Crite 4

Samstag, 19. März 1938

Am 10. April

Die Rede Hitlers   im Reichstag

Nr. 66

Reichstagsneuwahl und Plebiszit

setzen. Ich habe daher fofort jene notwendigen Maß­reich das Schicksal Spaniens   zu ersparen. Das Ulti­nahmen veranlaßt, die geeignet erschienen, Oester matum, über das die Welt plöglich au flagen an fing, bestand aus nichts anderem als aus der har ten Versicherung, daß Deutschland   eine weitere Un terdrüdung deutschösterreichischer Volksgenossen nicht mehr dulden wird.

Die verhältnismäßig furze Rede, die Adolf teren Vergewaltigung meiner Seimat ein Ende au Hitler   am Freitag vor dem Reichstag hielt, brachte keine leberraschung. Es sei denn die, daß er über sehr wichtige Probleme nicht sprach. Die Tschechoslowakei  , die im Feber zwar nicht genannt, aber in nicht mißzuverstehender Weise gemeint war, wurde diesmal nicht erwähnt. Aus zwei Stellen der Rede am Freitag kann, wer nach beruhigenden Sägen sucht, wer nach einem Beitrag zur Erhaltung des Friedens forscht, Hoffnungen auf eine Entspannung schöpfen: aus der Wiederholung der Bemerkung, daß eine allgemein befriedigende Grenzziehung zwischen den Nationen nicht möglich ist, und aus der Wendung von dem ,, äußerlich nunmehr vollende ten Zusammenschluß". Aber die von Optimisten erwartete präzise Erklärung über das Verhält. nis zur Tschechoslowakei   blieb aus. Diese Rede zu deuten und sie zu werten, wird nun zu einer großen Aufgabe der Politifer.

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Die Rede war neuerliche Darstellung der österreichischen Vorgänge in der Art, wie wir sie bereits kennen und Lobpreisung des Geschehens, Wiederholung der ,, Vollzugsmeldung". Die Auf­Lösung des Reichstages war, weil bereits in offiziell angekündigt, feine Ueberraschung. Die Neuwahl, an der auch Desterreich bereits teil­nehmen wird, wurde für den 10. April festgesetzt. An der, Volksabstimmung über die Zuſtim. mung zum Anschluß wird nicht nur die Bevölke. rung Desterreichs, sondern die ganz Deutschlands  

teilnehmen.

Aus der Ausschreibung der Wahl für den 10. April fann man schließen, daß es bis dort­

Sinter meiner getroffenen Entscheidung stehen nun 75 Millionen Menschen und vor ihr steht die deutsche Wehrmacht  . Seine Tat habe die freund fchaftliche Begrüßung Bolens, die herzliche Zustim mung Ungarns  , die Zustimmung Südflawiens fowie anderer Länder gefunden. Als er auf die Saltung des foschiftischen Italiens au sprechen fam, unterbrach ihm lebhafter und anhaltender Beifall. Er legte dar, daß er sich verpflichtet gefühlt hatte. Mussolini   bie Gründe seiner Handlung mitzuteilen.

Wir wissen, was Mussolinis Haltung in diesen Tagen für Deutschland   bedeutet hat. Wenn es einer Kräftigung der Beziehungen zwischen Deutschland  und Stalien bedurft hätte, so ist sie nun eingetreten. Aus einer weltanschauungs und interessenmäßigen Gemeinschaft ist eine tiefe Freundschaft geworden. Die Grenzen dieses Freundes sind für uns unantaft nie vergessen werde. Das italienische Volt aber kann bar. Ich wiederhole, daß ich Mussolini   diese Haltung wiffen, daß hinter diesen meinen Worten die ganze deutsche   Nation steht.

So hat auch diesmal die Adhe Rom- Berlin dem Frieden der Welt den höchsten Dienst geleistet. Deutschland   wünscht nur den Frieden. Es will ande unter feinen Umständen felbit Leid erbulben. Es ren Völlern fein Leid zufügen, es will aber auch wird bis zum letzten für seine Ehre eintreten. Möge niemand alauben, daß es sich hier nur um eine Phrase handelt. Ein Volf von Ehrgefühl wird niemals der Un­

PARIS

HAMBURG

BREMEN

Weichsel

BERLING

POLEN

NIEDERL

BELGIEN  

FRANKREICH  

TSCHECHOSLOWAKEI  

Dong

MUNCHEN UNZ

WIEN  

GRAZ KLAGENFURT  

UNGARN  

ITALIEN  

JUGOSLAWIEN  

SCHWEIZ  

terdrückung großer Massen seiner Volksgenossen un- Organisierung der Verteidigung tätig zusehen. Frankreichs

Ich erwarte vom deutschen   Volt, daß es noch hat, als es mir vier Jahre Zeit für den national­einmal den Entschluß findet, den es 1933 gefunden Paris  . Die Kammer wird am Dienstag sozialistischen Aufbau gegeben hat. Gebt mir nun vormittags zusammentreten, um an die Behand noch einmal vier Jahre Zeit, damit ich den äußerlichung des Geſetzentwurfes über die Organisierung wunmehr vollendeten Zusammenschluß auch zu voller verschiedener Staatseinrichtungen im Falle innerlicher Reife ausbauen lann. eines Krieges zu schreiten. Die Regie rungsvorlage ist bereits vor 14 Jahren ausge arbeitet worden, wurde jedoch niemals vom Para lamente in Behandlung genommen, obwohl sie bereits mehrmals auf der Tagesordnung, zuletzt im Jahre 1934 während der Regierung Dumergue, stand.

hin keine neuen Wochenendüberraschungen geben Amerika   könnte nicht neutral bleiben!

wird. Hoffentlich gibt es wirklich feine.

Hitler   teilte zu Beginn mit, daß gemeinsam mit Oesterreich   das ganze Reich am 10. Avril an der Boltsabstimmung teilnehmen wird. Zugleich kündigte Bitter für diesen Tag Neuwahlen für den Meichs­

tag an.

Nach einer Berufung auf das Recht des deuts schen Bolles, ebenso wie alle anderen fich national zu vereinigen, fuhr Hitler   fort:

bringen.

London  . Freitag abends sprach der neue ten hat sowohl in der französischen   Bresse   als auch amerikanische Botschafter Kennedy  , der die Auf- in französischen politischen Streifen ein sehr leb­richtigkeit in den Beziehungen zwischen den Verhaftes Edjo gefunden. An amtlichen Stellen hat einigten Staaten und Großbritannien   lobte. Die man bisher zu Litvinows Initiativantrag leinen Erklärung, sagte or u. a., daß sich die Vereinig der übrigen eingeladenen Staaten in dieser Ange Standpunkt eingenommen, da man die Ansichten ten Staaten unter keinen anderen Umständen legenheit, namentlich Englands abwarten will, schlagen werden, als bei einem tatsächlichen Einfall, ist nicht richtig und eine gefähr Churchill   und Lloyd George  liche Art von Mißverständnis. Die in Paris  Ansicht, daß die Vereinigten Staaten   im Falle eines allgemeinen Krieges neutral bleiben könn­ten, ist ein ebenso gefährlichor Irrtum.

Ich habe schon in meiner letzten Reichstagsrede gefagt, daß eine allseits befriedigende Regelung der volflichen und territorialen Verhältnisse durch eine volle Uebereinstimmung zwischen politischen und nationalen Grenzen nicht möglich ist. Schon die Eristens zahllose. Enklaven deutschen Volkstums in London.  ( Reuter.) Die Nede, die Frei­Osteuropa macht es unmöglich, überall Voits- und tag in London   das Kabinettsmitglied der nationale Staatsgrenzen in voller Uebereinstimmung au Arbeiterparteiler Delawarr hielt, der Lord­geheimsiegelbewahrer, erweckt große Aufmerffam feit. Delawarr erklärte vor allem: Nach Dester reich kann niemand von uns mehr glauben, daß eine Politik der Diskussion, in der man Deutsch  land gegenüber fortfahren würde, in der gegen­wärtigen Zeit jene Politik wäre, die praktische Er. gebnisse hätte. Jede Regel des Vorgehens und der Menschlichkeit wurde vergewaltigt und durch die eiserne Ferse eines Regimes zermalmt und das kein anderes Argument kennt, als das der Gewalt.

Es gibt aber staatliche Konstruktionen, die den Charafter des bewußten nationalen Unrechtes so an dec Stirn tragen, daß ihre Aufrechterhaltung nur mi brutaler Gewalt möglich ist. Das galt für den Versuch mehr als sechs Millionen österreichi­scher Menschen in ihrem Selbstbestimmungswillen einfach durch den Friedensvertrag abzuwürgen.

Solange Deutschland   in tiefster Not darnieder­Tag, war feine Anziehungskraft auf die außerhalb der Reichsgrenze lebenden Deutschen   eine begrenzte, obzvar auch damals schon der Ruf nach dem Rusam­menschluß starf vernehmlich war. Nach der Wieder­

aufitehung des Reiches mußten sich zwangsläufig die Blide der unterdrüdten und mißhandelten Volks genossen außerhalb des Reiches dem Mutterland sehnsüchtig zuwenden. Gleichzeitia verfolgte man in Deutschland   die Unterdrückung der außerhalb des Reiches lebenden Deutschen   immer lebhafter. Deutsch  land ist wieder zu einer Weltmacht emvorgeftiegen. die es nicht hinnehmen kann, wenn ihre Volfs genossen jenseits der Grenze mißhandelt werden. Es gibt für eine felbstbewußte Nation Augenblide, wo, es ihr unmöglich ist, hier länger zuzusehen.

Nach einer Schilderung der von Schuschnigg   an­geblich beabsichtigten Wahlfälschung führte Hitler  11. a. weiter aus: Ich war nun entschlossen, der wei­

Das Parlament

Majskij im Foreign Office

London.( AR.) Der Sowjetbotschafter Majstij sprach Freitag im Foreign Office vor, um mit Rücksicht auf die Mitteilungen, die er dort Donnerstag über den Sowjetvorschlag zur Einberufung einer Mächtekonferenz zweds Be­sprechung der europäischen   Lage gemacht haite, einen Besuch abzustatten.

Paris  . Die gestrige Kundgebung Litwinows betreffend die Treue Sowjetrußlands zu den Ver tragsverpflichtungen gegenüber der Tschechoslowakei  und sein Vorschlag zur Einberufung gemeinsamer Beratungen gegenüber den Aktionen geivisser Stua­

Baris. Der ehemalige britische   Minister­präsident Lloyd George  , der seit Donnerstag in Paris   weilt, hatte Freitag eine Unterredung mit Außenminister Paul Boncour  . Samstag wird Winston Churchill   in Paris   erwartet. Einige Mels dungen der Pariser Abendblätter deuten sogar die Möglichkeit an, daß in Paris   eine Zusammenkunft diefer beiden Staatsmänner mit dem ehemaligen Premier Baldwin und Sir Anthony Eden   statt­finden werde.

ALPA

Franzbranntwein

verschafft Rheu­matikern große Erleichterung

ALPA

Dienstag nachmittags wird die Kammer die Behandlung der Interpellationen und der Angriff nehmen. Am Schluß dieser Aussprache Debatte über die Außenpolitik der Regierung in wird Außenminister Paul- Boncour  , u. zw. bors aussichtlich erst am Freitag eine Rede halten. Militärische Vorkehrungen Belgiens   in Abrede gestellt

Brüffel. Donnerstag abends und Freitag vormittaas kursierten die verschiedensten Gerüchte über eine Verlegung gewisser Truppeneinheiten und es wurde darin eine Mobilisierung erblidt. Das Nationalverteidigungsministerium teilt in dieser Angelegenheit mit, daß keine Mobi lisierungsmaßnahmen getroffen wurden und daß solche Maßnahmen auch nicht beabsichtigt sind. Die militärischen Uebungen, die stattfinden, seien ganz normale llebungen. Die 7. Division ist eine Reserve division, deren Einberufung zum Präsenzdienst schon vor mehr als drei Mo­naten angekündigt wurde. Eine Konsignierung von Militärförpern hat nicht stattgefunden und die Urlaube sind nicht aufgehoben worden.

Faschistische Verschwörung in Brasilien  

Rio de Janeiro  . Polizeiberichten zufolge wurde in Rio de Janeiro   eine regierungsfeindliche Ver­schwörung entdeckt, die über das ganze Land ausge breitet werden sollte. Auf Grund dieser Enidedung wurden einige Tausend Mitglieder der faschi­st is chen Organisation der Grünhemden" ver­haftet. Einer amtlichen Meldung zufolge herrscht im Lande vollkommene Ordnung, denn die Regie­rung besitze in der Armee und in der Marine eine Stütze.

arabischen Kopftuch mit einer rotgoldenen zum Schivur und verliest dann den Eid der seinen Regierungshandlungen ihr volles Ver­Kopfschnur, der Agal". Zu seiner Rechten sißt| Treue. Sir C. H. F. Cox, ihm gegenüber der berühmte,

der Analphabeten mit Bodennarben bedeckte Emir hair in Be­

Hohe und niedere Politik in Transjordanien

Sordans...."

duinentracht, daneben Abdallahs ältester Sohn. Prinz Narif. Alle diese hohen Persönlichkeiten und außerdem noch einige englische Offiziere jizen auf einem erhöhten Podium im Saal des kleinen Parlamentsgebäudes.

Die Deputierten.

MTP Anuman. In einem modernen ledernen Klubſeſſel fist Seine Hoheit der Emir Abdallah ibn Hussein el scherif und präsidiert der Sigung des transjor­danischen Parlaments. Sein Ministerpräsident Unten im Saal, sozusagen im Parkett, sitzen Hassan Khaled Pascha zieht einen großen Papier  - die 22 Abgeordneten in einem wie ein Käfig ans bogen aus einem grünen Seidenbeutel, den er mutenden, abgegrenzten Viered. Sie sehen sehr vorher ehrfürchtig gefüßt hat, und beginnt, die gemischt" aus. Die städtischen Effendis haben Thronrede zu verlesen: Ehre und Ruhm sei zur Feier des Tages Unmengen Pomade in ihre Allah, dem Allmächtigen und Allererbarmenden starken Schnurrbärte geschmiert und, obwohl es und Willkommen sei geboten den Edlen und erst 9 1hr früh ist, Smokings angezogen, zu Scheichs des ruhmreichen Landes jenseits des denen sie gelbe Handschuhe und einen roten Fez tragen. Die Beduinen- Deputierten hingegen Der Emir   hat sieben Frauen( vier Haupt- tragen arabische Tracht und schlagen mit ihren und drei Nebenfrauen). einen Balqit, drei Rohrstödchen nervös gegen ihre seidenen Ban Mutos, einen Bapa, der früher Stalif aller Gläu- toffeln, während der Premierminister immer bigen war, eine halbe Million Pfund Schulden noch an der Thronrede liest, in der ausführlich und einen britischen   Residenten, den Oberstleut- die Verdienste des Emirs und die Segnungen der nant C... Cox, der alle seine Schritte liebe Freundschaft Englands aufgezählt werden. voll überwacht. Der Mann ist klein, und rund- Dann leisten die Abgeordneten den Eid auf lich   und trägt die enganliegende dunkelblaue die transjordanische Verfassung. Alle Anwesen­Uniform der arabischen Legion, mit roten Epau- den erheben sich von ihren Sißen, der Adiutant Tetten, einer breiten weiß- grünen Schärpe quer des Emirs reicht das Blatt mit der Eidesformel über der Brust, auf der ein riesiger silberner von Hand zu Hand, und einer der Abgeordneten densstern glänzt, und der Steffich"- dem nach dem anderen verneiat lidt erhebt die Hand

Die Souffleur- Bedürftigen.

Als der berühmte Scheich Mustal Pascha. Legionskommandeur des Weltkrieges, das Blatt erhält, ändert sich das Vild. Er nimmt das Pas pier in die Hand, blickt es neugierig an, lächelt und schweigt. Jeder Mensch in Amman   weiß, daß Mustal Pascha nicht lesen und schreiben lann. Aber das schadet nichts. Ein Kollege tritt neben ihn, flüstert ihm etwas ins Ohr, und nun fann der große Scheich plößlich lesen. Sein Eid flingt um teine Spur weniger überzeugt als der jenige seiner gelehrteren Kollegen.

trauen auszusprechen. Dann vertagen sie sich. Ihre aufreibende Tätigkeit ist für dieses Jahr beendet.

Die Opposition.

Trotzdem gibt es auch eine Opposition. Aber sie ist im Parlament nicht vertreten, um seine Einheitlichkeit nicht zu beeinträchtigen. Sie besitzt ihre eigene parlamentarische Körperschaft. den transjordanischen Nationalrat". der in einem kleinen Zimmer eines nicht weit vom Par lament entfernten Hauses tagt. Hier sitzen die ,, twahren Patrioten", die auf das Parlament schimpfen, den Emir als Sereatur Englands" Unabhängigkeit Transjordaniens bezeichnen, sich gleichzeitig auch über die für die gefährlichen Einheitsstaat- Pläne Ibn Sauds entrüsten und zuweilen lustige Geschichten darüber erzählen,

Außer Muskal Pascha weist das transjorda. nische Parlament noch zwei weitere Analphabe ten auf. Aber die Souffleur- Bereitschaft ihrer Plaßnachbarn hilft auch dieſen tapferen Be- wie in den arabischen Staaten hohe Politik ge­duinenscheichs rasch über den peinlichen Augen­blick hinweg.

Als der letzte Deputierte den Eid geleister hat, spielt die Militärtapelle vor dem Gebäude die transjordanische Nationalhymne, eine wun­derschöne, nervöse arabische Weise in Viertel­tönen, und der Emir   zieht mit den Ministern und Offizieren ab.

Dann beginnen die Deputierten zu regie ren". Diese Tätigkeit besteht darin, daß sie eine Kommission ernennen und mit der wichtigen Auf­gabe betrauen, eine Huldigungsadresse an Seine Gohit den Emir auszuarbeiten und ihm und

macht wird. Ihr Präsident ist der Scheich el Tarawne Pascha, direkter Nachkomme der früheren Sul­tane von Sterat, ein wild und troßig aussehender Beduine, von dem man meinen könnte, er ſet aus einem Handbuch der Völkerkunde aus­geschnitten. Weder er noch seine Kollegen dens fen daran, Smokings und gelbe Handschuhe ans zuziehen. Sie tragen dieselbe bunte arabische Nationaltracht, die ihre Vorfahren schon in der Zeit Mohammeds getragen haben, und zwischen ihnen und diesen Vorfahren bestehen auch sonst keine erheblichen Unterschiede...