Leite 2 Dienstag, 16. August 1938 Nr. 191 Tschechoslowakei klar macht, daß sie mit Deutsch land in ein gutes Verhältnis kommen kann, wenn sie ihre außenpolitischen Freundschaften kündigt, wenn sie Forderiingc» der SdP, die Forderungen Berlins sind, erfüllt? Die Gelegenheit, auf diese Art mit Deutschland in ein gang neues Verhältnis zu kommen, ist wirklich einzigartig. Aber was bliebe dann von der Souveränität der Tschecho slowakei noch übrig? Nickt einmal der Grund« 'ckarakter eine- demokratischen Staates, da ja Erfüllung der SdP-Fordcruugcn die Demokratie aufhebcn würde! Bon außenpolitischer Bewegungsfreiheit gar nicht zu reden. Deutlich genug haben die veranttvortlichen Staatsmänner der Tschechoslowakei zu verstehen gegeben, mehr als einmal, daß die Republik an ihren außenpolitischen Jrenndschasten unbedingt festhalten wird. Wie könnte in dieser Haltung eine Aenderung eintreten nach einer Bewährung der Bündnistreue, der die Tschechoslowakei am 21. Mai so viel zu verdanken hat! Könnte überhaupt ein tschcchoslotvakischcr Politiker, der nicht die Selbstaufgabe des Staates will, der von Berlin gewünschten Aenderung der Außenpolitik zustimmen? Ist nun aber nach all dem, was auf außenpolitischem Gebiete geschehen ist, damit zu rechnen, daß Berlin es einfach zur Kenntnis nehmen wird, daß die Tschechoslowakei an ihrer außenpolitischen Linie festhält? Berlin wird nicht einfach zur Kenntnis nehmen! ES wird weiterhin versuchen, das zu erreichen, was Dr. Kirchner so zart umschrieben hat alS ein neues bedeutungsvolles Verhältnis. Es wird tveiterhin versuchen, durch die SdP im Innern der Tsckeschoslowakei in dieser Richtung zu wirken, es wird aber auch nicht unterlassen, außenpolitischen Druck anzuwenden. Wirkt dieser Druck nicht ununterbrochen? Ist die Einberufung von eineinviertel Millionen Soldaten zu Manö- vern kein solcher Druck? Zumindest wird gezeigt, wie bereit Deutschlands Militärmacht ist. Ist aber eine so große HeereSmacht manöverbereit, so ist sie auch sofort einsatzbereit. Das soll wohl angedeutet werden. ES soll der tschechoslowakischen Regierung, er soll Lord Runciman, es soll London und Paris angedeutet werden. Und wenn gar nichts geschieht, wenn nur eineinviertel Millionen Wochen hindurch manövrieren, so ist zumindest eines erreicht: die Welt ist in Unruhe gehalten worden. Der Welt wird vordemonstriert, daß eS so lange keine Ruhe geben wird, so lange Deutsch lands Wünsche nicht erfüllt sind. Und da diese Wünsche, da des Dritten Reiches außenpolitische Ziele niemand wirklich kennt, muß die Beunruhigung um so größer sein. Wir nehmen an, daß eS im Dritten Reich nicht nur Ba bangue-Spieler gibt unter den Verantwortlichen. daß auch etliche fähig sind, die europäischen Machtverhältnisse real abzuschähen, daß sie schließlich doch Einfluß genug haben, um zu verhüten,. daß aus der Demonstration mehr wird als eine Demonstration. Aber daS hängt nicht nur von ihnen ab! Mehr nock davon, daß diese Demonstration nicht die beabsichtigte Wirkung der Einschüchterung erzielt, daß sie nicht jene Stärke und Entschlossenheit, die sich am 21. Mai so wirkungsvoll offenbarten, in Bedenken und Nachgiebigkeit umwandelt. Gelänge das, dann, aber nur dann, würden im Dritten Reich jene Bedenken, die allein durch das Zusammenwirken des tschechoslowakischen AbwehrwillenS mit der Festigkeit der Pariser und Londoner Diplomatie in der Maimitte erweckt wurden, durch die Meinung verdrängt, die Demokratie sei ja doch wirklichen Widerstandes nicht fähig und Berlin könne ohne besondere Besorgnisse ein neues Abenteuer wagen. Aber da man allmählich doch in London und Paris dir Berliner Taktik zu verstehen beginnt, ist anzunehmen, daß die Demonstration ihren Zweck picht, erreicht. Wir toerden also keinen ruhigen Sommer haben, keinen sorgenlosen— wirkliche Ruhe wird Auch für den angriffigen Siegfried ist die Vorsicht allgemach zur Mutter der Weisheit geworden. Und da die Zeiten vorbei sind, wo ein Bad im Drachenblut genügte, um sich fast unverwundbar zu nmchen, so muß man wohl oder übel zu jenen Mitteln greifen, die der Mensch den Maulwürfen abgeguckt hat. Man geht unter die Erde, denn trotz der vielen demonstrativen Reden von der Unbesiegbarkeit der deutschen Wehrmacht zu Lande, zu Wasser und in der Lust ist man doch nicht ganz so sicher, daß man ungestraft sich auch in Zukunft alle» werde leisten können, an weiß, daß Hitler selbst die entsprechenden Befehle gegeben hat. Was inan nicht wußte oder vielmehr genauer wußte, das enthüllt jetzt«ine geradezu sensationelle Reportage, die im„Pari» Soir" in mehreren Fortsetzungen von Maurice Lcroy veröffentlicht worden ist und bisher keinen überzeugenden Widerspruch gesunden hat. Diell-icht ist sogar auf die Unternehmung diese» französischen Journalisten hin erst jene Anordnung getroffen worden, die in bestimmten Grenzgebieten Deutschland » den Aufenthalt unberufener Ausländer verbietet. Wa» ist e» also, was Maurice Le roh berichtet? Mit einer bi» in» Einzelne gehenden Präzision schildert der französische Journalist, dem e» gelungen ist. sich unerkannt längere Zeit in dem betreffenden Gebiet aufzuhalten und sogar Photographien mitzubringen, die in rasender Eile von einem ungeheuren Aufgebot an Arbeitskräften durchgeführten Befestigung-arbeiren. Wie sehr diese Dinge darauf abgestellt sind, Frankreich die Erfüllung seiner Bündnispfiicht im Falle eine» deutschen Angriffe» auf die§SR zu erschweren, geht au» der ganzen Anlage diese» innerhalb sechs Wochen durchgeführten Ausbau« der Siegfried-Linie hervor. Und damit wiederum rechtfertigt sich die— freilich, wenn man so sagen will: an Spionage grenzende— Bravourleistung des Berichterstatters. Denn heute ist e» nun einmal so, daß derjenige dem Weltfrieden dient, der die kriegerischen Vorbereitungen der totalitären Staaten in» rechte Licht seht. In Winde»eile sind im HunSriick, im Tau nus und in der Rhön unterirdischeFlug« Plätze für je 299 Kampfflugzeuge angelegt Korden. Man hat sich nicht die Mühe genommen, die dazu benötigten Flächen und Plätze in langwieriger EbnungSarbeit herzurichten. In einer dramatischen Schilderung entwirft Leroy, dem von ihrem Boden vertriebene deutsche Bauern ihr Leid geklagt haben, ein Bild der unbeschreiblichen RiickstchtSlostgkeit und Brutalität, mit der der deutsche Generalstab die Befehle seine» Herrn und Meister» ausführte. In einer Juninacht haben deutsche Bombenflugzeuge vorher innerhalb weniger Stunden evakuierte Dörfer, Heimat und Wohnsitz deutscher Menschen, dem Erdboden gleichgemacht. Die Leut« bekamen kurzfristigen Befehl, sofort mit all ihrer Habe davonzuziehen; nicht» al» die Zusage, daß ihr Verlust ihnen entschädigt würde, konnten sie auf die Wanderung in» Ungewisse mitnehmen. eS nicht mehr geben, so lange e» den Faschismus gibt—, aber wir dürfen hoffen, daß den Völkern Europa » doch Ivenigsten» für die nächste Zeit der Friede erhalten bleibt. Wer wagt heute noch feine Hoffnungen über Jahre hinwegzuspannen? Allein in der Rhön , berichtet Maurice Leroy, feien 27 Dörfer auf diese Art niedergetrommelt und in den wenigen Tagen danach von den Massen eingesetzter Arbeit-dienstpflichtiger und Gefangener für dir Bedürfnisse der Befestigungsarbeit hergerichtet worden. Zur Zeit, da Leroy seinen Bericht schrieb, sei der zementiert« und betonierte unterirdische Flugplatz in der Rhön fertig gewesen. Die beiden anderen stünden, so schreibt er, in tvenigen Tagen'ebenfalls für je 299 Bomber und Jagdflugzeuge bezugsbereit. Am 11. Juni hat Göring persönlich die Äiegfriedlinie besichtigt und die Anordnungen für ihren blitzschnellen Aurbau getroffen. 399.999 Spezialarbeiter sind auf seinen Befehl eingcketzt worden, um eine Kette von Fort» im Abstand von nur je 189 Metern zwischen Straßburg , Rheinau und Markholsheim zu ziehen. Diese unterirdisch angelegten Fort» enthalten elektrisch bediente Artillerie der verschiedensten Kaliber; teilweise nur wenige Meter vom Rheinufer entfernt, hat man, um sie möglichst ungesehen errichten bczw. in die Erde bauen zu können, den Rhein entlang künstliche Baumkulissen und Palissaden gezogen, hinter denen Tag und Nackt gearbeitet wurde. Alle diese Fort-, so berichtet Leroy. seien nach demselben Typ gebaut; sie erheben sich nur einen Meter über der Erde bei einer Fronibreite von 28 Metern. Hinter dieser dichtgedrängten Kette von Fort» im Abstand von 299 Metern zieht sich eine zweite Verteidigungslinie hin, die indessen noch nicht vollendet gewesen sei.„Mit 89.999 Mann", so hat man ihm gesagt,»werden wir in der Lage sein, da» gesamte Rheinufer gegen jedermann zn verteidigen." Ende September soll dieser Zustand erreicht sein. Jeder Quadratmeter der französi« Motzkau. Aus einer Erklärung de» Taß geht hervor, daß an der Konfliktsstelle bei Zaczernaia (Tschankufeng) sich gegen Wochenende ein neuer Streitfall ergeben hat, indem die Japaner mich Abschluß de» Waffenstillstands den Nordabhong de» Berges besetzten. Nach einem Einschreiten Littvinow» bei Schigemitsu wurden die japanischen Soldaten zwar zurückgezogen, später aber weiger«. ten sich die lokalen japanischen Militärdelegierten, die entsprechenden Protokolle der Verhandlungen an Ort und Stelle ohne weitere Weisungen zu unterzeichnen. In dem strittigen Gebiet herrscht aber Ruhe. Zwlechenfall auf Sachalin Hingegen meldeten die Japaner einen Zwi» sckenfall, der sich auf Sachalin , da» zur Hälfte russisch, zur Hälfte japanisch ist, ereignet haben soll. Al» da» Mitglied de» japanischen Reichtag» Tashirogi, der von seinem Sohn und einigen japanischen Grenzpolizisten begleitet war, die nordöstliche Grenze Sachalins besichtigte, sei die Gruppe von der sowsetrussischen Grenzwache beschoßen worden. Schützt die Demokratie (Fortsetzung von Seite. 1.) auf der anderen Seite der Grenzen, werden auf dem entgegengesetzten Weg vom Nachbarschaftsleiter bis zum Führer geleitet. Botschaft an die tadiechladie Oeffentlldikelt Alle demokratisch denkenden Bürger deutscher Nationalität bitten, daß unsere Oeffentlichkeit ihrem ehrlichen Bemühen glaube, treu auf dem Boden diese» Staate» zu stehen und seine Unabhängigkeit gegen Jeden und unter allen Verhältnissen zu verteidigen. Sie glaube, daß die Urieche ihrer Not weder die Tschechen, noch ihre Regierung sind. Sie brauchen nur eine gerechte Verteidigung ihrer Sache, sie wollen, daß der Staat zum Schutze ihrer Rechte seine Mach! zeige und in seinen Diensten keine feindlichen Elemente dulde. Diese deut schen Bürger geben einem unbeträchtlichen Ler« dienst in der Republik den Vorrang vor lockenden Angeboten au» der Fremde, denn sie glauben an den gerechten Sieg der Demokratie und der Menschlichkeit. Sie glauben, daß auch für sie Arbeit gefunden werden wird. schcn Ufer wird automatisch unter unserem Ab« Ivehrfeuer liegen, prahlte einer der von Leroy interviewten Ingenieure, man wird nur auf einen Knopf zu drücken brauchen. Bestimmte Batterien seien haargenau auf die im Bezirk der Maginot« linie liegenden lebenswichtigsten französischen Betriebe eingerichtet. Mühlhausen , Straßburg usn>. sollen dem unausweichlichen BcrnichtunM-uer weittragender Geschütze ausgesetzt sein. ES ist nicht möglich, die bi» in» Einzelne gehenden und von größter Sorgfalt in der Beobachtung zeugenden Mitteilungen de» französischen Journalisten, die viele Spalten in den Nummern vom 19. und 11. August de-„Paris Soir" umfassen, hier wiederzugeben. Wa» er aber gesehen hat, das beweist einmal mehr, wie sehr der Schreck über den BerteidigungSwillen der demokratischen Mächte dem kühnen Siegfried in die Glieder gefahren ist und wie wenig er sich dennoch von seinen Plänen abhalten lassen will ,,, Taohangltufeng; 894 Tote, 1851 Verwundete Moskau. (Reuter.) In den Kämpfen e» der mandschurischen Grenze bei Tschangkusen» find einem amtlichen Sowjetbericht zufolge in-gesomt 236 Sowjetsoldatcn gefallen. Weitere 611 Soldelen wurden verwundet. Tokio.(Reuter.) Ein amtlicher Bericht de» KrirgSministerium» teilt mit, daß im verlause der Kämpfe an der sowjetrusflsch-mandschurischeu Grenze die Gesamtverluste der japanischen Am« 898 Mann betragen, hievon 188 Tote. Japan meldet TruppenzurUckriehung Tokio . Da» Kriegsministerium hat mitze> teilt, daß sämtliche japanischen Truppen seit dm 13. August au» dem bisherigen Kampfgebiet zurückgezogen worden seien und auf koreanisches Erbiet westlich de» Tumen geführt wurden. Sonst verbleibe kein japanischer Soldat östlich de» Tumen. Die Zurücknahme der Truppen wird al» fine vollkommen freiwillige Handlung de» japanisch« Oberkommando» in Söul bezeichnet Siegfried gräbt sich ein Einzelheiten von der deutschen Festungslinie am Rhein Bruch des Waffenstillstands I 46 I Zwischen I Mann und Kind | Roman von LIU Körber Kämpfen muß der Mensch, um lebendig zu bleiben. Was glaubt ihr? Ich gehe von ihr weg, es ist schon Feierabend, die Knechte sitzen in der Gemeindestube und der Janek schlägt auf den Tisch und sagt: „Dieser Hundefraß, wie lange wird das noch gehen? Bon morgens bis abends schuften und nicht einmal etwas Ordentliches in den Bauch?" Und ich sage ihm:„Paß auf, sage ich," daß dich der Verwalter nicht hört!" Und er sagt:„Ach was," sagt er,„genug mit dem Aufpassen, ich geh' selber zum Verwalter, laß mir den Grafen Herausrusen und sage ihm meine Meinung: so und so, umsonst arbeiten wir nicht. Alle sind unzufrieden, einer muß den Anfang machen." Wischt sich den Mund mit der Hand und schaut drein mit Augen, die zu allem entschlossen sind. „Wenn er wüßte, daß die Gräfin da» Feld verkauft hat, um nach Pari» zu fahren," habe ich mir gedacht. Selbst der Graf hat verstanden, daß e» da Trubel geben könnte und hat erzählen lassen, daß sie zu ihrer kranken Mutter nach Krakau fährt. La! und dann begann der Diener, ihr Gepäck auf den Wagen zu laden, kein Ende hat danehmen wollen, die nackten Sohlen der Mädeln klatschten hin und her, bald hatte man da», bald jene» vergessen. Wir standen auf der Treppe, ich, der Verwalter und das Gesinde, sie winkte allen mit der Hand:„Lebt wohl!" und die Augen lachten. Und der Graf hüllte sie jn einen Plaid. man sah, er wollte gern etiva» sagen— genierte sich aber vor den Leuten. Nun, und dann ist sie weg— auf und davon. Und was ich sagen wollte: Kämpfen muß der Mensch, und wenn er nichts hat, tvofür er kämpfen kann, wenn er keine Sorgen hat, um seines Leben» willen und um dar tägliche Brot, dann kämpft er eben mit sich seihst und verzehrt sich und ist sich selber zur Last und bringt über die anderen Menschen Unglück. Da» wollte ich sagen." Der Alte verstummte und die Blasak meinte: „Auch solche Menschen braucht der liebe Gott." Und nach einer Weile fragte sie: „Wo wird sie denn jetzt sein?" Rosenblatt zuckte die Achseln: «Weiß nicht. Einige Wochen später brach der Krieg au» und ich zog fort. Ich hörte, daß Stra- kowice verkauft wurde. Alle» geht zu Ende, alle». Die Schönheit und die Jugend und der Schmerz. Und nur Gott allein weih, warum, und kennt den Weg. Den ganzen Weg kennt er, wir sehen nur einen Teil." Sie saßen nun schweigend da, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Martha dachte an Stanzi: War sie nicht auch wie die Gräfin von Strako« wice, die der alte Mann bis heute nicht vergeßen konnte, nach mehr al» zwanzig Jahren? Eine, die mit sich kämpfte au» der Leere ihre» Leben» heraus, sich verzehrte und Unglück Wer andere brachte? Die Turmuhr auf dem Rathau» schlug— zuerst viermal langsam und dann, nach einer kurzen Pause, zweimal nacheinander, man hörte sie bi» in di« Siedlung. Der alte Rosenblatt erhob sich: „Run muß ich nach Pritlau," sagte er.„Bleiben Sie gesund, Frau Blasak. Meine Verehrung, gnädige Frau." «Leben Sie wohl, Herr Rosenblatt," seufzte Emilie,„und nehmen Sie meinen Dank. Sie haben ein wenig Balsam auf meine Wunde ge- gossen. E» ist richtig, alle» ist Gotte» Wille, auch, daß mein armer Bub sein Leben lassen mußte. Und geben Sie mir einen Zettel wegen dec zwei Schillinge, sieber die Hose sprechen wir nächsten Sonntag." XU. Kapitel. Medea „Warum." fragte Franzi Dr. Geßler, während sie, von der Kindervorstellung kommend, die Stiegen hinaufgingen,„warum wollte Schneewittchen nur au» dem Becher de» kleinsten jsiver« ges trinken und in seinem Bettchen schlafen?" «Vielleicht, weil e» besonder» nett und sauber war," meinte der Dvktor. „Wie müssen sich'die großen Zwerge gegiftet haben!" schmunzelte Franzt spitzbübisch.«Waren die Zwerge alle Brüder?" „Wann kommt denn die Mutter zurück?" fragte Dr. Gehler unvermittelt. „Vielleicht schon heute abend," tröstete Franzt überlegen.„Wollen Sie auf die Mutter warten? Jetzt wird die Tante auch zu Hause sein. Sie muß packen. Weil ihr Mann, da» ist ein Engländer, will, sie soll umziehen und dann weg- kahren. Gestern ist er angekommen. Jn einem Flugzeug. Sind Sie schon geflogen, Herr Doktor?" „Ich habe nur einen Probeflug gemacht. Da wird die Mutter sehr enttäuscht sein, wenn sie zurückkommt und die Schwester nicht vorfindtt," «O nein," schüttelte Franzl den Kopf. „Weil e» so viel Geld kostet, und wir müssen svaren. Die Steffi sagt, die Tante telephoniert zu viel und badet in einem fort. Und in der Früh will sie Schinken mit Eiern essen." Er sprang ein paar Stufen hinauf, blieb stehen und sagte schmerzlich und vorwurfsvoll:„Mir hat sie cme Armbanduhr mitgebracht, aber die Mutter hat sie weggenommen." Dvch diesmal ging Dr. Gehler nicht darauf ein. Er schien angestrengt über etwa» nachzudenken. Franzl betrachtete ihn enttäuscht von der Seite. Komisch war der Doktor heute. Schon ast et. ihn vormittags in» Theater abholte, wie er ei mit der Mutter besprochen hatte, machte er rin lange» Gesicht, als er von Steffi hörte, die gnä' Frau sei weg. Was er nur von der Mutter wollte? .Wann kommt denn der Zug aus Leopolds- darf?" fragte der Doktor. „Gar nicht," erklärte Franzl, genoß einige Sekunden das Erstaunen des Doktor» und fügte hinzu:„Weil e» nämlich gar keine Eisenbahn dorthin gibt. Man fährt mit dem Autobu». Sind Sie schon einmal mit dem Autobus gereist, Herr Doktor? Haben Sie den Wohnungsschlüssel mit« genommen? Sonst muß ich klingeln. Rein, blüe, tasten Sie mich klingeln. Ist die Mutter schon da?" fragte er Steffi und hatte das Gefühl, mit dieser Frage deni Doktor einen Gefallen zu erweisen.„Sie ist nicht da," sagte er wichsig z» Geßler, al» hätte der die Antwort nicht gehvrr. „Aber es macht nichts. Sie wird bald kommen. Und außerdem ist die Tante zu Hause. Sie mutz packen. Und der Werner. Und der Robert, Und die Isa Abel. Das ist Robert» Freundin." „Daß du jetzt wegfährst, Tante," sagst Werner und schaukelte auf der Sessellehne, «weißt du, das ist zu dumm. Nun wird also nicht» au» unserer Skitour. Und ich habe mir doch den feschen Sportanzug gekauft! Wenn ich gewußt hätte, daß der Onkel gleich kommt, wäre ich nicht so blöd gewesen, dein Telegramm zur Poft zu tragen." «Ja, das habe ich auch nicht gewußt," seufzte Stanzi und stopfte Wäsche rind Tollettegegem stände durcheinander in den Koffer.„Er handelt immer anders, als man glaubt. Das heißt, nein, eigentlich ist er konsequent, aber da ich er nicht bin, muß ich immer wieder staunen, daß er stets bei der Stange bleibt. Seit sechzehn Jahre» staune ich, daß e» so etwa» gibt! Kennst du „Trohkopf als Großmutter?" (Fortsetzung folgt)
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18 (16.8.1938) 191
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