©die 4 Sonntag, 24 Juli.1838 Nr. 172 Ein Ungliickstag der Luftwaffe Vier Flugzeuge an einem Tag abgestUrzt D-estteuigkelkn Konsequent Inkonsequent Folgerichtig sprunghaft und widersprnchsvoll so ist der Faschismus; diese sonderbare Eigen- schaftüinischnng ist ihm eingeboren und erhöht seine Gefährlichkeit schon deswegen, weil es oft sehr schwer ist, einen Schluß zu wagen, ob in die­sem oder jenem Falle und zu diesem oder jenem Zeitpunkt die sture Konsequenz faschistischen Den­kens den Lauf der Ereignisse mitbestimmen werde oder aber seine Sprunghaftigkeit, seine Inkonse­quenz, seine Neigung zu Widersprüchen. Es ist noch gar nicht so lange her, daß Mus­ solini erklärte, der Anschluß Oesterreich » würde den Sieg Italien » im Weltkrieg illusorisch machen; das hat den Duce aber nicht gehindert, den»Füh­rer" in Oesterreich gewähren zu lassen. Und der­selbe Duce hat einmal mit Emphase kundgetan, das; der Rassismus für Italien einen Wahnsinn darstelle; und eben jetzt hat sich auf Geheiß Mus­ solini » ebendieser Rassismus auch in Italien etabliert! Warum? Weil sich jetzt vom Brenner südwärts die Achse so biegt, wie Hitler cs will? Möglich. Aber sicher ist eben nur, daß cs kein Faschistenwort gibt, an da» man glauben darf. Da» werden auch noch Hitler und Mussolini selbst in gegenseitiger Erfahrung zu spüren bekommen l Derzeit soll jedenfalls Cavour, der Begründer des Königreiches Italien, von seinem Denkmal in Turin herab verwunderte Augen machen, denn diese» Denkmal steht im ehemaligen Ghetto von Turin, au» dem ein freies Italien die Juden her« «ulSführte. Und der erste BertrauenSinann Ca­vour hieß Artom und war ein Jude. Flugzeugabsturz In der Bukowina Zwölf Tote Warschau. Ein Verkehrsflugzeug der pol­nischen LuftfahrtgesrllschaftLot" ist Freitag auf der Strecke Warschau Bukarest in der Nähe de» Dorfe » Stulpikany im Bezirk Kimpolung(Buko­ wina ) abgestürzt. Sämtliche Insassen wurden ge­tötet. Wie bekannt wird, befanden sich an Bord neun Fahrgäste und drei Mann Besatzung. Die Katastrophe wurde durch ein heftiges Gewitter verursacht. Unter den Opfern befinden sich u. a. der japanische Kapitän Waka, der japa­nische Militärattacht in Warschau Kapitän Koro, der rumänische Kapitän ÄoneScu, der Komman­dant des Flugplatzes in Czernowitz , ferner Jng. Fcrnic, der Leiter der Fliegerschule in Czernowitz , die beiden rumänischen Aerzte Bodca und Nus» senbaum und schließlich vier höhere polnische Offi­ziere. Das Flugzeug wurde von einem der heften polnischen Piloten, Kotrba, gelenkt. Zur Untersu­chung ist auf dec Unglücksstelle eine technische Kommission der polnischen LuftfahrtSministcriums mit Flugzeug eingetroffen. Vetterkatastrophe In der Slowakei Kascha». Freitag zwischen 2 und 3 Uhr ist über Bardejov und Umgebung ein Wolkenbruch niedergegangen. Binnen wenigen Minuten über- schlvcmmtcn die Wasiermasscu auS den Gebirgs­bächen den ganzen unteren Stadtteil Bardejov , Ivo an einzelnen Stellen das Wasser bis zu einem Meter hoch in die niedriger gelegenen Wohnhäu­ser eiudraug. Auch die ganze Eisenbahnstation wurde überschwemmt. Ter auf den Feldern und in den Gärten angerichtcte Schaden ist sehr groß. Auf der Strecke Prc-ovBardejov wurde die Brücke in Kilometer 28,4 unterspült. Der Ver­kehr wurde unterbrochen, die AuSbesserungSarbei- ten werden längere Zeit in Anspruch nehmen. Auch ein Umstekgverkchr ist vorläufig noch nicht möglich. Zu den RcttungS- und Bergungsarbei­ten wurde in Bardejov Militär eingesetzt, daS insbesondere auf dem Bahnhofe und Umgebung Prag . SamStag vormittag» stiessen bei Me- donice in der Slowakei drei Jagdflugzeuge zusam­men. Die Flugzeuge flogen in einer dreigliedrigen Staffel und an» bisher ungeklärter Ursache, wahr­scheinlich infolge eine» heftigen Windstöße», stieß ein Flugzeug mit dem führenden Flugzeuge zu­sammen. Flieger-Leutnant Frantiöek S p i L k a benützte seinen Fallschirm und konnte sich retten. Fliegrrleutnant Jan K r ä l und Fliegrrleutnant Front. F o l t n S benützten au» unbekannter Ur­sache ihre Fallschirme nicht und kamen in den Trümmern ihrer Maschinen um» Leben. Flieger­leutnant Jan Kräl stammte au» Schönbrunn , Be­zirk Mähr.-Schönberg» Fliegerleutnant Frank. Folty» au» der Gemeinde Raduä, Bezirk Troppau . Beide waren 23 Jahre alt. Dir Ursache de» Un­glücke» wird von einer Mlitärkommission unter­sucht.(TRO) schwierige Arbeiten leistete und insbesondere die durch angcschwemmte Holzmasicn blockierte Brücke über den Lukavici-Bach freilegte, so daß das Wasser abfließen konnte. Auch zwischen Bardejov und Raslavice Ist die Eisenbahnstrecke an einer Stelle in der Länge von etwa einem Kilometer unterspült und mußte für den Verkehr gesperrt werden. TvS Hochlvaffer hat in Bardejov nicht nur Baumaterial, sondern auch mehrere Schweine sowie Geflügel und Haustiere mitgcrissen. Die jetzige Hockwaffcr-Katastrophe übertrifft in ihrem Ausmaß beiweitem die letzte Elemcntarkatastro« phe, von der Bardejov im Jahre 1035 betroffen wurde. Autounglück in Südböhme». Freitag nachts stieß auf der Staatsstraße bei Plana an der Lufchnitz das Personenauto de» KausmanneS Po­lak au» Sudomikice in rascher Fahrt gegen einen Schutzpfeiler der Eisenbahnubcrführung. DaS Auto wurde vollkommen zertrümmert und alle vier Insassen wurden verletzt. Zwei junge Frauen aus Prag , deren Namen bisher nicht festgestellt werden konnte, wurden in ohnmächtigem Zustand geborgen, ihr Zustand ist hoffnungslos. Posiik er­litt eisten Beinbruch und zahlreiche Verletzungen. Der vierte Insasse, der Handelsvertreter Hof­mann auS Täbor, wurde am Kopfe schwer ver­letzt. Alle vier Insassen wurden in Täborer Kran­kenhaus eingeliefert. An der IlnfallSstellc hat sich eine Gerichtskommission und eine Gendarmerie­streife eingefunden. Todesurteil gegen Gendarmen-Mördrr. In Wel» wurde SamStag nach mehrtägiger Ver­handlung da» Urteil im Prozeß mit den Mördern de» Gendarmen Josef Winkler aus Groß-Kuf- hau» gesprochen. Der Hauptangeklagte Raimund Hobel wurde zum Tode verurteilt. Die Mit­täter, der eigene Sohn de» Ermordeten, Josef Winkler und dessen Frau Therese, wurden zu 20 Jahren schweren Kerkers verurteilt. Ueber 50.000 unerledigte Einreisegesuche. Beim Prager LandcSamt liegen derzeit 54.000 Gesuche um die Einreisebewilligung au» Oester­ reich . An die Erledigung der Gesuche ist vorder­hand nicht zu denken.(DND) Spenden für die StaatSverteidigung. Der Zuwachs der Spenden an den Jubiläumsfonds für die Nationalverteidigung wird in dem SamS­tag auSgcgcbenen SpendenauSwciS mit 0,885.657 KL angegeben, wodurch der Betrag der bereits eingczahlten Spenden auf 387,808.378 KL ge­stiegen ist. Die Zahl der Spender hat um 2144 Personen zugenommen und beträgt jetzt 118.811. Denkt an Abessinien!" Mehrere Kadetten der zur Zeit im Dubliner Hasen zu Besuch wei­lenden italienischen Schulschiffe wurden in der Nacht auf Freitag in den Straßen der Stadt von Prag . SamStag um 8.45 Uhr kam e» bei B o r«k zur Havarie eine» Militärflugzeuge». Bei einer Linkskurve rutscht, da» Flugzeug über den Flügel ab und stürzte zu Boden. Beim Aufschla­gen ans den Boden geriet da» Flugzeug in Brand und verbrannte. In den Trümmern de» Flugzeu­ge», kam Flieger.Oberleutnant Milo» R v», der da» Flugzeug gesteuert hatte, um» Lehen. Flieger- Oberleutnant Miloi Rh» war der Bruder dr» ZugSführer-Piloten Blasttmil Ry», der am 23. v. M. bei dem Flugzeugzusamnienstoß in Prag , Ra Hkebrnkäch, um» Leben kam. Rationalvertei­digungsminister Fr. Machnik hat den Eltern der beiden Flieger eine eigenhändige Zuschrift ge- sandt, in welcher er ihnen da» tiefe Mitgefühl für seine eigene Person sowie im Ranie» der Armer zum AuSdrucke bringt.(TRO) Gruppen funger Leute angesallcn, welche sie mit dem Rufe verfolgten:Denkt an Abessinien!" Die Polizei mußte zum Schuhe der italienischen Kadetten einschreiten und sie an Bord ihrer Schiffe bringen. Ei» Versuch, den Kanal zu durchschwimmen, wurde Freitag von dem 24 Jahre alten Englän­der Fcarnleh Wheatcroft unternommen. Wheat« croft, der Freitag früh um 0 Uhr 80 Minuten vom Kai Griz.Nez(Frankreich ) gestartet war, mußte nach acht Stunden dreizehn Meilen vor der englischen Küste, seinen Versuch wegen starken Winde» und schweren Seegänge» aufgeben. Di« russischen Eisbrecher im Polarmeer. Im zentralen Polarbaffin, wo die EisbrecherSadko ", Sedow" undMalygin" driften, ist e» bedeu­tend wärmer geworden. Jin Ei» sind große Sprün­ge. Auf der Oberfläche bemerkten die Matrosen der driftenden Schiffe wiederholt Seehunde, Nar- vale, auch Enten und Möven. Auf den Schiffen wird die gesellschaftliche Arbeit und der politische Unterricht fortgesetzt. Schachturniere werden durch' geführt. Regelmäßig werden die Radioübertra­gungen vom Festland über die internationalen Ereignisse und da» Leben de» Sowjetlandc» an­gehört. Die in voller Ordnung gehaltenen Sch'ffe driften weiter in gebrochener Linie. Anfang Juli drifteten die Schiffe nach Süden, später in nord­westlicher Richtung. Am 10. Juli warMalygin" 81 Grad 14 Minuten nördlicher Breite und 137 Grad 8 Minuten östlicher Länge. Verfilmte russisch« Gefchichtr. Der sowjet­russische Film ist bekanntlich schon seit langer Zeit in einem Sinne historisch geworden, in dem auch europäische und amerikanische Filme sich mit hi­storischen Stoffen beschäftigen. Die Zeiten, in denen hiswrische Stoffe ausschließlich die Geschich­te der Revolution bedeuteten der Höhepunkt war derPotcmkin"«Film sind lange dahin. Der sotojetrussische Film beschäftigt sich mit der russischen Geschichte und greift auf Ereignisse zu­rück, die das Zarenreich begründet oder groß­gemacht haben. So wird jetzt ein ztveiter Film über da» Leben Peter» de» Großen gedreht, in dessen Mittelpunkt die historisch getreue Rekon­struktion der entscheidenden Schlacht bei Poltawa steht, wo die Russen im Jahre 1700 die Schlveden besiegten. Außerdem ist ein Film begonnen wor­den, der da» Leben de» Aationalhelden de» frühen russischen Mittelalter», Alexander Newski , behan­delt; auch hier wird eine entscheidende Schlacht rekonstruiert, und zwar die Winterschlacht auf dem vereisten Peipu»-Sce im 13. Jahrhundert. Ein staatlicher Kur» für Rhythmik. wird vom 12.bir 28. August d. I. in Nhmburk veranstaltel. zu dein sich Lehrer. Proessoren und Pereinsinstruk- teure. die auf diesem Gebiete arbeiten, amnelden kön­nen. Der Staat gewährt den Zuaelassenen umsonst Unterricht, Nachtlager und einen Beitrag zu den Fahrtspesen bi» zu 80 Prozent. Anmeldungen, bc- Das heutige Programm der deutschen Sendung Sonntag r Prag -Melnik : 8.5010.00 Gottesdienst aut der Anna-Kirche in Pilsen . 10.00 Fahrt nach Orplid, litcr.-mus. Hörfolge. 11.00 Symphoniekonzert. (Schallplatten.) 12.05 Presse. 12.45 Konzert.(Be­sang: Lila Alexander und Josip BatistiL, Violine: R. Köckert, Klavier und Cembalo: Dr. Ernst Latzko.) 14.00 Bauernpredigt. 14.1514.80 Arbeiters«, düng: Franz Munk: Angestelltentreffen in Pilsen . 18.0018.20 Orgelmusik.(Robert Prokesch-Rcichen- berg.) 18.2018.50 Schallplatten. 18.50 Bratschen­musik(Ant. Krafft). 10.15 Nachrichten. 10.80Kam­mermusik. 20.00 Sportbericht. 20.15 Die alte Ope­rette, Hörfolge.(Leitung: R. M. Mandö, Mitwir, kende: O. Dcwald, Aerti Kuthan und Rud. Bandler.) 21.15 Symphoniekonzcrt(Dir. Br. Pleier). 22.15 Nachrichten. 22.80 Tanzmusik au» dem HotelKö- nigSvilla, FranzenSbad . 28.0028.80 Schallvlatten. Brünn : 17.85 Dr. Lilli Fried-Polatschek: Tie Prokop-Basilika in Trebitfch,Maria heiratet". Hör­spiel 18.50 Deutsche Nachrichten. 10.45 Hörfolge Über historische Bäume. Montag. Prag -Melnik: 10.1511.00 Schallvlatten. 12.15 Prof. Ziak: Vortrag über Gesuche in Steuer­angelegenheiten. 18.00 Unterhaltungsmusik(Schall­platten). 18.45 Vortrag Dir. Möhler: Die Geschichte de» Kreuzberge» bei Staab. 10.00 Heitere Bolks- lieder(Gesang: Gerda Redlich, Klavier: Gerta Rese). 10.80 Schallplatten. 10.45Ein zärtlich Lied sing ich dir"(Gesang: Bilma Kürer und Rolf Hart­mann, Klavier: R. I. Schubert). 21.00 Orchester­konzert(Dir. H. G. Schick). 22.00 Au» schönen Bü­chern.(Au» Traven »Der Karren ".) 22.80 Schall, platten. 22.4028.00 Vortrag über Prager Sehent- würdigkeiten. Brünn : 18.00 Josef Perlet: Wald in Gefahr, F Jurditkch: Heimische Dichter. 18.85 Arbeiterfunk. Vortrag über aktuelle Forderungen der Privatange­stellten. Mähr.Ostraur 18.10 Arbeiterscndung und Opernmelodien. stätigt von der Organisation oder der Schulbehörde, sind bi» zum 4. August 1088 an die Adresse: Dr. Eduard Riedl, Prag -Strahov, Masarhk-Stadion. einzusenden. Eröffnung de» Sonntag»dienfte» auf der Luft­strecke Prag Zürich . Am Sonntag, den 24. Juli, er­öffnet die Tschechosiowakische Luftverkehr»-Ges (CLS) den Sonntaglbetricb auf dem Abschnitt: Prag Zürich und zurück ihrer Strecke Prag - Zürich Genf Marseille , die im übrigen täglich außer Sonntag» beflogen wird. Der Abflug von Prag erfolgt um 10.45 Uhr, an Zürich um 18 Uhr, zurück: ab Zürich um 14 Uhr, an Prag um 18 Uhr 15 Min. Staatübaulolterir. Die amtlichen Ziehungslisten über die am 1. und 2. August stattfindende Ziehung der Staattlose zur Unterstützung der BautätigHit werden von der Direktion der Staatsschuld in Prag IH.. Malosiranskö mim. 2. auSgegebcn und können gegen Einsendung von 1 KL per Stück und 20 Heller des Portobetrages(Drucksacke) durch die Post bezogen werden. Dortselbst sind zu demselben Preise auch die Ziehungslisten der vorigen Ziehungen sowie auch die neue Restantenlisle Nr. 14(für die Jahre 10221087) zum Preise von 8 KL und 50 Heller de» Portobetragcs(Drucksache) zu bekommen. Die Bestellungen können bereit- jetzt erfolgen. Da» Wetter. Unter dem Einfluß einer seichten Störung über der Odermünduna traten SamStag nachmittags in der Rordilowatei und in Karpaida- rußland stellenweise noch Gewitter oder Schauer aus. In den böhmischen Ländern hat sich-er Himmel teil­weise ausgeheitert und die Temperaturen stiegen«n den Niederungen überall über 20 Grad an. Tie Luftdruckverteilung Mer dem Festland« ist jedoch noch nicht stabilisiert und infolge dessen blecht die weitere Weiterentwicklung bei un» noch verdälrnis- mäßig unsicher. Wahrscheinlicher Wetter Sonn­tag: Wechselnde, in den Tage-stmchen stellenweil, zunehmende Bewöllung. vereinzelte Gewitter oder Schauer nicht ausgeschlossen, NachnlittagStemperatu- ren um 20" bis 25 Grad, ruhig oder leichter Nord­wind. Wetteraussichten für M o n t a g: Keine durchgreifende Aenderung de» WitterungScharaktcr« Grenzlandskizze I Von Ferdinand Enzlln Die Leute oben auf dem Kamm des Gebir­ges, sind den: Kern des Lebens am. nächsten und das kommt nicht zuletzt vom Wind, der fast ohne Unterbrechung über da» Land fährt, der Wind, der Sonne bringen kann oder Wolken, je nach­dem. ES heißt auf der Hut sein, soll der Erde was abgcrungen werden, e» heißt hinauszulau- sche» und mit wachsamem Ohr auf die Natur zu hören bewußt oder unbewußt ist gleichgültig allein ihr Tun bringt die Menschen vor andere Ergebniste, läßt ihre Gedanken anders gehen. Der Wind ist es. nichts weiter. Und auch viel Unerklär­bares bringt er mit sich, viel« Fragen wirbelt, er ank in unS, Fragen nach der Mühsal unseres Da­seins und gar mancher ist darüber zum. Zweifler geworden.' Heute pfeift er aus Nord, von drüben, von Deutschland herüber. Er sauft direkt auf mein Fen­ster zu, gqnz deutlich kann ich ihn durch die Rit- z.-n spüren, jetzt, da ich an meinem Tisch sitze und hinaüöhorche. Ja, e» ist der Nord, den ich so gut kenne. Aber gehe ich die Straße hinunter, an all unfern schiefen und. steis feuchten Hütten vorbei, am Kaufmann, am Schneider, an der rotangestri- ckenen Post, dann koyimt bald der Bäcker-Emil. Immer noch pfeift der Nord,. Aber jetzt mit ein­peitscht der Sturm nicht mehr mein Gesicht,' ich kann aufrecht gehen, muß nicht, keuchen, gar nicht. Ich mußwur fehen, daß ich nicht vornüber stürz? urplötzlich packt mich der Sturm von rück­wärts. Das ist immer so an dieser Stelle der Straße. Sie macht keine Wendung, keine Sen­kung oder Steigung, es ist einfach ein Wunder, daß an dieser Stelle stets der Wind von der ent­gegengesetzten Seite konunt. Da» dauert aber nur drei bis vier Schritte und dann fährt der alte, wilde Nord wieder auf mich zu. Wir haben uns hier oben alle Mühe gege­ben mit unserer Aufgabe, wir haben in der Erde gewühlt, haben gehackt, geackert, gesät, geeggt und boffen, daß der Hafer gedeiht und im Preis steigt bis zum Herbst. Ja, was ist das mit der Kartof­fel für eine Schinderei! Wer achtet schon groß darauf. Da wird aufgepflügt, gehackt, Furchen ge­zogen und die Saatkartosfeln Stück um Stück (von einigen Zentnern jede einzelne in die Handl) in di« Erde gelegt. Dann kann noch vielerlei pas­sieren. Nur von dem einen es kann frieren im Herbst. Dann stehen wir im eisigen Nebel, einge- Kiillt in vielerlei Kleidern und' hacken gefrorene Erde auf. Wir holen fünfmal soviel heraus au» der guten Mutter Erde, fünfmal soviel, al» wir hineingaben. Für einen Zentner fünf! Sie hängen an der Wurzel, geschwisterlich vereint, gleichwie an einem Nabelstrang. Wir frieren, schinden uns, bi» in die Haarwurzeln kalt und holen sie aus der Erde nach mancherlei Mühen. Ja, aber es ist noch weit hi» dahin, ein Sommer liegt jetzt noch da­zwischen. Was kann alles kommen! Zuviel Regen, zyviel Sonne, zuviel Frost, Wßernt«.oder Krieg ,.'. Denn da waren nicht wenig Zeichen seit Wo­chen und. Wochen. Es wird viel geredet von Krieg bei uns oben. Wer weiß, was sie in den Weltstädten erhandeln, wo die Herren schon mit ihren Taten find, wenn wir erst zu denken beginnen. Vielleicht wird jetzt, da ich hier sitze und schreibe, schon geschossen, viel­leicht fahren sie schon Kanonen an. Mehr als ein­mal sehe ich mit Beunruhigung drüben, jenseits der Grenze der Republik , eine Fahne aufziehen. Da zögere ich einen Augenblick in meinem Herzen. Kommt dann einer vorbei an meinem Haus und sei es der Gauber-Karl, der weit und breit als ein Hoffer der Freiheit geehrt ist und mit dem ich mich sonst nicht ins Diskutieren einlasse» so frage ich selbst ihn: Du, Karl, gibt» Krieg? Warum? Du fürchst dich wohl? Er bleibt stehen. Er ist nicht groß, durchaus kein Gewaltiger von Körper­lichkeit, aber was Fixe» in feinem Oberkörper, eine geiviffe Wendigkeit im Gehaben und ein Blitz jeder Blick. Ortsleiter nennen sie ihn. Er trägt ein Steirerhiitchen mit einer flotten Feder, Röh­renstiefel und weit auSgebogte Reithosen. Er ist so eigentlich ein. Feschak, wie man zu sagen pflegt. Ja, aber auf politischem Gebiet hat er was weg! Ein Redner ist er, da kommt unsereiner nicht mit. Denn er hat so sein Gesetz und darin ist viel die Rede von Juden, Emigranten und Demokraten und wir brauchen keine Freiheit, sagt er. Bei Gott, daS sagt er, ich kann cs beschwören. Ich meine, daß man da njchts erwidern kann. Mer man sollte nicht glauben; daß eine solche Ansicht so um sich greifen kann. Bon unfern sechshundert Ein­wohnern sind mehr als zwei Drittel, di« ihre Frei« heit fördern, Gegner der Freiheit; die«in mensch ­liches Recht fordern, Gegner der Menschlichkeit, wenn ihr sie so hört in einer fremden Zunge reden... Aber daS sind sie nicht, daS sind nickt sie, die auf den Feldern stehen, die in die Gruben ein­fahren, das Meterholz um Heller für den Grasen oder Fürsten , dem der unendliche Busch gehört, auf ihren Schultern vom Platze rücken, dorthin, Ivo eS sich der Oberförster auSgedacht hat. Da­sind sie nicht, die sich ängstlich oder gläubig ver­sammelt haben und hingedrillt werden auf etwas, was sie»unser Recht" nennen und da» jeder ein­zelne zu fordern daS Recht hat mit allen Mit­teln. mit Unterdrückung der Meinung anderer, mit Ausinärschen, mit ausgeschrieben werden auf einer Liste, wenn man nicht in die Versammlung kommt. Ein Roter, saaen sie, ein toter Mann, wenn... WaS, wenn? Sie blinzeln schlau und wackeln mit den Köpfen, die Kämpfer für Unfrei­heit, die Wilden, Rasenden unendlich Gutmü­tigen, die sich mit jedem Juden verbrüdern wür­den, mit jedem Demokraten liebäugeln, denen jeder Emigrant recht ist, wenn sie auf den Fel­dern stehen, wenn sie den Samen streuen im sin­kenden Abend, mit ruhigen, ein wenig feierlichen Schritten am Horizont hingehen und mit weiten Bewegungen, als erfüllten sie eine heilige Hand­lung, aussäen im Namen de» Herrn... An der Buche steht der Gaul vor dem Pflug und hebt den Kopf. Er wiehert nicht, er hebt nur den Kopf un­bläht di« Nüstern ein wenig und schnuppert fried­lich in den gewaltigen Abend, der auf das Grenz« dorf niedersinkt.