Nr. 00 SamStag, 16. April 1038 An unsere Kolporteure, Abonnenten und Leser. Anläßlich der Osterfeiertage wird am Montag nicht gearbeitet, so daß un­sere Dienstagausgabe vom IS. April entfällt. Die Verwaltung. HaudclSabkonunen, dessen Abschluß so vielver­sprechend in Aussicht gestellt wurde, aus den ersten VorbereitnngSnrbeiten bisher nicht her- uuSgckominen ist, das scheint eine Folge dieser in Amerika   und Asien   zu beobachtenden Spannun­gen zwischen Großbritannien   und den Bereinig­ten Staaten zu sein. So wird die Zurückhaltung Washingtons, die im Falle Oesterreichs   festzustellcn war, ver­ständlich. Daß aber gerade die Tschechoslowakische Die auSlvärtige Abteilung des Sekretariates der Lnüvur-Party gibt von Zeit zu Zeit zur In­formation für die Politiker der Partei Abhand­lungen über aktuelle Fragen der Wcltpolitik heraus. Das lehte Heftchen ist dem Problem der Tschechosloioakei und der sudetendeutsch  -n Frage gewidmet. Es wird darin anSgesührt, wie wich­tig cS für die europäische Politik sei, Deutsch­ land   es unmöglich zu machen, sich in die inneren Angelegenheiten der Tschechoslowakei   einzu­mischen:Hitler daS Recht geben, sich in die innere tschechoslowakische Politik einzuinischeii, bedeutet sein Recht der Einmischung anzuerken- nen überall dort, wo deutschsprachige Bevöl­kerung ist, ob diese eS wünscht oder nicht" ES Ivird sodann eine Klarstellung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse im sudetendeutfchcn Gebiete gegeben, gezeigt» welche Wirkungen die Wirtschaftskrise hcrvorgerufen hat und wie da­durch der Ausstieg der SdP möglich gemacht wurde. Beschrieben wird ferner der wirtschaft­liche, politische und kulturelle Terror, dec von der SdP ausgeübt wird und eS wird dargetan, daß eine Autonomie der deutschen Gebiete der Re« Rumänien   autoritär: Bukarest  . Ein RegierungSdekret ergänzt daS bestehende Gesetz zur Verteidigung der Ruhe und Ordnung im Staate durch folgende Bestimmun­gen: Verboten ist jede Propaganda für die Aende- rung der Staatsförm, für die Verteilung oder Verschenkung fremden Eigentums, für die Nicht­bezahlung von Steuern sowie für den Klassen­kamps. Politische Organisationen welcher Art immer, dürfen nicht bestehen noch täti" sein. Die Nenerrichtnng von politischen Organisationen wird durch ein späteres Gesetz geregelt werden. Sämt­liche Handelsunternchmungen politischen Charak­ters werden liquidiert.(Gemeint sind vermutlich u. a. die Handelsgenossenschaften derEisernen Garde  ".) Die Regierung wird weiter daS Er­scheinen von Zeitungen, welchepolitischen Ideen dienen", verbieten können. Beamten, Studenten und Schülern ist die Teilnahme an politischen Aktionen verboten. Verboten ist wei« rcrs das Tragen oder die Zurschaustellung von Republik   die stärksten Sympathien der Bereinig­ten Staaten besitzt, das wurde aller Welt mit dem weitgehenden Entgegenkommen bei dem Ab-' schluß deS amerikanisch-tschechoslowakisch, n Han­delsvertrages bekundet. Diese Sympathien sind seitdem nicht geringer geworden! Für di« weitere Entwicklung in Mittel­ europa   ist eS für die Tschechoslowakische Republik von Wert zu wissen, daß auch die Vereinigten Staaten   in der Front derer stehen, die für die Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen und für die Beilegung von internationalen Schwierig« keilen und Streitfällen durch friedlich- Mittel sind. Denn auf die Kraftquellen dieses mächtigen Staates können dann jene nicht zurückgreifen, die die Grundsätze des Völkerrechte- zertrampeln. Damit und mit der soeben mit Beschleunigung in Angriff genommenen riesigen Flottenaufrüstung im Gesamtauflvand von 800 Millionen Dollar (23 Milliarden Köl) werden die Bereinigten Staaten zum Garanten einer Gestaltung Euro­ pas  , bei der die Diktaturen nicht die Sieger sein werden. publik bedeuten würde,die Errichtung eines totalitären Regimes in den deutschen   Bezirken, was zu völliger Vernichtung der demokratischen Elemente innerhalb der Bevölkerung nnd zur Zersetzung der Tschechoslowakei  ' selbst führen Ivürde. Eine demokratische Tschechoslowakei  könnte mit einem totalitären autonomen deut­ schen   Gebiete innerhalb seiner Grenzen nicht existieren." Der Schluß der Abhandlung ist mili­tärischen und strategischen Fragen gewidmet. Die Erhaltung einer selbständigen Tschechoslowakei ist, so wird gesagt, im Leben-interesse des Westens gelegen.Bom Standpunkt der franzö­ sischen   nnd britischen Sicherheit kommt es vor allem darauf an, daß die deutsche   Armee ihre Kräfte teilen muß und sie nicht alle gegen den Westen lverfen kann. Daher die unabmeßbare strategische Bedeutung der Tschechoslowakei  . ES ist dies ein kleines Land, aber im Bedarfsfälle kann eS etwa eine Million Mann ins Feld stel­len." Die aufklärende Broschüre hat den inter­nationalen Sekretär der Laböur-Party G i l« lies zum Verfasser. politischen Wzeichen jeder Art. Verboten ist schließlich die Annahme von Geld oder Geldwerten von Ausländern oder aus dem Auslande zu poli­tischen Zwecken. Uebertretungen dieser Bestim­mungen werden mit Gefängnis von 2 bis 3 Jah­ren bestraft. DaS Innenministerium hat ferner das Recht, Personen, welche bet der Beteiliguüg an politischen Aktionen betreten werden, Im admi­nistrativen Wege Zwangswohnsitze auf die Dauer von ü Monaten bis zu einem Jahre anzuweisen. Sonnet persönlich neck Senk BariS. Frankreichs   Außenminister Bonnet beabsichtigt sich persönlich an der Mai-Tagung deS BölkerbundrateS zu beteiligen. Neben wirt­schaftlichen Fragen will er auch den in den ver­schiedenen Genfer   Institutionen konzentrierten wirtschaftlichen Problemen seine Aufmerksam­keit widmen. Oie militärische Kraft der USSR  (Acropresf.) Nach der Erschießung Tucha« tschcwskis, JakirS, llborewitschs, Feldmanns, Eide­manns nnd der anderen, denen der Selbstmord Gamarniks voranging, wird die Säuberung in der Roten Armee fortgesetzt. Inzwischen sollen Gene­ral Dybenko(Armeerayon Leningrad), Kniby« schein(Oberkommandant von Transkaukasien  ), Bjelolv(Weißrußland  ), AlkSniS(Chef der Luft­waffe), Schapofchnikow(Generalstabschef), Ka­schirin, Jegorow, Großadmiral Orlow, Groß­admiral Viktorow, Ludry(Marineakadcmie), Sikow(Baltische Flotte  ), Kirejew(Fernost­flotte), Smirnow- Swerdlowsk  !(Schwarzmeer- slotte) und Duschenow(Weißmeerflotte), zu denen sich nach den neuesten Meldungen auch Budjenny gesellt, gestürzt und zum Teil unter Anklage gestellt worden sein. Man hat die Frage aufgeworfen, ob die Rote Armee   unter diesen Umständen, angesichts einer solche» Dezimierung, noch eine Rolle spie­len kann. Japan   hatte seinen Feldzugsplan gegen China   auf solchen Erwägungen aufgebaut(ohne daß daö russische passive Verhalten als Bestäti­gung gedeutet werden darf, denn Japan   schwächt sich ja selbst, ohne daß etwas dazu getan werden müßte), und eS heißt, daß Beck deshalb sein Ulti­matum an Litauen   gewagt habe. ES iväre aber verfehlt, aus dem russischen Verhalten Folgerun­gen zu ziehen. Denn noch war die Unabhängigkeit Litauens   nicht bedroht, und Rußland   denkt auch heute nicht daran, Litauen   als Aufmarschgebiet für eine deutsche   Armee preiszugeben. Zur Zeit forciert eS den Militärpakt mit Frankreich  . Seine Erklärung zugunsten der Tschechosloioakei ist be­gannt. Die Frage nach den Auswirkungen der Säuberung in der Roten Armee ist daher ver­ständlich. Wir betrachten die Sache rein militärisch, und die Feststellungen bedeuten keine Verteidi­gung desicn, was sich politisch in der USSR   ab- spielt. Nur außenpolitische Gesichtspunkte sollen hier walten. Unter diesem Aspekt ist zu sagen, daß der Kampstvert der Truppen nicht dadurch beeinflußt ist. Selbst Beobachter, die alles andere als sowjetfreundlich sind, haben inzwischen dies UrteU abgegeben. Für die Einschätzung der Sow­ jetunion   als außenpolitischer, als militärischer Faktor haben alle innenpolitischen Beurteilungs­momente In den Hintergrund zu treten. Das weiß man, angesichts der japanischen Gefahr, auch in England. Mit Recht wird gesagt, daß die Jego­ row  , Schaposchnikoiv, Orlow und Biktorow bis jetzt gar keine Gelegenheit hatten, ihre militäri­schen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, daß Dybenko eine rein dekorative Figur war. Die Ausbildung nnd Schulung von Infanterie und Luftwaffe ist dadurch nicht beeinträchtigt worden, daß man gegen so viel« höhere Offiziere vorging. Auch in Frankreich   schreibt man nach sorgsamem Studium dem Aderlaß keine negative Wirkung zu. Darin sind sich Bonrour und Reynaud  , Ps« taln und Gamrlin einig. Die Auseinandersetzun­gen spielen sich in der Sil nur in den oberen Re­gionen, unter den Intellektuellen, nicht im Gro­ber Bevölkerung ab und lasten die Jugend unbe­rührt. Was an Erfahrung verloren ging, soll durch Elan wettgemacht werden. 4*Milllardenanlelhe In Jugoslawien  Belgrad  . Der Ministerrat beschloß die Aus­schreibung einer inneren Anleihe in der Höhe von vier Milliarden Dinar für öffentliche Arbeiten und die Nationalverteidigung. Labour-Party über die Tschechoslowakei  60 Roman von Wer zuerst deS Herolds und seiner MönchSfracht ansichtig wurde, der konnte sich eine Prämie erbla« s-n, und sie war nicht mager. Kaiser Kail, sechs Kurfürsten und noch dazu die Legaten des Papstes hatten den Sonderlohn auSgelobt. Das Mönchlein schien aber zu schleichen. Oder war ihm daS Herz in die Hosen gefallen? Die im Bischofshof versammelten Herren spielten Schach   oder würfelten oder gähnren. Und Bruder Pctzensteiner redete auf der Landstraße auf Prof. Luther  «in:«Herr Aleander hat aus Rom  einen Käfig mitgebracht. Darin will er Euer Ehrwürden durch Deutschland   fahren un> Ihnen einen Maulkorb mit einem Schloß davor umhän­gen. Fehlt ihm nur die Zustimmung des Kaisers." Da richtete sich MartinuS Luther   im Wagen aus. Er schrie dem Kutscher zu, die Gäule zu kit­zeln. Er ballte die Fäuste und rief:«Wären in Wurms so viele Teufel wie Ziegel auf den Dä­chern, ich muß hinein!" Heut werden wir", sagte Profestor Luther, als er das Brot in der Gaststube deS Johanniter­bause- auschnitt,wie die Böhmen   freffen und sau­fen wie die Deutschen  . Denn, meine Teuersten, Zweck hat eS nicht, leerbänchig vor den Gekrönten hinzuwanken. Stütze soll der Leib haben, spürt vielleicht die Majestät Lust, uns anzudonnern. Sauer darf nicht die Abstinenz der Gaumen sein, soll die Majestät Honig in unserer Rede finden. Darum den Mund ordentlich" gewischt, aber vorher dnstigen Braten hinein, bevor wir mit dem Ge« krönten anbandeln l" So wurde mächtig getafelt. Professor Luther  wurde nicht nur schlver von Spießerkeule und Schlvarzbier. Er hätte ein eigenes Lasttier ge­braucht, um all die Fürste»- und Untertaueiibriefe sorrznschleppen, die man ihm von Pommern   bis nach der Schweiz   und vom Breisgau   bis nach Böh­ men   zugeschickt hatte. Sie alle lobten ihn, sie alle beschlvoren ihn, tveitcrzulodern als Deutschlands  Glaubensfackel. Martin Luther   steckte die Briefe in die Ta­schen, und er war ausgepolstert mit den Posten der Ermutigung. An diesem Polster würden die Kugeln abvrallen wie an dem dicksten Eisenpanzer. So schnell wie e- kam, hatte er den Ruf deS Kaisers gar nicht erwartet. Noch während er sich nach der ersten Mahlzeit streckte, betrat ein ernster, massiger Mann seine Stube. Der hatte ein schönes und gutes Gesicht. Die dunkelbraune Bartkrause und der etwas hellere, geringelte Schnauzbart, die sich auf den Wangen verflochten, gaben ihm ein be­häbiges und trinkfestes Ansehen. Etwas müde auvllen nur die dunklen Augen au- der Höhle, aber das kam wohl eher vom vielen Pulverdampf, der sie gerieben hatte, als vom vielen Wein. Doch brauchte man sich wenig um derlei zu sorgen. Denn das Auffallendste an dem gedrungenen Mann loaren sein prächtiger Federbusch über dec Stahl­haube und die blaue Scidenschärpe quer von der linken Schulter abwärts über den Leib. Der Mann setzte sich zu dem Professor an den Tisch, ihm grad gegenüber. Hierauf beugt», er sich soweit vor, daß er ihm mit dem Federbusch die Stirn fegte.. Mit einem gesunden Atem atmeten sich die beiden Männer an. Rotwangig und ge­sättigt waren sie beide. Sie wohnten in kräftiger Haut und hatten sich nicht zu schämen irgendwel­cher Dürftigkeit und au- ungenossener Lebens­freude stammender Reue. Der Gast, dem alle Platz machten, schob seine Rechte, gepackt in einen Lederhandschuh und mit metallenen Nähten beseht, zu Luther   hinüber und tätschelte ihm die Hände, die den Bicrhumpen umfaßten. Und als er dann schmunzelte, tat er es wie ein alter Freund, der einen Sack mit großen Neuigkeiten aufzuknüpfen hat. Karl will dem Martin Luther   nicht die Nase abbeißen. Hat von ihm zu mir, Georg F.unSberg, Herr Professor, gesprochen w:e vom wertesten Landsmann. Und ist ungeduldig nach drmMönchlein wie der Bräutigam nach der Braut. Will ihn sofort sprechen. Erst später sollen ihn die übrigen haben. Vorher will er aber ganz allein mit ihm sprechen. Hören Sie, Herr Professor, ganz allein mit Ihnen! Schickt mich expreß, den Pro­fessor zu holen. Und da nun ausgetrunken Prost Rest, Mönchlein lMönchlein, Mönchlein du gehst in eine Schlacht, wie unsereins sie gar nicht kennt. Aber bist du der Meinung, daß du recht hast, dann nur getrost und in Gottes Namen! Aber jetzt Ivollen wir die Majestät nicht länger auf die Folter spannen.", DaS schien dem Professor Luther   alles so überraschend plötzlich. Er hatte sich auf langwie- »IgcS und lautes Verhandeln vorbereitet Offen­stehen sollten die Fenster des Saals, und Deutsch­ land   sollte dröhnen und widertönen. WaS beab­sichtigte man nun statt dessen mit ihm? Durch Hin­tertürchen ihn hineinstehlen? Es sah ganz danach aus, als Oberst FrunS- l'erg ihn beim Arm nahm, um ihn durch den stock­finsteren Johannitergarten zu lotsen, an dessen Dunkelheit sich die Augen allmählich gewöhnten. Nur am Rand, im langgestreckten Bischofshof wa­ren einige Fenster beleuchtet, und sie wiesen den Weg. Doch sonst lag der Bau schwarz und drohend da Düse Augen, die wenigen Lichter im Bischofs­hof, dachte Professor Luther  , fiebrige Blicke nnd schele. Wenn da"ein Pfeil auS irgendwelchem Fen­ster schießt und trifft, kein Wunder, weil sie doch da drüben nur lauern, um die Leute im Dunkeln abzufangen. Da empfing er einen Stoß und stand schon in einem hellen Raum und hatte nicht einmal die RuBland duldet keine japanischen Spione Tokio  . Der Sprecher des Außennuniste- riums erklärte Journalisten gegenüber, daß die Sowjetunion   am Donnerstag das japanische Er­suche» abgelehnt hat, ihren Entschluß, demzufolge die japanischen Konsulate in Chabarowsk   und in Blagoweschtschensk   geschlossen werden sollen, neuerlich zu überprüfen. Der Sprecher der Außenministeriums fügt hinzu, daß die Sowjet- regierung damit alle Folgen aus dieser Schlie­ßung der japanischen Konsulate in vollem Maße übernommen habe, falls die Sicherheit der Japaner in diesen beiden ostsibirischen Städten gefährdet werden sollte. Mexiko   bleibt fest Mexiko  . Die eben veröffentlichte Antwort der Regierung auf die englische Protestnote Ivegen Enteignung der Oelgesellschaften besagt, daß dieM exican Eagle Co" trotz dem englischen Kapital ein mexikanisches Unternehmen sei und also die Verteidigung der Interessen dieser Firma keinem fremden Staate zusiebe. Mexiko   könne nicht'.'ulden, daß irgend­ein Staat unter dem Vorwand des Schutzes von Aktionärsiniereffen das Recht des mexikanischen Staates auf Erlassen von Gesetzen bestreite, die sich auf gewisse seine Oberhoheit unterstehend« Gesellschaften beziehen. Die mexikanische Regie­rung könne auch nicht eine ungerechtfertigte Be­schränkung bezüglich des EnteignungSrechteS zu­lassen. Nazi-Debüt in Sofia Sofia  . Freitag abends sollte hier der be­kannte bulgarische Philolog und Universitäts­professor Popow einen weiteren Vortrag gegen die deutsche   Rassentheorie halten. Boc Beginn dieses Vortrages drangen Anhänger der bulgari­schen nationalsozialistischen OrganisationDie Kämpfer für den Fortschritt Bulgariens  " ein, brachen drei Türen heraus, zerschlugen die Fen­ster und warfen außerdem mehrere TränengaS- bomben in den Saal. Es kam zu einer Schlä­gerei zwischen den beiden Lagern. Ihr wurde durch das energische Eingreifen der Polizei ein Ende gemacht, welche die Versammlung auslöslc. Zeit gehabt, den Nachttau vom Geioand zu schüt­teln und die feuchte Erde vom Stiefel abzutrcten. Der Raum war eng und niedrig. Deshalb kam der Eintretende sich seiber sehr groß vor. Auch der andere, der sich im Raume befand, berührte mit dem Kopf beinah die Decke. Der andere ging zur Tür hinüber, drehte den Schlüssel dreimal im Schloß und lachte. Das war nun ein knabenhaftes Lachen. Luther   blickte auf den Kaiser, und der war so jung. Es schien so fähig zu allem, IvaS unerwartet und neu war. Er schien noch so unverdorben durch eigene Mei­nung und Gesinnung, nnd er lachte nur, um zu bedeuten, daß er sich bei seinen: Besucher entschul­digte, ihn gestört zu haben. Hätte sich gern sel­ber bemüht, wäre nur eingesperrt gewesen durch eine Etikette, stir deren Strenge und Stupidität der Herr ihn nicht verantwortlich machen möge. Sie wollten sich die Hände reichen. LiebeSleute müßten dicht zusammenrücken, und sie brauchten nicht einmal die Stimme zu erheben. Was ihn anbelange- so wäre er gerüstet, daS heißt leer, leer, ganz leer und zugänglich jeder Aufllärung. Deshalb habe er diese Geheimunterhaltung erbe­ten. Bom Gegenstand der Unterhaltung hatte der Kaiser noch kein Wort gesprochen, sondern nur mit dieser zeremoniösen Umständlichkeit seinen Willen und sein Wesen erraten lassen. Wenigstens glaubte Luther  , ihn zu erraten. Er setzte sich zurecht, damit der Kaiser ihn mustere, ihn anstaune und studiere, Hätte der Kaiser jetzt verlangt, ihm daS Ohr ans Herz zu legen und zu prüfen, ob eS vertrauenelnflößend schlage, er würde mit Freuden das Gewand auf­gerissen haben. Es war noch nicht so weit. Offenbar war der Kaiser sehr schüchtern. .(Fortsetzung folgt.)'