Dienstag, 30. August 1038 Nr. 203 Keile 8 7 Kleine Lesestunde In einer Zeit, da ungezählte Tausende von Menschen au» dem einzigenVerschulden", in einem nach de» Begriffen der Nasscnwahnsinnigcn verkehrten Bett geboren zu sein, an Leib und Leben bedroht, beraubt, ihre» tvohlcrtvorbencn Besitzes enteignet, aus dec Heimat vertrieben und in fremden Ländern wie unerwünschte Eindring­linge behandelt werden, in einer Zeit vollendeter Barbarei also tut cs gut, für eine kleine Lese- stunde ein Buch in die Hand zu nehmen, da» den Anspruch erheben darf, daS klassische Lehrbuch der deutschen Kultur zu sein. Freilich handelt eS sich dabei nicht um die Kultur des Dritten Reiches , sondern um diejenige, d>e sich eNva in dem Namen Goethe repräsentiert. Goethes Lehrmeister, der Lehrmeister der klassi­schen deutschen Humanität, hat cs geschrieben, eS sind HerdersIdeen". I. C. Herder (1744 bis 1803.) war weder Dichter noch Staatsmann wie Goethe, er hat sein Leben auf die Idee kon­zentriert und darum kann man bei ihm dichter, zusammcngcfahter finden, was den besten Gei­stern Deutschlands zu den besten Zeiten al» da» beste Gedankengut erschienen ist. Jeder strebende, wenn auch noch so schlichte und unstudierte Mensch kann Herders Ideen zur Philosophie der Ge- schichie der Menschheit" ohne Mühe verstehen. Mögen eS viele versuchen, diese» klassische Buch in einer Bibliothek zu entlehnen und darin zu lesen! Unmöglich, in einem kleinen Hinweis den Reichtum aufzuzcigen, die brennende Aktualität dieser mehr al» hundert Jahre alten Gedanken! Die rassestolzenArier" für das erwählte Gottewolk in Europa zu halten, dem seine» angeborenen Adel» wegen die Welt ge­hörte, und dem diese» Vorzüge» halber andere Bölter zur Knechtschaft be­stimmt wären, die» wäre der unedle StolzeineSBarbaren. Der Barbar beherrscht. Ter gebildete Ucberwinder bildet." Auch da» Judcnproblem hat Herder bereit» beschäftigt. ,,E» wird eine Zeit kommen, da man in Europa nicht mehr fragen wird» wer Jude oder Ehrist sei, denn auch der Jude wird nach euro­ päischen Gesetze» leben und zum Besten de» «raate» beitragen. Nur eine barbarische Verfas­sung hat ihn daran hindern oder seine Fähig­keiten schädlich machen können." Herder ist kein Gefühlsmensch. Aa» er schreibt, sind nicht etwa Ausgeburten einer mit­fühlenden.Seele, eines feingcstimmten Herzen». Herder, ist der ausgesprochene Vertreter der Mknschlichcn Vernunft, kein Ideologe und Phan­tast, sondern der Wissenschaftler, der die Grund­lagen dcS menschlichen Zusammenleben» unter­sucht und ihre wertvollsten empfiehlt. Die berühmtesten Namen der Welt, so schreibt er, sind Würger des Menschenge­schlechtes, gekrönte oder nach Kronen ringende Henker gewesen. Nicht Humanität, sondern Leidenschaften haben sich der Erde bemächtigt und ihre Völker wie wilde Tiere zu­sammen und gegeneinander ge­trieben". DaS sind die Ausgangspunkte der Herderschen Auffassungen, er hat sie in Deutschland gewonnen, in Deutschland niederge- schricbcn, Deutschlands größtem Dichter vererbt. Vergeblich. Warum vergeblich? Herder antwortet, daß kein Volk unterdrückt wird, als da» sich unterdrücken lassen will, also derSklaverei wert ist". Lernen wir daraus! W. B. 40 Flugzeuge Sterleten zum Rundflug zeug stieß gegen einen Hang de» DruSbergc» und ging in Flammen auf. Die Besatzung, zwei Offi­ziere, wurden in» Krankenhaus von Einsiedel ge­bracht. Sie haben ernste Brandwunden im Gesicht und am Körper erlitten. Da» fünfte Flugzeug kam ohne Unfall davon. Brünner Jepa ausgeraubt Brünn . Montag früh stellte der Kassier de» Kaufhauses Jepa in Brünn beim Ocffnen de» Tresors fest, da» der Inhalt desselben teilweise atiSgeraubt worden war. Von der in dem Tresor in Leinwandsäckchen aufbewahrten Barmitteln frhlt insgesamt ein Betrag von 160.000, dev sich au» 100«. 60», 20- und 10--Noten sowie Metallgeld zusammensctzt. An dem Tresor waren nicht die geringsten Spuren von Gewaltanwen­dung wahrzunehmen. Die Polizei forscht nach dem Einbrecher. Dr. Benes-Tunnel durchstochen. Im Rah­men der gesamtstaatlichen Feiern dcS 20jährigen Jubiläums der Republik fand Sonntag der feier­liche Durchstich des Doktor-Eduard-BeneSTun« ncIS auf der Eifenbahnftreckc B a n s k ä B y- st r i c aD iviaky statt. Die Feier wurde ohne Teilnahme der breiteren Oesfentlichkeit nur im intimen Kreise der Beamten und Arbeiter be­gangen. Vertreten war auch die Armee. Ein Passagirrsluszeug derNorth Queens­land Airways" stürzte Montag bei JnniSfail (Australien ) ab. Der Flugzeugführer und drei Fluggäste wurden getötet und fünf Fluggäste schwer verletzt. Kanal durchschwommen. Der 42jährige eng­lische Gärtner Wheat Trost durchschwamm gestern den Kanal von Kap Griönez bis Folkestone in dreizehn Stunden 37 Minuten. Er hatte erst vor vier Jahren das Schwimmen erlernt. Amokläufer: 20 Opfer. In der Ortschaft Bhatinga in der Provinz Punjab (Indien ) er­schoß ein Amokläufer zwölf Personen und ver­letzte acht Menschen schwer. Eine Eifersuchtsszene hatte den Rasenden in diesen Blutrausch verseht. Englische» Großflugzeug zerschellt. Eine» der neuesten britischen Großflugzeuge, die in wenigen Wochen einen Nordatlantik-Flugdienst aufnehmen sollten, ist nach einem Versuchsslug über dem Flugfeld von Hatfield in zwei Teile anSeinandcrgebrochcn. Als die Maschine, eine Albatros", einige 100 Meter über da» Rollfeld gilaufen war, ertönte ein Knall und der Rumpf de» größten englischen Flugzeuges zerbrach in zwei Teile. Der Nordatlantik-Flug wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Sieben Personen ertrunken. Unweit des Strandes von Fozduro kenterte Montag ein mit :lf Personen besetztes Boot. Drei erwachsene Per­sonen und vier Kinder ertranken. Unglück beim französischen Flugtag. Eine» der Flugzeuge, welches an dem Pariser Flugtag tcilnahm, stieß auf dem Rückflug mei St. Brieuc gegen den Boden. Von der sünfköpsigen Besatzung wurde ein Mann schwer verletzt und erlag als­bald seinen Verletzungen, ein Unteroffizier wurde erheblich, der Flugzeugführer leicht-verletzt und zwei Mann kamen ohne Verletzungen davon. Doch nicht die Leichhardt-Expedition? Der Führer der Expedition, die nach dem deutschen Forscher Lcichhardt sucht, hat bclanntgegcben, e» lägen keine Anzeichen dafür vor, daß die in der Simpsonwüste gefundenen Ueberreste von Leich- Hardt herrührten. Die Suche ist aufgegebcn worden. Taxi-Fahrt in» Blau ». Die Pariser Taxi- Chauffeure, offenbar in Sorge über die Tatsache, daß Pari» in diesem August fast völlig menschenleer ist, uttb die wenigen, die zurückgeblieben find, e- nicht so eilig haben, um ein Taxi zu nehmen, sind auf eine glänzende Idee gekommen, ihr Geschäft zu heben. Sie wollen am kommenden Sonntag zum ersten Mal Taxiauiflüge veranstalten, und zwar nach Deau­ ville , dem Mittelpunkt de» französischen Badeleben» am Kanal, vier bi« fünf Autostunden von der Haupt- stadt entfernt. Der Fahrgast bezahlt 120 Franc», und diese Summe enthält nicht nur die gahrtspesen, sondern auch da» Mittagessen, da» der Chauffeur dem Fahrgast aichietet. Zu diesen: Zwecke haben die Chauffeure mit verschiedenen Hotelier» und Restau­rateuren in Deauville entsprechende Verträge ab­geschlossen. Der Chauffeud holt seine Fahrgäste von ihren Wohnungen ab und steht ihnen den ganzen Tag zur Verfügung, kurz, es ist genau so, al» ob jemand für einen Tag Autobesitzer ist Die Pariser scheinen von dieser Idee begeistert, jedoch hängt, wie die Zeitungen darauf aufmerksam machen, alle» von der Qualität de» Mittagessen» ab. Wird diese» gut und reichlich sein, so wird da»Tonrisme-Tari" sich durchsetzen, und man wird dann voraussichtlich auch Ausflüge nach anderen Gegenden veranstalten kön­nen. Weniger erfreut dürfte die staatliche Eisen- bahngejellschast sein, die in Frankreich schon ohnehin gegen die immer mächtiger werdende Konkurrenz de» Auto» zu kämpfen hat. Der seltene Storch. Dieser Tage unterbrach der Britische Rundfunk plötzlich seine Programmsendung und der Speaker sagte:Meine Damen und Herren, man hat heute in den späten Nachmittagsstunden an­geblich einen Storch in der Gegend von Essex ge­sehen. Jeder, der da» Auftauchen diese» Storche » bestätigen kann und eventuell Einzelheiten beobachtet hat, wird gebeten, sich sofort entweder an die Bri­ tische Rundfunk-Gesellschaft oder an da» Natur- wisfcnschaftliche Museum von Ha»lemere zu wenden. Auch die geringfügigste Mitteilung wird gern ent» gegengenommcn." Jeder Nicht-Engländer wird glau­ben, daß sich der Speaker de» britischen Rundfunk» einen Witz erlauben wolle. Dem ist aber nicht so, und am nächsten Morgen erzählten die LondonerZeitungen ihren Lesern sehr richtig, daß unerklärlichcrwcise ein Storch auf den britischen Inseln ungefähr ein ebenso seltene» Vorkommnis sei, wie da» eine» Löwen in Norwegen . Diese Tatsache har nicht» mit der eng­lischen Bevölkerungsstatistik zu tun, die durchaus so normal verläuft wie die von Ländern, wo Störche eine geivohnte Erscheinung sind. Da» Geheimnis Jack», de» Bauchaufschlitzrr», un­enträtselt. Bekanntlich kennt die Oesfentlichkeit noch heute, nach vier Jahrzehnten, nicht den Namen de» Verbrecher», der al»Jack, der Bauchaufschlitzer" in die Kriminalgeschichte eingegangen ist. Jetzt ist auch der letzte Mensch geswrben, der an der Erledigung diese» Verbrecher» teilgenommen hat, und auch In­spektor William Robinson hat da» Geheimnis mit in» Grab genommen. 1888-80 ist ganz London von Jack, dem Bauchaufschlitzer" terrorisiert worden. Die Polizei hat ihn endlich in einem leeren Hau» gestellt, wo er sich nach der einen Version selbst er­schoß, nach der anderen von den Beamten nieder­geschossen wurde. Seine Identität wurde nie ent­hüllt; im allgemeinen nehmen die Kriminalisten an, laß.Jack, der Bauchaufschlitzer" eine sehr hochste­hende Persönlichkeit gewesen sei, und man sagt, daß e» sich um einen damalS"berühmten Londoner Chi­rurgen gehandelt habe, der geistesgestört war. Die Tochter de- soeben verstorbenen Inspektor Robinson hat erklärt, daß ihr Dater auf dem Totenbett ihr den Namen verraten habe, allerdings mußte auch sie schwören, daß sie da» Gebcimni» nicht verrät. Platinblond in Moskau . Die»Komsomolstaja Prawda", da» Organ der kommunistischen Sowjet- Jugend, nimmt hesrig gegen die neue Mode der jun­gen Russinnen Stellung, die sich seit kurzem nach dem Vorbild Hollywoods und anderer Modezentren die Haare platinblond zu färben pflegen. De» Blatt schreibt, e» handle sich um eine wahre Epidemie, gegen die man so schnell wie möglich vorgehen müsse. Da» Wetter: An der Vorderseite von Druck­störungen, welche au» Italien gegen da» Binnenland vorrücken, strömt unseren Gebieten tvarme Lust von der Balkanhalbinsel her zu. In Rumänien wurden Montag nachmittag» bei schönem Wetter bi» zu 82 i Grad verzeichnet; bei un» traten Schauer und Ge­witter auf. doch stiegen die Temperaturen trotzdem auf 22 bi» 25 Grad an. Die Aussichten auf die Weiterentwicklung de» Wetter » sind ungünstig und später dürfte nach Mitteleuropa erneut kühle Meeres­luft au» Frankreich Vordringen. Wahrscheinliche» Wetter Dienstag: Im allgemeinen verstärkte Otto Urbach tot In Wien erlag vor einigen Tagen Genosse Otto Urbach in seinem 04. Lebensjahr einem Herzschlag. Mit ihm starb wieder einer jener zähen Kämpfer, die au» tschechischem Gebiet stam­mend, eine hervorragende Rolle in der Wiener Arbeiterbewegung gespielt haben. In Pkibram ge­boren, kam.er al» junger Handlungsreisender nach Wien und schloß sich dort begeistert der Sozial­demokratie an. In der aufstrebenden Gewerk­schaftsbewegung der kaufmännischen Angestellten, die damals unter Karl Pick» Führung ihren dor­nigen Weg ging, niachte er sich bald durch seine eifrige Mitarbeit bemerkbar. Als cs möglich winde, einen Vertrauensmann zum Zloecke der Betreuung der Organisationsarbeiten zu beamten, fiel die Wahl der Leitung einmütig auf Otto Urbach, der von dieser. Zeit bis zur gewalttätigen Auflösung de» Zentralvereins der Kaufmännischen Ange­stellten im Jahre 1084 al» ihr Sekretär tätig war und in allen Kämpfen dieser Organisation an Seite Picks, Bcrmann» etc. seinen Mann stellte. Besondere Verdienste erwarb sich Urbach auch auf politischem Gebiete. Al» Hauptver- trauenSmann der politischen Organisation Innere Stadt , baute er in diesem rein bürgerlichen Be­zirk, in dem alle Zentralstellen der alten Mon­archie ihren Sitz hatten, in mühevoller Arbeit die Parteiorganisation mustergültig au». War er vor dem Krieg nur als Zählkandidat bei allen Wah­len ausgestellt, änderte sich nach dem Umsturz da« Bild. Durch seine wertvolle Vorarbeit gelang e» auch in diesem geradezu exklusiv bourgeoisem Be­zirk die Stimmen der sozialdemokratischen Partei so zu steigern, daß er vorerst als Führer einer Minderheit in die christlichsoziale BezirkSvertre« tung einzog, um bei den Wahlen im Jahre 1027 auch dort die Mehrheit zu erlangen. So wurde Urbach der erste sozialdemokratische BczirkSvor« steher der Inneren Stadt und hat sich auch auf diesem Posten in schwieriger Stellung auf da­beste bewährt. Mit ihm gebt ein aufopfernder Genosse von un», ein gütiger Mensch, dessen größtes Bestreben war, zu helfen, wo er konnte. Auch ihm blieb nicht nur in jungen Jahren, sondern auch unter der Dollfüß-Aera der österreichische Kerker nicht er­spart. Dort holte er sich in monatelanger Hast den TodeSkcim, der ihn nunmehr fällte. Werden einst im befreiten Oesterreich die Namen der Be­sten der Arbeiterklasse wieder gefeiert werden, Ivird Otto Urbach nicht als einer der Letzten un­ter ihnen zu nennen sein. Bewölkung, unbeständig, Gewitter und Regenfälle, Temperaturen noch wenig geändert. WetterauS- sichten für Mittwoch: Vorwiegend bewölkt und vielfach regnerisch, Yon Westen her allgemeine Ab­kühlung. Ole heutige deutsche Inland-Sendung Prag -Melnik : 10.15 Für die Frau: Einsiede, kur»: Gemüse. 10.30 bi» 11.00 Lchallplatien. 12.10 Schallplatten. 18.00 Schrammelkonzerl.(Ges. Erich Wolf), Klavier R. I. Schubert. 18.30 Au» dem tschechoslowakischen Kulturleben. 18.45 Unterhal­tungsmusik. 19.30 Jazz auf zwei Klavieren(Ges. Rolf Hartmann, Sarophon: Willi FleischhanSl. 20.00 Beethoven-Konzert.(Orchesterkonzert). Kla­vier Erich Länderer. 21.00 Die Armbanduhr, Ein­akter von Emil Faktor . 21.40 Die gme alte Zeit, Liederstunde von Pollini(Mirwirkende Else Lord, Leopold Dudek und Augustin-Sextett). 22.30 bi» 23.00 Orchesterkonzert(Werke von Schubert). Dir. 91. M. Mandöe. Nachrichten um 12.30, 10.15 und 22.15 Uhr. Brünn : 18.00 bis 18.05 Arbeiiersendung: So­ziale Information. 18.05 bi» 18.20 Arbeitersen- dnng: Genosse Wilhelm Nießner: Ideal« und Wirk­lichkeit im Zeitgeschehen. 18.20 bi» 18.85 Landwirt­schaftliche Sendung: Direktor Karl Hickel: Land­wirtschaftliche Lagerhäuser. Mähr.-Oftrau: 18.10 Landw. Fr. Mannjoung: Die Hotelraite, Erzählung. Prag . Ter Flugwettbewerb der Kleinen Enteme, an dem 40 Flugzeuge teilnahmen, wurde Montag um 10.54 Uhr gestartet. Die Maschinen fliegen in Abständen von 30 Sekunden aus, und ztvar in der Reihenfolge ihrer Schnel­ligkeit. Unterwegs mußte das von Jng. Doubek gesteuerte tschechoslowakische Flugzeug auf dem N» tlandeplatz bei Zbraslavice wegen Defektes de» Oelmanometers nicdcrgehen. Die Landung ver­lief glatt. Alle 40 Maschinen sind auf der ersten Etappe in Z l i n eingetroffen, darunter auch da» Flug­zeug, das in Zbraslavice notlanden mußte. Der Defekt konnte sofort beseitigt werden. AlS erstes t>as da» rumänische FlugzeugNardi" ein. Die Organisation funktionierte klaglos. Vier Schweizer Militärflugzeuge abgestürzt SamStag nachmittags um 15.30 Uhr star­tete auf. dem Flugplatz Dübendorf bei Zürich eine Beobachter-Staffel von fünf Flugzeugen, um an >em Flugtag in Lugano ieilzunehmen, an dem auch die Tochter Lord Runcimans tcilnehmen sollte. Die Gegend hüllte sich plötzlich in dichten Nebel, der eine Sicht volllommen unmöglich machte. Die fünf Flugzeuge unternahmen eine halbe Wendung und wollten auf den Flugplatz Dübendorf zurückkehren. Bei diesem Manöver stießen drei Maschinen gegen einen Felsen im Muota-Tal und gingen in Trümmer. Sechs Mann sanden dabei den Tod. Da» vierte Flug- In Memorlam Theodor Lessins Zu seinem 5. Todestag am 30. August Mit ihm, der vor fünf Jahren von Natio­nalsozialisten ermordet wurde, verlor Deutsch­ land einen seiner größten Weltbürger. Dieser Mann, Arzt, Dichter, Philosoph, war einer der wenigen universalen Männer seiner Zeit. In einem müden Leib schlug daS gütigste Herz. Im Patriarchenhaupt wachte ein klugcS Hirn. Die Bedeutung Theodor Lessings lag in seiner pädagogischen Kraft. Keiner konnte sich auf die Dauer der Persönlichkeit diese» Lehrer» ent­ziehen. Als ein Haufe von Studenten, aufge­putscht von feigen Hintermännern, gegen ihren Dozenten zu randalieren begannen, mußte ihr Wortführer zugeben, daß sie nichts gegen den Menschen Lessing hätten, nur gegen den Politiker. Ater dieser Politiker hatte sich nie mit Politik befaßt, war harmlos wie ein Kind, mußte fast mir Gewalt über die Grenze gebracht werden. In Marienbad sand er bei Freunden ein Not­quartier. Dort verging er fast vor Heimweh. Er glaubte fest, daß er keine Feinde hätte; einige Tage vor seiner Ermordung sprach er von seinem Plan, nach Deutschland zurückzukehren l Theodor Lessing hinterließ unS ein Werk, da» in etwa zwanzig Bänden: Gedichte, Dramen, Lustspiele, Novellen, Kritiken, für Kunst, Literatur und Theater enthält. Dazu kommen seine philo­sophischen, historischen und soziologischen Werke, von denenEuropa und Asien ",Geschichte al» I Sinngebung des Sinnlosen",Philosophie al » Tat" die wichtigsten sind. Er, der von feinster und höchster Geistigkeit war, warnte vor deren Uebcr- spihung, wies nach, daß die Ucbcrwcrtung der Jntellektualität zur Bestialität führen müsie, zeigte, wie ein Leben ohne Seele, Güte, Gerech­tigkeit zum Krieg und nach dem Krieg in eine allgemeine Barbarei führen muß. Er stammte an» Hannover , wo er am 8. Fe­ber 1872 geboren wurde. In dem Fiebertaumel der Gründerjahre ivuchs er auf. Lessing stMerte damals Medizin und Philosophie, war als Zwanzigjähriger Assistenzarzt in Bonn rind München , um die Jahrhundertwende Lehrer, später Dozent und Professor in Hannover , ab­solvierte den Kriegsdienst als Arzt, wurde in der Hindenburgrepublik zur Aufgabe seines Lehr­amts gezivungen als Jude, Pazifist und Sozialist, flüchtete beim Ausbruch des Dritten Reiches und ivurde am 30. August 1033 von dem national­sozialistischen' Wilddieb Eckert in Marienbad er­schossen. Jahre vorher hatte man gegen ihn gehetzt, inJuden sehen Dich an": Theodor Lessing , Professor in Han­ nover , hetzte gegen da» Deutschtum. Schrieb u. a. eine lügenhafte Schändung Schopenhauers, Wag­ner» und Nietzsche». Wurde auf Druck der deutschen Jugend entfernt, worauf ihm das sozdem. Kultus­ministerium einenStudienauftrag" gab. Lügner und Hetzer im Hintergrund.(Ungehängt!) 1 Viele von seinen Büchern sind vergriffen, verbrannt, eingestampft. In den vierzig Jahren seiner publizistischen Tätigkeit hat er ein Werk geschaffen, das in allen Schattierungen glänzt. So gab es auch viele Stücke darin, die heute überholt sind; besonders in seinen Frühwerken, die mancherlei Stilformen zeigen. Auch in diesem Zusammenhang das typische Beispiel einer Vor- kriegsgeneration, die sich erst lange suchen muß, ehe sie sich findet. Lessing fand sich selbst erst im Krieg. Daß er ihn durchhielt, daß er nicht in jenerStimmung von Schmerz, Scham und tie­fem Menschenckel" unterging, sondern, wie er 1014 im Vorwort zuEuropa und Asien " schrieb, zu jenerkleinen Schar Einsamer und Unzeit­gemäßer" stieß in jenem Augenblick, wo Europa » Menschen am großen Flammenrausch des Vater­landes zu Verzückungen politischen Machtwillens entbrannten." Der Flammenrausch des Vaterlandes, zwanzig Jahre vor dem Reichstagsbrand pro­phetisch vorausgesehen. In fünfzig Kapiteln jene» gigantischen Werkes>,Europa und Asien " gestal« te«, in welchen viel Wesentliches gesagt ist, wa» zu unserer Zeit und Welt zu sagen ist, dar­unter jene berühmte Geschichte des Judentum» auf 37 Seiten, die wohl das wesentlichste gibt, was zu diesem Kapitel überhaupt zu sagen ist. Dieses Buch heute wieder zu lesen, ist ein Er­lebnis. Man gerät aus dem Zustand der Er­schütterung nicht heraus. Hier wird einem alle» klar, was kommen mußte, wie eS kommen mußte. Ein Buch, das unsere Feinde lesen sollten, bevor sie ihr Schicksal ereilt. 4 F. G.