JJr. 14» Soiintnfl, 26. Jünl 1938 Seife K'* Aus aller Welt Ozren Cekic, der Bärensingcr. In der Nähe der bosnischen Stadt Lu)la lebt ein Bauer namens Ozren Lokic, dessen Spezialität im Fangen lebender Tiere besteht. Im vorigen Winter überwältigte er einen Wolf, der sich bis in sein Gehöft verirrt hatte, im Ringkampf. Ebenso gelang es ihm, im Hühnerstall einen Fuchs am Genick zu packen und nachher in einen Käfig zu sperren. Seine eigentlichen Rekorde aber fallen in dieses Jahr. Im Vtärz brachte(Sofie es fertig, auf offenem Felde in einem vielbestaunten Wettlauf mit einem Hasen diesen einzuholen und an den Löffeln heimzubringen, tvährend er fehl sein Meisterstück vollbracht hat: er hatte wider Willen im Walde eine Begegnung mit einem jungen Bären, der den Bauern angriff. Cokie' Axt befand sich ander Reichweite, so daß er auch diesmal auf seine starken Arme angewiesen war. Es gelang ihm, den Bären von hinten zu umschlingen und ihn dann einige Male so heftig mit dem Kopf gegen eine Fichte zu stoben, bis da- Tier bewußtlos war. Man kann sich das Er­staunen der Bauern au-malen, als Cokic mit dem nun gefesselten Bären über dem Rücken in dar Dorf einzog. Der Rapport deS Kapitäns G. W. de Lang. 87 Jahre nach den» Verschwinden dec.^Jeanette" ist der Rapport ihre- Kapitäns G. W. de Lang von russischen Polarforschern auf der Henriette-Jnsel auf­gefunden worden. Diese Nachricht wurde an» 16, Juni nach Moskau gefunkt, und die Moskauer Behörden haben angewiesen, daß das Dokument unter den allergrößten BorsichtSmabnahmen hierher gebracht wird, um es nach Möglichkeit zu rekonstru­ieren. Denn in den kupfernen Behälter, in dem der Kapitän den Rapport verschloß, ist Wasser einge- drangen und die Schrift ist kaum noch zu lesen. Da­mit ist nach mehr als einem halben Jahrhundert ein Geheimnis der Polarmeere enträtselt worden, das die Zeitgenossen außerordentlich erregte. DieJea- Umstand von entscheidendem Einfluß auf die sich aus der Bilanzanalyse ergebenden Tatsachen sein kann. Die Bilanzsumme stellte sich per 3V. April 1988 auf 16.096.98 Mill. Peseten gegenüber nur 6989,8 Mill. Pes. vor AuSbruch de» Bürgerkrie­ges. Die Zunahme beträgt somit 9108 Mill. Pes. AuS der Bilanz geht zunächst hervor, daß die Goldreserven eine Verminderung um rund 600 Millionen Peseten erfahren haben. Man kann diese Tatsache au» der Bilanz genau kontrollieren. Der Notenumlauf ist von etwa 8482 Mill, in 1936 auf 9212 Mill. Pes. in 1988 gestiegen. In diesen beiden Posteck zeigen sich die Folgen des Krieges besonders deutlich. Die Erhöhung der Staatsschuld auf 9.160 Mill. Peseten zeigt eben­falls deutlich die Wirkung, bzw. die Kosten deS Kriege». Klar und deutlich geht au» der Bilanz hervor, daß die Finanzierung der Kriegskosten de» demokratischen Spanien » au» eigenen Kräften erfolgt ist und ferner, daß die republikanische Regierung auch au» finanziel­len Gründen in der Lage ist, für ihre gerechte Sache noch lange Zeit zu kämpfen. IMbwirfocftaft und SogiolpaliM reich, den Kampf der republikanisch-demokrati­schen Armee finanzieren. Nun hat der Finanz­minister der Regierung von Barcelona , Mendez Aspe, die Bank von Spanien (Banea d'Espana) ermächtigt, zum erstenmal seit Ausbruch der Feindseligkeiten ihre Bilanz zu veröffentlichen. Der Gouverneur der Bank, Nicola» d'Olwer, hat dieser Ermächtigung Rechnung getragen und die Bilanz veröffentlicht. Die Aufstellung der Bilanz stieß naturgemäß auf große Schwierigkeiten, da ein erheblicher Teil der Filialen der Staatsbank in dem von Franco beschien.Gebiet liegen. Es blieb daher nichts andere» übrig, al» in diesen Fällen die lebten Vorkriegszahlen heranzuziehen und zu BergleichSzwecken zu benutzen. Da die wichtigsten Bank- und Jndustriebezirke Spanien», so vor allem Madrid , Valencia und ganz Kata­ lonien , sich in Händen der demokratischen Regie­rung befinden, ist nicht anzunehmen, daß dieser Rendezvous der Wracks des Nordmeeres Jan Mayen , dasParadies" des Nebels und der Seehunde Ueberefnkommen mit Deutschland Prag . Die Verhandlungen über die Re­gelung dcö Warenaustausches zwischen der Tsche­choslowakischen Republik und Deutschland , welche seit dem 17. d. M. geführt wurden, endeten mit einem Uebereinkommen. Im Laufe der Berhand- lungen kam e» auch zu einer Aussprache über grogen der Zolltarife, welche zu einem späteren Zeitpunkte werden fortgesetzt werden. Ueber den Termin und den Ort dieser Verhandlungen wer­den leide Parteien eine Vereinbarung treffen. 01» Beschäftigung der Baumwoll* Spinnereien Wie bereits mehrfach berichtet, verzeichnen die Baumwollspinnereien tvährend der letzten Mo­nate einen sinkenden Auftragsstand. Hiezu er­fährt der DNA., daß sich im April d. I. die Auf­träge au» dem In- und Ausland gegenüber der gleichen Vorjahrszeit um 26 Prozent auf cnva 14(i. B. 19) Millionen Kilogramm verminder­ten. Im März d. I. betrug der AuftragLstand noch rund 14.7 Millionen Kilogramm. Wa» die Verläufe nach dem Ausland betrifft, so hat die tschechoslowakische Industrie in Holland und auf den skandinavischen Märkten mit der verschärf­ten Konkurrenz Belgien », Frankreich » und Eng­lands zu kämpfen. Der Absatz in Rumänien wird erschwert durch die ungenügende Erteilung von Einfuhrbewilligungen. Eine Besserung in der Garnindustrie ist vor allem von einer Klärung der politischen Lage und dem Abschluß der Han« delrvertragLverhandlungen mit' Deutschland ab­hängig. Angesicht» des stagnierenden Absätze» wird auch die Erzeugung eingeschränkt. Im April wurden nur ettva vier Millionen Kilograinm Baumwollgarn erzeugt, gegen 4.3 Millionen Ki­logramm im Vormonat und 8.8 Mill. Kilogramm im Vorjahr, die Zahl der beschäftigten Arbeiter hat sich auf 18.300(i. B. 19.300) Personen verringert. Oer Stand der deutsch -englischen Wirtschaftsverhandlungen wird in Londoner Wirtschaftskreisen nicht un­günstig beurteilt. Natürlich ist man sich über die Schwierigkeiten der Materie im klaren. Verschie­dene Andeutungen von englischer Seite lassen darauf schließen, daß England eine Anwendung von Zwangsmaßnahmen, die noch in der vorigen Woche von der englischen Presse als unumgäng­lich bezeichnet wurden,, nicht mehr mit der glei­chen Entschiedenheit Ins Auge gefaßt. Bon eng­lischer Seite dürfte ein deutsches Entgegenkom­men hinsichtlich der englischen Garantie der österreichischen Anleihen erwartet werden, das sich auf die Klärung der gesamten Auslandsverschul­dung beziehen würde. Dar Goldschatz der Bank von Spanien (Dr.. H.) Seit Ausbruch des spanischen Bürgerkriege» werden von den Presseorganen der krancofreundlichen Länder die verschiedensten Nachrichten über die Finanzierung der demokra­tischen Armee verbreitet. So wurde behauptet, daß einzelne demokratische Länder, vor allem Frank- MTB Oslo. Es gibt nicht viele Schiffe, die auf Jan Mayen anlegen. E» hatte wenig Zweck, diese auf der Mitte zivischen Norivegen und dem Polarkreis liegende öde Felseninsel anzusteuern, und tväre auch zu gefährlich. Die Nebeltaseln der Seeleute verzeichnen für Jan Mayen nur zwei Tage im Jahr, an denen der Nebel dünner als drei Zehntel ist. Allerdings sind die» keine voll­ständigen Tage von morgen bis abends, sondern 48 Stunden, die sich auf eine ganze Reibe von Tagen verteilen. Völlig ncbelsreie Tage hat Jan Mayen seit Menschengedenken nicht mehr gesehen. Am dichteste» und undurchdringlichsten wer­den die Ian Mayen-Nebel Ende Juli und Anfang August. Wenn man die Dickflüssigkeit einer durch­schnittlichen Erbsensuppe mit10" bezeichnet, so darf man diejenige de» Jan Mayen-Nebel» in die- 'er Zeit getrost mit9" registrieren, ohne zu über­treiben. Die Insel ist dann au» fünfzig Meter Entfernung überhaupt nicht zu sehen. Auch im Juni und Anfang Juli gibt e» aber schon zahl­reiche Tage, an denen die Nebel die kleine Insel vollkommen verbergen. Riffe und unterseeische Gebirge Aber selbst an säst nebelsreien Tagen ist c» kaum möglich, auf Ian Mayen zu landen. Bor dem Südkap liegen sieben Riffe, die sich unter­seeisch weit vorschieben und jede» Näherkommen an die Küste zu sicherem Selbstmord machen wür« den. Nur an der Ostküste gibt e» einige schmale Felseinbuchtungen, die sich als Landungsplätze eignen, und die Schiffe, die nabe an ihnen vor­beifahren, haben an relativ klaren Tagen einen herrlichen Anblick. Ein riesiger Lavabrocken steigt steil au» dem Meere zu Gebirgshöhe empor, und die in ihn eingesprengten Ocker- und Kupferadern lassen ihn in der Polarsonne in allen Farben de» Regenbogen- aufteuchten. Auf den Gipfeln liegt ewiger Schnee, weiter unten dehnen sich große Felder grüner Moose aus, und auf den breiten Felsdünen tummeln sich Zebntansende arktischer Seevögel aller Gattungen, Größen und Farben, die den exotisch-unwirklichen Eindruck des Gesamt, bilde» noch verstärken. nette" wurde am 8. Juli 1879 auf die Suche nach dem großen Polarforscher Nordenskjöld ausgesandt. Da» Schiff verließ San Francisco und toar bereits Ende August am Kap Koljutschimsti. Aber Norden­ skjöld hatte mit derVega" das Polarmeer durch die Beringstraße wieder verlassen; er hatte nicht­geringere» gefunden als die berühmte Rordostpas- sage. DieJeanette" entdeckte nun auf ihrer Fahrt zwei Jahre später im März und im Mai 1881 zwei Insel», die Jeanette und Henriette getauft wurden. Im Juni 1881 ging dar Schiff unter, und nur zwei Matrosen konnten sich retten; sie berichteten, daß Kapitän de Lang einen genauen Rapport auf der Henriette-Jnsel zurückgelassen habe, aber seit damals habe man dieses Dokument nicht auftinden können. Bor der Mitte der Ostlüste steht der im Jahre 1920 von der norwegischen Regierung errichtete Leuchtturm auf einem' mitten aus dem Meer auf­steigenden kleinen FelSblocki der einer Tiara, wie sie die Herrscher in Jndochina tragen, täuschend ähnlich sieht. Dahinter dehnt sich zwischen dem Eierberg und einem spitzen Cap eine breite, tiefe Bai au», in der die wenigen auf Jan Mayen an» legenden Schiffe einen ausgezeichneten Hafen finden. Die Treibholz-Bal Dieser natürliche Hafen heißt die Treibholz- Bal. Die Unmengen von Treibholz, die sich hier vor allem in den Sommermonaten anstauen, kom­men aus Sibirien . Die Meeresströmungen tragen sie aus den Ufergebieten des Ob und der Lena hierher» und die Bai sieht dann wie ein riesiger Friedhof aus, auf dem sich alle Wracks de» Nord­meere» ein Rendezvous geben, von den Resten ge­scheiterter Schiffe und den vom Meeressturm fort­geschwemmten Bäumen der sibirischen Urwälder bis zu den Skeletten der Wale. Auch die Baum­stümpfe und Schiffstrümmer, die auf ihrer langen Reise vom Meerwasser blendend weiß gewaschen werden, sehen wie Knochen au» und erinnern an die Skelette vorsintflutlicher Ungeheuer. Beerenberg, die kleinsteStadt" der.Welt Hinter dieser Bai stehen auf einer 20 Meter emporsteigenden Felsplatte drei kleine Häuschen au» rotgestrichenem Holz mit lembtend weißen Dächern, einer großen norwegischen Flagge und der hohen Antenne einer Funkstation. Sie bilden dieHauptstadt" der kleinen Insel: Beerenbcrg die kleinste Stadt der Welt, in der nur sechs Menschen wohnen. Bi» zum 8. Mai 1929 war Jan Mayen überhaupt unbewohnt, abgesehen von den zahl­reichen Robbenfängern, die auf ihr anlegten und unter den Hunderttausenden von Seehunden und Seelötven so ungeheure Verheerungen anrichteten, daß sie bi» auf einige Herden von einigen hundert Tieren auSgerottet sind und die norwegische Re­gierung sich veranlaßt sah, zum Schutz der weni­gen llcberlebenden ein strenge» Jagdverbot zu er­lassen. An deni genannten Tage jedoch»ahm Nor ' wegen die bisher herrenlose Insel feierlich in Be­sitz, unterstellte sie der neugebildeten Präfektur Svalbard (Spitzbergen ) und gab ihr ihre ersten vier Bewohner: einen Meteorologen, einen Elek­trotechniker, einen Physiker, der den Seismogra­phen bedient, und einen Koch. Inzwischen sind noch zwei Radiotcchnikcr zur Bedienung der Funk­station hinzugekommen. Diese sechs Menschen, die alle sechs Monate mit Lebensmittelvorräten auf ein halbes Lahr versehen werden, sind wohl die einsamsten der Welt. Ihre Aufgabe ist ebenso vielseitig wie ver- antwortungSvoll. Sie versehen sämtliche im Nord­meer kreuzenden Schiffe von Stunde zu Stunde mit Wettervoraussagen und genauen Berichten über Auftauchen und Kurs von Eisbergen. Sie registrieren und übermitteln selbst die unscheinbar­sten Schwankungen der fast ununterbrochen täti­gen Vulkane der Inseln und des Meeres der an­grenzenden Breitengrade. Und sie üben außerdem auch»och Polizeigewalt aus: zum Schutz der wenigen hundert Robben, die von den Riesenher­den des vergangenen Jahrhunderts noch übrig ge­blieben sind, nachdem im Rekordjahr 1886 auf Jan Mayen allein Wer 90.000 Seehunde erlegt wurden. Im vergangenen Jahr waren die sechs Ein- samen von Jan Mayen acht Monate hindurch von jeder Verbindung mit der Außenwelt abgeschnit­ten und mußten ihre Vorräte durch eifrige See­vögeljagd und Fischerei strecken, um nicht zu ver­hungern. In diesem Jahr wird es kaum anders werden, da die über der Insel liegenden Nebel schon in den letzten Maitagen die dichtesten Neu« ftmdland-Nebel übertrafen. Die norwegische Re­gierung hat sie infolgedessen durch den letzten Proviantdampfer, der Anfang Mai in der Treib­holz-Bai anlegte, mit erhöhten Rationen versehen lassen. Moderne Robinson». DaS portugiesische Ver­messungsschiffSperanza" ist soeben von einer lan­gen Reise in der Antarktis zurückgekehrt und hat die Kunde von dem seltsamen Abenteuer deS seit zwei Jahren verschollenen Walsischfänger»La Roche " milgebracht. DieSperanza" stieß im Nebel etwa 100 Meilen südlich von Australien auf eine auf den Karten nicht verzeichnete Insel und war über­rascht, dort neben den Eingeborenen europäische Matrosen anzutreffcn. ES handelte sich um die Be­satzung de» genannten WalsischfängerS, der vor anderthalb Jahren an der Rüste dieser Insel unter­ging. Der Kapitän derLa Roche " berichtete, daß sie von den Eingeborene» freundlich ausgenommen wurden, die noch nie ein Schiff gesehen hatten. Um so rätselhafter war eS, für ihn zuerst, daß in der Eingeborenensprache; die die Schiffbrüchigen nicht verstanden, einige Brocken englisch festzustellen wa­ren. Die Eingeborenen haben«Inen Mythos , wonach vor Hunderten von Jahren ein weißer Gigant auf die Insel verschlagen wurde. Der Kapitän der Roche " ist zu der Ueberzeugung gekommen, daß da» ein SchisfbrÜchiger von der Karavelle von Sir Fran­ cis Drake gewesen sein müsse, die 1877 in diesen Breiten untergegangen ist. Kann Deutschland Kries führen? Unter dem TitelDer große Nazi-Mythus" veröffentlicht der Außenpolitiker derDaily Herald", W. N. Etoer, einen Artikel über den Stand der Rüstung Hitler-Deutschland», der zu dem Schluß kommt, daßdas Deutschland von 1988 militärisch, organisatorisch und wirtschaft­lich nicht in der Lage ist, einen größeren Krieg zu wagen." W. N. Ewer schreibt: Militärisch gesehen, ist Deutschland » neue Armee nur drei Jahre alt. Die geheimen vor­militärischen Maßnahmen der vorhergehenden Jahre waren kein Ersatz für die Wirklichkeit. Fünfzehn Jahre lang hat Deutschlands Jugend keinen Militärdienst geleistet. Noch jahrelang wird sich diese klaffende Lücke in den Reserven beim Vergleich mit Deutschland » Nachbarn bemerkbar machen. Noch ernster ist die Lücke bei den Offi­zieren. Gewiß hatte die Reichswehr unverhält­nismäßig viele Offiziere von bewundernswerter Qualität. Aber für d.ie Armee reichen sie nicht aus und sind ohne Erfahrung in der Führung einer großen Armee. Auch im Hinblick auf das Material ist die Lage nicht, wie sie fein sollte. Rur die Luftwaffe ist eine Ausnahme. Aber wenn auch niemand die Bedeutung der Luftwaffe unterschätzt, so kann doch keiner erwarten, daß sie bei all ihrer großen Ueberlegenheit von sich aus entscheidend sein wird. Außerdem ist die Munitionsversorgung auf Kosten anderer nicht weniger wichtiger Faktoren gesche­hen, zum Beispiel der Eisenbahnen. Einer der größten Trümpfe Deutschland » in den Jahren 19141918 war sein Eisenbahn- System und dessen Organisation. 1914 war Deutschland imstande, täglich 600 Truppenzüge über die Rheinbrücken zu senden. Falkenhayn» Verschickungen ganzer Armeen von einem Kriegs­schauplatz zum anderen waren klassisch. Heute kann sich da» deutsche Eisenbahnsystem mit der Vorkriegszeit weder in der Organisation noch im Material vergleichen. Die Unfallstatistik gibt einen deutlichen Beweis für die wachsende Unzu­länglichkeit. Aber es handelt sich nicht nur um die Eisen­bahnen. Heute ist der Krieg nicht nur eine Sache der Armeen. Alle industriellen, landwirtschaft­lichen, finanziellen und administrativen Kräfte der Nation müssen eingesetzt werden. Und auf keinem dieser Gebiete ist da» Deutschland von 1938 für eine große Anspannung geeignet. Gewiß hat da» Genie Schacht» in der Wirtschaft Dinge geleistet, die unmöglich schienen. Aber der Preis dafiic mußte gezahlt werden. Die Knappheit an Roh­stoffen und die Verwendung von. Ersatzstoffen haben einen Rückgang in Qualität und Quantität gebracht. Das ständige Gcgeneinanderarbeiten unzulänglicher, arroganter und oft auch korrupter Parteibeamter hat auf die Versorgung schlechten Einfluß gehabt, schlimmer, als man sich e» ge­wöhnlich vorstellt. Die Unterernährung hat sich auf die Leistungsfähigkeit der Arbeiter auSgewirkt. Der Verlust fähiger Juden hat seine Wirkungen. Nazi-Deutschland hat keinen Walter Rathenau . So ist, alles in allem, Deutschland » Indu­strie weit unter dem Durchschnitt. Die deutsche Geschicklichkeit und Arbeitskraft hat die Maschine trotz titanischer Schwierigkeiten im Lauf gehalten. Aber sie kann kaum die FriedenSnotwendigleitcn erfüllen: das Sinken des Lebensstandards be­weist e». Die deutschen Generale machen sich keine Illusionen dariiber. Deswegen denken sie in den Begriffen deSBlitzkriege»": an einen Sieg mit ollen Mitteln durch einen entscheidenden Schlag, emen knock-out in der ersten Runde. Aber die Technik des Blitzkriegs ist äußerst schwierig. Sie erfordert den höchsten Grad der Leistungsfähigkeit in der ganzen Armee: eine per­fekte Maschinerie, die sich ohne Versagen in der Höchstgeschwindigkeit bewegt. Der Glaube an den Blitzkrieg istgeschwunden. Spanien und China haben Gründe zum Zweifeln gegeben. Und noch mehr gab Oesterreich . Der Einmarsch war eine Art Generalprobe. Es gab keinen Widerstand. Aber die deutsche Armee vollführte alle Bewegungen, und tatsächlich wurde bis zum letzten Augenblick die Möglichkeit eine» Widerstandes in Betracht gezogen. Da» Resultat war sehr entmutigend. Trotz aller Ruhmredigkeit war die ganze Operation in Wahrheit ein völlige» Fiasko. Statt engster Zu­sammenarbeit gab e» Durcheinander und Kon­fusion. Die Maschine versagte. Zu ihrer Ent­täuschung bemerkten die Generale, daß ihre neue Armee nicht einmal genügend organisiert und ge­übt war, um solch eine verhältnismäßig kleine Operation gegen einen angenommenen Feind aus­zuführen. So ist e» nichts mit dem Blitzkrieg, aus dem einfachen Grunde, weil die deutsche Armee nicht imstande ist, ihn durchzuführen. Die deutsche Armee und das deutsche Volk sind heute nicht in der Lage, einen größeren Krieg, sei e» ein Blitzkrieg oder ein anderer, ohne Aussicht auf Niederlage und Zusammenbruch zu beginnen. Es wäre töricht, Nazi-Deutschland zu unterschätzen. Aber e» zu überschätzen und e» wie es viele tun als die mächtigste Militär­macht, welche die Welt je gesehen hat, zu betrach­ten, ist einfacher Unsinn.