Freitag, 8. Avril 1938
Nr. 83
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wählen 1928. Er hatte genug und schied aus der Politik. ES kam die Konjunkkurevoche des Nazismus, dann folgte der Zugriff des Staates. Und Henlein tauchte auf. Nie noch wurde klarer bewiesen. das; jene deutschnationale Bewegung den größten Zulauf hat, die am wenigsten durch programmatische Eindeutigkeit und Klarheit belüftet ist.„Leitlahalt'mrokfestzamm, Wetterbrauch' mr ke Programm!" Dawar die zündende Barokel Sie imponierte dem Bürgertum, imponierte allen denen, die nie begriffen haben, daß Politik mit dem Kopfe gemacht wird. To ohne jegliche politisch« Gesinnung war diese- Bürgertum, daß e- einem anderen öden Schlagworte,«Rau» au- der Parteijacke l" wie besessen zujubelt«. Nun macht Henlein fünf Jahre«Politik". Da- deutsche Bürgertum und seine Nachläufer stecken in keiner Parteijacke, sondern in einem bitt ken Sack, in welchem«S drunter und drüber ging und den die Explosivkraft der«Einigkeit" über kurz oder lang gesprengt hätte, wenn nicht die Ereignisse in Oesterreich das deutsche Bürgertum völlig betäubt und dem getarnten sudetendeutschen Faschismus einen neuen Auftrieb verlieben hätten. Tie Partei Henleins ist auch beute noch ohne Programm und niemand in ihren Reiben weiß klar, was sie will. Ihre faschistischen Aspirationen allerdings dürften bei einem erheblichen Teil ihrer Mitglieder Widerhall finden. Aber auch da- beweist nur. daß sie keinen eigenen politischen Gedanken hat, ihre«Ideen" fertig geliefert bekommt und sich nicht einmal die Frage vorlegt, zu welchen Konsequenzen die Nachäffung bei ZaichiS» mu- für sie und das ganze Judetendeutschtum führen kann. Dieser.Bewegung" haben sich nun die letzten sozusagen selbständigen politischen Gruppen de- deutschen BürgertiunS angeschlossen. Es erübrigt sich, ihr bisheriges politisches Wirken zu würdigen. Jedenfalls haben sie den Glauben zerstört. daß sich wenigstens ein Teil de- sudetendeutschen Bürgertums politische Gesinnung und lkeberzrugung bewahrt hat. DaS sudetendeutsche Bürgertum ist bei der politischen Reifeprüfung zur Ganze durchgefallen. Was aber wird werden? Gewiß soll man sich vor Prophezeiungen hüten. Aber die Kenntnis mehr als eine- halben Jahrhundert- Geschichte deutschbürgerlicher„Politik" berechtigt zur Annahme, daß die jüngste Phase dieser Politik so enden wird wie die Politik Schönerer- und WolfS : mit einem Trümmerhaufen.
Ein Dementi Prag. (TNO) Zu den in Prag verbreiteten Meldungen, wonach auf dem Flugplatz von Kbely drei deutsche Bombenflugzeuge gelandet seien, teilt das Ministerium für Nationalverteidigung mit, daß diese Meldungen vollkommen unrichtig sind und jeder Grundlage entbehren.
Der Präsident der Republik empfing am Donnerstag, den 7. April, eine Delegation schwedischer Wissenschaftler und Künstler, welche an der hier veranstalteten Ausstellung des schwedischen Kunstgewerbes beteiligt sind. Die Deputation wurde von dem schwedischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Dr. Folk« Malmar geführt. Weiters empfing der Präsident der Republik Delegierte der Liga gegen die Krebskrankheit und schließlich eine Deputation der Stadt Domajlice, welche ihm daS Ehrenbürgerdiplom überreichte.
Dann das Abgleiten in unermeßliche Tiefen, immer schneller, immer wilder. Juan de Baloria, der Tuchscherer, hatte sich so seine- letzten Feindes entledigt. Als jedoch daS Blut, da- aus seiner Kehle rann, kalt und klumpig gclvordc»>var, wachte auch er nicht mehr aus seiner Ohnmacht aus. Hernach, als man sich znni SiegeSsest tm Landhause von Villalar versammelte, waren die Kelche, aus denen man trank, so zarten Kristalls, daß die Schalen schon tönten, bevor noch die Lippen zum Schlürfen gespitzt wurden. Ein leises Sinacn klirrte über den Damast des Tafeltuches. Neber dem Damast leuchtete» die Kerzen, deren Flammen sich in den goldenen Tellern spiegelten und in den Gläsern und in den tauglän- zenden Rosen und Königslilie», die den Schmuck des DanlettischeS vervollständigten. König Karl lvar der Gastgeber. Aber ein trauriger Mann saß unter den Granden. Einer, der die Arme auf den Tisch stützte und die Stirn in die Handflächen grub. So hatten die Sieger sich ihre Festtafel«Her nicht gedacht. Der Zcremonienmeister wartete vergeblich aus den Wink, durch den Lakaien und Mundschenken bedeutet wurde, daß e- Zeit sei. Sic wurden vorläufig noch ängstlich zurückgehalten. Mehr noch, Erzbischof Hadrian staird von feinem Sitze auf. Er schritt zur Tür. Er zog die Vorhänge zusammen. Er verknotete die Quasten. Mit seinen geräuschvollen Schritten, die stets etwas Ungewöhnliches ahnen ließen, schob er sich an den Saalfenstern entlang. Ln jedem Fenster
SdP bekennt sich zur Politisierung
Wieder sehr radikale Worte Im Parlament
der Wirtschaft
Schärfste Zurückweisung durch den nationalsozialistischen Referenten Bergmann
Prag. Im Abgeordnetenhaus schlug die SdP am Donnerstag in der letzten Sitzung vor den Osterferien durch den Mund des Dr. Beters und des Klubvorfitzenden K u.n d t wieder sehr radikale Töne an, wa- in der ohnedies gespannten Atmosphäre viel Aufsehen machte. Doktor P r t e r S griff den Finanzminister wegen seiner Darlegungen im AuSschuß, daß die Staat-vrr» waleang den Bedürfnissen der deutschen Wirtschaft nach Kräften entgegenkomm« und auch tri den verschiedenen staatlichen Sanierungsmaßnahmen (Zentralbank , P-Snix) der deutsche Anteil nicht niedrig sei, außerordentlich heftig an, warf ihm die Verwendung falscher Ziffern ulw. vor und ie» tannte sich affen dazu, daß die SdD die sudetendeutsche Wirtschaft dewußt politisier«. ES fehlte auch nicht die übliche«Warnung" mit dem ausdrücklichen Hinwri» ans außenpolitische Gesichtspunkte. Noch weiter verschärft wurde die Spannung durch den EcoduS der SdP vor der Abstimmung des RegirrungSantrageS über die Anlage- pflicht bei StaatSvavieren, der vorder von Kundt ausdrücklich mit dem Hinweis darauf begründet wurde, daß noch immer„kein konkreter W i l l e" bei der KoalitionSmedrdeit zu feden fei, da- Svstem gegenüber den Deutschen„rasche- st« n S" zu ändern. Dieses Vorgehen der SdP erzielte jedoch rin» unerwartete Wirkung. Der Referent Bergmann, ein tschechischer Nationalsozialist, sagte ihnen im Schlußwort auf den Kovk zu, wenn daß der Dank für die Verständigunq-berritschast auf tschechischer Seite sei,.dann sei es schade um irdeS weitere Wort und um jeden weiteren Versuch, denn damit sei nur bewiesen, daß eine Verständigung unmöglich sei. Zusammen mit der Erklärung vom Vortag, daß dir SdP ihre bisherige Politik nicht ändere, bedeutet da» heutige Vorgehen der SdP offenkundig eine weitere bewußte Verschärfung der Situation und den Versuch, die tschechische Verständi- gunasbereitschaft vor der Oefsentlichkrit de» In» und Anslnndrb z« diskreditieren. Damit zeigen die Herren ab-r zugleich, daß e» ihnen überhaupt nickt um dir Anbahnung einer wirklichen innenpolitischen Besrirdung. sondern um dir Verfolgung anderer Ziele geht, die kaum mehr auf eine verfassungsmäßige Basis gebracht werden können. Die Herren spielen somit ein gefährliches Svlel, da» obendrein zu plump ist, um nicht sofort durchschaut zu werden! vle Pfllchtanlaae In Staatspapieren Die Auseinandersetzungen knüpften an die Regierungsvorlage an, durch welche den Geldinstituten die dauernde Anlage eines Teiles ihrer verfügbaren Mittel in Staatspapieren vorgeschrieben wird. Bekanntlich hat die SdP dagegen einen großen Feldzug entfaltet und die Behauptung aufgestellt, daß dadurch die Deutschen wieder ganz besonder- benachteiligt würden. Dieser Behauptung war eben am Tag vorher der Finanzminister im Ausschuß entgegengetreten und hatte an Hand eine- umfangreichen Material- die Vorwürfe zurückgewiesen, al» ob die Regierung
kn finanziellen und wirtschaftlichen Dingen auf eine Schädigung der Deutschen hinarbeite. Pr. Peters Angriffe: Gegen diese Rede de- Finanzminister- polemisiert« nun Dr. PeierS in der Plenardebatte in sehr scharten Tönen. So werd«, behauptete er u. a., die tschechische öffentliche Meinung«trregeführt" und in ihr.gefährliche Illusionen" erweckt. Auf diese Art müsse die Entwicklung zu einem Punkte gelangen, der«weder innen- noch außen« politisch(!) tragbar" erscheine. Bor einer solchen Entwicklung möchte die SdP die tschechische Oeffent« lichkeit.warnen". Die vom Finanzminister angeführten Daten (über die Berücksichtigung der deutschen Wirtschaft) könnten bei einer ernsthaften Prüfung nicht bd- steben. Dr. Kalfu- habe wieder bewiesen, daß die Regierung die Situation«falsch betrachte". Wenn der Handelsminister darauf aufmerksam macht, daß durch die innervolitische Entwicklung im sudetendeut schen Gebiet die Perfektionierung det Handelsverträge- mit Amerika gefährdet werden könne, so sei e- Aufgabe der Regierung, jener Propaganda entgegenzutreten, die sich letzten Ende- gegen die gesamte Tschechoslowakei wend«.(Das bezieht sich offenbar auf die auch von Jak sch in feiner letzten Rede erwähnte Tatsache, daß di« weitere freiwillige Gleichschaltung der sudetendeutschen Industrie in amerikanischen ÄirtschaftSkreisen sehr kritisch betrachtet wird und leicht mit einem Boykott be- Scharfe Entgegnung Sehr energisch ging dann aber der Referent Bergmann kNat.-Soz.) im Schlußwort'NS Zeug. Dr. Peter- habe in einer Art gesprochen, die un Parlament noch nie dagewesen sei. DaS sei vielleicht der Lohn dafür, daß hie tschechischen Parteien ben guten Willen zeigen, sich mit diesen Herren zu verständig«. Ihr Beginnen zeige, daß e- um jede« Wort und um jeden Versuch schad« sei. ES scheint, daß di« Herren schon dieNerven verlieren, wrU sie ie weiter, desto mehr xereizt sind. Wahrscheinlich haben sie sich in ihren Erwartung« verrechnet. Auch dir Tonart der Erklärung de- Sbg. Kundt und der held«haftr Auszug der SdP-Abgeordnrten au« dem Tihnngdsaal zeig«, daß es u n m ö g l i ch ist, den Weg zu ihn« zv finden. Aus dar entschiedenste müsse der Referent auch die Verdächtigungen Dr. Peter- gegenüber den amtlichen Statistiken zurückweisen, die der Finanzminister verwendete. E» sei interessant, daß die Herren auf die Statistiken gewisser fremder Staaten Gift zu nehmen bereit seien, den tschechoslowakischen aber nicht glauben wollen. Wenn Dr. Peter- behauptete, daß Dr. Kalfu- an der„Modekcankbeit der Propagandaminifter" erkrankt sei, so seien die Herren von der SdP von dieser Krankheit noch mehr a n g e st e ck t. Er sei weiter- auffällig, daß die Worte Dr. Peter- von der Notwendigkeit der Politisierung der Wirtschaft sich mit der Kund- gebung de- Vorsitzenden de- Hauvtverbande- der Industrie vom letzten Sonntag decken, der erklärte, die Wirtschaft müsse sich der Politik unterordnen. E- habe den Anschein, al- ob dicke Kundgebung nicht au» dem klopf eine- Fachmannes, sondern eher aut dem Sekretariat der SdP stamme. Die Herren begeben sich auf einen sehr gefährlichen Weg, denn in Wirlschast-fragen eine solch« Stimmung in der Bevölkerung verbreite», heißt den Ast ansägen, auf dem mit un- auch die Deutschen sitzen und fallen. Die Regierung könne nicht für alle ungünstigen wirtschaftlichen Folgen im deutschen Gebier verant-
aniwortet werden könnte. Herr Dr. Peter- steht also auf dem merkwürdigen Standpunkt, daß die SdP durch ihre Gleichschaltungsiendenzen die sude» tendeutsche Wirtschaft beliebig schädigen kann, daß hingegen die Regierung dann automatisch verpflichtet sein soll, alle Schäden, die dir SdP mutwillig anrichtet, wieder irgendwie gutzumachen.) Offen bekannt« sich Dr. Peter- dann dazu, daß die SdP die Wirtschaft politisiere: Sie mach« die Politik«zum Verteidiger gegen jene Tendenzen. die unser« sudetendrutsche Politik vernichten wollen". Die letzten Ereignisse im deutschen Laaer sollten für alle jene eine Warnung sein, die für Warnungen empfänglich find. Wir erkennen, schloß Dr. Peter-, unsere Situation ganz klar und au» dieser Erkenntnis heraus lagen wir Ihnen: Finden Sie den Weg zu unS. Di« deutsche Provinz hat ein große- Mißtrauen zu Prag und man wird sie erst wieder gewinnen müssen. Kundt kündigt Exodus an Später gab Kundt(SdP) als Klubvorsitzender die offizielle Erklärung ab, daß die SdP an der Abstimmung über die Vorlage betreffend die Anlagepflicht in Staatspapieren nicht teilnehmen werde, und zwar aus Protest dagegen, daß die gestrige Rede des Finanzministers, die heutigen Vorlagen— insbesondere die Kreditvorlage— sowie die Zensurpraxis und vieler andere immer noch keinen konkreten Willen der Koali- iionsmehrheit zur raschesten Aenderung des Systems gegenüber dem Sudetendeutschtum beweise. Nach Kundt sprach noch Dr. Neumann INat.» Soz,), der erklärte, e- sei undemokratisch zu glauben, daß man durch da» Verlassen de- Saale» gegen die Tatsachen protestieren könne, die der Finanzminister angeführt hat. des Referenten wörtlich gemacht werden. Denn Dr. Peter- aufrichtig wäre, müßte er sagen: DirDeutschen haben eine Weilte Politik gemacht, well wir nach dem Umsturz nicht an die Existenz und Dauerhaftigkeit del tschechoslowakischen Staate-, nicht an die Stabilität der tschechoslowakischen Krone geglaubt und daher Milliarden in Reichsmark verspekuliert haben, wobei wir die Folgen noch jetzt tragen. Wenn, sich Dr. Peter- beschwere, daß der tschechoslowakische Export erschlagen werd«, dann vergesse er. daß ihn am meisten der reich-deutsche Export dadurch erschlägt, daß er sich Exportprämien zahlen läßt, wie man sie auf der ganzen Welt nicht wieder findet. Wir bemühen un», sagte Bergmann, im Rahmen der Möglichkeit, die deutsche Industrie zu unrerftützen. Aber Dr. Peter» kann nicht verlangen, daß wir eine Gla-hau»»Jnduftrie schaffen, auf die die ganze Bevölkerung draufzahlen müßte, wobei die Herren dann noch so mit un- umspringen würden, wie heute Herr Dr. Peter». OsterwOnsche des Vorsitzenden Gegen Ende der Sitzung, die der Vorsitzende dann mit den üblichen Osterwünschen schloß, wurde die Regierungsvorlage mit einer von der Koalition beantragten Aenderung angenommen. Demnach kann die Regierung die in den 88 bis 17 für die Sozialversicherung-Institute etc. vorgesehenen Sätze durch Verordnung nur um 10 (und nicht um 28) Prozent erhöhen, dafür aber ohne die zellliche Begrenzung bis Ende 1042. Die Ermächtigung, die Sätze für die eigentlichen Geld- anjtalten<88 1 bis 10) bis Ende 1942 im Ver- ordnungswege um 28 Prozent zu erhöhen, bleibt unverändert. Dr. Hacek für Aenderung der Kreditpolitik Bon den sonstigen Debatterednern hatte der Kommunist Kopriva erklärt, seine Partei werde
prüfte er, ob Riegel und Pfosten ordentlich verschlossen wären. Dann kehrte er zu seinem Sessel zurück, blieb aber aufrecht stehen, schweigend, noch stiller als schweigend und mit einem gequälten Mund. Um seinen Hals hing das elfenbeinerne Kreuz des Erlösers. Der Erzbischof wlirgte sich beinahe damit. Und so klangen die Worte, die er sprach, auch heiser und hart. Sie klangen, al» tväre jede Silbe mit einem Widerhaken versehen. Tvr Erzbischof sagte:„Wir begreifen e» sehr wohl, daß Eure Majestät weich wird vor der Uebcrfülle diese» Sieges. Es kleidet Eure Majestät herrlich, Gnade üben zu tvollen. Sie ist da» Menschlichste der Menschenrechte. Aber die Majestät sitzt aus einem Thron, und rin Thron ist keine Wetterfahne, die sich von launischen Winden drehen läßt! Und dieser Mann Don Juan de Padilla hatte dem Herrn de» Thron» verkündet, daß er ihn in den Mist hinunterstoßcn wird! Und nun, da wir den Mann Juan de Padilla halten, ist es daS Maximum der Gnade, daß wir ihn sofort, sofort, Majestät, der Gnade deS Himmels überantworten. DaS Gesetzbuch der Majestäten ist kein AlttveiberkatechiSmuSI" Nur um di« Pause auSzusüllen, erwiderte Karl, doch er rührte sich nicht auS seiner Versunkenheit:„Eminenz Herr Erzbischof, Seigneur von ChisvrcS, Herr Staatökanzler, mein Mentor und Freund, Graf Haro, mein lieber General , meine spanischen Granden, beliebt eS den Herren nicht besser, von den Bitterkeiten dieser Erde nach den süßen Orangen des Nachtisches zu verhandel»?" Und Graf Haro:„Eure Majestät vergessen, daß der Mann unseres Blutes ist, daß er unser Blut verleugnete!" Und im Chor die Granden:„Sein Kopf gehört unil" Jetzt stand Karl auf. Er reckte sich. Er blickte sich im Kreise um. Jeden der Gäste faßte er einzeln ins Auge. Er sprach:»Sie haben mir geschworen, daß
Ihre Köpfe mir gehören. Und eS sind die edlen Köpfe, die edelsten Unserer Verwandtschaft. Und diesen kläglichsten, diesen entarteten, ihn gerade wollen Sie mir streitig machen? Meine Herren, Sie sind älter als ich. Ich bin jung und brauche vielleicht noch ein Spielzeug. Gönnen Sie mir diesen Kopsl Sie werden nicht verweigern, wa» die Majestät erbittet, so blutwenig, so wenig Blut!" Karl sagte eS sanft. Er sagte eS so leise, daß nicht einmal die überempfindlichen Kristalle unter dem Vibrieren seiner Stimme mitschwan- gen. Sie gerieten erst in klirrende Bewegung, al- im Vorzimmer ein Raffeln hörbar wurde. Es war nicht das Klingen des Geschirrs und der Schüsseln, sondern das Kctienrasseln eine» Wesens. das in Eisen gelegt war. das sich nicht vor« wärtsbewegen konnte, das zu Boden stolperte, das offenbar wieder hochgczerrt wurde. Dann hatten die Eindringlinge den Widerstand überwunden, die Tür gesprengt und den Vorhang aufgerissen. Sie erspähten sofort den Platz des Königs. Die deutschen Leiblvachen stampften in den Saal. Die Gardisten schmiffen die in Eisen gekettete Last grad vor dem König auf die Erde. Dann lachten sie, wie sie zu lachen pflegten, mit ihren eckigen Mündern, deren Lippen daS Zahnfleisch freigaben, das saftige, da» kirschenrote. Dann verharrten sie in auSgerichteier Parade. Man sah, wie der angetettete Mann nach Kräften rang, wie er sich wälzte, um der Glie»' der Herr zu werden. Endlich stand er aufrecht in seinem weißen Kleide, daS wohl von Schmutz und Staub durchtränkt war, doch die Lichter der Kerzen und die spiegelnden Rosetten der Flammen wuschen die Dunkelheit von dem Kleide ab. Der Schatten schien noch immer von Don Juan d« Padilla zu fliehen. „Der Ueberläufer. der Verräter seiner Familie!" schäumten die Granden.
Schon flogen Messer und Gläser in die Richtung Padilla», al» Karl um den Tisch herumlief. Al» Zielscheibe pflanzte er sich vor dem Geketteten auf und schrie:„Wer ihn trifft, trifft den König! Man rühre ihn nicht an!" Und hierauf zu Padilla:„Daß Sie in meiner Hand sind, Graf, das ist von Gott gefügt. Ich hasse Sie deshalb nicht, weil ich Sie in ehrlicher Schlacht besiegt habe. Und diese Herren Padilla ließ ihn nicht zu Ende sprechen. Er unterbrach:„Diese Herren wissen genau, wa- sie tun, wenn sie Don Juan de Padilla einen Verräter u«U> Ueberläufer schelten. Ja, Don Juan de Padilla i st ein Ueberläufer. Ein Verräter ist er auch. Aber übergelausen zu wem? Verraten wen? Uebergelaufen zu den Lämmern, die voll den Wölfen verschluckt werden sollten. Jetzt sind sie verschluckt. Eure Majestät tun Unrecht, den Herren Wölfen zu verbieten, den abgefangenen Verräter im letzten Triumph zu umheulen. Eure Majestät tun Unrecht, sich einzubilden, daß ich Sie nicht hasse. Im Gegenteil, ich habe mich nicht entleibt, weil ich wünschte, der Majestät noch einmal meinen Haß sagen zu können, bevor die Majestät geruhen zu befehlen, daß man mich entleibe." «WaS geschehen soll, Majestät!" tobten die Granden. Entgegnete Padilla:„Hoffentlich mit aller Grausamkeit, mit aller Gründlichkeit, au» der diese Herren eine bewunderungswürdige Tugend gemacht haben, die Eure Majestät studiert und den Herren äbgeguckt haben mit ebenso bewunderungswürdigem Talent!" „Nun, Majestät", schaltete sich der Hohepriester wiederum in den Streit ein,„sind Majestät entzückt über Ihr Spielzeug? Werden Eure Majestät noch lange darauf bestehen, sich in dieser hohen Schule der philosophischen Beredsamkeit zu üben?" .(Fortsetzung folgt),'