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Dam»tag, 13. August 1038
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politischen Toleranz, nur die Schlichtung des Nachbarstrcites der zcutraleuropäischen Bölter im (Seifte der Gerechtigkeit, der Vernunft und der europäischen Solidarität kann die Kräfte des tvirtschaftlichen Wiederaufbaues freimachen und die Neueingliederung des Kontinent» in eine gesunde, wirtschaftliche Zusammenarbeit ermöglichen. Diese Motive liegen unseren Vorschlägen zugrunde. Wir"bitten Sie, sehr geehrter Herr Minister, sic als Ausdruck unseres guten Willens zu werten und mit Wohlwollen zu prüfen. Im Meritum der Sache legen wir besonderen Wert darauf, jeden Beitrag zu leisten, welcher die praktische Lösung der umstrittenen Probleme erleichtern könnte. Nach den Spielregeln der Demokratie hat auch die schwächere deutsche Partei einen vollen Anspruch darauf, als gleichberechtigter Partner bei dem Werkt der Versöhnung der Völker unseres Landes mitzuwirlen. Di« deutsche sozialdemokratische Delegation stellt sich daher der britischen Mission weiterhin zur loyalen Mitarbeit zur Verfügung und ist bereit, die im beigeschlossenen Memorandum niedergelegten'Vorschläge je nach Bedarf zu konkretisieren und auSzubaucn. Mit besonderer Hochachtung zeichnen Jaks ch, Taub, Rehwald. Prag , 12. August 1038.
Tschechische Pressestimmen „P r ä v o l l b ft": Die westeuropäische Oesfentlichkeit hat ihre Urteilsfähigkeit nicht verloren und vermochte daher die durchsichtigen Tendenzen de- letzten Ansturms des(deutschen ) Propa« gandaapparat» gegen die Tschechoslowakei ablehnen... Deutschland zu Hilfe kam nur die italienische Presse, die annimmt, das; eS an der Zeit ist, die hundertprozentige Verläßlichkeit für di« Achsen« Politik zu beweisen. Wundern wir unS nicht. Eine Pressekampagne gegen die Tschechoslowakei ist ein billiger Beweis der Sympathien für Deutschland , dem man so«insnreden versucht, daß da» deutschitalienische Bündnis unerschütterlich ist und daß Deutschland in jedem Fall auf die Unterstützung Italien » rechnen kann. „tk e s k i slovo": Wir glauben, daß durch die Fälle(dar Ueberfliegen der Grenzen) die reichsdeutschen Flieger auf eine sehr drastische Weis« ihr eigene» Mnisterium, ihren eigenen Rundfunk und ihre eigene Press« kompromittiert werden. Sie bewiese», daß ein Flieger wirklich einmal die Orientierung verlieren und auf fremdes Gebiet fliegen kann. E» ist allerdings möglich, daß alle deutschen Flieger so vollendet sind, Laß ein Orientierungsirrtum bei ihnen unmöglich ist. Tann freilich würden die deutschen Flieger«Noa» weit Wichtigere» kompromittieren al» die Möglichkeiten der Orientierung: Sie würden die deutschen FriedenSabstchten kompromittieren,-weil sie über fremde Grenzen au» offenkundia friedtnSfelndlichest Gründen flogen."' „L i d v v ö I i st v": Mit welchem Stolz hörten wir die entschlossenen Worte eine» Priesters, der sagte, daß, wenn die Tschechoslowakei auch einen Kreuziveg antreten müßte, die Priester e» sein werden. die ihn akS erste antreten toerden, denn eS geht nicht nur um die Freiheit der Tschechoslowakei , sonder» vor allem um daS Kreuz Christi und seine Lehre!
Für die Staatsverteidigung. Der Jubl« läumsfondS der Staatsverteidigung hat gemäß dem Bericht des Arbeitsausschusses am 11. August *180,004.160 KL erreicht. Gegenüber dem Vortag sind weitere 2,604.168 KL hinzugekommen. Tie Zahl der Spender ist um 6210 auf 178.106 Personen angcwachsen.
London . Der diplomatische Mitarbeiter de» „Manchester Guardian" schreibt: Die britische und die französische Regierung erhalten detaillierte Informationen über die militärischen Maßnahme», wie die Einberufung von Reservisten in Deutschland . Hiesige Kreise enthalten sich definitiver Schlußfolgerungen. Es ist tatsächlich sehr zweifelhaft, ob die deutsche Regierung irgendeine definitive Absicht außer der hat, daß sie in sehr kurzer Zeit militärisch vollkommen vvrhereitet sein will. Ihr Recht, alle militärischen Maßnahmen zu treffen, die sie, innerhalb ihrer Grenzen.wünscht, wird hier nicht bestritten. Aber es wird auch darauf verwiesen, daß di« deutsch « Regierung nicht überrascht fein kann, wenn ihre Nachbarn besondere militärische Schutzmaßnahmen für alle Fälle treffen, auch lvcnn diese Fälle vielleicht nicht eintreten. Es liegen hier keine Meldungen vor, die verläßlich darauf Hinweisen würden, daß in Deutschland eine allgemeine Mobilisierung vorbereitet wird oder daß auch nur an eine solch« gedacht foitb; Es ist tatsächlich zweifelhaft, ob Deutschland auch im Falle eine» offenen Konflikte» mit der Tschechoslowakei mobilisieren würde. Die Tschechen, die sich in einer strategisch sehr ungünstigen Stellung befinden und gezwungen sind, ihre Grenzbefestigungen mit der ganzen zur Verfügung stehenden Mannschaft zu besehen, werden genötigt sein, eine Generalmobilisierung durchzuführen, sobald sich eine unmittelbare Gefahr zeigt, mag sie tatsächlich oder nur scheinbar sein, denn sie können kein Risiko eingchen. E» ist unzlpeifelhaft, daß eine gewisse deutsche Gruppe für«inen bewaffneten Angriff eintritt, aber e» liegen keine Beweise dafür vor, daß diese Gruppe die Oberhand gewinnt. Die endgültige Entscheidung wird stet» Hitler treffen und soweit hier bekannt ist, hat er selbst stch nie für kriegerische Methoden ausgesprochen. Gewisse militärische Maßnahmen, die in Deutschland getroffen werden, sind lo wenig ein Geheimnis, daß ein gewisser Grund für den Verdacht besteht, Deutschland wünsche den Eindruck hervorzurufen, daß cs fitr alle» vorbereitet ist, wenn die Forderungen der Sudetendeutschen nicht erfiillt werden sollten und hoffe auf diese Weise nicht nur die Tschechen, sondern auch die West«
Ministerrat Prag. Der Ministerrat hielt am 12. August vormittags seine regelmäßige ArbeitSsihung ab. Nach Durchberatung der laufenden politischen Fragen wurden folgende Beschlüsse gefaßt: E» wurde die Verordnung genehmigt, mit der da» Gesetz vom 28. Juni 1037 Nr. 170 Slg. d. G. u. Vdg. über die Errichtung einer Technischen Hochschule ist Käschau durchgeführt und ein OW« nisatkonrstntüt sowie eine"Rigorosen-, Promotion»« und H/rbilitationSordnung dieser Hochschule erlassen wird. Von internationalen Vereinbarungen wurden daS Abkommen mit Italien über die Zusatzkontigent« für den gegenseitigen Warenaustausch, die Neuregelung des Warenaustausche» mit Ungarn ,«ine Ergänzung zum Handelsvertrag mit A u st r a l i e n und eine Vereinbarung mit D e u t s ch l a n d über die Vereinfachung des Vorgehens bei der Beglaubigung von Urkunden genehmigt. Weiter wurde die Errichtung einer tschechoslowakischen Gesandtschaft für die Republik Kuba in Havanna , eine» Generalkonsulate» in Hongkong und wirklicher
Mächte einzüschüchtern. Eine solch«'Taktik—- tatsächlich angewendet— kann auf die Arbeit der Mission Lord Runciman» keine Wirkung ausüben. Der britisch« Standpunkt zu dem Konflikt bleibt genau<so, wie ihn ikhamberlain im Unterhaus am 23. Mai definierte. Es muß zugegeben werden, daß hier die erneuerten Ausbrüche der Beleidigung der Tschcchoslotvakei in der deutschen Presse den schlechtesten Eindruck Hervorrufen und die» um so mehr, al» hier wohlbekannt ist, daß solche Ausbrüche amtlich inspiriert sind oder daß man ihnen zumindest stillschweigend zustimmt; darum sind alle Beschuldigungen der deutschen Presse gegen die Tschechoslowakei in den letzten Tagen vollkommen gegenstandslos. Ruhige Beurteilung In Paris Pari». An französischen politischen und diplomatischen Stellen werden die Berichte über eine Verstärkung der militärischen Maßnahmen,in Deutschland natürlicherweise sehr aufmerksam verfolgt. Obwohl diese"Berichte zumesst amtlich nicht belegt sind, ist man in Paris doch über die Bedeutung der Manöver informiert, die in Deutschland stattfinden, bzw. stattfinden werden. Deshalb werden die z. B. von MobilisierungSvor« bereitungen u. ähnl. sprechenden Berichte al» übertrieben betrachtet und man stimmt mit dec Art, durch welche die Bedeutung dieser Berichte der« größert oder gar Panik verbreitet werden soll, keineswegs überein.
Italienischer Visumzwang für Franzosen Paris . Das französische Außenministerium teilt mit, daß die italienische Regierung trotz mehrerer Borsprachen, die auf diplomatischem Wege in Rom erfolgt sind, den Beschluß gefaßt habe, für Franzosen, welche Italien besuchen wollen, den Visumzwang einzuführen. Von diese" Pflicht sind nur Teilnehmer von Gesellschaftsreisen befreit, die unter der Patronai^ irgendeine» behördlich anerkannien Reisebüro» nach Italien veranstaltet werden.
Konsulate inSanFranei-ko und Batavia genehmigt. Die Wahl de» Bürgermeisters der Stadt Reichender gq wurde von der Regierung b e st ä t i g t. Für die staatlich« Ernährungsaktion und für die Brotaktion für Arbeitslose wurden die Mittel für eine weitere Periode bewilligt. Der Gesamtkomplex der Anträge auf Ernennung von StaatSangestelltrn zum 1<-Juli 1038- wurde genehmigt, und zwar auf Grundlage der Durchberatung im Komitee der Minister für Personalangelegenheiten. Schließlich wurde die laufende Tagesordnung der BevwaltungS«, Wirtschafts- und Personalangelegenheiten verhandelt.
Verhandlungen mit den Ungarn Prag . Freitag mittag» hat Lord Runcima» eine Delegation der Bereinigten ungarischen Nationalpactei, bestehend aus den Abgeordneten Esterhäzy, Eziillö und Jaroß empfangen und mit ihnen über das Memorandum verhandelt, da» sie ihm vor einiger Zeit vorgelegt hatten.
Der neue VollzugsausschuB der Sozialistischen Partei Spaniens Barcelona. (A>. Esp.) Der neue Boll- »UgSauSschnß der Sozialistischen Partei besteht an» den« Präsidenten Gonzale» Penn, dein Bizepräsi- drnten Alexander Otcro, dem Sekretär Ramm Lamoneda, dem Bizrsckretär Juan Simeon Bi> barte und de« Mitgliedern Jndalecio Priel«, FranceSeo Largo Caballero , Julio Alvarez del Baye usw. Vie Kümpfe am vonnerstag B o r c c l o n a. Ein amtlicher Bericht der Regierung besagt, daß die spanischen Regierungs- truppen an der Ostfront bei Piedra» Deaolo zwei Angriffe der Franco-Truppen zurückgeschlagen haben. Rach einen: Angriff der Francotruppen aus die republikanischen Stellungen am rechten User dcü Segre mußten die Regierungstruppen etwa» zurückgehen. Auch bei Guadalaviar haben die republikanischen Truppen neue Stellungen bezogen. An der Estremadura -Front sind heftige Kämpfe tm Gange, wobei die Regierungstruppen den Angriffen de» Gegner» zähen Widerstand leisten und diesem große Berlnste zufügen.
Vie deutschen Bischöfe uneinig Wiener katholische Kreise wollen wissen, daß die Bischofskonferenz in Fulda am 16. August stattfinden wird. Der Termin der Konferenz wurde einige Male verschoben, weil man immer auf eine Einigung zwischen den österreichischen und deutschen Bischöfen hasste. Diese Einigung ist nicht zustandege- kommen. Die österreichischen Bischöfe nehmen daher an der Bischofskonferenz in Fulda , zu der sie nicht eingeladcn wurden, nicht teil. Die österreichischen Bischöfe werden eine eigene Konferenz in Salzburg abhalten, die wahrscheinlich erst im Scpteinber stattfinden wird. Der Bischof-Ion- ferenz in Fulda sieht man mit großem Interesse entgegen. ES verlautet nämlich, daß dort eine Kundgebung des Papstes erfolgen wird, die möglicherweise entscheidend sein wird für das weitere Verhalten der katholischen Kirche gegenüber dem Nationalsozialismus und dem Dritten Reich ..
englischer Pessimismus wegen Palästina London.(Reuter.) Der britische Kolonialminister NiacDonald sprach Donnerstag abend» im Rundfunk über die Eindrücke seines Palästina- Besuche», wobei er u. a. erklärte, der Hohe Kommissar und per britische Psilitärgouvernenr in Palästina ständen vor-einer so schwierigen Ausgabe, wie sie der brittschen Regierung seit dem Weltkrieg in keinem Lande begegnet sei. Die britische Regie- rung, so fuhr MaeDonald fort, entledige sich ihr« Aufgabe auf der Grundlage der Gerechtigkeit gegenüber den Juden, die hier ihre nationale Heimstätte errichten, wie auch gegenüber den Arabern, deren Rechte in ihrem Vaterland unbestreitbar seien/ Dec Minister fügte hinzu, daß die Arbeiten der technischen Kommission, welche die Teilung des Landes vorbereite, noch einige Wochen dauern dürsten, obwohl alles getan lvurdc, um sie möglichst bald zu beendigen. Auch das Bestreben der britischen Behörden, die Ordnung tm Lande wieder herzustellen, werde nicht so bald durchsiihr- barsein.•.
44. I Zwischen| Mann und Kind Roman von Lill Körber H
Es dauerte Tage, bis Frau Vlasak begriffen hatte, was geschehen war. Die Gräfin besuchte sie, weinte mit ihr zusammen, versicherte immer wieder, sie hätte dem Buben wohl Borwürfe gemacht wegen seiner Nachlässigkeit, aber beileibe nicht mit Kündigung gedroht, sie sei so zufrieden mit ihm gewesen, Sie zahlte auch einen Teil de» Leichenbegängnisses. Eine gerichtliche Untersuchung wurde natürlich nicht vorgenommen, da sich drc Sache im Schloß abgespielt hatte. Zwei— drei« mal am Tage ging Emilie auf den Friedhof, dort, kam sie etwas zu sich, konnte weinen und beten." Und dann schrieb sie Martha einen Brief. Martha fuhr früh hinaus, am Abend wollte sie zurück sein. Die Kinder. Und. sie hatte Besuch» die Schwester. Das sagte sie Emilie nicht, denn sonst hätte Emilie verlangt, daß auch Stanzt Bin« auskäme, und das hätte diese nie und rrjmmer getan. Sie saß in Blasak» Küche, Ernst machte die gute Stube zurecht, nein, nein, sie müsse, müsse wenigsten» zwei Tage bleiben, die Kinder seien doch nicht mehr so klein, die Kinder, ach, nun hätte sie kein Kind mehr... Neuerdings brach Emilie in Schluchzen aus, Martha stützte sie und e» war der armen Mutter doch ein Trost, daß sie sich nicht ganz allein fühlte' und auch, daß die Jellinek, die Resch und all die anderen, die zu Besuch kamen, sehen konnten» wie sie an der Schulter dieser Dame, der Witwe de» berühmte» Musiker», weinte. Nächsten Morgen.war Sonntag, der wie all«.
wöchentlich den alten Rosenblatt nach Leopold»; darf brachte. Wenn alle auSblieben, der vergaß einen nicht. Nun in. auch der arme Rateniud mußte leben. Letzten Sonntag war der Bub noch dagewesen, sie hätte die fünfzig Groschen für seine Schuhe hergegeben und der Alte scherzte noch: „Aber Frau Blasal, schauen Sie, geben Sie mir doch mal einen Schilling, wegen fünfzig Groschen lassen Sie mich au» Wien kommen.* Frau Blasak erzählte da» Martha, trocknete sich plötzlich die Augen und sagte energisch: „Weißt du, liebe Martha vielleicht wird dich die Jellinek draußen abfangen, wenn du aus den Abort gehst oder so, und dir erzähley, daß sie nicht bei Rosenblatt auf Raten kauft, sondern in den Geschäften in Wien , alle» Lug und Trug, eine Lügnerin ist sie und deswegen glaubt sie auch, daß andere äusschneiden. Als ich erzählt habe, wen unsere Stanzi geheiratet hat, da hat sie gesagt... Jetzt ist sie ja nett zu mir, wie da» mit meinem armen Buben g'schphn ist... Ach Gott, ach Gott, ach Gott ...* Emilies Tränen flössen von neuem und wiederum mußte Frau Marthe sie trösten und ablenken. Und dann kam Herr Rosenblatt, alt, krummbeinig, graumeliertes Haar an den Schläfen. Er trug einen schwarzen, von Zeit und Flecken bräunlich schimmernden Rock, aber er sah au» ,al» trüge er einen Kaftan. Vielleicht machte e» die Sprache, er stammte au» Galizien , war im Kriege zugereist, au» Furcht vor den' Kosaken , und wenn ein Jud sich auch überall eingewähnt, gehört er doch nirgends ganz hin, so hing sein, de» alten Rosenblatts Herz, doch an jenem Ort, wo er jung gewesen war, an d.em Gut Sträkowiee und ihrer HerriNi der jungen schönen Gräfin.. „Eine andere Gräfin als eure Baronin"- sagt» er höhnisch.„Ich.habe sie gesehen. Gesehen habe ich st». Wie ein dünne», gerupfte» Huhn unk'ohne Air, Ein Air da» ist, wie eine anfiritt. -Ist da» eine Baronin—pahl Daß ich nicht lgch'l"
Jetzt waren die LeopoldSdorfer beleidigt. „Na, tun Sie sich nix an, Rosenblatt. Auch die unsrige ist«in ganz ein fescher Kerl." „Pahl Da» heißt bei euch ein fescher Kerl? Bei mir heißt daS nix. Ueberhaupt nix. Ich schaue nicht einmal hin. Schade, um meine Augen. Da sehe ich mir lieber meine Erinnerung an, in mir drin, die Erinnerung an meine Gräfin. -." Und wieder begann er zu erzählen» nichts lieber al» das, er hätte einen Autobus nach dem anderen versäumt, wenn man ihn nicht direkt hinauSge- dräpgt hätte ,.. Jetzt kam er mit betrübten, mitleidigen Augen herein. Man hatte ihm schon Bescheid ge- sagt, er wunderte sich nicht darüber. Wenn man die Mutter einer Baronin ist, die s o auSsieht — so einer Frau kann man alles zutrauen. Die Gräfin von Sträkowiee hat anders auSgeschaut. Und die Schuhe de» Jungen warep nicht bezahlt. Frau Emilie weißt« stärker, al» Rosenblatt hereintrat, denn er erinnerte sie an den Buben und an die Skaten, die sie vergeblich bezahlt hatten Und sie meinte:„Sie wissen schon, Herr Rosenblatt? Sie kommen um die Schuhe, gelt, Sie nehmen sie zurück. Da stehen sie in der Ecke, nur einmal getragen, und warten auf Sie. Mein armer, schöner B»chs Und da» Geld, dar ich Ihnen schon gegeben habe, neun Schilling fünfzig Groschen, da» schreiben Sie mir gut für eine Hose, schwarzgestreift, da» Maß von meinem Mann haben Sie ja..." „Sie unglückliche Mutter," sagte Herr Rosenblatt,„ich kondoliere von ganzem Herren. Niemand kann besser kondolieren wie ich, denn auch ich habe ein geliebte» Kind verloren, mein Jüngster ist aus dem Judentum ausgetreten einer roten konfessionslosen Goite zu lieb, die ibn gezwungen hat, sie zu heiraten. Ich weiß, wie da» tut,-Frau Blasak. Aber die Schuhe kann ich nicht zurücknehmen: al» wären sie neu, die Schuhe kann ich nur zurücknehmen wie alte und demnach erlasse ich Ihnen, Werl Sie'S find,-Frau vlasak und au»
Mitgefühl mit einer treuen Kundschaft, die weiteren. Raten, und für. die Hose mache ich einen killigen Preis uird Sie zahlen frische Keine Raten." „DaS habe ich nicht von Ihnen erwariel, Herr Rosenblatt, daß Sie sich so benehmen. Ach bin eine Stammkunde von Ihnen, und wenn ich auch alles bar zahlen könnte in einem Geschäft in Wien wie die Jellinek Ihnen erzählt, daß sie «S kann, so bleibe ich bei Ihnen, damit Sic wat verdienen, und jetzt wollen Sie mir nicht einmal die Schuhe wie neue zurücknehmen, wo mein armer Bu»u»ub u«mgeko-o«mmen ist.. „Also, Frau Vlasak, weinen Sie nicht so, wir werden alle einmal sterben, und bei den heutigen Verhältnissen ist es kein Vergnügen zu leben, auch für die Jugend nicht. Was haben junge Leute heute für eine Zukunft? rin gar nix haben sie. Und dämit Sie sehen, Frau Blasak, daß ich" Ihnen entgegenkomme, geben Sie mir die Schuhe, und'einen Schilling rechne ich Ihnen für die Hose gut.". „Schauen Sie, Herr Rosenblatt, das hier ist mein Zögling, Frau Martha Wiesinger. Sie ist gestern aus Wien gekommen, um mich zu trösten. Ihr Mann war ein weltberühmter Kapellmeister. Was wird mein Zögling Frau Die« finger von Ihnen denken, Herr Rosenblatt, wenn Sie. sich so gegen eine arme Mutter benehme»?' Rosenblatt verbeugte sich linkisch gegen Martha. „Gnädige Frau. es ist mir eine Ehre. Eine große Ehre. U»w es freut mich besonders, daß die gnädige Frau aus Wien ist, da kann die Gnädige Ihnen erzählen, Frau Blasak, was die Sachen kosten. Ist das viel, gnädige Frau, zwanzig Schilling, für ein Paar Schuhe auf Raten aus bestem Leder und die größte Nummer, weil unser seift ger Bub so große Füße hatte?" Frau Blasak schluchzte wieder auf. „Also geben Sie wenigstens zwei Schillinge für die Schuhe,.Sie hartherziger Mensch,' sagte sie.'" sFortsetzung folgt.),.