Seite 2DlenStag, 5. Juki 1038Präsidenten-Appell an den SokolFür Frieden und nationale GerechtigkeitGEDENKETI>ai affen Anflmnder Arbeiterfürsorge!bahnbrechendes Werk„Die Nationalitätenfrageund die Sozialdemokratie"(1907). In diesemBuch hat er zum ersten Mal eine systematischesozialistische Theorie der Nationalitätenfrage ge-geben, aber auch der praktischen Politik der Sozialdemokratie die Wege geiviesen. Wie alle seineBücher zeichnet sich auch dieses durch den allumfassenden Standpunkt und durch einen klassischenStil aus. Mit einem unerhörten Wisse» und einerbei einem damals so jungen Menschen staunen»-lverten Belesenheit hat er, beivasfnet mit allemRüstzeug der modernen Sozialwissenschaft, eineErklärung des Wesen» der Nation und der nationalen Probleme gegeben, die auch heute unerreichtund unübertroffen ist. Diese» Buch ist ein Standardwerk der sozialistischen Literatur eines Jahrhundert», es wird noch Jahrzehnte mit Ruhengelesen werden.In dem gleichen Jahr, da diese» Buch er«schien, Ivnrde die wissenschaftliche Revue der österreichischen Sozialdemokratie,„Der Kampf", begründet, die Otto Bauer mitredigierte und in derer fast Heft für Heft seine aufschlußreichen Artikel über die Zeitereignisse schrieb, mögen diese• da» Gebiet der Innen- oder Außenpolitik, derWirtschasts- oder Sozialpolitik berührt haben.Ebenso wurde er Mitarbeiter der„Arbeiter-Zeitung", in der er die Ereignisse des Tages mit informativen Artikeln erläuterte. Er hat so nebenFriedrich Austerlih dazu beigetragen, die„Arbeiter-Zeitung" zu einer der bedeutendsten Tageszeitungen Europa» zu machen. HauptberuflichIvar er vou 1907 bis 1914 Sekretär des Klubsder sozialdemokratischen Abgeordneten im WienerReichSrat und hat dort durch sein unerhörtesWissen der Partei große Dienste geleistet. Er istauf Parteitagen al» Referent einige Male ausgetreten, auch auf den Parteitagen der deutschböhmischen Sozialdemokratie hat er gesprochen,tvozu er als Kenner der nationalen Frage berufen war. Er schrieb in dieser Zeit auch eine Reihevon Broschüren, von denen tvohl die bedeutendstedie kleine, aber ausgezeichnete Schrift„Die Teuerung" war, die geradezu als ein nationalökonomisches Lekrbiichlein betrachtet werden konnte. Auchin der Analyse der wirtschaftlichen Fragen wareben Bauer unerreicht.Bei Beginn des Weltkriege» mußte Bauereinrücken, er ging al» Offizier auf den russischenKriegsschauplatz, wurde dort gefangen und hatlängere Zeit in der Kriegsgefangenschaft verbracht. Diese, Zeit hat er dazu benützt, Russisch zulernen und sich eine genaue Kenntnis Rußlandsanzueignen, die ihm auch später große Dienstegeleistet hat. Als Austauschgefangener zurückge-kehrt, trat er bald in der aktiven Politik hervorund kam nach dem Zusammenbruch im Jahre1918 mit Viktor Adler inS Ministerium deSAeußern. Als Adler am 12. November 1918starb, wurde Otto Bauer als dessen NachfolgerStaatssekretär deS Aeußern und führte die aus«wärtige Politik Oesterreichs bis zum Friedensschluß von St. Germain, nach welchem er vonseiner amtlichen Stelle zurücktrat. Während erMinister tvar, fand er dennoch Zeit, sich auch niitjenen brennenden Problemen zu befasien, dieaußerhalb seiner ministeriellen Funktion lagen, somit der Frage der Sozialisierung, worüber er,eine Broschüre schrieb, welche die Auffassungen dersozialistischen Kreise jener Tage tief beeinflußthat. Die russische Revolution und die mit ihr aufgeworfenen Fragen, die dann zu scharfen Gegensätzen innerhalb der sozialistischen Arbeiterbewegung führten, veranlaßte ihn, eine größere Broschüre über das Thema„BolschelviSmuS oder Sozialdemokratie?" zu schreiben, durch die er gleichfalls einen bedeutsamen Einfluß auf die Stellungder Sozialdemokratie zum russischen ProblemauSübte.Nach dem Rücktritt von seinem Ministeramtwurde Bauer der ideologische Führer der Partei,"er ist der Berfaffer des Linzer Programm» derösterreichischen Sozialdemokratie gewesen und erhat auch die Agrarpolitik der österreichischen Sozialdemokratie durch sein Buch über die Agrar«rage bestimmt. Wie alle seine Bücher übten auchdiese einen weit über Oesterreich hinauSgehendenEinfluß aus, sie wurden überall im Ausland gelesen und haben klärend auf die Politik der übrigen sozialistischen Parteien gewirkt, so daß Bauerauch durch Jahre hindurch der ideologische Führerder sozialistischen Internationale war. Auf allenKongressen deS internationalen Sozialismusredete er in den Fragen der Außenpolitik ebensowie in den Wirtschaft-- und sozialen Fragen eingewichtiges Wort. Obwohl er der politische undparlamentarische Führer der österreichischen Sozialdemokratie war, fand er immer wieder Zeit,Bücher zu schreiben, deren Wert stir den internationalen Sozialismus unvergänglich ist. Solegte er die politischen Erfahrungen der erstenNachkriegSjahre in seinem Buch„Die österreichische Revolution" nieder, so gab er einen Ueber»blick über die neueste ökonomische Entwicklung inseinem Buch„Rationalisierung und Fehlrationalisierung", so hat er noch im vorigen Jahre diegesamte europäische Situation, die Lage de» Sozialismus in seinem Buch„Zwischen zwei Weltkriegen" Umrissen.In den denkwürdigen Febertagen hat OttoBauer, so lange noch ein Fünkchen Hoffnung vorhanden war, daß es den österreichischen Arbeiterngelingen toerde, den Angriff de» Faschismus abzuschlagen, an der Spitze der Bewegung gestanden.E» gelang ihm dann, in die Tschechoslowakei zuflüchten; er ließ sich.in Brünn nieder, wo er bi»vor kurzem geweilt und. das Auslandsbüro derösterreichischen Sozialdemokratie geleitet hat. Gerade in dieser Zeit kamen wir mit ihm oft in Berührung und konnten ihn an der' Arbeit sehen,konnten beobachten, wie er nicht nur immer wiederdie Zeitereignisse zu verstehen suchte» sondern wieer jedem österreichischen Emigranten zu helfenbemüht war. Bor kurzer Zeit ist er nach Parisübergesiedelt.Mit ihm ist einer der. größten Denker gestorben, den der wissenschaftliche Sozialismus undden die Sozialdemokratie hervorgebracht hat. EineZeit, in der ein geist- und kulturloser Faschismustriumphiert, kann einem so großen Geist nichtvoll gerecht werden. Wer sich jedoch mit den großen Lebensfragen des sozialistischen Proletariatsje beschäftigt, wen jemals das Feuer des sozialistischen Ideals erwärmt hat, in weffen Herz dieSehnsucht nach einer besseren Gesellschaftsordnung, nach Freiheit, Frieden und Menschenwürdelebt, der weiß,>vaS der internationale Sozialismus, was die Welt des Geiste», was die Menschheit an diesem großen Vorkämpfer der sozialistischen Idee verloren hat. Wir sind der festen Ueber«zeugung, daß die Nachwelt Otto Bauer würdigenund daß das Urteil über eine Zeit beschämendsein wird, welche einen ihrer größten Denker inder Emigration hat sterben lassen.Prag. Ani zweiten.Haupttag de» Sokolkon«gresseü brachten die Sokoln dem Präsidenten derRepublik auf dem dritten Burghof eine Huldigung dar.I» seiner Dank-Rede sagte der Präsident, eSsei ein Erfolg deS Staates und der Ratio««, daßder Sokol in dieser unruhigen Zeit Ruhe undOrdn«ui«g und tiefe Ergebenheit für die deniokra»tischen Ideale bewahrt hat. Diese Ideale schlös-seu die Freiheit und die sittliche Reife der Bürgerin sich und die ergebene Zusammenarbeit mit allenRationen in der Sache deS Frieden». Die Idee deSSokol verkünde der Welt, daß die Nation nur einTeil der gesamten Menschheit ist, eine Einheit,die der gesainten Menschheit nützlich sein müsse.In diesem Sinne müßten auch die Sokoln allesbegreifen, wa» in den nächsten Tagen zur Zusammenarbeit mit allen Nationen de» Staate»werde unternommen werden.»Wir wollen auchmit ihnen eine menschlich hingebungsvolle, ruhigeund vernünftige Zusammenarbeit, wir wollenauch ihnen einen Beweis unserer Achtung vorihrer menschlichen und nationalen Individualitätgeben. Wir wollen auch hier unsere sokolmäßigeund demokratische Gleichheit und Menschlichkeitgeltend machm. Wir verlangen freilich dasselbevon der«««deren Seite." ES werde nichts geschehen»>va» die Republik m«d daS demokratische Reginiegefährden könnte. Aber gerade jetzt werde der Beweis geliefert, daß der Staat fest, Widerstands,fähig, reif und friadenvfähig sei.kiesige Beteiligungam SokolkongreBAm Sonntag war der erste Haupttag de»zehnten SokolkongreffeS. Die Teilnahme stelltealles bisher bei ähnlichen MassenkundgebungenDagewesene in den Schatten. Auf dem Stadion inPrag waren nicht weniger als 200.000 Zuschauerversammelt, die den Uebungen der 54.000 Sokolnund.Sokolinnen zusahen und angesichts der schönen Leistungen iinmer wieder zu Beifallskundgebungen hingerissen wurden. Den Uebungenwohnte auch derPräsidentderRe,publik bei, der Gegenstand begeisterter Huldigungen war. Fast das ganze diplomatische Korp»war vertraten. Um drei Uhr nachmittag» begannen die Vorführungen. 8000 Brieftauben flogenmit Botschaften vom Sokollongreß in alle Windrichtungen. Dann zeigten die Sokoln Wehrhaftigkeitsübungen. Anschließend turnten die Frauenund die Jugoslawen. Bei den Uebungen der Jugoslawen kam eS zu eindrucksvollen Verbrüderungskundgebungen. An der Aufführung der Sololszeneam Sonntagabend nahmen 70.000 Zuschauer teil.Aus Rumänien und Jugoslawien kamenMilitärdelegationen nach Prag.DiePrager Bevölkerung bereitete ihnen einen begeisterten Empfang. Hunderttausende säumten dieStraßen, durch die sich der Zug der Soldatenbelvegte. Die Soldaten-Gäste aus Rumänien undSüdslaivien«vurden in der Stefanik-Kaserne undin der Kaserne auf dem Pohokeleh untergebracht.Ihr Marsch durch die Straßen machte infolge de»Andranges der sie begrüßenden Massen eine stundenlange Einstellung des Verkehrs in gewissenGaffen notivendig.Am zweiten Haupttag"(Montag)'des SokolkongreffeS waren wieder gegen 180.000Zuschauer auf dem Stadion;-sie akklamierten besonder» die Freiübungen der Amerikaner, des russischen Emigranten-SokolS und anderer ausländischer Gäste.Ain Dienstag«verden ebenfalls ausländischeGäste zu Uebungen antreten. An die 30.000inländische Sokoln und ebensoviel Sokolinnenwerden Freiübungen zeigen. Sänttliche Plätze desStadions sind besetzt, es war■ schon seit Tagenkeine Karte mehr zu bekoinmen.Festzug der 300.000Der Mittwoch wird mit einem großen Umzug der Sokoln eingeleitet werden. Er wird sichdurch folgende Straßen bewegen: Sokolskä, Wen»zelsplah, Straße de» 28. Oktobw, Jungmannova,LazaruSgasse, Myflikova, Riegerkai,, Nationaltheater, Masaryk-Kai, Parlament, Salnitergasse,Parisergasse, Altstädter Ring. Man rechnet miteiner fünfstündigen Dauer des Zuges und einemVorbeimarsch von etwa 800.000 Mensche».Mittwoch nachmittags wird im Stadion dasMilitär auftreten, und zioar 8800 tschechoslowakische Soldaten, 300 Jugoslawen, 300 Rumänen, ferner einige motorisierte Einheiten undDragoner-Abteilungen der tschechoslowakische««Armee. Ferner werden Artillerie« und Genietruppen Vorführungen zeigen. Die Schlußparade«vird durch den Flug von 250 Apparaten eingeleitet«verden.7lso und Sokol del HodiaPrag. Der Vorsitzende der RegierungDr. Milan H o d j a empfing Montag nachmittags die Vertreter der Slovakischen BolkSparleiHlinkaS, den Borsitzenden-Stellvertreter Abg.Dr. T i f i und den Generalsekretär Abg. Dr.Sokol. Gegenstand deS Gespräches waren einigeGesetzeSprojekte, die sür die bevorstehende Parka»«nentSsaison vorbereitet sind.Dr. Hodja wird in den nächsten Tagen auchdie Vertreter der übrigen oppositionellen Parla-mentSklub» empfangen.Unabsehbare Folgen...Neiu vor den AnalandstachechenAuf dem Manifestationskongreß der Auslands-Tschechoslowaken, der am Montag imParlament tagte, hielt Minister Jng. NeöaSin Vertretung der Regierung eine Rede, in derer u. a. sagte:In Europa wird jetzt ein Kcunpf um dieEvhaltung der Demokratie geführt. Wir sindhiebei das am meisten exponierte Land. Wirsind Hüter nicht nur der eiaenen Freiheit, sondern auch des europäischen Gleichgewichtes imbesten Sinne des Worte». Wir sind der Schwer«punkt Europas und seine Verlagerung würde fürEuropa und die ganze Welt unabsehbareFolgen hüben. Dessen mögen sich alle jenebewußt sein, die an dem tschechoslowakischenGrundpfeiler rütteln wollten.I Zwischen IMann und KindRoman von Llli K ö r b e r MAuS dem Nebenzimmer kamen plötzlichschrille Geigenstriche. Die Mutter steckte denKopf durch die Tür, bat gequält:„Werner, verstehst du denn nicht, daß duum diese Zeit nicht spielen darfst. Franzl mußschlafen."„Ich schlafe nicht, Mutter", rief eS springlebendig hinter ihrem Rücken.„Ich warte, bisdu aus dem Taft Museum zurückkommst. UndRobert ist ja auch noch nicht zu Bett gegangen."„Gute Nacht mein Liebling", gab es FrauMartha auf und beugte sich über ihren Jüngsten.Franzl schnellte auf, drückte sein Mauseköpschenan ihre Brust:„Mutter, weißt du, der Schäffer ist so einEkel, er..."„Morgen, Franzl, morgen erzählst du miralles, ja?"„Nur ein kleines Momenterl," bat er,„ichmuß dir waS sagen."„WaS denn?"„Ich«nüchte so gern eine gebrannte Mandelhaben, nur eine einzige", flüsterte er zärtlich.Im Speisezimmer, wo sie die gebrannteMandel holte> saß Robert über seiner lateinischenGrammatik gebeugt, die Finger in den Ohren,und sprach drohend mit düsteren Augen:„Als Neutrum haben wir auf„er"„Cadaver, iier, verber, ver..."Daß Robert von selbst Latein stuckte, dawar auch noch niemals vorgekommen. Wa» dieBuben heute nur hatten?M» sie. Franzl die Mandel in den Mundgesteckt hatte, erhob sie sich energisch. Er protestierte nur schwach: sein Gerechtigkeitsgefühlsagte ihm, daß die gebrannte Mandel al» M-<fertigung anzusehen war. Aus dem Nebenziinmerdrang kein Ton, nur ein Lichtstreifen kam durchden Türspalt. Die Mutter schaute«wch in»Speisezimmer, wollte Robert zu Bett schicken, ihmgute Nacht sagen. Mer. er saß mit haib-geschlossenen Augen da und wiederholte laut undabweisend:„Cadaver, iter, derber, bec..Der freundliche Gutenachtgruß der altenSteffi tat ihr besonders wohl. Zumindest war ihrdiese nicht böse.In der Straßenbahn wagte sie es endlich,auf die Uhr zu schauen. ES war zehn nach neun.Wie peinlich l Aber allerdings, Werner hattered)t: in ihrem Alter, mit ihren Pflichten durfteman keine Verabredungen treffen. Gewiß gingsie ab und zu mit Wally und ihrem Mann abend»ins Cafi, warum also auch nicht mit Dr. Geh-ler? Warum waren die Kinder plötzlich renitentgeworden und warum hatte sie ihnen gegenüberdie ganze Zeit ein Schuldgefühl?Dr. Gehler erhob sich, al» er sie auf seinenTisch zukommen sah. Dabei registrierte er nochschnell, daß seinem Körper die frühere Geschmeidigkeit fehlte. Er stand nicht so behend auf wiefrüher.„Ich bin alt geworden." fühlte er undwunderte sich gleichsam, daß er alt werde wieandere Menschen auch. Und lächelte zugleich übersein Erstaunen und darüber, daß jeder Mensch,selbst ein Arzt, so egozentrisch sei, daß er nichtrecht an seinen Verfall und Tod glauben könne.Und freute sich, daß die große, schöne Frau, diemit ruhigem Lächeln auf ihn zugeschritten kam,e» ihm nicht verdachte, daß er nicht mehr derJüngste war. Und half^ffr dankbar au» derJacke.„Lesen Sie nur ruhig Ihre Zeitung zuEnde,"— sie deutete auf den„ManchesterGuardian", der vor ihm lag,„ich schaue mir indessen ein paar Modejournale an." Dabei griffsie nach den braunen Pappendeckeln, in die Zeitschriften hineingeheftet waren.„Die ist nicht von Männer verwöhnt worden," dachte Dr. Geßler mit Befriedigung. Aberer legte die Zeitung weg:„Wenn ich die seltene Gelegenheit habe, einwenig mit Ihnen zu plaudern!"„Ol. Die seltenen Gelegenheit! Wirwaren doch tagtäglich zusammen!"'„In Pörtschach! Aber hier lassen die dreikleinen Kerle kein Stückchen von der Mamaübrig!"Sie lachte belustigt. Nun meldete auch erseinen Anspruch an!„Sie wisse«« gar nicht, wie recht Sie haben.Deswegen komme ich auch so spät! Mein Großerwollte einen Schilling haben, der Kleine eine gebrannte Mandel, und der Mittlere war einfachbitterböse auf mich und stürzte sich vor lauterVerzweiflung in lateinische Vokabeln!"„Ader nach allem, was ich von ihm weih,dürften die Folgen dieses BerzweiflungSauSbru«ches für den jungen Mann recht gesund sein?"Sie lachte wieder. Auf einmal war da»alles nicht mehr tragisch, nicht einmal der Fleck,den sie plötzlich mitten auf ihrer weihen Bluseentdeckte.„O Weh! Die Spuren von Franzl» gebrannter Mandel." Dr. Gehler sah ihr auf dieBrust. Mer bevor sie noch Zeit hatte, verwirrtzu werden, blickte er sie voll an und fragte:„Sind Sie mit dem Ergebnis de» Sommer»zufrieden?"„Ja und nein. Erholt haben sich die Bubenwunderbar. Aber—", sie suchte nach Worten,die alle» erklären würden, ohne die Jungen in»Unrecht zu setzen.„Aber es ist so furchtbar, daß,ich sie gar nicht erziehen kann."Er lachte über dieses treuherzige Geständnis.Sie lachte mit und fuhr fort:«Ich verwöhne sie doch gar nicht. Mer ichweih nicht wieso, sie verwöhnen sich selbst!"Wiederum lachten beide.„Na, da» möchte ich aber auch tun, da mußich bei Ihren Buben in die Schule gehen. In derheutigen Zeit kann man'» so recht brauchen."Martha tat er leid. Sie blickte auf denschwarzen Streifen auf seinem Aermel.„Aber Ihre Freundin," sagte sie ermunternd,„Ihre Freundin verwöhnt Sie dochgewih."„Ja, ich beklage mich auch nicht. Merwissen Sie, manches Mal verwöhnen einen dieMenschen auf die falsche Art." Er schwieg, setztedann fort.„Weil sie eigentlich gar nicht wissen,wa» man braucht."Frau Martha tat diese» langsame Reden,«nit Pausen dazwischen, ordentlich wühl. SeineArt erinnerte sie an irgend jemanden, der ihr sehrlieb war, sie wuhte nur nicht, an wen; ein Bindeglied in der Assoziation entfiel, sie hatte nur einunbestimmte» Gefühl von Wärme. Und e» warschön hier im Taft, e» glänzte voll Licht, an denNebentischen sahen elegante Frauen und Männermit interessanten Gesichtern. So kamen sie zumindest Frau Martha vor. Auf einmal gefielihr die ganze Welt. Wie schön war es, sich einmalauszusprechen, mit Wally konnte sie da» nicht.Wally war eine gute Freundin, hatte sie für dieFerien in ihre Billa nach Pörtschach eingeladen,da» wuhte sie zu schätzen. Gewih, e» war nichtganz uneigennützig, sie muhte jemand haben, mitdem sie über das Verhältnis ihres Manne»schimpfte.„Eine Kindergärtnerin," wiederholtesie empört,„eine ganz simple Kindergärtnerin..."Plötzlich fragte Dr. Gehlert«Wie geht e» Frau Kandlerf*(Fortsetzung folgt)