Wr. 03 Donnerstag, 21. April 1038 Seite S rung nicht genug diskret war und weil er bestrebt I Dorsicht der Tapferkeit bester Teil ist. Denn nian s vergastet und auch bereits dem KreiSgerichte in Böhm.-Leipa eingeliefert. Dieser saubere Patron hatte in einem Gasthause vor allen Gästen über einen angeblichen Vorfall auf dem WarnSdorfer Hauptpostamte berichtet und muhte seht zugeben, dah er sich das Ganze nurauSgedacht hatte, um ein Gerücht in die Welt zu sehen, das einen Staatsbeamten oder den Staat selbst herabwür« digt. Dieser Gerüchtemacher wird sich nun nach 8 18 des Schutzgesetzc» vor den Richtern zu ver­antworten haben sieht einer strengen Bestrafung entgegen. nachfolgende Entschliehung angenommen: An die freiheitliche Bevölkerung! In ernster Zeit, da der Faschismus Kultur Menschlichkeit mit skrupelloser Gewalt zu AuS Vorsicht. Aus Aussig ist zu be­richten: Die Hitler -Anbeter hatten am Mittwoch Gelegenheit, ihre Gesinnung auch öffentlich zur Schau zu stellen. ES war den Reichsdeutschen an« lählich deS AeburtStaqS Hitlers gestattet worden, die Hakenkreuzfahne zu hissen, wenn gleichzeitig die tschechoslowakische Flagge gezeigt würde. Von der Erlaubnis haben nicht allzuviel Reichsdeutsche Gebrauch gemacht. Vielleicht sagten sie sich, dah Italienischer Journalist von den Japanern verhaftet Pelping. Die japanischen Behörden haben den italienischen Journalisten Luigi B a r z i n i, den Korrespondenten desCorriera della Sera " verhaf­tet, der zu den Osterfeiertagen Dschehol besuchte. Der italienische Botschafter protestierte gegen diese Ver­haftung. ES ist bekannt, dah Barzini sich seinerzeit an Bord des auf dem Jangtse versenkten amerikani­schen Schiffe»Panay " befunden hatte. Ole Gerüchtemacher Der 20 jährige Ernst Schneller , Reisender aus Reudek bei Karlsbad , wurde am vergangenen Donnerstag von der Gendarmerie in Warnsdorf der Freidenker in der Tschechoslowakischen Republik hat Große Geburtstagsfeier In Berlin Berlin . Reichskanzler Hitler nahin Mittwoch vormittagsUnter den Linden " die zu Ehren fei­nes Geburtstages veranstaltete grosse Truppen­parade ab. Als erste Truppen marschierten Ab­ordnungen der österreichischen Verbände am Reichskanzler vorbei, sodann folgten über 30 Einheiten de» HeereS , der Lufttvasfe, der motori» ! fierten Einheiten sowie der Kriegsmarine. An den Strassen, durch loelche die Truppen marschierten, stauten sich Menschen massen, die die Truppen be­geistert begrühten. Die Strahcn tragen reichen Fahnenschmuck und überall sieht man Blumen, Girlanden und Bilder de» Reichskanzler». war, da» Reich in einen gefährlichen Streit zu verwickeln." Die Verantwortung für diese Nachricht muh dem genannten englischen Blatte, das aller­dings eine ernste Zeitung ist und dem ehemaligen Aussenminister Eden nahestrht, überlassen werden. kann nie wissen... l Winterliche Kälte im Elbetal. In den letzten Nächten wurden aussergewöhnlich niedrige Tem­peraturen sestgestellt. In der Nacht zum Mitt­woch sank die Temperatur im Elbetal auf ein Rekordtief. In Aussig wurden vier» in Salesel fünf Grad unter Null gemessen und Dubitz mel­det sogar sechs Grad. Der Frost richtete cur den Obstkulturen grossen Schaden an» vor allem in den Erdbeerplantagen in der Grohpriesener und Salesler Gegend. Die Aprikosenblüten sind in der letzten Nacht schwarz geworden. Auch die Kirschblüte, dir zum Teil schon durch die vorauf­gegangenen Fröste gelitten hatte, wurde arg mit­genommen. Noch immerBlaue Lotterie". Trotz der geänderten Verhältnisse in Oesterreich , die auch in den Betrieb der sogenannten Blauen Lotterie eingegriffen haben dürften, gibt e» in unseren Gebieten immer noch Leute, die in dieser Insti­tution, die mit der Dummheit der Menschen spe­kuliert, ihren Erwerb finden. Organe der Aussi- ger Polizei hoben dieser Tage eine ganze Bande aus. Bei den Verhafteten, aus Mariaschein , Predlitz , Aussig und Schönfeld, wurden 800 gesunden, die offenbar aus Lotterieeinsätzen stammen. Demokratische Verständigung, nicht totalitäres Diktat I Vlzebttrgermelster Dr. Eier Uber den Kampf um das BrUnner Theater In denLidovi Noviny" veröfsenllicht unter den obigen Titeln der sozialdemokratische Vizebür» germeister von Brünn , Dr. Bohuflav Eier, einen Artikel, in welchem er davon ausgeht, dah die Stadt Brünn an der Lösung der Brünner Theater­krise einerseits ein Interesse Hobe, weil die Stadt da» Deutsche Theater subventioniere, andererseits well sie dem Deutschen Theater da» Gebäude der Redoute überlassen habe. Das Hervorrufen der Krise, die Methoden, deren man sich zu ihrer Ver­schärfung bedient, die tatsächlichen Ziele, welche die Urheber der Krise im Kampfe vorzeitig verra­ten haben, der Plan der endlichen Lösung machen aus dem Vorfall freilich eine Angelegenheit, die über den Rahmen Brünns hinauSgcht. Die Mc- und...... WI vernichten droht, sind wir entschlossen, mehr denn je für die Freiheit des Geistes einzutrctenl Um diesen schtveren Kampf erfolgreich füh­ren zu können, fordern wir alle Freuirde deS Fortschrittes auf, sich in unsere Reihen einzu« glirdern und mit uns gemeinsam für die Sicher­heit und Unversehrtheit der demokratischen Ein- ricktungen unserer Republik gegen alle äusseren und inneren Feinde einzustehenl An die verantwortlichen Lenker deS Staates richten wir aber die dringende Mahnung, in» Sinne der Verfassung endlich die kulturellen Bedürfnisse der konfessionslosen Volksschichte zu befriedigen und ihrer WeltanschauungSgemein- schast die staatliche Anerkennung und Gleich­berechtigung mit den anderen Weltanschauungs­gemeinschaften zu gewähren. Da wir jedoch überzeugt sind, dass die erste Voraussetzung für die Erfüllung unserer Forde­rung die Geschlossenheit der gesamten Freldcn- kerbetvegung im Staate ist, wenden wir uns an alle Bruderorganisationen, mit grösster Beschleu- uigung an die Bildung eine» einheitlichen, mäch­tigen Verbandes zu schreiten! DaS Gebot der Stund« lautet: Einigung aller demokratischen Kräfte! Für Gedanken- und Gewissensfreiheit! Für Völkerversöhnung und Frieden! Gegen die faschistische Reaktion! Berlin Henleln-mUde? Das konservative englische BlattFork- shire Post" bringt einen Bericht über das Ver­hältnis der SdP zu Berlin , in welchem u. a. ge« lagt wird:Henlein ist in Berlin persona non grata geworden"(eine unwillkommene Person). Dr. BeneS kann auf eine formale Vereinbarung mit Deutschland hoffen, durch welche die tsche« chosiowakischen Grenzen genau so gesichert wür­den wie die Rechte der deutschen Minderheit. Man kann auf baldige Verhandlungen hoffen... Deutschland ist Henlein » müde, weil der Führer d.'r Sudetendeutschen Partei in seinen gesteiger­ten Forderungen gegenüber der Prager Regie- Graut ihnen schon? Scharfe chrlstllchsozlale Töne gegen SdP«Polltlk der letzten Nummer der,,T u r n z e i t u n g" deS Deutschen TurnverbandeS. Wir begnügen uns, ohne auf die Materie\ diese» Zerwürfnisses einzugehen, mit der Fest­stellung der Heftigkeit der christlichsozialen 1 Antwort, die jedenfalls beweist, dass innerhalb! der Groh-SdP nichts weniger als holder Friede herrscht. Möglich, dass die gleichgeschalteten Frommen jetzt doch zum Nachdenken gelangen! Etwa darüber, dass ihnen innerhalb der Tota­lität, die die SdP anstrebt, nicht einmal mehr erlaubt wäre, sich öffentlich zu wehren! Der Demokratie, der die Christlichsozialen da­vonliefen, danken sie es, dah sie in der Presse, die sie sich noch erhielten, ein offene» Wort reden können. Und dass sie eS ergreifen, ist ein Beweis mehr dafür, dass Herrn Henleins Bäume nicht in den Himmel wachsen! thoden, die da angewandt werden, sind jene des Hakenkreuze». Bei der Lösung der Krise muh man In Betracht ziehen, dah die Rechtsordnung nicht gefährdet wer­de. In Gefahr ist dieRuhe derStadt, dicAuwrität der staatlichen und Selbstverwaltungskörper und die politische Ehre der Rathaus-Koalition. Tie bür­gerlichen und sozialistischen Mitglieder des Stadt­präsidiums sind entschlossen, dem Terror r, icht zu weichen und werden nicht kapitu­lieren. Von den Solisten sind nur 22 gleichge- schallct, während 30 zur demokratischen Gruppe zählen. Es ist also, sogt Eier wörtlich,nur ge­recht, dah den demokratischen Schauspielern wenig­stens eines der Häuser erhalten bleibt, welche das Deutsche Theater als Ganzes zur Verfügung hat. Wenn die Landesbehörde die Konzession für das Deutsche Haus und das LandcStheater der anti­demokratischen Gruppe und jene für die Redoute der demokratischen Gruppe erteilt, wird das eine für die demokratische Gruppe nicht völlig gerechte, ober doch annehmbare Lösung sein... DaS Prä­sidium des Stadtrates hat durch sein klare», festes und einheitliches Vorgehen den Triumph gewalt­tätiger Methoden und antistaatlicher Richtungen unmöglich gemacht. Auch in diesem Brünner Vor­fall wurden Panik-Nachrichten über Demonstratio­nen, eine Intervention de» deutschen Konsuls und vielleicht noch ärgere Dinge verbreitet. Diese Phantasien wurden durch festes, entschiedene» und einheitliches Vorgehen zunichte gemacht. Die Taktik des Hakenkreuze» wird kei­nen Erfolg haben, weder in den Gemein­den noch im Staate, wenn wir bei der Lösung des deutschen Probleme» sowohl de» ganzen als auch te» teilweisen(die deutsche Theaterkrise in Brünn ist ein solches Teilproblem) überall in unserer Selbst« und in unserer Staatsverwaltung einheit­lich in diesem Willen sein werden: Demokratische Verständigung, ja. Totalitäre» Diktat, nein. Das ist die allgemeine Lehre aus der Brünner Theater­krise." ch Wie übrigens gemeldet wird, ist der wahre Name des Führers der gleickgeschalteten Schau­spieler, eines Reichsdeutschen, der sich Han» Baumann nennt: Johann Peter N o v ä L Aus der Freidenkerbewegung Vom Bund proletarischer Freidenker wer­den wir um Aufnahme folgenden Aufruf» er­sucht: Die zu Ostern in Aussig abgehaltenc Sitzung DundeSlcitung des Bunde» proletarischer DieDeutsche Presse", die erst gegen die Gleichschaltung kaum aufzumucken wagte, sieht sich bereit» genötigt, die noch vor­handenen deutsch -katholischen Stellungen leiden« schaftlich gegen die SdP zu verteidigen. Am Mittwoch sicht da» Blatt sich veranlasst, da» j i t t l i ch e Recht" geltend zu machen, mit Entschiedenheit alle Angriffe mif dl» rrki- glSse und kirchlich« Gesinnung der sudrtrndrut- kchrn Katholiken zurück,uweisrn, di« immer noch au» den Reihen der SdP gegen Kirche und katho­lisch« Volksgenossen vorgrtnagm werden." Anlass dieser heftigen Sprache ist vor allem em Artikel Dr. Walter Brand» in der ZeitschriftVoll und Führung" gegen Kirche und Katholizismus, ein Angriff, den«jeder Katholik al» einen Faustschlag in» Gesicht empfinden muh", und ferner ein antikatholischer Aufsatz in Der Kampf um ein BrUnner demokratisches Theater Obgleich eigentlich alles Recht auf fei­ten der demokratischen Schauspie­lergruppe steht und die Lösung de» Pro­blem» sehr einfach wäre, nämlich dah dieser Gruppe da» Rrdoutengebäude und der anderen Gruppe der Arbeitsgemeinschaft das Deutsche Hau» zur Verfügung gestellt werden sollte, ist in dieser Sache noch kein« Entscheidung gefallen. Die Behörden wollen doch noch eine Eini­gung dieser beiden Gruppen erzielen un­serer Meinung nach ein aussichtsloses Beginnen und habe» zu diesem Ztveck den Vorsitzenden des DircktorenverbandeS Dr. Eger und den Präsidenten des Bühnenbundes Fuchs au» Prag zu diesbezüglichen Verhandlungen nach Brünn gebeten. Gegen Verhandlungen ist sicher­lich nichts einzuwenden. Wenn aber auch sie kein Erg:öniS bringen sollten, dann wird man sich zu der Lösung entschliessen müssen: Die demokra­tische Schauspielergruppe in» Schauspielhaus, die andere in» Deutsche Hau». Ein Arbeiterleben Eine Henlein -Zeitung spöttelte über unser Lob der Treue. Freilich, wer allzeit mit der poli­tischen Konjunktur ging, kann politische Treue nicht verstehen. Und wer selber in lauten Tönen das Lob dessen singt, der ihn fürs Loben bezahlt, tann nicht begreifen, dass es Arbeiter gibt, die lie­ber hungern, als für ArbeitSmöglichkeit ihre Ge­sinnung verkaufen. Wir erzählen hier vom Lei­den eine» solchen Treuen. Es ist daö Leben vieler... I. ist 41 Jahre alt, Hilfsarbeiter, bezie­hungsweise Betoner von Beruf, seit 1031 arbeits­los. In der Zeit, da er zu den Glücklichen zählte und in Arbeit stand, brachte er wöchentlich etwa 100 Kronen nach Hause. Bei bescheidener Lebens­führung konnte er mit Frau und Kind knapp auS- kommen, wobei es ihm aber unmöglich war, ein­mal eine Krone zurückzulegen. Dieses Einkommen erreichte ja nicht einmal ganz die Höhe des ge­setzlichen Existenzminimums von 6000 Kronen jährlich. Seit sieben Jahren fehlt auch dieses ge­ringe Einkommen. Unverdrossen ist I. seit Jahren aus der Arbeitsuche;«S zehrt an seiner Seele. Frau und Kind hungern zu sehen. Einmal Im Jahre drei Wochen arbeiten zu können, bedeutet nicht mehr als ein Tropfen Wasser mif einen heissen Stein. Nach einer Kette von Enttäuschungen und mißlungenen Versuchen, Arbeit qu erhalten, ge­lingt eS der Frau, als Spulerin in Arbeit zu kommen, bei einem Höchstwochenlohn von 70 KL. Den früheren Verdienst.des Mannes ersetzt aber dieser Verdienst durchaus nicht, da die Frau als Kurzarbeiterin beschäftigt ist und lehr oft auSset- zen muss. Als Sozialdemokratin ist die Frau Im Betriebe nicht gut angeschrieb?n, oblvohl sie eine der besten Arbeiterinnen ist. Als vor der Wahl Im Mai 1036 eine Henlein-Wahlversammlung! abgehalten wurde, zu deren Besuch die Arbeiter vonOben" eingeladen wurden, wagte sie es, mit noch zwei Arbeiterinnen an der Versamm­lung nicht teilzunehmen und den Arbeitstag zu Ende zu führen. Sehr deutlich sprachen die Augen des Chefs, der durch die Fabrikräume ging und sich die Arbeiter und Arbeiterinnen ansah, die nicht zu dieser Versammlung gegangen waren. SdP-Frauen verklebten ihr darauf die Maschine mit Henleinflugzetteln. In der grössten Not hielt vor dem dürftigen Häuschen ein Auto. Funktionäre derVolkshilfe" brachten ein LebenSmittelpaket, das sie aber wie­der mitnehmen mussten. I. erklärte ihnen, dass diese Lebensmittel zusammengefochten sind bei Arbeitern, denen es nicht viel besser gehe. Wenn er da» wolle, gehe er selbst fechten und könne dann unbesorgt am 10. Mai sozialdemokratisch Wahlen. Die Versuche, die Frau heimlich, ohne Wissen des ManneS, der Henlein -Fürsorge zugänglich zu machen, blieben erfolglos, denn was ihr Mann ablehnte, das nahm auch sie nicht an. I. verzweifelte fast, denn alle Möglichkeiten, ein paar Kronen für Brot zu verdienen, sind auS- geschöpft. Es gibt Tage, an denen die Familie nicht eine Schnitte Brot hat. Ein neuer Einfall soll nun helfen, man will Besen machen. Mit einem auSgeborgten Handwagen rückt I. nun früh ab. um Besenreistg zu schneiden und einzuholen. Diese Arbeit nahm einen ganzen Tag in Anspruch. Er hätte das Reisig stehlen können, wie eS andere in dieser Notlage auch tun, aber seine Ehrlichkeit liess daS nicht zu. Vom Heger erhielt er nach Schil­derung seiner Notlage die Bewilligung, Besenrei­sig holen zu dürfen, wenn er ihm dafür vier schöne Besen liefere. Ein weiterer langer Arbeitstag ver­ging damit, im Walde Stiele für die Besen zu schneiden, sie heimzubringen, zu schälen und zu trocknen. Nicht weniger mühsam war e» dann, die Besen zu binden. Da» Einkommen aus dieser Ar­beit konnte im günstigsten Falle in vier Tagen zehn Kronen betragen, wenn eS ihm gelang, diese Besen zu vcrhausicren. WaS e» aber bedeutet, von Stube zu Stube, von Ort zu Ort Besen zum Verkauf anznbieten, Flüche, Unhöflichkeiten und Grobheiten über sich ergehen zu lassen und dabei immer wieder recht höflich zu bitten, daS lässt sich kaum beschreiben! DaS Besengeschäft konnte nicht lange betrieben werden. Als man wieder einmal hungrig zu Bett gegangen war und am nächsten Morgen die bange Frage auftauchte, WaS in den näcksten Tagen essen, unternahm I. einen neuerlichen Versuch. Er zog mit einem Wogerl auS, holte Sandsteine, die man ihm mit KL 17.| pro Meterzentner anrechnete, und begann daheinr zu arbeiten. Erst wurden diese Steine zerklopft, dann am Küchenherd getrocknet, gerieben und fein ausgesiebt. Diesen feinen Sand bot er von Stube zu Stube al» Putzsand für den HauSbalt an. Glücklich war er, als er in den späten Abendstun­den mit ein paar Kronen heim kam. Zum Nacht« mahl gab eS neben Brot noch Pferdefleischknacker, daS erstemal wieder Fleisch nach langer Zeit! Ein arbeitsloser Bekannter, der ihn gerade aufsuchte, mutzte mitessen und an seiner Freude Anteil ha­ben. ES gab aber dann auch Tage, wo er sei­nen Sand auSrief, ohne auch nur für eine Krone zu verkaufen. Man liess sich auch§m d geben und versprach ihm daS Geld beim nächstenmal. lieber« müdet und entmutigt stellte er dann an solchen Tagen sein Handwagel ein und wankte nach Hause. Satt hatte er daS Leben und hätte e» manchmal gern auügelöscht. wenn nicht der Ge­danke an sein unversorgte» Kind und seine Frau gewesen wäre. Wie oft ging sein Kind hungrig in die Sckmle! Tapfer arbeitete seine Frau mit. Im Gom­mer hatte sie Schichtarbeit von 4 Uhr jrüh bis 1 Uhr mittags. Von der Fabrik>veg ging sie zur Hilfsarbeit aufs Feld, um mit Heu zu machen, zu arbeiten bis in den späten Abend. I. erkrankte nun ernstlich, suchte aber keinen Arzt auf aus Angst, der würde anordnen, im Bett zu bleiben. Er musste doch Holz holen, damit man wenigstens eine warme Stube batte! Etiva» musste er doch auch zum Unterhalt der Familie beitra­gen. Als es aber mit seinem Leiden immer schlim­mer wurde, war er doch gezivungen, zum Arzt zu gehen, der eine Magensenkung feststellte und er­klärte, dass die Heilung eine sehr langwierige sein würde, während dieser Zeit dürfe er nicht arbeiten und müsse nach einer bestimmten Diät leben. Er, | der oft gar nichts zu essen hatte, sollte nun diät leben! Semmeln, Orangen, Honig usw. wurde empfohlen. Dazu fehlte doch das Geld. Einmal war eS der Frau möglich, von ihrem Wochenlohn .um KL 20. Semmeln zu kaufen. Der Kranke wurde aber von den Semmeln nicht satt, der aus« ! gehungerte Körper verlangte mehr. Für mehr I langte aber der karge Verdienst der Frau nickt. Sie hatte davon den Unterhalt für die Familie zu bestreiten, Miete zu zahlen und für Beheizung und Kleidung zu sorgen. Befragt darüber, wie ihr das denn alles möglick gewesen sei, erklärte die Frau:Ich schäme mich, Ihnen zu sagen, waö wir manchmal gegessen haben." Schliesslich verschlimmerte sich des Mannes Krankheit so sehr, dass er ins Spital gebracht wer­den musste. I., der bei seiner Einlieferung ins .Krankenhaus vor Schmerzen schrie, dass man ihn , viele Häuser weit hörte, hat die, Operation gut überstanden. Die Erholung schreitet nur langsam vor. weil sein Körper vom Darben und Hungern sehr geschwächt ist. Sein ganze» Ginnen und Den­ken gilt aber seiner Familie. Wovon lebt sie? Wie wird c» nach seiner Entlassung au» dem Spital? A. P.