­den weiterlebte. Daß er sich aber nicht entschlossen hat, in der Heimat zu bleiben und zu tvirken, er­klärt sich auS seiner komproinißlosen, demokrati­schen Einstellung, für die nur daS freie Amerika  in Betracht kam. Sein ganzes Leben lang blieb er den Idealen deS 48er JahreS treu und pro­phezeite mit untrüglichem politischen Scharfblick den Untergang der Monarchie. Frei von jeden« Rassenhaß trat er in Amerika   schon in den 60er Jahren für die Neger ein und hatte für den zur Zeit SchönererS in Oesterreich   einsetzenden Anti­semitismus nur Worte des schärfsten Tadels: Dieser von Schönerer bei Euch eingeführte Kloa- ken-Mist-Ton gefällt mir nicht! Ich bin radikal, bin Republikaner, bin für soziale Verbesserungen aber möchte nur auf anständige Weise kämpfen und streiten! Die Juden sind nämlich genau so, wie das Boll, unter welchem sie leben, l nur etwas gescheiter und gebildeter." Dies war die Einstellung des BauernbefreierS zu noch heute aktuellen Zeltfragen und von ihm stammt auch die herzhafte Mahnung, die er seinen Landsleu­ten häufig unter die Nase hielt:Deutsche  , haltet den Nacken steif, aber werdet keine Ochsent"'-