Stile 2 Sonntag, 8. Mai 19.18 Rr. 108 ihren deutschen Gesinnungsgenossen gegen die Arbeiter zu gehen. Auch iin deutsch -tschechischen Problem offenbaren sich für den Tieferschaiiciideik zwar sehr eigenartige, aber durchaus begreifliche Gemeinsamkeiten der Chauvinisten auf beiden Seiten... WaS war die sudetendeutsche Arbeiterschaft, ehe der Sozialismus zu ihr kam, ehe sie sich ihre Organisationen baute, ehe sie sich unter den Jahnen der Sozialdemokratie zum Kampfe zu- sammenschloß? Sie war^verelendet, kulturlos,! kein Hoffnungsstern leuchtete über dem Armutü- lebcn der Arbeiter. Lang die Arbeitszeit, niedrig die Löhne. Nicht selten lebten mehrere Familien zusammengepfercht in einem Wohnraum. Für den deutschen Bürger, der schon damals ein ».guter Deutscher " Ivar, lvar die Arbeiterschaft ».Pöbel". Die Sozialdemokratie hat diese ver­elendeten, versklavten Arbeiter gelehrt, daß sie selber um ihre Befreiung kämpfen müssen, die So­zia. demokratie hat sie organisiert, die Sozialdemo­kratie hat sie aus den Tiefen des Elends und der Kulturlosigkeit cmporgesührt. Und jeder Schritt nach aufwärts mußte erkämpft werden gegen den erbitterten Widerstand der Unternehmer, jede Viertelstunde Arbeitszeitverkürzung, jede,Krone Lohnerhöhung mußte im Kampfe gegen di» Volksgenossen Fabrikanten errungen werdenI Aber die Sozialdemokratie hat keineöivegS nur materielle Besserstellung der deutschen Arbeiter erkämpft. Sie hat in den Frühzeiten der Arbei­terbewegung Hunderte ArbcitcrbildungSvereine geschaffen, in Lese« und Diskutierabenden die Arbeiter zu den Büchern geführt, ihnen Wissen vermittelt, im Denken geschult. Die Sozialdemo­kratie erst hat die deutschen Arbeiter, bis dahin mißachtet und verachtet, indieNationekn- gegliedertl Ohne Hilfe des deutschen Bür­gertums! Gegen den Wille» des deutschen Bür­gertums! DaS deutsche Bürgertum hat den deut­ schen Arbeiter erstentdeckt", als er diesem Bür­gertum gefährlich wurde, als das bürgerliche Profitintereste durch die wachsende sozialistische Bewegung gefährdet wurde. Dann erst begannen die Versuche, die Arbeiter in deutschnationalen Vereinen zu organisieren. WaS die deutsche Sozialdemokratie in kul­tureller Beziehung geleistet hat, was sie getan hat, um deutsche Arbeiter und deutsche Kultur zueinander zu führen, bleibt unvergänglich. Die deutsche Sozialdemokratie hat und gleiches hat die Sozialdemokratie jeder Nation geleistet Besonderes vollbracht, und damit zog sie den Haß, den untilgbaren Haß des Unterneh­mertums auf sich: sie hat aus jenen Arbeitern, die sie für sich zu gewinnen vermochte, selbst­bewußte, aufrechte, kämpferische, wahrheits­liebende, freiheitssehnsüchtige Menschen gemacht, Individualitäten Menschen also, die für den Nationalismus, die für eine Gleichheitsbreipar- kei nicht zu brauchen sind, weil sie sich nicht beu­gen, nicht kommandieren lasten, ihr Ich nicht Preisgeben! Ja, daS ist die große Leistung der Sozial­ demokratie eine Tat für die Nation! Denn wir sehen nicht die Größe der Nation in der Unterwürfigkeit und Demut aller gegenüber irgendeinem, der plötzlich erklärt, Führer der Nation zu sein uns dünkt eine Nation um so größer, je mehr Individualitäten sie hat. je rei­cher sie an ausrechten, selbstbewußten Men­schen ist. Entwicklung der Persönlichkeit ist um so eher möglich, ist um so mehr Menschen möglich, jr sreier ein Volk ist je vollkommener die Demokratie ist. Deshalb und aus vielen anderen Gründen hat die Sozialdemokratie immer für die Demokratie gekämpft. Und lveil es ihr allzeit heiliger Ernst war mit der Empor­führung der Masten zur Kultur, stand sie immer iu vorderster Reihe des Kampfes um die Frei­heit der Schule, um die Berbesfe- rungS des Unterrichtes, um dir Besserstellung der Lehrer! DaS ist unser Kampf für das Deutschtum: Kampf um die Aufrechterhaltung der Demo­kratie! Kein Volk von unterwürfigen Geführten! Ein frei sich selbst verwaltendes Volk! Ein Volk, daS nicht von Führerlaunen sich seinen geschicht­lichen Weg vorschreiben läßt, sondern ihn durch freien Entschluß selber bestimmt! Deshalb unser erbitterter Widerstand gegen die Gleichschaltung als Deutsche leisten wir diesen Widerstand im Intereste unseres deutschen Volkes! DaS Interesse des deutschen Volkes ist nicht identisch mit dem Interesse der deutschen Kapi­talisten! Sondern: um so kräftiger wird das sudetendeutsche Volk sich entwickeln, je besser, je gründlicher daS Arbeiterintereffe sich durchsetzt gegen daS Kapktalistcninteresse! Dieses Arbeiter­interesse das der sudetendeutsche Arbeiter! erfordert aber wahrlich nicht, nach dein Muster dcS Dritten Reiches oder gar im Dritten Reich den Unternehmer zum allmächtigen Betriebs­führer, den Arbeiter zum gehorsamspflichtigen Prag . Im Gebäude der Allgemeinen Ren« sionSanstalt lvurde SamStag nachmittags der Verbandstag desVerbandes deutscher Wirt­schaftsgenossenschaften" von: Vorsitzenden Rai­mund Schreier mit der Begrüßung der Delegier­ten und der Gäste aus dem Inland und Ausland eröffnet. Anwesend war in Vertretung des Fürsorge­ministers Ing. 91 eia 4 ScktionSrat Dr. Ka« s e k, für den Internationalen Genostenschaftsbund dellen Generalsekretär Henry John May(London ), für die englische Großeinkaufsgesellschaft in Man­ chester H. M. G i b s o n und P. Robinson, für den Britischen GenostenschaftSverband H. S. Hunt und I. A. Edwards, siir den Schwedischen GenostenschaftSverband C. K 8 kl e n und H. Stolpe, für die tschechische Genossenschaftsbewe­gung Emil Lustig und Waldmann, für die ZentralgewerkschaftSkommistion Anton Schäfer und Rudolf Bahr, für den Allgemeinen Angestell« tenverband Kirchhof, für die Transportarbeiter Kern, ferner Vertreter der BetriebSauSschüste der Ger -Betriebe und der Genostenschaft-angestellten. Unter allgemeinem Beifall beschlossen zu« I nächst die Anivesenden die Alnen^nna eine- Er­gebenheit-, Telcgrammes an den Präsidenten der Republik .. Stehend hörte die Tagung dann den Nachruf des Vorsitzenden für den verstorbenen ersten Prä­sidenten der Republik T. G. Masaryk und für die in der Bericht-Zeit dahlngegangenen Mitglie­der der Genossenschaft-Bewegung an. Der Referent für Genostenschaftsfragen im Ministerium siir soziale Fürsorge, Dr. K a r ä- sek, überbrachte sodann eine Kundgebung de» FUrsorgemtnlsters: Da- Ministerium siir soziale Fürsorge war und ist sich der großen Bedeutung der GciiossenschaftS- belvegung bewußt. Diese Bedeutung ist nicht nur durch die wirtschaftlichen Aufgaben begründet, son­dern sie hat vor allem einen moralischen und etht- GrsolgSmann" zu machen cS erfordert dir Unabhängigkeit des Arbeiter» vom Unternehmer, e» erfordert die Freiheit der Arbeiterbewegung! Und den größten Dienst erweisen wir dec deutschen Nation, indem wir für den Frie­den wirken. Die Ziele der SdP ihreletz­ten" Ziele sind auf friedlichem Wege nicht erreichbar. Für kein Volk aber würde ein Krieg so fürchterliche Folgen haben wie für daS deutsche und kein Teil des deutschen GesamtvolkeS würde von einem Kriege so schwer, ja so vernichtend getroffen werden wie der sudetendeutsche. Kein schlimmeres Verbrechen wider das deutsche Volk, als mit der Möglichkeit eine» Krieges rechnen, diese Möglichkeit noch verstärken keine deut­schere Tat als die, um die Erhaltung des Frie­dens zu ringen! Frieden für unser Volk und Freiheit! Ja, Freiheit für das sudctendeutsche Volk! Freiheit im Rahmen des tschechoslowakischen Staates, auf dessen Boden uns vor vielen Jahrhunderten die Geschichte mit dem tschechischen Volke zusammen­geführt und so eng mit ihm verbunden hat, daß eine Loslösung ohne dauernd blutende Wunden nicht möglich wäre. Freiheit für daS sudeten­deutsche Volk, jal Aber auch Freiheit für jeden Deutschen ! Und deshalb'Demo­kratie! Und dieser Freiheit wegen, dieser wahr­haft deutschen Freiheit wegen Kampf gegen dir SdPk schen Inhalt, denn die BenostenschaftSbewegung weckt den Sinn für die Gemeinschaft und verwirklicht die demokratischen Grundsätze mich in der Volkswirtschaft. ES ist notwendig, in aller Oeffentlkchkeit festzustellen, daß gerade in den fort­schrittlichsten und kulturell höchst entwickelten Staa­ten die Genostenschaftsbewegung eine große Rolle spielt. Da» Ministerium für soziale Fürsorge wind auch tu Zukunft sorgsam daraus achten, dast die ver­heißungsvolle Entwicklung der Genostent-ßaften nicht unterbunden wird. Ri« werden wir dulden, daß es dem arbeitenden Volk verwehrt wird, sich Althirn, menzuschlteßen, zur gemeinsamen wirtschaftlichen Selbsthilfe.(Lebhafter Beifall.) Henry John May Überbrachte die Grüße de» Internationalen Ge- noffenschaftSbundeS. Er äußerte sich mit großer An­erkennung über die Arbeit der deutschen Genosten- schaftSbetvegung in der Tschcchosiowakei und sagte dann: Lasten Sie mich auf die große verantwor­tungsvolle Aufgabe der Genossenschaften Hinweisen, alle ihre Kraft für die Aufrechterhaltung des Frie­den» und de» Respekte» vor dem inter­nationalen Recht einzusetzen. Ich tue da», well einige Genossenschafter aus dem Grundsatz der Neutralität fußend, den Kampf für den Frieden als politische Betätigung tzezeichenn. Freiheit und Frieden können in der gegenwärtigen Weltlage nur dann stchergestellt werden, wenn alle demokratischen Völker Schulter an Schulter znssmmvnstrben und fest entschlossen stnd, diese beiden Grundwerte auf­rechtzu erhalten.(Lebhafter Beifall.) A. A. Edwards sprach im Namen der britischen Genossenschafts­bewegung. Er teilte mit, daß die Genossenschaften in England nunmehr eine Btitgliederzahl von acht Millionen überschritten haben und daß der Detail», umsah der Konsumvereine«ine Höhe von etwa 88 Milliarden Kronen erreicht hat. Auch er verband seine Begrüßungsworte mit dem Wunsche, daß in der Tschechosiowakei und in der ganzen Welt die Ge- nossenfchaftSbewegung weiter wirken wird, al» eine lebendige Kraft deSFrieden» und del Heils des Volkes.(Lebhafter Beifall.)- H. M. Gibson der Vertreter der Grobeinkaufsgenossenschaft in Manchester tonnte Mitteilen, daß diese im Jahre 1937«inen Gesamtumsatz von 18.800 Millionen Kronen erreicht hat. Der Wert der Eigenproduktion stieg zugleich auf fast 8900 Millionen Kronen. Gib- son wies zum Schluß seiner Ansprache anf die Probleme hin, in welche die Tschechoslowakei ber- Ivlckclt ist und er sprach die Hoffnung auS, daß diese Probleme eine friedlich« demokratische Lö­sung finden werden.(Lebhafter Beifall.) Herrmann Stolpe schilderte die schwedische GenossenschaftSbelvegung, die jetzt 800,000 Familien in einem Lande mit nicbt mehr als 8 Millionen Einwohnern umfaßt und die in den Konsumvereinen einen Umsatz von 88ai> Mil­lionen Kronen, in der ZentraleinkaufSges.Ilschai't einen Umsatz von 1600 Millionen Kronen erreichte. Die Genossenschaften werden al» der sicherste Schutz gegen preistreibende Bestrebungen der Trust- und Kartells anerkannt, der.n Vorherrschaft sie zum Teil schon gebrochen haben. Die GenoffenschaftSbetve- gung vereinigt Angehörige aller Schichten, auch die Landwirte, welche sich dessen bewußt sind, daß sie auch zur Hebung ihres Lebensniveaus viel beige« tragen hat.(Lebhafter Beifall.) Emil Lustig überbrachte die Grüße der tschechischen Genossen­schaftsbewegung und der Zentrale der Wenossen- fchaftSverbände. Er erinnerte daran, daß die tsche­chischen Genossenschaften denselben Angriffen aus­gesetzt waren wie die deutschen und daß nur durch solidarisches Vorgehen die gemeinsamen Rechte mit Erfolg verteidigt werden konnten. Wir sind uns dessen bewußt, sagte er, daß Freiheit, Demokratie und sozialer Fortschritt die Grundlagen auch nie die Entwicklung der Genossenschaften stnd. Wir kön­nen mit Freude konstatieren, daß die deutsche 81 e- nossenschaftübewegung in der Tschechosiowakei unter den schwersten Verhältnissen immer standgehalten hat. Sie kann auch jetzt und in Zukunft in jeder Hinsicht mit der Solidarität der tschechischen Ge­nossenschaften rechnen. Anton Dietl der jahrzehntelang an vorderster Stelle der Genos« fenschaft-bewegung gestanden tvar und alle Stürme mitgemacht hat, durch welche sie gebe.! mußte, rich­tete als Gast der Tagung einige Worte an sie. Er sprach über die neueste Welle de» Terror» und der Gewalt, welche jetzt im deutschen Gebiete zu be­obachten ist. In dieser Stunde, sagte Dietl, müssen wir alle einträchtig znsammenstehen, die Alten wie die Jungen, um die Schwierigkeiten zu überwinden. Wir haben schon oft schwere Zeiten durchgemacht, aber wir sind aus ihnen immer siegreich hervor, gegangen. Wir werden, wenn wir einig und ge­schloffen sind, auch diesmal Sieger bleiben.(Lebhaf­ter Beifall.) Anton Schäfer sprach im Namen der Gewerkschaften:.Gewerffchaf- ten und Genoffenschäften haben gleichwertige Ziele. Die GenoffenschaftSbewegnng schützt den Menschen als Verbraucher, die Gewerkschaften organisieren den Kampf für bessere Löhne und bessere Arbeits­bedingungen. So ergänzen sich die beiden Zweige der Arbeiterbewegung zum Nutzen und zum WM der arbeitenden Menschen. Deshalb müssen sie noch näher aneinanderrücken und all« Angriffe zurück­weisen, die zurückzmveisen ihr selbstverständliche» Recht ist. In diesem Geiste wünschen die Gewerk­schaften der Genossenschaftsbewegung den besten Er­folg.(Lebhafter Beifall.) Nach Erledigung einiger geschäftsmäßiger Angelegenheiten wurde die Tagung unterbrochen; sie wird Sonntag mit der Erstattung der Berichte fortgesetzt werden. Eröffnung der Genossenschaftstagung 77 XI. ^(Fortsetzung folgt.)' den die Nonne beschrieben batte, er führte nur in da» Reich der Kämpfe zurück. darin von den Molchen. Es ist ganz dunkel, und 1 doch erblickst Du alles,:»nd zerstoßen wird Dir,! oüwtzhl Du kriechst der Rücken und die Schultern und das Haupt. Und die Teufel ztvicken Dich mit roten Zangen. Und schon empört sich die Hölle gegen Himmel. Schon uriniert sich Hölle gegen Himmel. Schon marschiert Hölle gegen Himmel, i Schon kämpft Hölle gegen Himmel, und eS siegt Hölle. Majestät, Hölle siegt! Vernichtet Himmel, verewigt nur Hölle, eS sei denn" Sie hielt ein, holte Atem, um den Kaiser zu betrachten. Sie sah einen abgemagerten Mann, dessen Rücken sich beugte und dessen Knochen sich unter dem engen schwarzen Kleid abzeichneten. Aber sie sah sein Gesicht nicht, toeil er den Kopf auf die Brust fallen ließ. Sie fuhr fort:»Man sagt. Du leidest an der Fallsucht. Aber Gott fällt nur, wer gefällt sein will. Und was hast Du gewollt?" Hast Dich von Quacksalbern und von Köchen ausrichten lassen, kaiserliche, kleine, krüpplige Majestät! Hast in Dir die Hölle vorbereitet. Erlaubst, daß sie sich aus­breitet in der weiten, weiten Welt. Bist der größte Schuldige!" »Hoffe aber auf Gottes Gnade, hoffe, hoffe, mein Gottesfräulein!* Sie schnalzte mit den Fingern, sie fuhr ihn > an:»WaS ist Gotte» Gnade? Sie ist nichts. . Doch, doch, sie ist die Allgewalt, aber sie ist. nur , etwas, wenn der Mann, der sie sucht, ein Mann . ist und kein müßiger Gedankenzerkleinerer, nicht \ bloß ein sehnsüchtiger Seidenspinner, sondern ein Sporn, ein Sporn, kaiserliche Majestät!" ES war, nachdem Theresa schon längst den Kaiser verlassen hatte, als riefe sie noch immer aus dem Wald unterhalb des Hauses zu ihm hin­auf:»Kaiser , überleg'S nicht länger! Es stirbt sich besser auf den spitzen Dornen als im weichen Bett!" Aber der Kaiser konnte über ihr Geschrei nur lachen. Er wußte seinen Weg. Der andere Weg, ihnen lange nicht gelang, die natürlichen Wunder des Monds und der Sterne wieder zu entdecken. Rach dem Vorfrühling, dem schönsten Wun­der auf ihrem Herweg nach Juste, nach der wär­menden Erwartung während des Wandern», nach dem Erschauern der Majestät, nach dem Erschauen der Feuerspiele erkaltete die Erde noch einmal winterlich. Alle merkten, daß sie müde waren. Sie fröstelten. Sie hungerten. Die Kinder beson­ders hatten keine Freude mehr an den Blumen­kränzen, die sie sich ins Haar, um Handknöcb-l und um den Hals geflochten hatten. Sie verlang­ten, daß die Mütter sie in den Arm nähmen Sie zerzausten die Kränze, die schon verwelkt warm und von selber zerfielen. Sie waren noch weiter verfallen und die Kinder dazu und die Väter und die Mütter dazu, die gern froren und sich ihrer Kapuzen entblößten, um die Kleinen darin einzuwickeln, hätte nicht ein neues, sausendes Meer der Flammen sie be­rauscht. Es war ein ChaoS, das über alle Borde leckte, bald durchbraust vom dunstigen Rot»er Essen und Schmieden, bald vom schwelenden Grün dcS Phosphors» bald vom schalen Gelb des Schwe­fels. ES wogte aus der Erde, als wären die Kru­sten geschmolzen. Seen des Lichts pumpten sich ' immer blendender aus den Schächten. Sie über- , stürzten sich, sie übertürmten sich» sie kreuzten sich, i. sie jagten einander nach beim Klettern und Klim- , men, sie umrieselten die Masten» zwischen denen das Seil gespannt war, und die Masten, an de­nen das Fangnetz hing. Das war im weiten, wei­ten Raum daS Blinken, das mit brandenden Ne- beln das HauS des Kaisers und Gotte» Kathedrale verhüllte. Alle Aufmerksamkeit der Staunenden gc hörte dieser hallenden Flut der Helligkeit, in deren Wirbel die Seilmasten entwurzelt wurden und frei zu schweben schienen. Für den Geburtstag des Kaisers tvaren Feste! ungesagt, an denen alle» miizufeiern dachte, nicht< nur die Diener, die Priester, der Beichtvater und' der Saucenkoch des Hauses, sondern auch daS Volk von Estremadura , Männer, Frauen und Kinder. Sonst war bestimmt, daß jede Frau, die sich in der Entfernung von zwei Pseillängen dem HauS nahte, aufgegriffen und gepeitscht werde. Heute tvar das Wallfahrten nach San Juste frei­gegeben. Sie kamen aus den Eichenwäldern und Ka» stanienhainen, über die Berge, au» den Tälern,' au» den Ställen, von den Spindeln, von den Keltern , sogar aus ihren Krankenstuben. Um sich tvürdig zu machen, hatten sie ihren Maultieren bunte Schleifen in die Schweife geflochten. Um als Zierde vor dem Herrn zu erscheinen, hatten sie ihre Kleider gewaschen und geplättet. Sah er sie? Ein jeder und«in jedes fühlten sich in dem Glück, daß sie gesehen wurden. Als es dunkelte, sahen sie ihn nicht mehr. Da knallten und flammten die Feuerwerke. Sonnen kreisten im zuckenden Wirbel. Raketen flitzten hoch und entluden sich in blauen und roten und grünen Kugeln. Ein Drache mit geblecktem Gold« : maul fauchte in die Lüfte. Ein Apfelbaum blüht« . plötzlich au» einer silbernen Fontane. An den lichten Stengeln hingen die runden Früchte. Daß i eS der Baum der Erkenntnis des Guten und Bö­sen war, die um die Wurzel des Baum-.s gewun­dene Schlange machte eS deutlich mit ihrem flim­mernden Geschupp. Die Gaffenden, die Klatschenden, die Joh­lenden wurden sich dessen bewußt, daß ein heißer Trug verflogen war. Doch so voll hatten sie noch von den künstlichen Wundern die Augen, daß es Unvermittelt fragte die Nonne:»Glaubt der Kaiser an Jesum Christum, geboren auS der Jung­frau, daß sein wirklicher Leib auf dem Altäre ist, daß Brot und Wein durch Gottes Macht in den Leib und Geist Christi verwandelt werden?" Der Kaiser erwiderte:»Aber ehrwürdige Schwester, ich hab' doch von Kindheit an nichts anderes geglaubt! Ist es um der Seligkeit willen notwendig, daß ich eS noch einmal beschwöre?" »Hab' ich Euch? Zwing' ich Euch zu schwü­ren? Soll das heißen, daß Tu nicht fähig bist zu schwören, daß Du nicht freiwillig schwören willst?" »Will ich denn nicht, ohne daß Ihr mich zwingt?" »Und warst Du im Begriff eS abzuschwö­ren! War eS nicht so?" Sie schob sich immer naher an ihn heran. Sie drückte ihm die Knie und Hände, die ihn wieder schmerzten. Sie fuhr fort:Gottes Welt entvölkert sich. Und die Hölle da schaben, da scharen sie sich immer dichter an­einander, immer dichter. Ich war in der Hölle! Ich hab' sie aufgespürt, di« Schlem­mer und Wollüstlinge, die jeden Augenblick mit brennenden Schwertern geritzt werden, und gefes­selt sind sie an Flammensäulen, und geröstet wer­den sie im glühenden Pech und gesotten im stin­kenden Schwefel. Und die Majestät wird den Weg zur Hölle gehen, wenn sie sich hier paradiesisch eiyschläfert! Es ist eine lange und schmale Ker­kergasse, die zu gehen ist. Und bedeckt ist der Bo­den mit den kotigen Sümpfen, und es wimmelt vsr sdsbLedstten n.»« M HMb4OTt