Sdtr S„Sozialdemokrat"Donnerstag, 23.^ Juni 1038. Nr. 14«Iraaer^ttmolAus aller WeltDir Politik bei König» Jaqosz I. Nachdem dieOpposition gegen den Zigeunerkänig Janus- 1. sicherwas beruhigt hat, wird in Warschau auch in diesemJahre wieder ein große! Zigeunertreffen stattfinden.Bei dieser Gelegenheit will der„König" seinem Bollemit großen politischen Erfolgen entgegentreten, under hat, wie man erfährt, zwei Pläne vor. Ersten!soll eine Delegation von Zigeunern nach Rom geschickt werden, wo sie von Mussolini empfangen-uwerden hofft. Die Aufgabe dieser Delegation soll elsein, die Ansiedlung von Zigeunern in Aetdiopien zuermöglichen, und au» der Umgebung von. Janusz I.verlautet, daß eine solche Bitte durchaus freundlichvon den Italienern ausgenommen werden würde.Zweitens aber soll König Janusz auch beabsichtigen,eine Delegation nach Genf zu schicken, uni die Intervention d-s Bölterbundes in der Frage der Sterilisierung der Zigeuner, die in Deutschland aufge-laucht ist, zu erreichen. Ob daS richtig ist,, ist schwernachzuprüfen, aber die Politik von König Januszwürde in diesem Fall an-er Achse Rom-Berlinscheitern. 1ElefantenzefNhr in Niederländisch-Indien. DasKolonialministerium hat einen dringenden Hilferufaus Sumbava in Niederländisch-Jndien erhalten. Diedortige Bevölkerung wird von Elesautenherden geradezu terrorisiert. Die Tiere wagen sich in Gruppenvon 20 bis 80 bis an die Dörfer, zertrampeln dieFelder und reißen auf ihrem Wege alles nieder, wasihnen begegnet. Die Ortspolizei ist ebenso wie dieBewohner selbst nicht in der Lage, die zweifellos nachmehreren Hunderten zählende Elesanten-Jnvasionabzuwebren, und verlangt dringend die Entsendungvon Truppen. Vorerst ist dal Verbot, Elefanten zuschießen, für diese! Gebiet aufgehoben worden, damitman wenigstens zunächst Abhilfe schafft. Man glaubt,daß wenn einige Elefanten erlegt werden, die anderen Tiere sich nicht niehr vorwagen werden; die Elefanten find bekanntlich außerordentlich klug, und«!ist wiederholt beobachtet worden, daß sie die Gebietemeiden, in denen sie gejagt werden.Di» pünktlichen Franzosen.Alle Welt redet darüber,daß die Franzosen nicht allzu pünktliche Leute seien,und in der Tat paßt die ungeheuer ernste Auffassungvon absoluter Pünktlichkeit, wie sie in manchenanderen Ländern herrscht, nicht ganz zu der legerenArt der Franzosen. Und trotzdem ist die allgemeineAuffassung falsch. Der beste Beweis dafür ist dieTatsache, daß täglich 20.000 Menschen in Parisallein die genaue Urzeit beim Observatorium erfragen. Die! geschieht, wie in der Mehrzahl der anderenGroßstädte der ganzen Welt, durch einen telephonischen Anruf. Die Normaluhr wird automatisch eingeschaltet. Trotzdem dürste die Zahl, die soeben eineStatistik des Pariser. Observatorium! bekannt gibt,erstaunlich hoch gesunden werden, ebenso wie die-Tatsache, baß. nicht weniger al! hundert Telephonlinien an die Nummer der Normaluhr angeschlosfen'sind. Da auch das Radio in kürzeren Abständen immer wieder die Uhrzeit angibt, wird die Zahl derPünltlichkeirSsonatiker in Frankreich unerlvartet hoch.Aber die Franzosen werden immer noch von den Engländern geschlagen. Tenn die Normaluhr in Londonhat im Jahre. 1087.nicht weniger al! neun Millionen Anfragen, erhalten, das heißt, einen Tagesdurchschnitt'von 28.000 erreicht.Der Onkel nutz Amerika. Tatsächlich— erexistiert immer noch, der reiche Erbonkel aus Amerika! Eben ist dieses Märchen zwei armen syrischenLastträgern in Kairo, den Brüdern Matheyau, widerfahren. Nach langem Suchen hat der Testamentsvollstrecker eines in Chicago verstorbenen syrischen Multimillionärs, der vor langen Jahren ausgewandertwar und ausnahmsweise drüben nicht den Namen geändert hatte, die Alleinerben durch die amerikani»scheu Konsulate in Syrien und Aegypten festgestellt.Die Brüder Matheyau erben mindesten! 80 Millionen Dollar und werden auch nach der Zahlung derErbschaftssteuer noch Millionäre sein. Sie reisen zunächst auf Kosten der amerikanischen Botschaft inKairo nach Chicago.Große Investitionsarbeitender StadtIn der gestrigen Sitzung de! böhmischen Lande»«aulschussei wurde der Stadt die Bewilligung zurFinanzierung einer Reihe großzügiger Bauprojekteerteilt. Genehmigt wurde die Beendigung der zweiten Rohrleitung au! Karan» mit einem Austvandvon 2« Millionen, Rekonstruktionen von Schulgebäuden mit einem Aufwand von 8,780.000 Xü,Kanalisationen für 2,400.000 X(. der Bau vonLuftschutzkellern für«ine halbe Million und die Erneuerung der Pflasterung der Jiräsek-Briicke für480.000 X6.Der Landesausschuß bewilligte ferner die Aufnahme einer Anleihe in der Höbe von 60 Millionen Xi für die Ausgestaltung der Masaryk-Heimein Krk.'Die Bahnfreyuenz am Wochenende. Die Direktion der SiaaiSbahnen in Prag teilt mit:?lm 24.und 26. Juni werden auf den Prager Bahnhöfen imganzen 06 Sonderzüge mit 58.790 Jnngfokoln eintreffen. Ank dem WIlsonbahnhof in Prag treffen18 Sonderzüge, davon zwei mit jugoslawischenJungsokoln ein.'Hier werden insgesamt 11.780Teilnehmer ankommen. Auf dem Masarykbahnhoftreffen dieser Tage 16 Sonderzüge mit 11.611Jungsokoln ein, auf dem DeniSbahnhof elf Sonderzüge mit 9869 Teilnehmern ein, auf dem BahnhofSmichow nenn Sonderzüge mit 6947 Teilnehmern.Auf den Prager Peripheriebahnhöfen lWrscho-Witz. Bysotschan,.Lieben, Bnbentsch, Budny undDejwitz werden zusammen elf Sonderzüge mit 8692Teilnehmern erwartet.— Am 29. und 80. Junifahren zusammen 68 Sonderzüge mit 58.668 Jungsokoln ab. Bon Prag-Wilfonbahnhof werden 17Sonderzüge mit 12.446 Teilnehmern, vom Masa-rykbahuhof 18 Sonderzüge mit 12.820 Teilnehmern,vom DeniSbahnhoi 11 Sonderzüge mit 11.860Teilnehmern, vom Bahnhof Smichow 0 Sonderzügemit 6972 Teilnehmern und von den Peripheriebahnhöfen 8 Sonderzüge mit 6596 Teilnehmern abgefertigt werden. Im ganzen treffen in diesen Tagen ein bzw. fahren ab 128 Sonderzüge mit 107.060Teilnehmern. Diese Zahl betrifft lediglich die angemeldeten Sokolteilnebmer außer allen normalenReisenden und solchen Teilnehmern, welche mit fahrplanmäßigen Zügen ankommen oder abreisen.Eßt frecher Neberfall. Gestern um 19.16 Nbrkamen zwei etwa 18 Jahre alte Burschen in da!Büro de! Kaufmannes Z. B. in Smichov, Nädra.initt. 81, von denen einer mit dem vorgehaltenen Revolver den Geschäftsmann zwang, ihm 2000 Xi aus-zuhändigen. Nach der Tat flüchteten die Burschen.Beide waren ohne Kopfbedeckung, einer trug eineBrille, der zweite eine Aktentasche. Beide batten da!Gesicht mit Tüchern verdeckt. Nach den Tätern wirdgefahndet.Kuragfentbolt in Kari!» ad. Die Staatdbahnenveranstalten-- einen. 21 tägigen Kuraufenthalt inKarlsbad kür 1870X6. inklusive Bahn» und AutcOnS«fahrt, Unterbringung. Verpflegung, drei ärztlicheBifiten usw.. Abfahrt täglich. Anmeldungen mindesten! zehn Tage früher unter Angabe von 100 Xiim Basar neben dem Dilsonbabnbofe. Tel. 88886.Opfer der Trunksuchtund Splelleldsnsdiaft(Schwurgericht)Prag,-rb- Wegen des Verbrechen!de! Mißbrauche» der Amtsgewalt stand gestern vor dem Prager Schwurgericht(Bors. GR. Dr. Cervinka) der 80jährige Postunterbeamte Wenzel Valent a, der beimPostamt in Kyje bei Prag Dienst tat als„nichtvollbeschäftigter Postbote". DerAngeklagte wurde in den Dienst im Mai 1086 eingestellt, wobei er ein Anfangsgehalt von jährlich2244 Xi zuzüglich 778 Xi Kinderzulage bezog. Nacheiniger Zeit steigerten sich die Bezüge de» angeklagten Postboten auf 4800 Xi plu! einer Familienzulage von 1404 Xi. Da! Einkommen diese! Manne! stellte sich zuletzt monatlich auf 4,80 Xi. wovoner seine Frau und drei Kinder zu erhalten hatte.Diese Ziffern sollten— wie wenig Sympathien auch die Person diese! Angeklagten zu erweckenvermag— doch zu denken geben. Wenzel Balentawar nach der Zeugenaussage eine! Gastwirte», beidem er ständig zu verkehren pflegte, ein schwererTrinker und leidenschaftlicher Hasardspieler, der,wie der Zeuge aussagte, keinen Heller zum Haushalt beisteuerte und jede Krone, die er besaß, vertrank und verspielte. Seine Berfehlungen kamen zutage. als der Müller Jaroslav Kroupabeim Postamt Kyje am 11. April die Auszahlungeine» Betrage» von 1287.86 Xi urgierte, der ihmvon der Müllergenossenschaft am 17. März d. I/überwiesen worden war. E» zeigte sich, daß der Angeklagte nicht nur diese Geldsendung(unter Fälschung der Empfangsbestätigung) unterschlagenhatte, sondern auch noch eine Reihe anderer Geldsendungen und Briefe, in welchen er Geld vermutete oder die er deshalb auf die Seite brachte, weiler in ihnen Angaben über die unterschlagenen Beträge vermutete.' Der Gesamtschade wird auf 6888.26 XL veranschlagt. zu welchem Betrag sich der Angeklagte bekannte. Eine Reihe kleinerer Berfehlungen, wiez. B. die unrechtmäßige Einhebung von Strafportofür portofreie Postsendungen bildeten nur eine Ergänzung de» wenig sympathischen Charakterbildesdes Angeklagten. Zn erlvähnen wäre noch, daß derStaatsanwalt sich die Verfolgung des Angeklagtenwegen des Verbrechens der Verleumdung vorbehielt,da dieser, offenbar um die wenig günstige Auskunftseine» unmittelbaren Vorgesetzten einigermaßen zuparalysieren, diesen auch gewisser AmiSverfehlun-gen bezichtigt hatte, wie sich dann ergab, ohne jedenGrund.Die Geschworenen b e s a h t e n die ihnenvorgelegte Schuldfrage auf da» Verbrechen de» Mißbrauche» der Amtsgewalt einstimmig. DerSchwurgerichtshof verurteilte den Angeklagten unterAnwendung des außerordentlichen Milderungsrechteszu fünfzehn Monaten schwere.»Kerkers.Xuast und Msa«tBarocke BuchkunstIn die Reihe der Barock-Veranstaltungen hatsich nun auch die U n i v e r s i t S t» b i b l r o«t h e k mit einer Ausstellung„U n s e r B a r o cki n der Buchillustration 1650—1750"eingereiht. Die Ausstellung, die bis zum 2. Juli zugänglich bleibt, ist in der- Spiegelkapelle deS Kle-mentiuums untergebracht: auch ihr hat man denentsprechenden barocken Rahmen gegeben. Aus denSchätzet» der UniversiiätSbivtiothek ist eist^MStvMdeutscher.■ tschechischer Und lateinischer Druckwerkeausgelegt, die reich mit Kupferstichen geschmückt sind,die aber auch rein typographisch den hohen Stand derBuchkunst in jener Zeit veranschaulichen. Obwohlfast alle Werke in den gleichen Fraktur» und An-tiqua--Lettern gedruckt sind(auch die Bücher intschechischer Sprache sind fast immer in Fraktur gedruckt), haben die Drucker doch mit dem einheitlichenMaterial gut umzugehen gewußt und in der Anordnung. im Bilde de». Satzspiegels eine Mannigfaltigkeit erreicht, die immer gut und erfreulich ist,„Barock", breit ausladend, geradezu schon auf derTitelseite das Buch durchschweifend, sind oft die Buchtitel. Da liest, man zum Beispiel auf der Titelseiteeine» Werke» von Kamenskis:„Vorpforte der Schuld-Unterweisung begreiftend Den Grund der Dinge undunserer Wissenschafft von den Dingen al» auch derLateinischen und unserer Muttersprach, verfertigetNach den Besetzen der neuesten Lehrart und mit vielen Kupfser-BildnIllen erklärt, anjetzund aber auchdurch Griechische Übersetzung vermehret." Ein Kö«niggrätzer Gesangbuch von 1780 nennt sich:.Lob-Klingende Harffe". Und ein religiöse» Traktätchenvon 1766 ist betitelt:„Der Christ in AderSbach,da» ist Christliche Gedanken, entworfen von Zweenschlesischen Nachbarn in Landöhut". Religiöse, philosophische, geschichtliche und geographische Werke mitschönen geswchenen Karten überwiegen. Einige Bücher enthalten Biographien deS Grafen Sporck undNlmvorftthranBFreitag, den 24. Juni, um 8 Uhr abend»,im Parteiheim, SmeLky 22 s-tzandwerkerverein)Filmvorführungen. E! werden u. a. gezeigt:Aufnahmen vom JiibiläumSkongreh der tschechischen Sozialdemokratie, vom England-Lager derRoten Falken, Prag im Wechsel der Jahreszeiten,Pari!» Zürich, Elsaß, da! Elbtal usw.E! laden«inOle KinderfreundeBeschreibungen seiner Besitzungen In KukuS. Sporckhat bekanntlich als kunswerständiger Mäcen und Re-präseMant barocker Kultur den Bildhauer MatthiasBraun entdeckt und gefördert, hat ein eigene» Opern-theater in Prag unterhalten. Bibliotheken in KukuS,Liffa und Prag angelegt und in Kukus eine eigeneDruckerei eingerichtet, in der er unter anderen» aufeigene Kosten freigeistige Bücher drucken ließ, die erin alle Welt verschickte, weshalb ihn» die Jesuitendie Verbreitung ketzerischer Schriften voriuarscn.Leider fehlen in der Ausstellung gänzlich die zoologischen und botanischen Werke jener Zeit, die durchihre in Kupfer gestochenen und meist handkolorierten Bilder so reizvoll sind. Unter den Künstlern, vondenen der graphische Schmuck der Bücher stannul,sind Karel Skrita und Väclav Reiner, nach derenVorlagen die Stecher gearbeitet haben, sowie Hollar,der bedeutende Graphiker jener Zeit, besonder» Hervorzuheben. Bücherfreunde und Liebhaber der graphischen und typographischen Künste tverden an dieser Ausstellung viel Freude haben. E. H.Im Rahmen der Theater- und Musikfeftlichkei.len bei der Ausstellung„Prager Barock"wurde Dienstag abend« im Waldsteiugarten Shakespeare» Komödie„W a» ihr wollt" vonSchauspielern des Weinberger Stadttheaters gegeben. Als Bühne diente einerseits die Salla Terreua.andererseits hölzerne Podien, die mit Barockfign-reu geschmückt waren, sowie da» anliegende Gebäude,au! dessen Fenstern z. B. die Balkonszenen gespieltwurden. Die Regie Salzer« nützte diese improvisierte Bühne geschickt au». Die einfachen hölzernenPodien ftigten sich gut in den Rahmen de» Spiel»eine» Theater» im Zeitalter Elisab h» ein. Der-herrliche Park und dessen Architektur bildeten denpaffenden natürlichen Rahmen ftir die Verse Shakespeare» unter stimmungsvoller ninsikalischer Begleitung Miroslav Pone' Die Komödie wurde vonSchauspielern des Präger Stadttheater» vor einemsehr zahlreichen Publikum anfgefübrt, da» ihrenLeistungen" insbesondere einigen besonder» wirksamen Szenen reichen Beifall spendete. Da» Wetterwar außerordentlich günstig.Erftaufführung»Gärtnerin au! Liebe", komische Oper in 8 Akten von W. A. Mozart. Neueinrichtung von Ludwig Berger, Sonntag 0 Uhr 16 Min.im Waldstein-Garten. Preise: Xi 10.— bis 66.—.Abonnenten 26 Prozent Ermäßigung. Vorverkauftäglich. Rechtzeitige Kartenbestellung erbeten.Wechenfpielplan de! Reuen Deutschen Theater».Heute, Donner»tag, halb 8 Uhr:„Große Liebe",GMpiel Adrienne Geßner. neuinszeniert. C 1.—Freitag halb 8: Peripherie, D.— Samstag halb8 Uhr: Große Liebe. Gastspiel Geßner. B 2.—Sonntag 21.15: Im Waldsteingarten: Gärtnerinau» Liebe(Bei schlechtem Wetter im Reuen Theater).Wochmspielplan der Kleinen Bühne. Donnerstag,8 Uhr: Die unentschuldigte Stunde, volkstümlich.— Freitag: geschlossen.— Samstag 8 Uhr: Da»Ministerium ist beleidigt, volkstümlich.— Sonntag8 Uhr: Zuviel Familie, volkstümlich.3Cinde&IcauuUZur ärztlichen Untersuchung für da» Lagerireften wir einander Donnerstag und Freitag umhalb 8 Uhr vor dem Heim.Urania-KinoHeute letzter Tag„Der bunte Schleier" mitGreta Garbo!Morgen: Premiere„Die kalte Mamsell",Lustspiel mit Lucie Englisch, Tiedtke, Bespermann,Reval und Falkenstein l. Montag: Unvergeßlicher Film„Der Zinker" mit Hörbiger. Szakall, Diehl iUraufführung„Karl V."Mit der gestrigen Uraufführung von ErnstK t e n e t i„Karl V." hat da» Prager DeutscheTheater sich ein bedeutende» musikltterarische» undLeistungs-Verdienst erworben. Eherner Fleiß, musikalisches Können und allgemein künstlerische Disziplin waren unerläßliche Voraussetzungen, um, nachvielmonatiger Proben-Arbeit. das ungemein schwierige Werk respektabel herauszubringen zu können.Dies sei vorweg festgestellt und damit mich schonvor allem dem Dirigenten K a r l R a n k l die gebührende Anerkennung ausgesprochen. Die Neu-"undEigenartigkeit dieser Oper in dramatischer wie in!«besondere in musikalischer Hinsicht— wir habenüber ihr Wesen und ihre Bedeutung schon am Tagenach der Generalprobe ausführlich berichtet— ließgewiß auch die Veranstalter diese» Abends nicht annehmen, daß damit ein breiter PublikumSerfolg zuerzielen wäre; dennoch können wir die Befremdlichkeit de» Umstandes nicht unerwähnt laffen, daß mandiese Uraüfführung bi» in die letzte, fast hochsommerliche Woche der Spielzeit hinauSzögerte, und demersten Abend vor Saisonschluß nicht noch wenigsten»eine Wiederholung folgen ließ. Sollte die.Absicht bestehen, die Reprisen an denBeginn der nächstenSpiel«zeit zu stellen, so wäre einzuwenden, daß dann eben,im Hinblick auf die fast beispiellosen Schwierigkei-ten de» Werker, neuerlich Proben-Arbeit geleistetwerden- müßte, und daß sohin die günstige unmittelbare Anziehungskraft einer solchen außerordentlichen Aufführung schon in Frage gestellt wäre—ganz abgesehen davon, daß die Träger einiger wich«tiger Partien jetzt au» dem Verbände de» Theater!scheiden IDramaturgisch und szenisch(Regte:S ch r a m m) und bildmäßig(Schulte») fanden die Probleme dieser revuehaften historischenOper eine im allgemeinen glückliche Lösung. Wennauch theatermäßig nicht recht wirksam, so doch handlungsgemäß klar spielen sich die in de» Kaiser»letzter Beichte aufschelnenden Abschnitte seine» überreichen Leben» im dreifach, vertikal und horizontalgegliederten Hintergrund ab, bei stet» gleschbleibender Vordergrund-Szene für bie sozusagen gegenwärtige Handlung. Auf diese Weise, durch diehälbschattenartige Wirkung der au» de» Kaiser!Vergangenheit gewissermaßen lebendig Auftauchenden und durch die Eindringlichkeit illustrierenderLichtbilder(deren Sinn allerdings zuweilen nurrecht schwer verständlich ist), ist absolute Uebersicht«lichkeit de! gesamten Operngeschehens gegeben, allerdings eben, vielfach auf Kosten der unmittelbarentheatralischen und der gesanglichen Wirkung. Nichtsdestoweniger gelangen die revoluttonären Massenszenen trotz de» in allen drei Dimensionen arg beschränkten Raums vorzüglich— und die», obwohlinfolge der Zwölfton-Gestaltung"der Musik derChorgesang die gewohnte Fülle"nicht aufweist. Imübrigen ist aber auch der Leistung des Chore»und seine» Meister!(B a e b e l) Reverenz zuerweisen-Für., die solistischen Aufgaben standen demTheater ungleich qualifiziette Kräfte zur Verfügung,nur wenige, die alle hier erforderlichen Mittel insich vereinigen. Pavel L u d i k a r,. der mitder Durchführung der Titelpartte betraut wurde, istein ehrwürdiger Künstler, glaubhaft in Erscheinungund Haltung, geistig genügend überlegen, ein wortdeutlicher BortragSmeister, der übrigen! die deutscheSprache auch in der Prosa auf eine, für einen Tschechen ungewöhnlich ausgezeichnete Weise beherrscht;leider fehlt Herrn Ludikar— wa» wir schon vorJahren feststellen mußten, al» er im selben Hau»im„Jakobiner" sang— ausreichende dramatischeGefangSgewalt und Unverbrauchtheit der stimmlichenMittel. Ungleichmäßig ist die Gesangsleistung derFrau T u n o al» Eleonore, zuweilen peinlichscharf in der hohen Lage; und betrüblich, daß siefast kein Wort ihrer großen. Erzählung verständlichzu machen vermag. Unter den Tenoristen schneidendie„lyrischen", Herr B a u m al» König Franz.Herr P reg er al» Pizarro sehr gut ab; HerrGral macht zwar al» Francisco Borgia ausgezeichnete Figur, aber sein Gesang ist-in hohem Gradeder spröden Musik. Kkenek»„kongenial". Jos e. fSchwarz beweist al» Luther, daß auch Kkeneksich schön, groß und edel singen läßt, ähnlich kommtder warme Baßbariwn der Herrn P a w e l e tz alsFerdinand vortrefflich zur- Geltung.' Die SzeneJuana»(Kindermann), der Mutter Karl», die erjahrzehntelang als„wahnsinnig"' aefangenhielt, gehtohne starken dramatischen, oder gesanglichen Eindruckvorüber, desgleichen dar Sterben Isabella»(Hen-ders). Unter den„Geistern" dominierte tonschön derM Elisabeth Wank a'S..Einige vorzügliche Sprecher-Leistungensind, zu verzeichnen: S ch me r z e n r e i ch alsjunger Beichtiger- eindrucksvoll-in seiner Berhalten-heit, deutlich seelische Regungen und geistigen Prozeß widerspiegelnd, vorbildlich in der Klarheit derSprache. Ueberzeugend sind Rewält al» Moritzvon Sachsen, A f r i t s ch als Clemens VH., Trabs u e r al» Frundsberg.Die musikalische und gesanitgeistige Konzeptionde» Wertes imponiert, die Klangwirkung des Zwöli-ton-MusizierenS ist stellenweise von großem Reiz,der sich srellich kaum jedermann erschließen lvird.zumal da», wa» hier als unbeirrbare Konsequenzde» Autor» zu werten ist, dockt der Gefahr der Monotonie insbesondere an epischen upd Uebergangs-Stellen nicht zu entrinnen vermag." Ungewöhnlichstart heben sich die revolutionären Akte in Seviüaund Rom, die Gefangenen-Bilder, der Zusammenbruch und da» Sterben de» Kaiser» hervor; hiererweist sich der neue mustkdramatische Stil Kkenek»al» groß und unmittelbar. Am freundlichsten wirdda» Ohr von dem Orchester-Zwischenspiel berührt,da» allerdings seine Verwandtschaft mit der Tristan-Musik nicht verleugnen kann. Den stärksten Eindruckhinterließ da» Finale de» ersten Teile». Hier kam-auch die Arbeit Raukl» am Pult und die außerordentliche Leistung, de» O r ch e st e r» zu besonderer'Geltung. Die Schlußszenen de» Werke» litteneinigermaßen unter stimmlichen ErmüdungSschei-nungen de» Träger» der allerdings ungewöhnlichanspruchsvollen Hauptpartie und unter tonlichenSchwankungen und Härten der Ensemble».Da» glänzend besuchte Hau» folgte der Vorstellung mit regem Interesse und der Großteil desPublikums gab seiner Anerkennung fiir Werk undReproduktion durch viel Beifall Ausdruck. L. G.Bezugsbedingung enr Bei Zustellung inSHau! oder bei Bezug durch die.Post monatlich Xö 17.—,. vierteljährig Xö 51.---,-halbjährig Xi 103,—, ganzjährig Xi 204.—— Inserate werden lau:Tarik billigst berechnet.— Mckstevuna von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Metourmarken.—Die Zeitungsfrankatur wurde von der Post- u. Telearaphendirektion mtt. Erlaß Nu 18.800.^11/1980—■ bewilligt-(Kontrollpostamt Praha 25.— Druckerei:„Orbis". Druck«. Verlag!- u. Zeituna!-A.-G. llkaa.