Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 75 Heller

Rebaltion u. Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag  18. Jahrgang

Dienstag, 12. Juli 1938

Unter allen Umständen

Georges Monnet

an DSAP und ČSR  

solidarisch!

Georges Monnet, der sozialistische Landwirtschaftsminister in den Kabinetten Léon Blum  und Chautemps  , weilte dieser Tage in Prag  . Bei seiner Abreise hat er, unter dem Datum vom 10. Juli 1938, aus Prag   einen handschriftlichen Brief an unseren Parteivorsitzenden Abge­ordneten I aksch gerichtet. Dieses Schreiben hat in der Uebersetzung folgenden Wortlaut:

,, Aus Reichenberg   und Gablonz   zurückgekehrt, habe ich, ehe ich Euer Land verlasse, das Bedürfnis, Ihnen die Gefühle der Bewunderung auszu­brücken, die wir, meine Freunde und ich, für die so ruhige und so entschlos fene Haltung unserer Genoffen von der Deutschen sozialdemokratischen Par tei in der Tschechoslowakei   empfunden haben.

Ich bin sicher, der Dolmetsch   aller Demokraten Frankreichs   und insbes sondere aller Mitglieder unserer Partei zu sein, wenn ich Ihnen die Dank barkeit ausspreche, die alle Freunde der Freiheit und des Friedens Euch entgegenbringen. Ihr stehet auf dem Vorposten der Weltdemokratie, die eben dank der Festigkeit der freien Bürger in der Tschechoslowakei   einen großen Sieg über den internationalen Faschismus davongetragen hat.

In diesen wirren Tagen habet Ihr die gänzliche Solidarität des fran. zösischen Volkes, die Euch unser großer Freund Léon Blum   gewährleistet hat, auf Eurer Seite gehabt. Seid davon überzeugt, daß Ihr unter allen Umständen so wie im vergangenen Mai auch in Zukunft auf dieselbe Solida­rität rechnen könnt.

... sepiowie idled

" Freundschaft!"

Spanien   als Kriegsschule

Geständnisse Reichenaus

Georges Monnet.

Aus dem Inhalt:

Jaksch: Wir müssen durch!

SdP wählt tschechisches Gemeindepräsidium

Katholischer Antifaschismus marschiert

Verwaltungsreform

im Sechserkomitee

Neue Attentate in Palästina

Nr. 161

Das Gebot der Stunde: Sprachliche Gleichberechtigung

Die tschechische Nation ist vor die große Auf­sabe gestellt, das Zusammenleben mit den übri­gen Völkern des Staates zu regeln. Soll das große Werk gelingen, muß die Lösung großzügig, sie muß, wie der Präsident der Republik   sagte, definitiv sein.

Seit Wochen steht das innerpolitische Leben| Man muß ernstlich die Frage stellen, ob eine des Landes im Zeichen der Verhandlungen der solche Bestimmung überhaupt ein neues Spra Regierung mit den tschechischen Koalitionspars chengesetz wert ist. Unserer Ansicht nach müßte teien und den Vertretern der Nationalitäten; mit eine neue gesetzliche Regelung der Sprachenfrage großen Erwartungen sieht die Bevölkerung aber den bestehenden Zustand von Grund auf auch das Ausland dem Ergebnis dieser Verhand- umgestalten. Bisher konnte man von einer wirk­lungen entgegen. lichen sprachlichen Gleichberechtigung nicht reden. Die tschechische Sprache ist die Staats-( offizielle) sprache, jeder Tscheche, gleichgültig, wo er lebt- und wenn er der einzige Angehörige seines Vol­fes in einem Orte ist fann vor jeder Behörde seine Angelegenheit in seiner Sprache vortragen. Der Deutsche   fann es nicht, er darf es nur in den Es ist bisher zu bezweifeln, ob das, was bis- Bezirken mit wenigstens 20 Prozent deutscher   Be­her von der neuen Regelung der Sprachenfrage völkerung. Die 40.000 Deutschen  , die in Prag  bekannt geworden ist, eine endgültige Bereinigung leben, haben nicht das Recht, bei Gericht oder dieser Frage darstellt. Bisher hatte der Ange- beim Magistrat ihre Sprache zu gebrauchen. Im hörige einer nationalen Minderheit das Recht, mit Parlament darf der Berichterstatter nur in tsche­Behörden und Gerichten in seiner Muttersprachechischer Sprache referieren und die deutschen Wi­bezirk wenigstens 20 Prozent der Einwohner die auf deren deutsche   Anfragen keine deutsche   Ant­zu verkehren, wenn in dem betreffenden Gerichts- nister konnten ihren deutschen   Parlamentskollegen

ser Minderheit zugehören. Die wesentliche Neue­rung auf sprachenrechtlichen Gebiete besteht nun darin, daß dieser Prozentsaz auf 15 herabgefeßt wird, so daß die Zahl der Bezirke, in denen auch deutsch   amtiert wird, um zivci steigen würde.

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Reichswehr  - Meuterer flüchten

Ursache der Meuterei: schlechte Ernährungsverhältnisse

wort erteilen. Deutsche   mußten also mit Deutschen  in tschechischer Sprache verfehren. Das kann man wohl nicht als Gleichberechtigung der tschechischen und der deutschen Sprache bezeichnen und eine wirkliche Regelung der Sprachenfrage tann nur in einer Herstellung dieser Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der beiden Sprachen bestehen. Jedes neue Sprachengesek, welches die Diskrimi­nierung der deutschen Sprache nicht aufhebt, bedeu tet keine Lösung der Sprachenfrage. Hält man an der Einheitlichkeit des Staates und seiner Ver­so

über die Grenze waltung feft, fo fann es nichts anderes geben als

schlechte Ernährungsverhältnisse über die Grenze

Baris. Das Blatt 2'Ordre" veröffentlicht ein deutsches Geheimdokument", das die Lehren betrifft, welche aus dem spanischen Bürgerkrieg gezogen werden können. Es handelt sich um einen Bericht, den General   v. Reichenau den national- von Reichswehrsoldaten in Bayern   erfahren wir sozialistischen Führern vorgelesen hat. Das Blatt noch nachträglich: hebt aus dem Dokument u. a. folgende Stellen als die typischesten hervor:

Zu unserer Meldung über die Auflehnung bei der Truppe eine Rarität geworden, es gebe meist Fische, aber auch davon seien die verab­reichten Portionen nicht genügend. Von den Sol­daten, die gemeutert haben, sollen sich welche er­schossen haben, um nicht in die Hände der reichs­deutschen Schergen zu fallen.

Noch toller aber ist, was reichsdeutsche De­serieure über die Art, wie sie daheim über die Lage der Sudetendeutschen   unterrichtet wurden, erzählen. Man folportiere im Dritten Reiche all­

die völlige Gleichberechtigung der deutschen   Spra che mit der tschechischen oder besser des deutschen  Staatsbürgers mit dem tschechischen.

Spanien   ist heute unsere Kriegsschule. Das Mittelländische Meer ist sowohl für Frankreich   als auch für England verloren. Dadurch, daß wir zwei Jahre hindurch auf dem Kriegsschauplatz Ge­legenheit zu Versuchen im Kriegswesen hatten, wo wir unser Kriegsmaterial erprobten und unsere werden. Anlaß zur Auflehnung gab die ungenüs gemein, daß die Hauptnahrung der Sudetendeut schichte der Sprachenkämpfe kennt, weiß, daß die Soldaten

Politik hat Italien   bewiesen, daß der Mut die

chen

Man wird nun auf tschechischer Seite sagen, Zur Meuterei einer größeren Anzahl Reichs­das sei nicht möglich. Man könne nicht etwa in wehrsoldaten und Offiziersanwärtern fam es in Piset und Tábor, in Kuttenberg   und Caslau, in Grafenwöhr   in Bayern  , wo gegenwärtig der Mi­Pardubiz und Königgräß deutsch   amtieren. Dazu litärübungsplaß erweitert werden soll. Nach den ist nur zu sagen, daß es doch möglich ist und daß vorliegenden Berichten sollen zu diesem Zwede die Tschechen es waren, welche die durchgängige mehrere Ortschaften evakuiert worden sein, die Doppelsprachigkeit der Behörden in Böhmen   in jetzt von der Artillerie in Trümmer geschlossen der Monarchie verlangt haben. Wer die Ge­gende und Verpflegung der anderen Staaten ungewöhnliche Vorteile erreicht. Die Unzufriedenheit scheint so weit zu gehen, daß Reichswehr   sei das Gerücht im Umlauf, daß bei Tschechen die Sprachenverordnungen, welche die Regierung Badeni 1897 erließ und welche die General Franco   verdanken wir es, daß wir an den sich die maßgebenden Streise veranlaßt sahen, im den Sudetendeutschen die Ratten ein Hauptnah, Zweisprachigkeit in Böhmen   und Mähren   statuiers lebenswichtigen strategischen Linien Frankreichs   Anschluß an die Meuterei die Truppen von Gra- rungsmittel geworden seien. ten, lebhaft begrüßten. Danach sollte die Sprache Diese Deserteure haben natürlich große fenwöhr abzukommandieren. und Englands festen Fuß faffen konnten. In der Mehrere Reichswehrsoldaten, darunter auch Augen gemacht, als sie sahen, daß bei uns an der Eingabe maßgebend sein für die sprachliche ein Offiziersanwärter, konnten über die tsche- besten Lebensmitteln genügend vorhanden ist. Erledigung( in allen Instanzen), es könnte also beſte Strategie iſt, und es hat außerdem gezeigt, choslowakische Grenze flüchten, wo sie sich zunächst Unwillkürlich sagten sich die Deserteure: Wa- ieder Deutsche oder Tſcheche im ganzen Lande in wie leicht sich Frankreich   und England einſchüch- in den Wäldern verborgen hielten. Als fie fich rum ligt man bei uns so? Was seiner Sprache Recht finden, bzw. seine Angele­tern lassen. Unsere Teilnahme am spanischen Krieg hatte absolut keinen schädlichen Einfluß auf die beffen versichert hatten, daß unsere Behörden nicht würden diese Soldaten von der Hitlerarmee erst genheit bei der Behörde erledigen. Die Tschechen  Ronzentration unserer militärischen Kräfte für die an eine Auslieferung denken, stellten sie sich die- sagen, wenn sie wüßten, daß den Soldaten der betrachteten die Sprachenverordnungen Badenis Erfüllung unserer wichtigsten nationalen Ziele. fen. Gegenwärtig befinden sich 15 Mann in be- tschechoslowakischen Armee das Brot gar nicht zus als große Errungenschaft, der verstorbene Kramář Im Gegenteil, diefe Teilnahme hat unsere Armee hörblichem Gewahrfam in Tachau  . Alle Flücht- gemessen wird, daß die Soldaten Brot erhalten, hat in seiner Geschichte der tschechischen Politik linge geben übereinstimmend als Grund ihrer so viel sie wollen, und daß eben neues Brot ge- Badeni als einen Freund der Tschechen   gefeiert Meuterei die fch I echten Ernährungs. faßt wird, wenn das alte aufgegessen ist. Selbst- und die Stadt Prag   hat nach dem Ministerpräsi­verhältnisse bekannt. Nach den Angaben verständlich bekommen unsere Soldaten gutes denten von 1897 cine Gasse benannt. So sehr Schwere Kämpfe in Spanien  empfanden die Tschechen die Festsetzung der Dop­der Leute foll die Aufstandsbewegung einen grö- Brot, fein Kriegsbrot DRGM. pelsprachigkeit als Aft der Gerechtigkeit, als Bes Barcelona. In dem amtlichen Bericht dieser Mitteilung vorläufig nach mit Reserve be­Keren Umfang angenommen haben, doch muß man Dieser Meldung wollen wir noch eine inter- friedigung ihrer nationalen Ansprüche. Es kann des Nationalverteidigungsministeriums heißt es u. a.: An der Ostfront befindet sich unsere Armee segnen, weil die Angaben der einzelnen Soldaten eſſante Einzelheit hinzufügen. Die bei Tachau   im aber ein für die Tschechen noch zwingenderer Be­Walde versteckt gewesenen Reichswehrangehörigen weis dafür geliefert werden, daß die Zweisprachig in einem erbitterten Kampf füdlich von Ar- Dazu wird uns aus dem Tachauer Grenz- sandten einen Kundschafter aus, der fragte, ivo feit in Böhmen   und Mähren   die gerechteste und ein Sozialdemokrat wohne. Als man ihm einen zweckmäßigste Lösung der Sprachenfrage ist. Einer heftigen Widerstand Leisten und mächtige Gegen- Nach den Schilderungen von reichsdeutschen bezeichnete, fragte der Reichswehrsoldat, ob die der bedeutendsten und kenntnisreichsten politischen angriffe unternehmen. Sonntag früh unternahm Deferteuren muß die Verpflegung der deutschen   Geflüchteten ausgeliefert würden. Es scheint also, Borkämpfer der Tschechen vor dem Weltkrieg, der der Gegner sechs Angriffe gegen unsere Stellun- oldaten wirklich unter aller Kanone sein. Die daß die Sozialdemokratie in der Reichswehr   gro- spätere Obmann des jungtschechischen Klubs im gen bei Fuenta de la Seo, wurde jedoch zurück. Brotrationen feien völlig unzureichend, Fleisch sei lßes Ansehen hat. Wiener Reichsrat und Minister Dr. Friedrich P a- geschlagen. cák hat 1896 eine Broschüre herausgegeben ( ,, Stizzen zur Regelung der Sprachenfrage im Königreiche Böhmen"), in welcher er die Forde rungen der   Tschechen in der Sprachenfrage auf Seite 22 und 23 zusammenfaßt. Es ist wahrhaf tig nüßlich, das längere Zitat aufmerksam zu Tesen!

ungewöhnlich gestärkt."

tano und Seura 8, wo unfere Abteilungen Madrid  

.( Havas.) Trok starken Verlu­sten dringen die Nationalisten an der Castillon­front weiter vor. Das Gelände ist für die Bertei­bigung der republikanischen Truppen günstig. In der Gegend von. Nules wurde das Vordringen der Nationalen aum Stehen gebracht. Beide Par teien bereiten sich auf weitere Kämpfe vor.

Immer neue Flugmorde

fehr auseinandergehen. gebiet geschrieben:

Die Freiwilligenzurückziehung

-

- ein Humbug

2ondon.( Neuter.) Der spanische Bot- daß die italienischen Natgeber des Hauptquartiers Die Sprachenfrage im Königreiche Böhmen schafter überreichte im Außenamt eine Note, in der Aufständischen auch weiterhin in   Spanien fann daher nur auf Grund der wahren Gerechtigkeit ber behauptet wird, daß   Italien nach den mit verbleiben sollen, jedoch nicht mehr in   italieni- gelöst werden. Diese Gerechtigkeit beruht auf dem Sonntag morgens griffen fünf Dreimotor- General Franco gepflogenen Gesprächen aus fchen Uniformen, sondern in Ziviltle i- Prinzipe der Gleichberechtigungund Savoia Valencia an, wurden aber durch Flant-   Spanien 10.000 Freiwillige, zum größtenteil dung. feuer u. rep. Jagdflieger auf 4000 Meter Höhe ta mpfunfähige Mannschaften getrieben und warfen wohllos Bomben ab, bon ber  & r ante, zurüdziehen will, und bas General Pariani bel Hitler daß denen einige die Hafenviertel trafen. Verletzt der übrige Teil der italienischen Detachements in München  .( DNB) Der Reichstanzler wurde u. a. der   britische Beobachter des Nicht die spanische Fremdenlegion eingereiht werden empfing Montag im   Führerbau am königlichen einmischungsausschusses Albert Leman, 71 foll, wo diese Freiwilligen unter spanischem Na- Platz zu   München den Oberbefehlshaber und Ge­Jahre alt, an Bord des   britischen Schiffs York- men eingefchrieben werden und die spanische neralſtabschef der   italieniſchen Armee   General hoben werden, wenn die Lösung dieser Frage eine Broot" im Hafen Uniform erhalten. Die Note behauptet ferner, Bariani.

Gleichwertigteit der beiden Lan= dessprachen im Königreiche   Böhmen, so daß jeder Böhme im ganzen Lande bei allen Gerichten und Be­hörden und jeder Deutsche im ganzen Lande bei allen Gerichten und Behörden in seiner Muttersprache ſein Recht suchen und finden kann und muß.

Dieses Prinzip müßte unbedingt zum Gefeße er. gerechte genannt werden soll,