Seite 2 Sonntag, 14. August 1638 Nr. 190 Immer mehr Sprengelbürgerschulen Rascher Fortgang des Reformwerkes Prag . Das Beseh über die Sprengelbürger» schulen wird in zwei Etappen durchgesuhrt werden. In der ersten Etappe werden die bisher errichteten in Sprengelbürgerschulen umgewandelt, für die großen Bezirke, die sogenannten Sprengel, festgesetzt werden, und in der zweiten Etappe, die nach der Durchführung der ersten Etappe beginnen wird, werden neue Sprengelbürgerschulen errichtet werden. DaS angeführte Besetz ermöglicht die Errichtung und Erhaltung dieser Bürgerschulen dadurch, daß es den sachlichen Aufwand für diese Schulen an Stelle des bisherigen einzigen Faktors(Gemeinde) auf drei Faktoren aufteilt: Gemeinde, Bezirk und Land. Durch die Durchführung beider Etappen wird das Netz der Bürgerschulen so verdichtet, daß womöglich allen schulfplichtigen Kindern Gelegenheit gegeben wird eine Bürgerschule zu besuchen und so die höhere Bildung dieser Schule zu erwerben. Die Durchführung der ersten Etappe ist schon wesentlich fortgeschritten, denn durch daö Ministerium für Schulwesen und Volksaufklärung im Einvernehmen mit dem Finanzministerium wurden in der ganzen Repu blik 1176 Bürgerschulen in Sprengelschulen umgewandelt. Bemerkt wird, daß von den angeführten Schulen 848(Lv Prozent) Bürgerschulen mit deutscher Unterrichtssprache sind. Man kann sagen, daß die erste Etappe zu drei Viertel durchgeführt ist. Die Regelung des Sprengels der 1176 Bürgerschulen wurde nach einer gründlichen Ermittlung im ganzen glatt bewerkstelligt. Die gegen die Festsetzung der Bezirke vorgebrachten Einwände sind der Zahl nach geringfügig, wenn man den Umfang der ganzen Aktion in Betracht zieht. In den neugebildeten Spprengeln werden Sprengel« Schulräte errichtet, deren erste Aufgabe eS sein wird, das Schulbudget aufzustellen, damit der Sprengel für seine Schulwirtschaft beizeiten die notwendigen Mittel nicht nur von den eingeschulten Gemeinden, sondern auch von Bezirk und Land erhält. DaS Land Böhmen hat einstweilen den Sprengel», die das Budget für die Sprengelschulen vorgelegt haben, den dritten Teil der auf das Land entfallenen Beträge vorgeschoffen. zeugen, daß häufiger, als es der Geschmack und die Wahrheitsliebe eines britischen Gentleman» verträgt, mit Unwahrheiten operiert wird. Wir sind auch darin einig, daß die Nachgiebigkeit Englands und die Nachgiebigkeit der Sudetendeutschen Partei in einem indirekten Verhältnis stehen— mit anderen Worten, daß ein klarer Spruch Groß britanniens bei uns vortreffliche Verständigung»« ouellen erschließen würde. Wir sagten uns aber auch, daß wir dem hervorragenden Beobachter und Ratgeber, der unter uns weilt, nicht nur zur Achtung und Höflichkeit verpflichtet sind, sondern auch zur Hilfe— er darf von uns nicht ohne Erfolg gehen. Spricht man aber von Zugeständnissen oder einem Kompromiß, bedeutet das in diesem Falle zwei verschiedene Dinge. Tie Sudetendeutsche Partei soll von etwas nachlassen, was nicht ist, was erst verlangt wird. Wir— ich spreche jetzt als Tscheche— sollen von etwas nachlassen, was eine Realität ist: eine rechtliche, administrative, legislative, wirtschaftliche. Wir sind dazu bereit. Et wäre sicherlich das beste, wenn wir klar sagten, waS wir sofort geben und worüber wir überhaupt nickt debattieren können. ES Ist keine Zeit fürs Feilschen. Ich glaube, daß aus dem Problem Motive, die vorwiegend Presligecharalter haben, anSge« schaltet werden müssen. Beide Seiten geben bisher viel auf reine Sprachendinge. Sollen wir darüber streiten, vb die Voraussetzung für die Zwei« sprackigkeit beim Gerichts» und Amtsverfahren 16 Prozent oder 14.8 Prozent Bevölkerung anderer Zunge in dem betreffenden Sprengel sein soll? Hier, glaube ich, könnten die Angehörigen meiner eigenen Nation nachgeben. Es hätte großen propagandistischen Wert, wenn die Welt erfahren würde, daß alle Sprachen in unserer Republik einander gleichgestellt sind; das würde die Welt lveit eher verstehen als den Streit um Prozente. Die Verpflichtung wäre allerdings— beiderseitig — ein geschlossenes deutsches Gebiet gibt es nicht und wird es nicht geben. Aber die anderen Nationen würden dabei gewinnen, und das gerade in einer Prestigefrage, für welche die Nationalisten zu jeder Zeit sehr empfindlich sind. Ich habe Sachverständige befragt, wie diese Sacke bei uns administrativ aussehen würde. Ick wurde belehrt, daß dies jedes Amtsverfahren komplizieren, jedes Verfahren bei den Gerichten verlängern würde ufw. Aber vielleicht ließe sich Abhilfe sckafsen durch Delegierung der Stritte an andere(alles in allem stets unweit gelegene) Gerichte, die ohnedies zweisprachig sind, in anderen Fällen durch einen geeigneten ilebersetzer, durch eine Mischung der Beamtenschaft und durch irgendein Ueber- sebnngsbüro für größere Landesteile. Jeder Bürger sollte, meiner Ansicht nach, in der Sprache bedient werden, die er spricht; vielleicht würde er tueniger Gewicht darauf legen, wenn diese Frage überhaupt einmal aufhören würde, ein Problem zu sein. Ich habe eifrig unter den Tschechen sondiert, wie sie sich zu solch einer Regelung im Sprachensektor stellen würden und war überrascht von dem Maß ihrer Z u st i m m u n g. Fast übereinstimmend sagen sie, daß die komplizierteste Administrative Immer noch einfacher ist als die einfachste Mobilisierung. Wahrlich, dieses Volk hat mehr Verstand als Glückt Ein Stückchen Erfolg könnte solch eine Lösung der Sprachenfrage wirklich werden— wenn die internationale Situation günstig sein wird(darüber siehe oben). Ich war(mit Professor Rädl) für diese Lösung schon vor zwanzig Jahren. Die Auffassung, die ich hier zum Ausdruck gebracht habe, ist nicht das Resultat eines Trucks von außen. Dagegen aber wird es gut sein, sowohl die Anhänger der SdP als auch die internationale Oeffentlichkeit in keinem Zweifel darüber zu lassen, daß sie in entscheidenden Lebensfragen des Staates vom tschechischen Volke keine Nachgiebigkeit zu erwarten haben. Es geht dabei nicht nur um unsere Freiheiten, sondern um die Freiheit allerBürger unserer Republik . Auch die deutschen Demokraten wissen so gut wie Ivir, was eine Lösung im Sinne der nationalsozialistischen Totalität für den inneren und äußeren Frieden bedeuten würde. In der Abwehr der nationalistischen Totalitätsan« s prüche vertreten wir gemeinsam die Sache der europäischen Demo- k r a t I e n. Der Kampf, den wir hier führen, ist durch« aus gemeinsam. Wir alle wollen, daß der Begriff der Minderheit in dieser Republik auSge« löscht werde und der Begriff gleichberechtigter Bürger bleibe. Wenn ich dieses Problem vom listorischen und staatsrechtlichen Gesichtspunkt aus betrachte, bestärkt sich meine Ansicht, daß gerade bei uns ein Prozeß sich entwickelt, deffen Bedeutung der kommenden Generation weit klarer sein wird, als wir ihn sehen. Gerade die Staaten, die am lautesten nach dem Schutz ihrer nationalen Minderheiten in anderen Staaten rufen, behandeln ihre eigenen Minderheiten weder taktvoll noch gereckt. Ich weiß, daß es schrecklich paradox klingt, was ich jetzt sagen werde, aber ich fürchte nicht, eS auszusprechen: das Prinzip des Nationalstaates hat sich überlebt. Es hat sich sogar in Deutschland selbst überlebt: Deutschland ist und wird kein reiner Nationalstaat sein. Die Entfesselung der Minderheitenproblems wird einmal Deutschland , Italien , Polen und alle diejenigen, die uns auf die Anklagebank versetzt haben, schwer treffen. Ihre Minderheiten werden nicht Immer so passiv und verschüchtert sein wie heute. Gleichzeitig müssen wir aber auch gut darauf achten, wieviel Unaufrichtigkeit in diesem Ruf nach Gleichberechtigung der deutschen Minderheiten und ihrem Recht liegt, sich zur»deutschen Weltanschauung" zu bekennen. Viel zu deutlich zeichnen sich dahinter die imperialistisch e n Z i e l e ab, und die Welt wird einmal gut darauf achten, warum die deutschen Minderheiten in Italien italiani« siertwerdendürfen, warumdaSJn« teresse für die deutschen Minderheiten so ungleich ist! Sicherlich sollen die Bürger aller Nationen in einem anständigen Staat vollkommen gleiche Rechte haben; acker nicht dasRechtdazu, mitErlaubnir des Staates an der Zerschlagung des Staates zu arbeiten. Der Imperialismus spielt mit den Minder« Heiken kein ehrliches Spiel. Nicht einmal der nationalistischeste aller Staaten, nämlich das Dritte Reich, will sich seiner slawischen Minder« Helten entledigen, um national ganz rein zu sein. Nationale Reinheit ist ebenso ein Vorwand, wie es das religiöse Bekenntnis zur Zeit des dreißigjährigen Krieges war; damals kochten die Großmächte das Süppchen ihrer Machtintereffen am Feuer des religiösen Hasses. Und ebenso wie damals Europa den Schrecken der Religionskriege nur durch die Befreiung vom religiösen Fanatismus entging, das heißt durch die Toleranz, so müssen auch wirauSdenFängenderna- ti analen Leidenschaften herau»- kommen. Sinn und Zweck des Staates ist es nicht mehr, national»rein" zu fein, damit sich ddrt ein Volk erhüben fühlt über die anderen »niedrigeren", sondern Sinn des Staates ist' eine gute Verwaltung, eine gesunde Wirtschaft, eine menschliche und soziale Politik, ist gesunde» Wohnen und Freude nach außen und innen. So wie auch Masaryk sagt: Der Sinn des Staates ist ein moralischer. Ein moralsscher und nicht ein nationaler. Je nationaler er ist, desto mehr Men» schen wirst er als»Volksverräter" der übrigen Welt an den Hals. So werden wir in Masaryk » Geist den Sinn unseres Staates definieren. Ich bin sicher, daß wir ohne Katastrophe aus dieser Krise hervorgehen werden und für dieses Ziel, Herr Kollege und Freund, werden wir unsere Kräfte vereinigen. Ihr ergebener Mg. Prof. I. B. K o z ck k. englische Exkursion In der Ischechoslowekd Freitag, den 18. August, tvaf in Prag eine Svgliedrige Exkursion au » England ein, ter hauptsächlich Mitglieder der Labour Party angehören, welche die Nationalitäten- und die sozialen Verhältnisse in der Tschechoslowakei au» eigener Anschauung kennen lernen wollen. Eie besuchten daher auch deutsche Bezirke und Orte, wie Karlsbad , Rothau , GvaSlitz, wo sie überall Gelegenheit hatten, mit der deutschen Bevölkerung aller polifischen Parteien zu sprechen. In Prag besuchen die englischen Gäste auch da» Masaryk « Heim in Krä, worauf sie sich zum Zwecke ter Studium» der Sozialeinrtchtungm in großen Industriebetrieben nach Brünn , Zlin und Proßnih begeben. ein konstruktives Element Offenbar ist e» nicht da» Recht der tschechoslowakischen Regierung, zu entscheiden, mit wem sie verhandeln will, und nicht das Recht Lord Runeiman», zu empfangen, wen er will, sondern WaS sich da gehört, da» bestimmt Berlin , und handelt man in Prag ander», al» man in Berlin wünscht, dann gibt eS zumindest schlechte Zensuren. Die Deutsche diplomatische Korrespondenz entrüstet sich darüber, daß Lord Runeiman dm Abg. Iaksch empfing, den Führer„der vom sudeten deutschen Volke auf» schärfste abgelehnten marxi stischen Splitterpartei". Niemanden könne eS wundern, wenn da» innerhalb der sudetendeutschen Bevölkerung Mißtrauen und Verstimmung hervorgerufen habe.— Wie alle journalistischen Aktio- nen de» Dritten Reiche» in den letzten Wochen gründlich versagten, so auch diese. In Bersin hat man, so scheint e», so sehr vergessen, daß er ander»wo und gerade in den Staaten, auf die e» jetzt ankommt, noch demokratische Grundsätze gibt, daß man gar nicht begreift, daß die Wut über dm demokratischen Spielregeln durchaus entsprechenden Verkehr auch mit einer Minderheit, in diesem Falle der Minderheit innerhalb einer Minderheit, befremdet, nicht verstanden wird, ja wirklich mißtrauisch macht. Die„Time 8" sind kein deutschfeindliches, sind viel eher ein hitlerfreundlichel Blatt, und gerade die»Time»" sahen sich ange- sichtS der„Aufregung" über den Empfang der deutschen Sozialdemokraten durch Lord Runeiman zu einer bemerkenswerten Feststellung genötigt: „In Wirklichkeit ist da» Verhältnis der beiden Parteien 88:11 und die deutsche Sozialdemokratie muß noch immer al» ein konstruktive» Element im tschechoslowakischen Nationalitätenproblem angesehen werden." Wir dürfen auf Grund unserer Kennwi» der SdP sogar sagen: da» einzige konstruktive Moment auf sudetendeutscher Seite! Besorgnis um Hllnka Der Gesundheitszustand des Vorsitzenden der Slowakischen Volkspartei Andres Hlinka hat sich plötzlich stark verschlechtert. Er wurde eine beiderseitige Lungenentzündung festgestellt. Sein Zustand gibt zu den größten Besorgnissen Anlaß. Der Präsident der Republik empfing am 18. August d. I. den Minister für AySwärtige Angelegenheiten Dr. Kamil Krofta , weiter» den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Berlin Dr. Bojtiich Mastnh, hierauf Lird Allen of Hurtwood au» London und schließ« sich den französischen Deputierten Robert de Grandmaison. Nachmittag» fuhr der Präsident der Republik nach Sezimovo llsti. j Zwischen| Mann und Kind Roman von Uli Körber■ „Nur weil Sie'» sind, Frau Vlasak." nickte Rosenblatt,„und gestatten Sie die Schuhe. Ja, gnädige Frau", wandte er sich an Martha,„auch ick habe bessere Zeiten gesehen, als hier zu hausieren. Vielleicht, die Dame ist so gebildet, haben Sie in der Zeitung von der Gräfin von Strako- wire gelesen?" „Nein, sie hat nicht gelesen, Herr Rosenblatt, wo denken Sie hi»I" sagte Emilie.„DaS war vor dem Kriege, da Ivar ich im Hause. Ich habe sie nicht so erzogen, daß sie Zeitungen liest, WaS sich für ein junges Mädchen nicht schickt wegen der unanständigen Sachen im GerichtSsaal." „Na ja," sagte Rosenblatt,„es gibt in den Zeitungen auch unanständige Sachen, aber über die Gräfin von Strakowiee hätte es sich gelohnt zu lesen. Waren gnädige Frau schon in Galizien ? ES ist dort gar nicht so schlimm, wie die Leute in Wien denken." „Also erzählen Sie schon, Rosenblatt," sagte Emilie.„Frau Wiesinger wird das interessieren. Hier hat man so wenig gebildete Gespräche." Sie tupfte sich die Augen. Rosenblatt erzählte: „Strakowiee hieß Strakolviee nach dem Grafen Strakowsty, das Ivar ihr Baier und er hatte ihr den ganzen Besitz als HeiratSgut gegeben. Pahl WaS war da» für ein Besitz! Wenn ick hier so sehe dieses Wäldchen hier, diesen Park - s- ist da» Überhaupt ein Park? Und diese» HauS, wie ein Gefängnis, wo eure Gräfin— ist das überhaupt eine Gräfin? wohnt. Bei un» stand das Schloß, zweistöckig, direkt an der Chaussee, mit großen Fenstern, die blitzten in der Sonne Ivie Spiegel, dann die Balkons, die gedeckte Veranda. Und zwischen dem Rasen die Straße, immer höher hinauf, verschwand dann hinter dem Haus, wo sie in die breite Einfahrt mündete. Fünf Sandsteinstufen, weiß wie Schnee, führten in die große Halle mit dem riesigen Ofen und den Iagdtrophäen an den Wänden: Waffen, Hirschgeweihen und auSgeswpften Tieren, und drüben die Berandatür mußte im Sommer stets geschlossen bleiben— der Duft aus dem Rosengarten war so stark, daß die Gräfin Kopffchmer» zen bekam. Solche Blumen hat e» in der ganzen Welt nicht gegeben, groß wie meine beiden Fäuste zusammen, waS die für einen Honig gaben! Schade, wirklich schade!" „Warum schade, Herr Rosenblatt?" fragte Martha, wie alle an dieser Stelle. Zufrieden, daß sie gut aufgepaßt hatte, fuhr Rosenblatt fort: „So ist da» Leben, heute hat man ein Gut und morgen hat- man gar nicht». Aus ist. Man steht als Bettler da." „Hat denn die junge Gräfin das Gut verloren?" fragte Frau Martha. Rosenblatt nickte wieder. Auch diese Frage war in Ordnung. „Ich weiß eS noch wie heute," sagte er und wischte sich mit dem Aermel die tränenden Augen. „Sie läßt mich rufen. Ich komme herein, zu ihr in» Zimmer. Da sitzt sie in einem duftigen rosa Schlafrock und rosa AtlaSschuhen auf ihrem Sofa — das Sofa und die Wände sind mit hellblauer Seide überzogen, auf dem Teppich und auf den Möbeln liegen Angorafelle. Ich komme also herein, bleibe an der Tür stehen— da winkt sie mich heran mit der Hand— an jedem Finger trägt sie mehrere Ringe und um da» Handgelenk Goldspangen. Und wie ich nähertrete, schaut sie mich an, schaut mich an und sagt: „Rosenblatt,".sagt sie,„ich brauche Geld." „Wer braucht kein Geld, Pani," sagte ich, „seder braucht Geld, aber woher nehmen?" „Rosenblatt," sagt sie und schaut mich an und die Augen sind ganz schwarz,„ich brauche Geld, sage ich." „Was heißt Geld?" sage ich.„Woher soll ein armer Iud ein, zwei, drei' und Geld nehmen?" „Rosenblatt," sagt sie,„Ich muß nach Pari» fahren," sagt sie.„Nimm dir das Weizenfeld hinter der Mühle. Du weißt, wieviel Heftar das Feld hat und waS öS wert ist." „Wieviel e» wert ist?" sage ich.„Der Wert ist verschieden, je nachdem. Der Weizen ist noch nicht hereingebracht. Der Herrgott, gepriesen sei sein Name, weiß allein, waS mit dem Welzen noch alle» geschehen kann. Vielleicht kommt eine Heuschreckenplage. Vielleicht wird da» Getreide vom Hagel vernichtet? Goll ich den vollen Preis zahlen? Wer wird mir für den Verlust aufkommen?"' „Also, wa» bietest du?" fragt sie,„ton* bietest du, Rosenblatt?" Und schaüt mich an, daß sich mir da» Herz im Leibe umdreht. Aber was soll ich tun? ES kann doch wirklich ein Hagelwetter kommen und ich muh da» Feld einem Bauern verpachten, Gott weiß, ob er mir den Pachtzins nicht schuldig bleibt. Risiko habe ich und Schererei und bar soll gezahlt werdend Alles muß man bedenken. Doch wie ich ihr den Preis sage, handelt sie nicht. „Gut, ich bin einverstanden," sagt sie,„aber schnell da» Geld auf den Tisch. Ich will noch heute reisen." „Nun, und WaS sagte der junge Graf dazu?" fragte Frau Vlasak. „Der Graf? War sollte er sagen? Die Hände schlug er zusammen, mehr konnte er nicht tun,, weil da» Gut ihr gehörte..Galina", sagte er,„für ein paar armselige Groschen willst du ein Stück deines angestammten Gutes verschleudern-... höre auf mich, mein Engel, warte noch zwei Wochen, bi» die Ernte eingebracht und verkauft ist, ich werde selbst mit dir nach Pari» fahren, alle» werde ich für dich tun, was dein Herz begehrt, bringe dich nicht um dein Vermög«»." Und weinte. Und sie sagte— reichte ihm die Hand und sagte: „Henryk," sagte sie,„du bist gut zu mir, aber da» verstehst du nicht."„Mit meinen eigenen Ohren habe ich das gehört." Henryk", sagte sie „sorge dafür, daß die Pferde eingespannt weiden." So sagte sie. Er hat die Arme auSgestreckt wie ein Bettler. „Haltna, um Gotte» Willen, jetzt mitten in der Ernte, da tvir die Pferde brauchen! tzalina, hab' doch Einsehen, die Arbeiter beklagen sich wegen der Kost und wir müssen ihnen den Lohn schukig bleiben." „Eben deswegen muß ich verkaufen," sagte sie und wandte sich an mich:„Kannst du mir Pferde verschaffen, Rosenblatt?" fragte sie. „Pferde verschaffen?" habe ich geantwortet, „Pferde verschaffen in der Erntezeit, da» ist eine teure Sache, Pani." „So nimm dir noch das Wäldchen hinter dem Feld," sagte sie. „Unglaublich", seufzte Frau Vlasak.„Zu wa» hatte sie eS so eilig, nach Pari» zu kommen?" „Wegen der Mode und dann langweilte sie sich. Wa»! MS Mädchen war sie jede» Jahr mit den Eltern nach Warschau zum Rennen gefechren! Angetan wie eine Königin. Und schön! Alle» hat von ihr gesprochen! In der Zeitung hat man über sie geschrieben! Na, und dann die Pferde! Pferde waren ihre Leidenschaft! Und dann— nicht» dergleichen. Mußte auf dem Gute mit ihrem Monn sitzen, der von früh bis spät beschäftigt war— und fertig. Sitzt, liest Romane, träumt— da wird einem die Zeit lang. Wie ein Bogel im Käsig war sie. Und waS man ihr auch sagte— sie schaute an einem vorbei, hörte kaum zu.„Ich will weg", sagte sie,„Ich muß weg," sagte sie. Was sollte man denn machen? Das ist schon so ein Gesetz, wer einst im Bollen gestanden ist, der trägt da» ganze Leben die Sehnsucht mit sich, und wem es gut geht auf dieser Welt, der macht sich'S schwer. ,(Fortsetzung folgt).
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18 (14.8.1938) 190
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