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Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 75 Heller 2614
Redaktion u. Verwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Redakteur: Karl Rern, Prag 18. Jahrgang
Freitag, 1. April 1938
Aus dem Inhalt:
Lasset Euch nichts gefallen!
Machet Front
gegen den SdP- Terror!
Aus dem ,, befreiten" Land
Nr. 77
Versammlungsverbot Sozialistischer Kampfruf an das Land
für April
Pra g. Einer amtlichen Mittei lung zufolge hat das Innenministerium auf Grund eines Beschlusses der Re
Jaksch spricht in zwei überfüllten Kundgebungen in Bodenbach und Aussig
sierung Maßnahmen getroffen, baß ab Soll sich das Jahr 1914 wiederholen?
1. April d. 3. keine politi. ichen Versammlungen noch andere öffentliche Kundgebungen ähn lichen Charakters abgehalten werden. Die Behörden erhalten eingehende Weisungen, wie sie bei der Durchfüh rung dieser Maßnahmen vorgehen sol len. Ebenso wird die Deffentlichkeit eingehend und rechtzeitig informiert werden.
Der neue Parteivorsitzende Abgeordneter I ak s ch hatte auf dem Parteitag angekündigt, daß in den allernächsten Tagen die nordböhmische, vor allem die Bodenbacher und die Auffiger Arbeiterschaft, durch einen Aufmarsch einen flammenden Appell an die Sozialisten, Demokraten und Republikaner dieses Landes richten werde. Donnerstag abends fanden nun in den beiden Städten große Rundgebungen statt, in denen Jatsch, von Beifallsstürmen umbraust, die Aufga ben der Partei in diesen entscheidenden Stunden darlegte. Beide Versammlungen gestalteten sich zu einer überwältigenden Kundgebung der Kampfentschlossenheit und der Treue unserer Arbeitsmenschen und werden sicherlich dazu beitragen, den Kampfwillen der Arbeiterschaft im ganzen Lande zu stärken.
In Bodenbach mußte die Kundgebung auf die Vertrauensmänner der Bewegung eingeschränkt werden, da es dort keinen Saal gibt, der die Massen der kampfbereiten fo= zialistischen Arbeiter hätte fassen können. Allein von den Vertrauensmännern waren 2000 er schienen, die den Saal des Varieté- Kinos überfüllten.
In Aussig in der Kurzweilmühle hatten sich in der öffentlichen Versammlung mindestens 4500 Menschen eingefunden, um den Neden Nehwalds und Iakfchens zu lauschen. Die SdP hatte in der Vorwoche im gleichen Saal der keineswegs stärker besetzt war als heute- triumphierend 12.000 Teilnehmer gemeldet!
London.( Reuter.) Auf dem von der Vereinigung der Auslandspresse veranstalteten Banlett erklärte Außenminister Lord Halifax , Jaksch führte in seinen Neden ungefähr folgendes aus: Versöhnlichkeit an den Tag zu legen, beweise noch Genofsinnen und Genossen! Wir haben auf] feine Schwäch e. Wie es auch kein Zeichen Das ist nun die Frage an die Sudetendeutschen : von Schwäche sei, sich darum zu bemühen, daß der unserem Parteitag angekündigt, daß wir unsere ob sie Gleichberechtigung wollen in diesem Raum attiven Stader im Bodenbacher Bezirk aufrufen wer- oder ob sie turaiichtigen Vorherr Krieg vermieden wird, und hiebei alle Mittel zu den, um der Arbeiterschaft des Landes ein flammen i dh a † † 3 träumen verfallen wollen. Da ist erschöpfen, die die Diplomatie bietet. Es wäre der des Signal au todesmutigem nun zu wählen zwischen Rechtskampf und Macht ernsteste und gefährlichste Irrtum zu glauben, daß moralischen und poltischem Wiivefulation, und diese Wahl ist mit zeninerschwerer irgendwelche tiefe Gegensätze zwischen der Regie- derstand zu geben.( Beifall.) Wir haben Verantwortung verbunden. Es ist der Fluch der deutrung und dem Volke Großbritanniens in der mit Eurer Treue gerechnet, und der Besuch dieser Außenpolitik bestehen. Vertrauensmännerfundgebung beipeiſt uns. daß unfere Hoffnung auf Eure Treue nicht auf Sand gebaut war. Wir wollen nicht viel Worte machen. Laßt mich aleich in die Sache eingehen.
Labour stößt neuerlich vor
London . Die Labour Party hat folgenden Mißtrauensantrag im Unterhaus eingebracht: " Da die Außenpolitik der britischen Regierung nicht in der Lage ist, einem gefährlichen Zutreiben auf einen Krieg Einhalt zu gebieten, und sie außer dem nicht in Nebereinstimmung mit dem Wahlversprechen ist, ist das Parlament der Meinung. daß diese Fragen ohne Verzug dem ganzen Lande vorgelegt werden sollen." Das Unterhaus wird ſich mit dieſem Antrag am Montag beschäftigen.
fannt, die Grenzen von Recht und Billigkeit überschritten hätten. Dieser Vorwurf besteht in hohem Maße zurecht. Aber jeder Deutsche möge fich heute prüfen, ob er nicht im Innern felbst bereit ist, fenes Unrecht morgen zu wiederholen, welches er den Män
die Deutschen streitet, wie sie nach dem Einmars in Belgien im Jahre 1914 aufgestanden ist!
Wir greifen unsere Befürchtungen feineswegs aus der Luft; die Zeit ist zu ernit für billige Effekte vor Versammlungen. Ich habe am Sonntag in der Schlußrede erklärt: Der Nationalsozialismus ist auf dem Marsch nach Wien über die alte Nibelungenstraße gezogen. Man möge im Taumel des Sieges die Weisheit einer alten Sage nicht vergessen: Auf dieser Nibelungenstraße lauert Verrat und Tod. ( Sehr richtig.) Das sagte ich Sonntag und heute habt Ihr die Meldung in der Preise, daß Mussolini gestern eine friegerische Rede hielt, in der er ankündigte. daß die Alpenpässe so befestigt werden sollen, daß sie einen unübersteigbaren Wall darstellen. Wer politisch zu denken vermag, hat damit eine Illustration dafür. wie gefährlich die Nibelungen straße für das deutsche Volk ist. Es gibt weitere Fakten. In diesen Tagen weilte Churchi II, einer der ersten Männer des britis schen Weltreiches und einer der ersten Organisatoren des Entente- Sieges. in Paris und führte Bespre dhungen mit Generalſtäblern und Politikern. Glaubt mir, daß dieſ Beſprechungen in Paris für die weitere Geſchichte Europas wichtiger sein werden, als jener Gleichschaltungsrummel, den die SdP in den ſude tendeutschen Gebieten inszeniert hat!( Beifall.) Es ist nicht Reit für Polemiken, doch ich habe mir voraenommen, von diefer Tribüne aus ein Wort der ührung der Sudetendeutschen Partei zu sagen: Ich beneide sie nicht um denGewinn, den sie in den lebien Wochen und Tagen zu verzeichen hatte. Ich beneide sie schon gar nicht um ihre Verantwortung vor dem fudetendeutschen Volfe und vor der Geschichte!( Sehr richtig). Wir haben die Möglichkeit, einen ehrenvollen Frieden zu schlie und Sudetendeutfchen, der ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des europäischen Friedens au sein verspricht. Ich muß aber offen meinen weifel antiprechen, ob die Führung der SdP iede Chance zu nüßen wissen wird, die in ihre und in unsere Hand acleat iſt.
schen Geschichte, daß zu oft die führenden Männer nach der Gunst des Augenblicks haschen und dabei den Anfluß an das Jahrhundert veriäumen. Die Bewegung, die sich national sozialistisch nennt, hat das verlebte Rechtsempfinden Die europäische Entwidlung ist auf einem dra der Nation vor ihren Triumphwagen gespannt und matiſchen Höhepunkt angelangt. Wir sind durch sie hat damit sicher gewaltige Waffenerfolge errunJahre hindurch durch den Nebel ungeflärter Vernen. Die Anhänger des Nationalsozialismus richten hältnisse aewandert. Nunmehr bietet sich uns auf den Vorwurf aegen die anderen Völker, daß diese im diesem demokratischen Höhepunkt der Ausblid Rausch des Sieges die Grenzen ihrer Macht verken im Lande zwischen Tichechen auf fommende Entscheidungen. Vor unserem geistigen Auge breitet sich das Tal des Friedens und des Wohlstandes aus, aber daneben sehen wir einen Abarund der Vernich tuna lauern, der nicht nur die organisierten Sozia listen dieses Landes, sondern die Völkernern von Versailles vorwirft. Europas zu verichlinaen droht. Beides liegt noch in Reichweite. Noch liegt es an der souveränen Entscheidung der Völker, wohin sie ihre Schritte lenfen wollen. Der unsterbliche Masaryk Paris . Der Streik in der Pariser Metall- hat uns gelehrt, daß die Liebe zur Nation erst die industrie konnte bisher noch nicht beigelegt werden. Vorausseßung des Bekenntnisses zur Menschheit ist. Bon insgesamt neun besetzten Fabriken haben bis- Die Beschichte wird es bezeugen, daß wir a u 3 beißer Liebe aur Nation und zu her nur in zwei Unternehmungen die Belegschaften diesem Lande handeln, wenn wir in die Arbeit angetreten. Die übrige Arbeiterschaft dieser Stunde einen Friedens appell beharrt auf einer sofortigen Lohnerhöhung. Die richten an die Sudetendeutschen . Vermittlungsverhandlungen der Regierung wer- vie an die tichechischen Bürger den fortgesetzt. Sie fordert, daß die Arbeiterschaft diefer Republik. Eine große Gelegenheit einer 45stündigen Arbeitswoche bei einer vorläu- ist noch dargeboten. figen Lohnerhöhung von sieben Prozent zustimme.
Finanzdebatte verschoben
und zur Vorlage in der Kammer dürfte es erst am Sonntag kommen.
Fortsetzung der Tragikomödie
den drei Millionen fudetendeutscher Bürger endlich eine gleichberechtigte staatspolitische Pofition ein geräumt werden muß.( Beifall.)
Wehe dem deutschen Volke, wenn es nicht mehr Recht und Gerechtigkeit an seiner Seite hat, wehe dem deutschen Volke, wenn das verlette Rechtsnefühl einer ganzen Völkerwelt wiederum gegen
Ich glaube nicht daran, daß die Führung der SdP dem sudetendeutschen Volke Gleichberechtigung au bringen gewillt ist, weil diese Führung innerhalb der Sudetendeutschen keine Gleichberechtigung will.( Beifall.)
Die SdP hat den Boden des Rechts verloren
Ich sagte schon auf dem Parteitag, daß in unse- I ein und Frank foeben nach rem Grenzgebiete eine regelrechte politische Berlin gefahren sind, um sich dort Sflabeniägerei im Gange ist, sowie sei wiederum Ratschläge zu holen. nerzeit die Sklavenjäger an die afrikanische Gold( Pfui! Rufe und Bewegung.) Wenn man es füste gefahren sind, um dort Menschen zu fangen, schon in Asch nicht wissen sollte, so weiß man es die sie dann als Arbeitstiere verkauften. Gestern hat unser Parteivorstand in seiner Sibung Berichte ganz bestimmt in Berlin , wie die heutige euroaus allen Gebieten der Republik erhalten, die diese päische Machtlage aussicht, und daß das ganze Sflavenjägereien bestätigen, die von dem deutsche Volk nichts schlimme unerhörten seelischen, volitischen, moralischen und res zu befürchten hätte, als in wirtschaftlichen Terror gegen alle Bekenner der einen Krieg nach allen Fron Demokratie und der Republik in unserem Grenzten hineingeriffen zu werden. gebiete
Es ist nicht verborgen geblieben, daß so man sprechen. Den Nichtmitgliedern der SdP werden Friiten gestellt. Ultimaten vorealeat und den Gegnern ches an dieser großartigen militärischen Maschinerie wird gefaat, sie mögen an Weib und Kind denken. nicht funktioniert. Es ist nicht verborgen aeblieben. es sei heute noch Reit, oder es wird den Geanern der daß 60 nagelneue Tanks auf der Fahrt von Linz SdP aefaat Du bist registriert. Du kannſt Dich noch nach Wien im Straßendred ſteden geblieben find. ( Bewegung.) Ich habe keine Hoffnung, daß die verblendete und verantwortungslose Führung der SdP das Gebot der Stunde versteht. Deshalb habe ich hier die Aufgabe, das auszusprechen, was jeder ver antwortungsbewußte Politiker heute aussprechen muß:
Paris . In der Behandlung der Finanzvor zweites Staatsvolk sein schläge ist ein gewisser Aufschub eingetreten. Die Diese Gelegenheit ist noch da, aber sie wird lange Regierung bewahrt ihr Geheimnis bezüglich des nicht wiederkehren, wenn sie in historischen Tagen Inhalts der Finanzvorschläge. Diese sollen angeb versäumt werden sollte. Die logische Konsequenz der lich noch nicht ausgearbeitet worden sein, weil aanzen Nachkriegsentwidlung und die loaische Stondrei Gruppen gleichzeitig mit verschiedenen Anfequens primärer Staatsnotwendigkeit ist es, daß regungen betraut wurden, und zwar Mitarbeiter des Ministerpräsidenten B I um, Mitarbeiter des Budgetministers Spinasie und eine Gruppe sozialistischer Finanzsachverständiger. Die Stabi- Es gibt nur eine Formel für die Begründung eines nettssitzung wird erst am Samstag stattfinden dauernden nationalen Friedens im Lande. Diese Forretten, oder die Neue kommt zu spät!( Bewegung.) mel hat nicht der Kameradschaftsbund erfunden, die Ich klage die Führung der SdP vor dem haben wir Sozialisten geprägt: Wir wollen nicht Lande und vor der ganzen europäischen Deffentnationale Minderheit, wir wollen lichkeit an, daß sie damit den Boden des zweites Staatsvolt fein mit allen Konsequenzen Rechtes verlassen hat.( Stürmischer ( Stürmischer Beifall). Beifall.) Den Boden jenes Nechte 8, London. ( Reuter.) Nach einer siebenwöchiNun aber ist eine innere Entscheis auf dem die Sudetendeutschen gen Unterbrechung hielt am Donnerstag der Un- duna fällig bei den Sudetendeutschen, eine Ent- allein ihre Existenz sichern und terausschuß des Nichtinterventionsfomitees wie ſcheidung, ob sie Gleichberechtigung wollen oder von als Grenzvolk gedeihen kön dérum eine Beratung ab, die eineinviertel Stun- Vorherrschaft träumen. So wie ich offen spreche. nen. Ich erhebe gegen die Führung der SdP wenn es gilt, unsere Forderung nach Gleichberechti- den Vorwurf, daß sie mit ihrer Gleichschaltungsden dauerte. Lord Plymouth erstattete einleitend gung zu proklamieren, so scheue ich mich nicht, zu politif das arme sudetendeutsch e einen Bericht über die gegenwärtige Situation fagen. Volk als Instrument faschist i= und legte, wie verlautet, einige Vorschläge vor, der böhmisch- mährische Naum ist unteilbar scher Kriegspläne mißbraucht. die die anwesenden Vertreter an ihre Regierung weiterleiten werden. Weiters sprach der franzö- und könnte nur um den Preis eines Krieges zerrissen( Beifall.) Wenn die Führung der SP einen ſiſche Delegierte. Die Aussprache betraf, dem Ver- werden.( Ruſtimmung.) Es iſt der Wille des Schid- Funken Verantwortungsgefühl hätte, dann müßte nehmen nach, hauptsächlich die Abberufung der sales und das Vermächtnis tausendiähriger Ge- sie den Wahnwitz einer aufgepeitschten, mißschichte, daß dieser böhmisch- mährische Raum ge= brauchten Jugend zügeln und ihren Anhängern Freiwilligen und die Festseßung der Frist für die meinsame Seimat sein soll für Grenzkontrolle, innerhalb welcher die Kommis- Tschechen uub De utiche. bak dicier die Wahrheit fagen. fionen für die Rückleitung der Freiwilligen ihre Raum Uebergang sein soll, wo sich slawisches und ätigkeit ausüben würden.
deutsches Wesen berühren.
Daß für die Anhänger Henleins jede weitere Ueberschreitung der Grenzen des Rechtes nicht nur den Zusammenstoß mit der Staatsgewalt, sondern in weiterer Hinsicht auch mit den anderen europäischen Ordnungsgewalten in greifbare Nähe bringt.
Weil ich das weiß. und weil ich das Gefühl habe, daß die Führung der Sd die Führung über ihre eigenen Ans hänger bereits verloren bat und
daß die Zügel bereits auf dem Boden schleifen, wäh rend der Wagen wie von scheuen Pferden gezogen dahinrait, erblicke ich es als meine Pflicht, von dieser Stelle aus einen Ruf an das Land zu richten. Ich vufe nicht um Hilfe für die sozialistischen Arbeiter. Unsere sozialistischen Arbeiter brauchen leine