Nr. 17«Freitag, SS, Juli 1SS8Lette 8faddßMituiStkte itÜShiitailDas verratene SüdtirolDie hier reproduzierte Karte, die einenAeberblick über die deutschen Siedlungsgebiete inEuropa gibt, wurde zu nazistischen Propaganda«-wecken in der bedeutenden französischen illustrier«(en Zeitschrift„L'Jllustration" veröffentlicht. DieAart«, aus der lein Plätzchen deutschen Gebietesübersehen ist, ist vom SdP-Abgeordne»ten K. H. F r a n k herauSgegcben worden,dessen Firmenzeichen auch inmitten derKarte prangt. Aber wo hat HerrFrank seine Firmentafel anbringen lassen? Seht nur genau hin I-Justdie Stelle, an der S ii d t i r o l zu suchen wäre,ist schamhaft versteckt. Denn Südtirol ist von Hitler dem faschistischen, Italien„auf ewige Feit"preisgegeben worden und von diesem Kaufpreisder..Achse" wollen die Hakinger nun nicht einmalauf einer Landkarte etwas sehen lassen. Das wird,so erbärmlich und bezeichnend eS ist, doppelt verständlich, wenn mau die i ii n.g. st c n Nach»richten kennt, die aus dem verratenen Süd tirol kommen: Mit der italienischen Reise Hitlerssetzte in Bozen und im übrigen„Alto Adige" einer'esige Nazipropaganda ein: denndie Deutsch-Südtiroler hatten„gehofft", daß nunHitler sie vom Befreier Mussolini befreien werde.Und die Prügelknaben der beiden Faschismen können es noch immer nicht glauben, da st sie verratenund verlauft wurden, viele von ihnen lausen nachwie vor mit dem Hakenkreuz herum und schreien„Heil Hitlerl", was ihnen aber von dessen italienischen Freunden vielfach Verfolgung undSchläge einträgt. Erss allmählich kommen sie sodarauf, dast ihr Schicksal von Hitler und Mussolini„besiegelt" wurde. Eben dieses Südtirol beginntaber setzt erst recht, der Apfel der Zwietracht zwischen dem Dritten Reich und demfaschistischen Italien zu sein und am Brenner hatdie. Achse ein Loch. Was sagen die nicht völlig verblendeten Anhänger der SdP zu diesem historischenFaktum und zu dem Feigenblatt, mit dem K. H.Frank die nazistische Scham verbergen will?Ein zweiter Ward Price-Falll»DaIly Telegraph" veröffentlichtedieser Tage ein Interview mit KonradHenlein. Sofort, wie im Falle Ward Price'S,liest die SdP dieses Interview in geharnischtemTone dementieren. Die„Bohemia" stelltrun fest, daß dar Interview von einer regelmäßigen Mitarbeiterin des Londoner Blattes, der sehrbelannten amerikanischen Journalistin PaulaLecker stammt, die dem Prager Blatt dazuerllärt,daß sie da- Interview in Gegenwart mehrererZeugen hatte, dass Photographien vonihr und Henlein bei der Aufnahme diese- In»terviews Sonntag nachmittags im Kurpark vonFranzeu-bad existieren, das? der Text deS Interview- einem Beamten dcö Presseamtes der SdP zur Billigung vorgelegtworden ist und daß an der Authentizität drS TrxtrS kein Zweifel fei.Eine gleiche Erklärung veröffentlicht der»Dail» Telegraph" in seiner Freitag-Nummer,Ivährend das gleiche Interview in einer noch umfangreicheren Textierung mit Photos im heutigen»Paris S o i r" veröffentlicht wurde.Politischer EinbruchReichenberg.(Eigenbericht.) DerGeneraldirektor deS Katholischen Bolksbundes,Reichenberger, machte, alS er dieser Tagevon einer Auslandsreise zurückkehrte, eine bezeichnende Entdeckung. Seine Kanzlei tvarwährend seiner Abwesenheit gewaltsam e r-brachen und durch st öbert worden. DaReichrnberger alS Repräsentant der nicht-gleichgeschalteten sudetendeutschen Katholiken gilt,scheinen diesem Einbruch politische Motive zugrunde zu liegen. Die Strafanzeige gegen unbekannte Täter wurde erstattet.Wegen MenschenraubsBruder und Vetter verurteiltAuz Schnelzi f in Bayern war vor einigerZeit der frühere Angehörige der s ozialdemo«k r a t i s ch e n Partei Deutschlands, Jos-.fSchmied, ein 33jährigcr Bauer, in die Tsch--choslowalci geflüchtet. Er wohnte hier in Ober-Lichtenberg bei Winterbcrg bei seiner Tante AnnaJungwirth.Am 17. Juni wurde Schmied in der Nachtmit Gewalt entführt, unterwegs wurde er von denEntführern so geschlagen, das) er einige Tagespäter im Krankenhaus in Passau starb.Bon der Entführung wußten die VerwandtenSchmieds, und zwnr sein eigener Bruder Johann Schmied und sein B c t t e r R. Jungwirth,die zur Rettung des Josef schmied nichts beitrugen.Ein Senat des KrciSgerichtcS in P i s e kverurteilte Johann Schmied und R. Jungwirthzu je s e ck> s M o n a t e n sHwerenKer-k c r S, Johann Schmied wird nach Verbüßungder Strafe auSgewiefen werden.SdP*Mann schießtgegen einen WaldhüterDienstag gegen 4 Uhr früh kreuzte imMönchsdorfer Revier die DienstlvegcdeS beeideten Waldhüters und Landwirtes H o-r ä k aus Nieder-Kalna der etlva 25 Jahre alteHausbesitzer und bekannte SdP-Mann StefanFiedler. Fiedler, der ein Gewehr trug undaller Wahrscheinlichkeit nach gewildert habendürfte, gab nun, anstatt den Aufforderungen Ho-räks nachzukommcn, aus seinem Gewehr zweiSchüsse gegen Horäk ab, die jedoch glücklicherweisenicht trafeii. Fiedler wurde verhaftet undder Gerichtshaft in Arnau eingeliefert. Eine beiihm vorgenommene Haussuchung förderte nebenvier Gewehren und zwei Pi st ölenauch allerhand andere von der SdP im politischenKampfe sehr gern gebrauchte Waffen, wieSchlagringe, Boxer usw. zutage. DieUntersuchung wurde eingeleitet.Sommerfrischen— katastrophal„Für die Sommerfrischen", so berichtet die„Bohemia",„im deutschen Grenzgebiet in Südböhmen hat sich der heurige Sommer infolge derpolitischen Ereignisse geradezu katastrophal auS-gewirkt. Die in früheren Jahren aus Oesterreich,besonders aus Wien und Linz, die herrlichenSommerfrischen SüdböhmenS aufsuchenden Sommergäste sind infolge der Devisenschwierigkeite»auSgeblieben, aber auch aus den großen Städte»des Inlandes sind die Sommerfrischler nichtmehr gekoinmen. Hingegen sind Heuer dietschechischen im Innern des Landes gcilegene» Sommerfrischen und Badeorte geradezuüberfüllt. In Budlveis sicht man jetzthäufig nur die auf der Durchreise aus Sachsenkommenden„Kraft-durch-Freude"»AutocarS,deren Jnfasien über die billigen Preise in denhiesigen Gasthöfen hoch erfreut und verwundertsind."Vorbildliche Opferbereitschaftsozialistischer JugendlicherEine Schar von Mitgliedern des Sozialistischen Jugendverbandes ans dem Bühmerwaldehatten ihr Sommerlager in B r a n d e i s a. E.,in einem Heim der tschechischen s'rldcmokrati-scheu Jugend, aufgeschlagen, dabc! eine deutscheund tschechische Jugendgeineinschaft.rrickitcnd, diein der Zeit der nationalistischen Verhetzung derdeutschen Jugend den Grundstein zu einer glücklicheren Zeit legt. Diese armen Burschen deutsche. und tschechischer Zunge haben nun als AuS-di ihrer Verbundenheit mit dem Kampf um»dieDemokratie eine Sammlung veranstaltet, die 280Kt einbrachte. Von diesem Betrag wurden je dieHälfte dem StaatsverteidigungS-f o n d S und der»Gesellschaft derFreund« deS demokratischen Spanien S" überlviescn. TaS Beispiel ist der Nachahmung wert!UnverblümtHerrn-Henleins„Z e i i" brachte am 28.Juli folgendes Heirat--Inserat:37jährige Sudeten deutsche, Blondine,selbst. Schneiderin, gute Hau-fr., sucht ernste Bekanntschaft eines intell. reich-deutschenWitwer». Kennw.:»Für dein«Heimatmein Herz."Also eine von jenen, die aus ihrem Hitler-Herzen keine Mördergrube machen.Gemelndewahl war VolksentscheidDie SdP läßt nun auch in ihrer Gemeinde«irrbcit die Maske fallen, die sie bis zum Abschlußder Wahlen aufgesetzt hatte. Die Parole:»Wähltdie Männer Konrad HenleinSl", der man beigroßer Nachsicht noch eine gewisse Betonung deSCharakters der Gcmeindcwahl zubilligenkonnte, wird nun offen erseht durch die Behauptung, daß es sich um einen»Volksentscheid" handelte. So hat es der»Kreissach-waltcr für Selbstverwaltung" in Troppau aufeiner. Tagung der SdP-Sclbstverwaltcr erklärt.Als die Sozialdemokraten diese. Auffassung, derSdP früher feststcllten, wurden sie dafüx beschimpft.Die Meinung der SdP über die Arbeit derSclbsWcrwaltungSkörper in der d e m o k r a t i-s ch e n Tschechoslowakischen Republik ist so»loyal"wie ihre ganze sonstige Haltung,- Sie heißt:Her st o 1 lnng her n erH enalio»z i a l i st i s ch e n Totalität. Außer derBetonung, daß man die Gemeinden mit dem Äe«dankcngut des Nationalsozialismus erfüllen werde,beseitigt man auch die ganze bisherige Grundlagedemokratischer Entscheidungen durch die Feststellung,„daß die Gemeindearbeit nicht imZeichen der Mehrheitsbeschlüsse,sondern der Einheit stehen werden." Außerdem soll die neue Gemeindevertretung auf demGrundsatz von Führung und Befolg»schäft geleitet werden.Diese Dinge sind unS nicht neu. Wir habennoch nie eine andere Auffassung von der SdP gehabt, aber cS kann den Herren, den Führern undder Gefolgschaft, gesagt werden, daß di« sozialdemokratischen Grmeindrvertreter dafür sorgenwerden, daß die Genieinden im Golste der demokratische» Verfassung unserer Republik arbeiteniverden.Der verlasseneDöhmerwaldWer einmal den Böhmerwald entdeckte undeinige Wochen dort verbrachte, an seinen dunklenSeen rastete, die steilen BcrgcSgipfel erklomm unddon dort aus die unendliche WaldeScinsamkcit erblickte, der wird immer wieder zurückkchrcn, dennihn läßt dieser wunderbare Landstrich nicht mehrlo». So erklärt es sich auch, daß der Böhmerwoldalljährlich von vielen tausenden Menschen besuchtwird. TaS war bisher alle Jahre so, Heuer hat essich geändert: Der Böhmerwold istleer. Leer von Eise»stein bis B.-K r u m a u. Verzweifelt sind die Gastwirte, ratlos die immer Sommergäste habenden Privatleute. Vielleicht können die nachfolgenden Zeilenmit erklären, weshalb der Fremdenverkehr soaußerordentlich stark zurückging.Wir kehren im größten Bergreichen-Heiner Gasthaus als die einzigen Gäste ein. DerKellner sagte, daß im vorigen Jahr durchschnittlich60 Mittagessen im Tag auSgcgeben wurden. Heuertagelang nicht eine einzige Portion. Auf die Frage,Mer daran die Schuld trägt, antlvortete er: DieVolitik. Da in Bergreichcnstein eine Henlein-Einheitrliste bestand, und die SdP-Hetzeaußerordentlich hochging, kommen die bisherigenBaste nicht mehr zurück. Es waren dies hauptsächlichTschechen und Juden. Die Reichsdeutschen, die einmal einen beträchtlichen Teil der Besucher stellten,tveoden nicht hereingelassen.»Ein lieblicher Ort ist K u s ch w a r d a. Es regnete in Strömen, als wir dort ankamen. Verzweifeltlchaute der Gasttvirt auf den Himmel, ob jich dasWetter nicht bald ändere, noch ver^veifelter blickteet auf den staatlichen Omnibus, dem keine Gäste entstiegen. Interessant ist, daß nicht nur die Tschechenund die Juden dem Böhmerwold ierubleibc», sondernauch die S u d e t e n d« u t s ch e n s e l b st.ESwird also daSdeutsche Gebietvon den Deutschen selbst boykottiert. Hier haben bisher keine Aufrufe der SdPetwas genützt, die bedrängten Kameraden werdenganz einfach nicht unterstützt. Dafür hat eine Deutscher au» Prag, der sonst jedes Jahr Äuschwarda besuchte, dem Gastwirt geschrieben, er möge mitteilen,tvieviel llnterstände und Soldaten e» dort gibt. Mansieht, ti gibt Sommergäste mit sehr merstvürdigcnWünschen.Der Ausgangspunkt schönster Wanderungen imsüdlichen Böhmerwald ist Wallern. Alljährlichwar e» überflutet von Ausflüglern und Sommergästen, die sich die alten Holzhäuser anschauten undAndenken kauften. Wer heut« dort weilt, glaubt nichtmehr in einer Stadt unsere» Staate» zu sein. Dienazistische Kleidung beherrscht di« Straßen. DieDemokraten, vor allem die sozialdemokratische Arbeiterschaft hat sich bei den Wahlen hervorragend geschlagen. Konrad Henlein ließ seinen erhobenen Armgleich wieder sinken, al» bei seinem Anfentüalt inWallern di« Bewohner der ersten Straße, die erpassierte, ihn mit einem kräftigen»Pfui!" begrüßten. Sommergäste gibt e» nur im sozialdcmokrati-fchen Sporthotel, die anderen Hotel» sind leer. Dieeinzigen SdP»Au»slügler sind deutsche Jungturner,die aber selbst kochen und nur in den Jugendherbergen nächtigen. Für die Gastwirte bleibt nichts übrig.Der Weg aus den Dreisesselberg führt überTusset und Neutal. ES war erhebend, zu sehen, daßin Tusset ganze Scheunenwände mit sozialdemö-kratischen Wahlplakaten beklebt sind. Wer lveiß, was«s bedeutet, in diesem Gebiet treu zur roten Fahnezu stehen und noch zu plakatieren, der weiß', wo 1wahre» Heldentum daheim ist— über den Dreisesscl iberg führt di« Grenze. Freudig erwidern di« deut« ischeu Turner das»Heil Hitler" der dort in„GomS-ledernen" und„Grüß-Gott-Hosenträgern" herumspazierenden reichsdeutschen Grenzbeamten, die sichdie AuSfratschelung der Besucher und deren nationalistische Verhetzung zum Ziel gesetzt haben. Nobel,wie sie einmal sind, wechsel» sie eine Reichsmark,die bei un» mit 5 bis 6 Kronen gekauft werden kann,mit 13 ldceizchn) Kronen um.Interessant war e» in N e u o f« n, wo wirauf die Frag« nach dem nächsten Gasthaus von einenibiederen Böhmerwäldlcr die Antwort erhielten:„Dort hinten ist ein gemischtsprachige-Hotel. Der Mann ist ein Deutscher und die Fraueine Tschechin. Wenn daS genügt, können Sic hin-gchen."Die wirtschastszerstörend« Wirkung der SdP-Politik kann man daraus ersehen, daß man z. B.in dem netten, kleinen Böhmerwaldstädtchen Friedberg an allen Straßenecken die Aufschrift anbrachte:„Deutsche, kauft nur bei Deutschen!" Daß di« Konseguenz daraus nur die seinkann, daß auch die Tschechen z u T s ch c ch« nl auf Erholung geben,"eht den TdP-Leuten nichtein. Ein dort ansässiger Gast sagte in einem Gespräch zu einer Wirlin, die ihrem Erstaunen Uberdas Ausbleiben der Prager Ausdruck gab, daß ihndies nicht wundere, denn wer hat schon Lust, sich anflegeln zn lassen l Ans ihre Bemerkung:„Ja, e» istdoch bei un» ganz ruhig" antwortete er:„DenkenSie nur daran, was es da in der letzten Zeit gab."Jetzt nocki findet man in diesem Orte die Auslagengewisser Geschäfte, mit Henleinbildern und SdP-Fähnchen geschmückt. Gelungen sind die mannigfachenerzieherischen Aufschriften, die man in der Umgebungvon Friedberg finden kann, z. B.:»Wer sich denBaum als Ziel des Frevels wählt. gewiß nicht zuden Menschen zählt." War soll man aber zu jenenMenschen sagen, die sich sogar den Menschen zunii Ziel ihres Frevels wählen, wie es die SdP in ihrerI rassischen und nationalistischen Hetze tut?Liebreizend ist da» Gebiet von H ohenfurthund Rosenberg. Gäste gibt«S keine. Werhat auch schon Lust, die den Hitlergruß verwendenden Gastwirte zu sehen und offene antistaatliche Arbeit zu beobachten? In der Nähe des HohenfurcherStifts unterhielten sich zwei deutsche Turner in ihrercharakteristischen Tracht. Wovon sprachen sie?„Wirhaben den Auftrag erhalten, raschesten» eine /Reihevon wichtigen Punkten zu photographieren." Fürwen photographiert werden soll, braucht man nichtmehr zu fragen.DaS sind einige kleine Beobachtungen, dieallerdings manche Schlüsse zulasscn, die lauten:Seit der Verkündung der henleinistischenTotalität in de» deutschen Gemeinden wurde derFremdenverkehr erschlagen.Die sudetendeutschen Henleinkaineraden sabotiere» selbst da- eigene Gebiet, denn sie fahrennach Deutschland. 31.000 Sudetendeutsche haltensich in Breslau aus und boykottiere» die»„Kameraden".Deutschland läßt durch seine Grldsperre undAu-reisrschwierigkeitrn dir Reich-deutschen undOesterreicher, die einmal einen großen Teil derBesucher des Böftmerwaldro stellten, nicht über dieGrenze.Die Schuld trägt die-SdP, denn erst.seit GerVolksgemeinschaft haben Haß und namenlose Ber,giftung ihre» Einzug gehalten.Henlein hat gewonnen, das Geschäft aberverloren. ES gibt nur eine Konsequenz aus dieserErscheinung:Die Sudetendeutschen inüffen Henlein samt.'iner SdP verlieren, nm Existenz und Fremden»I verkehr wieder zu gewinnen. rg.