Seife 2 DonnerSfag, 12. Mai 1938 Nr. 111 Spaniens Anklage in Genf Halifax für Fortsetzung derNichtintervention antwortlichen merken nicht, daß sie den Frieden opfern, wenn sie das Recht und die NechtSgrund» agen des Staates aufs Spiel setzen l Die sudetcndeutschen Deinoiraten, die soziali­ stischen Arbeiter vor allem, kämpften trotzig gegen sie Flut des Wahnwitzes, und sie kämpfen wei­ter. Man hat i Inten zwar den Glauben genommen, das; sie den Schutz des Staates genießen, aber sic haben, wenn schon die Träger der Republik auf die Kraft der deutschen Republikaner verzich­ten zu können glauben» eine I d e e zu verfechten, eine Idee, die auch den bloßen Gedanken an eine hundsföttischc Gleichschaltung auSschlicßt. Wenn schon die republikanische Staatsge­walt nicht vor der Geschichte bestehen will, so wollen doch s i e vor der Geschichte, vor sich selber und vor ihrer Gesinnung bestehen. Sie werden sich selber schützen müßen, wenn es kein Recht mehr gibt! Die Verantwortung tragen nicht sie, bei denen es seht um die Verteidigung des nackten Le­bens geht, soirdern jene, die es zulassen, daß sich die Staatsgewalt nach dem Wohlwollen der na­tionalsozialistischen Rechtsbrecher orientiert. Schub der Minderheit? Ausbau der Minderheitenrechte? Gut! Aber die heutige politische Minderheit im Sudetendeutschtum soll rechtlos sein? War solch ein Widersinn schon da? D a S soll in der Demo­kratie MasarykS möglich werden? Die Welt soll unsere warnende Stimme hören, wenn sie Prag nicht vernehmen Willi Noch ist alles zu gewinnen, wenn der Staat die Entschlossenheit bezeugt, allüberall innerhalb seiner Grenzen den Rechtsboden wieder her« zustellen. Er allein hat die Möglichkeit, die Er­krankung zu heilen, von der die Masse unseres Volkes befallen wurde: durch die nationale Be­friedung, und dadurch, daß er den Gesetzen der Republik Geltung sichert. Wie lange wollt ihr noch zögern, dem Terror der Gleichschalter, der Einschüchterung durch sie, der Erpressung, mit der sie ihre erflü- sterte Mehrheit noch vergrößern, die Autorität der! demokratischen Gesetzlichkeit entgegenzustellen? Wollt ihr warten, bis sie auch bei ihren mutig­sten Verteidigern alles Ansehen verlor? W o l It ihr, daß es zu spät wird? Prag . Die»Lid. Nov." melden aus Moskau , daß dort am Montag nachmittags der Vorsitzende des Obersten Rates der SSSN K a l i n i n die ausländischen Arbeiterdelegationen empfing, die sich an der Feier des 1. Mai beteiligt haben. Auf die Frage eines tschechoslowakischen De­legierten, ob die Sowjetunion der Tschechoslowakei nach den Verpflichtungen aus dem tschechoflowa- kisch.sowjetrussischen Pakt zu Hilfe eilen würde, antwortete Kalinin » daß die Sowjetunion immer bi» in alle Konsequenzen die Ver­träge erfüllt hat,die sie mit fremde«! Staaten ver­einbarte, und daß sie sich daher ebenso in dem tschechoslowakischen Falle verhalten würde. Sie würde bl» zum letzte» Buchstaben alle ihre Verpflichtungen erfüllen, die sie der Tschecho- slowakei und Frankreich gegenüber auf sich ge­nommen hat. Wenn einige französische Blätter behaupten, daß der französisch-russische Pakt nur der Sow­ jetunion nütze, so erkläre er, er wolle nicht behaup­ten, daß dieser Pakt den Sowjets nicht nütze, aber noch vorteilhafter sei und werde er stets Genf.(Havas.) In der Mittwoch-Nachmit« tagSsitzung de» Völkerbunde», welche um 16 Uhr 80 begann, sprach zunächst der spanische Außen­minister d e I B a y o, der u. a. ausführte:Die Regierungen von Berlin und Rom haben in an­deren Hauptstädten Mitarbeiter für eine Aktion gefunden, welche den Völkerbund schädigen. ES gibt demokratische Staaten, welche sich mit den Angreifern vereinigten. Wir waren Zeugen dessen, wie mit den Angreifern Pakte vereinbart wurden, welche die Erleichterung der Einmischung in die spanischen Angelegenheiten zur Folge haben wer­den. Es kann aber geschehen, daß diese Mitschul­digen eines Tage» selbst Opfer derselben Brutali­tät werden. Das kann die spanische Regierung nicht hindern, die Verteidigung der Interessen ihres Lande» im Innern und nach Außen hin fortzuset­zen. In seinen weiteren Ausführungen berührte del Vayo sodann den Kern der Frage, da» ist die Einmischung in innere spanische Angelegenheiten. Er führte aus, daß diese Interventionen im Laufe der letzten Monate ständig zunahmen. Del Vaho sagte u. a.r Die Intervention Italiens stelle eine offensichtliche Verletzung deS Versprechens dar, das die italienische Regierung der Regierung Groß­ britanniens gegeben hat des Inhaltes, daß sie während der Zeit der Verhandlungen mit Groß­ britannien keine Verstärkungen nach Spanien sen­den werde." Halifax antwortet Lord Halifax , der nach del Vaho sprach, führte unter anderem anS: »Einer der Hauptgrundsätze der britischen Außenpolitik lautet, daß jeder Staat selbst da» Recht hat zu entscheiden, wie fein inneres politi­sche» Regime sein soll. En Spanien hat die Ent­wicklung der Innenpolitik sehr rasch zu einer Spal- tung geführt und so Ist de faeto ein Kriegszustand entstanden. Die übrigen Staaten hatten da» Recht, für Frankreich sein. Wenn die FreundschaftSver- trage zwischen der Solvjetunion, Frankreich und der Tschechoslowakei so fest wären, wie die Sowjets es tvünschen, würden sie auch die britische Politik entsprechend beeinflussen und hätten dann noch größere internationale Bedeutung und Gewicht, al» sie bisher haben. Die»Lid. Nov." kommentieren diese Er- klärung mit großer Befriedigung. Man suche heute die russische Hilfe zu diskreditieren und da­mit auch auf unsere Oeffentlichkeit demoralisierend einzuwirken. Daher konmte Kalinins absolut klare und bestimmte Erklärung gerade zur rechten Zeit, auch we>m sie nichts anderes enthalte als die neuerliche Bestätigung der festen Entschlossenheit des Sowjcwerbande». die Bestimmungen des Bei­standspaktes bis in alle Konsequenzen zu erfüllen. Man müsse daher diese neue Versicherung, die der sich zu entscheiden, ob sie beiden kriegführenden Parteien Kriegsmaterial liefern wollen, oder ob sie ein Verbot derartiger Lieferungen erlasse» woflen. Großbritannien hat sich a»S zwei Grün­den für die Nichtinterventionöpolitik entschieden. Bor allem um die Gefahr eines allgemeinen Krie­ges abzuwenden und zweiten» um zu verhindern, dass in beiden Lagern ausländische Freiwillige kämpfen. Deshalb hat Großbritannien den Plan der Abberufung der Freiwilligen ausgearbeitet, dessen Durchführung die Bedingung für die Zuer­kennung der Kriegsrechte war und hat diesen Plan dem RichtinterventionSanSschuß vorgelegt. Sonnet stimmt Hallfex zu Nach Lord Halifax sprach der französische Außenminister Georges Bonnet . Er erklärte, daß Frankreich schmerzliche und tiefe Shmpathien für das in zwei Lager gespaltene Spanien empfinde. Aber gerade wegen seiner Sympathien für die spanische Demokratie habe sich Frankreich für die Politik entschlossen, welcher eS treu bleiben werde, denn diese Politik stehe im Einklang mit den In­teressen deS europäischen Friedens, sowie mit den Interessen deS spanischen Volkes selbst. Die fran­ zösische Regierung werde bemüht sein, Im Nicht« interventionSauSschuß ein Abkommen über die Abberufung aller ausländischen Freiwilligen aus Spanien herbeizuführen. * AuS dem heutigen SihungSverlauf ergibt sich, daß im Rate zwei Ansichten einander gegen­überstehen, von welchen die eine eine wirksame Hilfe für die spanische Regierung verlangt, wäh- rcnd die andere, die von der Mehrzahl der Dele­gierten vertreten wird, für die Beibehaltung deS gegenwärtigen ZustandeS eintritt. * Dor Negus in Genf Der ReguS ist DienStag nacht» vo» London nach Genf abgerelst. I» feiner Beglei­tung befinden sich Dr. Martin»nd zwei Sekre­täre. Wie eS heißt, hat er eine Rede vor dem Rat vorbereitet. In Pari» traf der Regn» mit feiner Gattin zusammen, die a»S Jerusalem zurückgekehrt ist und>mch England weiterreist. Mittlvoch abends traf Haile«elassie in Genf ein. Es heißt, daß er schon Donnerstag vormittags vor den; Rat eine Rede halten wird. Der abessinische Delegierte legte dem Bölker. bundrate ausführliche Informationen über die heutige Lag« in Abessinien vor; diese Jnforma- tionen wurden auch der Presse zur Verfügung gestellt. In diesem Berichte wird angeführt,»vir die Lage in den einzelnen Gebieten ganz Abes­sinien» ist,>md darauf hiugc>«esen, daß Italien große militärische Mißerfolge zu verzeichnen habe und nickst i uslande sei, da» ganze Gebiet zu beherrsche». Diese Ausführun­gen«verden durch mehrere interessante Briefe der abessinischen Heerführer, die gegen die italienische Herrschaft arbeiten» belegt. Dein Berichte sind Das Ausland Uder uns In einem ausführlichen Artikel beschäftigt sich daS Blatt der holländischen Sozialdemokra­ten,H e t B o l k" mit den Ereignissen in der Tschechofloivakei. Es schreibt u. a.: Seit dem Tage, da Konrad Henlein sein nationalsozialistisches Glaubensbekenntnis äußerte, herrschen in den sudetendeutschen Gebieten Zu­stände, die dank der als Schwäche ausgelegten Duldsamkeit der Behörden von Anarchie nicht mehr weit entfernt sind. Die Henleinisten dürfen alles. Für sie gilt kein Verbot, bei ihnen sieht man durch die Finger. Der Hitlergruß ist verboten, doch offenbar nur für den Einzelnen. Wenn ihn täglich Tausende an­wenden, tut die Polizei so, als sähe sie es nicht oder als kenne sie das Verbot nicht. Die Schnür­stiefel und Kappen sind komplettiert durch den Koppelriemen, nur da» Gewehr entbehrt der SdP-Ordner noch, aber im sudetendeutschen Ge­biet ist di« graue SA-Armee fix und fertig. Wohl ist sie noch unbewaffnet, aber nahe dabei, auf der anderen Seite der Grenze, ist Waffenvorrat ge­nug. Binnen einiger Stunden kann da sein, was gelvünscht wird. In Reichenbcrg spielte sich dieser Tage dar folgende ab: In einem Gasthaus sitzen an einem Tische zwei Geheime von der Staatspolizei. Sie verziehen keine Miene, als ein Gast an einem anderen Tisch auf die Republik , die Regierung und den Präsidenten in nicht wiederzugebender Weise zu schimpfen beginnt. An einem anderen Tische springt ein Mann auf, der schreit, daß dies nicht länger mehr anzuhören sei. Man sei in Rei­chenberg noch nicht im Dritten Reich . E» entsteht zlvischen den beiden ein Wortwechsel und ein Handgemenge. Noch immer sitzen die Polizisten untätig. Dg stellt sich heraus, daß der erste Mann, obwohl er ausgezeichnet deutsch spricht, ein Tscheche ist. In diesem Augenblick werfen sich die Polizisten auf ihn und arretieren ihn. Solange sie noch gedacht hatten, einen Henleinisten vor sich zu haben, wollten oder durften sie das nicht. In einer Bürgerschule in Pfraumberg entdeckte man, daß die Bilder von Masaryk und Bene» au» den Schulbüchern herauSgeriffen wurden. Die Ge­meindewahlen, so flüstert man im Sudetengebiet, soll dieselbe Bedeutung haben, wie die Volks« abstimmung im Saargebiet. Sie soll über den Anschluß an Deutschland entscheiden, sie soll Hen­ lein die volle Totalität über die Sudetendeutschen geben, sie sollen das Ende der deutschen Sozial­demokraten bedeuten." Line scharfe Attacke Mlkullteks gegen die Untätigkeit der Regierung Jin Senat hielt Mittlvoch der Kommunist M l k u l i L e l eine seiner temperamenivollen Reden, in der er die P a s s i v i t ä t der Be­hörden den Hebelgriffen der SdP gegenüber an Hand verschiedener Beispiele aufzeigte und schärf- stcns verurteilte. Namentlich auf den Redakteur K a h ä n e l vomBenkov" hatte eS Mikultiek abgesehen, dem er vorwarf, daß er die Berichte über die Maifeiern in der Tschechoslowakei be­wußt zugunsten Henleins verzeichnet und ihm Zehntausende von Zuschauern mehr zugeschrie­ben habe, als wirklich dabei waren. Unter Hin- lveis auf die 40 Millionen Lei, die nach einer amtlichen rumänischen Mitteilung der Führer der Eisernen Garde aus dem Ausland erhalten hat, warf Miknltöek direkt die Frage auf, ob nicht ein paar Millionen auch in der Tschechoslowakei hän- Kalinin bekräftigt die Sowjethilfe Bestimmte Erklärunsen an eine tschechoslowakische Delegation autoritative Repräsentant des obersten Organe» auch Stimme» der Weltpresse angeschlosse», auf der Sowjetunion abgab, mit Dank zur Kennt-1 welche sich der abessinische Delegierte als Be­nis nehmen.' kräftigung seiner Behauptungen bernft. 80 Der ewige Schatten Rom.n»» M«__ Sie zögerte nach solchen Erinnerungen nicht mehr, beim Sanctum officium der Inquisition an­zupochen. Aber der Kaiser entschlüpfte der Theresa Ce­peda und dem Sanctum officium. Er lag in seiner Zelle, das Auge zum Aus­lug nach der Kathedrale gekehrt. Gottes HauS dehnte sich vor ihm in unermeßlicher Leere. Jni Nachtdunlel des Tempels erblickte der Kaiser nur ein schwarzes Gewebe chaotischer Wellen. Wo Segenbecken, wo Hochaltar, wo der Grustcingang für die schon Entschlummerten sich befand, kein Signal zeigte eS an. Nur sehr fern schivcbte irgendtvo ein heller Punkt, ein Schein wie ein verlorener Stern, den die Wolken noch unUvogtcn, und eS Ivar nicht zu bestimmen, ob er mit tausend Strahlen prunken würde, wenn die Wolken sich zerteilten, oder ob die Nebel ihn vollständig auslöschen würden. DaS war in der Oede und in der Nacht der Kathedrale die ewige Lampe. Was sie beleuchtete und behütete, eS war nicht wahrnehmbar, entrückt und. verhüllt war eS auch. Es war nicht einmal ein Dämmern, ein Düstern.-in Dunsten wär eS nur. Daran klammerten sich die Sinne des Kai­sers, bis eS ihnen gelang, sich so des winzigen Geleuchtes zu bemächtigen, daß er meinte, unmit­telbar die unverminderte Kraft der ewigen Lampe mS Auge ausgenommen zu haben. Die ewige Lampe, die vom Urquell de« Lichts genährte, und der Urquell lag doch im Ueber- mächtigsten der Helligkeit. »Wie weit, wie weit muß ich noch entfernt sein von dem Uebermächtigsten, da sein nächster Abglanz mich kaum streift!" gestand sich der Kaiser. Und er fürchtete sich vor der ungeheuren Wegstrecke, die noch vor ihm lag von seiner Zwi­schenwelt zu jener letzten. Er war noch zu viel Leib, das beklagte er. Er wünschte noch zu gierig, daß man sich in seine körperlichen Leiden vertiefte, das warf er sich vor. Die Erfüllung und Befreiung, die ihm in den letzten Zeiten so leicht vorgekommen waren, schie­nen jetzt plötzlich wieder ganz unerreichbar. ES duldete ihn nicht iin Bett. Er stand auf. Er zündete Licht. Er setzte sich am Tssche nieder, um zu lesen. Die Buchstaben auf der grauen Fläche«in Kreisen unentzifferbarer Zeichen. Er grub daS Gesicht in die Hände. Die Zelle drehte sich um ihn. « Da, da, nun mußte er doch gehört worden sein, nun mußte doch irgend etwas begonnen haben, wa» er nicht erhofft hatte, etwas, das be­schlossen war in ihm und außerhalb von ihm, ein Schwung, ein Umschwung, eine absonderliche Be­glückung, da» ersehnt« Entgleiten. Die Tür öffnete sich, und ein Page trat ins Zimmer. Er trug einen Kandelaber mit bren­nenden Kerzen, aber die Flammen waren nicht hell und golden, sie flackerten im schwarzen Licht. Der Page setzte den Leuchter ab. Er schlug den Deckel einer Truhe auf. Er entnahm der Truhe ein schwarzes Gewand. Und half dem Kaiser es anzulegen. DaS Getvand duftete, al» hätte es lange in Lorbeerspezereien gelagert. AIS der Kaiser ganz in Schwarz gekleidet war, forderte der Page ihn auf, ihm zu folgen. Sie gelangten vom Zimmer zur Galerie. Sie stiegen die Treppe zur Kathedrale hinunter. Dort wogten in dem Raum immer noch die fin­steren, unbestimmbaren Dunstwellen. Aber die Nachtsachttenwände hatte sich a uSeinanderge- schoben, um eine enge Bahn freizugeben, gerade so breit, daß Kaiser und Page nicht erdrückt wurden. Auf diesem Pfad schritten sie vorwärts, und unter ihrem Schuh wurde kein Widerhall deö Bodens laut. Auf der Mitte buchtete sich der Weg dann weiter aus zu einem Rondell, daS von den schwarzen Mauern eingerahmt war, wie ein Bergsee von hohen Gebirgsgraten. Dort in dem Rund stand ein Sarg. Dort machte der Page halt, und er ver­beugte sich vor dem Kaiser und sprmb:Wenn es beliebt, da» Begräbnis zu vollziehen Alles ist vorbereitet. Es ist nicht hart in diesem Bett, eS ist weich darinnen, es ist nicht kalt in diesem Bett, es ist sehr warm darinnen." Jetzt tvar auch eine größere Helligkeit um den Katafalk sichtbar. Die schwarzen Riesen­felsen verwandelten sich in Gestalten mit Glie­dern, mit Schultern und Köpfen. Die Schultern waren mit den Kutten der Mönche behängt. Sie waren unzählige und standen mit geschlossenen Augen. Jeder von ihnen hob ein Kreuz bis zur Höhe der Stirn. Ihre Münder murmelten etwas, und eS war doch tvieder nichts, was das Ohr hätte begreifen können. Es war hörbar, und eS war doch die Stummheit. Es Ivar deutlich» und es war doch wieder nicht zu deuten. Wa» die Mönche sprachen, eS war keine Sprache, gereglt nach irdischen Gesetzen.. Auch der Kaiser sprach mit, im Rhythmus dessen, was die Mönche murmelten. Und als die Mönche schwiegen, da schwieg der Kaiser nicht. Er sprach allein für sich, und die Mönche hörten ihm zu» obw.ohl doch alles ein Unhörbares war, und sie nickten mit den Häuptern, um ihm zu erkennen zu geben, daß sie begriffen und richtig deuteten, was er selber nicht begriff und deutete. Die Mönche hämmerten sich mit den Kreu­zen auf die Stirn, und es gab ein Echo, und eS war doch wieder ein Echo von dem, wa» nicht ge­schallt hatte. Der Page überreichte dem Kaiser den Leuch­ter mit der schwarzflackernden Kerze. Der Kaiser trat vor den Mönch, der ihm zunächst stand, und überreichte ihm daS Licht, wie wenn er ihm seine Seele überreichte. Der Mönch blieS die Kerze aus. Die Schultern und die Köpfe und die Kut­ten und die Kapuzen waren nicht mehr sichtbar. Sichtbar war auch nicht mehr der Page. Sichtbar war nur noch der Katafalk. Hätte der Kaiser sich nicht an den Rand des Grabes herangetastet, hätte er sich nicht hineinsinken lassen, ihn würden die sckuvarzen, nun wieder vollkommen versteiner­ten Blöcke und die Riesengrate der Nacht zer­quetscht haben. Denn sie schoben sich um den Be- gräbnisplatz zusammen, und alles, alles wurde verschlungen. Als der Kaiser am Morgen ohnmächtig außerhalb seines Bettes auf dem Fußboden ge­funden wurde, sprach Inan de Regln, der Beicht­vater:Die Majestät lebt, sie wird weiterleben. herrlich nach dem Sterben auferstehen I" Der Kaiser erwachte und lächelte:Hat jemand schon, ehrwürdiger Vater, sein Begräbnis überlebt?" Gut, Majestät, herrlich, daß die Majestät so kostbar scherzt!" erwiderte der Beichtvater. Wer scherzt mit seinem Begräbnis?" fragte der Kaiser. Der Träumer, der in Gottes Hand ist und sicher" Die Träume sind die Wirklichkeit!" Wenn wir imstande sind, die Wirklichkeit nach unseren Träumen zu bauen." Wenn wir imstand sind!" wiederholte der Kaiser. XIV. Er war so erschöpft, daß selbst die Krämpfe aufhörten, seine Glieder zu schütteln. Das glü­hende Fieber erlosch. Die einstmals von der Gicht verbogenen Hände und Beine ruhten wie Steine, die nur noch zufällig zu seinem Rumpf gehörten. .(Fortsetzung folgt.).