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Mittwoch, 31. August 1938

Wie würde sich aber das Schicksal des deut- gen. Damals hat die Sozialdemokratie gewarnt| beteiligt waren, wie auch der fragliche Eisenbahner fchen Volkes nach dem Krieg gestalten? Glauben und die Schuldigen festgestellt. Die Geschichte hat und der Leiter des Nährstandes hervorragende die Anhänger der Sudetendeutschen   Partei, daß nicht jenen recht gegeben, welche den Krieg ent- Nazis waren, die mit dem Ausland in Verbinduna Hitler den Krieg gegen die vereinigten Kräfte des fesselt haben, sondern jenen, die vor ihm gewarnt standen. Aus den Versammlungen des Bundes Britischen   Weltreiches, Frankreichs   und seiner haben. Wir sind der festen Ueberzeugung, daß die Deutscher Osten" kann man erfahren, daß ge= Kolonien, sowie der Sowjetunion   und schließlich Sezialdemokratie, die heute innerhalb des fude- wisse Elemente, die ihre Fahnen nicht groß genug gegen die Wirtschaftsmacht der Vereinigten tendeutschen Volkes eine Minderheit darstellt, heraushängen können, das Werk Adolf Hitlers  Staaten von Amerika   gewinnen würde? Die inteder recht behalten wird, aber wir wünschen sabotieren, wo es gilt, Mut und Tatbereitschaft Uebermacht liegt durchaus auf seiten der Gegner nicht recht zu behalten, nach dem verblendete zu beweisen, zu kneifen beginnen. Pferde, die ab­Deutschlands, sowohl die zahlenmäßige, als auch die materielle. Nach einem verlorenen Krieg Nationalisten das große Verbrechen begangen und geliefert werden sollen, erkranten plößlich, ganze würde das deutsche Volt, wie ein englisches Blatt den Krieg entfesselt haben, sondern wir wünschen, Bauernhöfe sind über Nacht von der Klauenseuche, wenn Einquartierungen bevorstehen, erfaßt, und meinte, noch weit demoralisierter sein als 1918, daß die warnenden Stimmen aller Demokraten die Katastrophe wäre noch viel größer, seine staat- in allen Erdteilen gegen den Wahnsinn und gegen Ten, sind plöglich durch und durch unbrauchbar. Autos, die der Wehrmacht   zugestellt werden sol­liche Selbständigkeit in Frage gestellt. Das Schick das Verbrechen jener sich durchsetzen, die nicht Diese Gerüchtemacherei, die erst durch den BDO sal des Sudetendeutschtums würde von dem davor zurückscheuen, die Welt in einem Meer von bekannt wird, müsse bekämpft werden, wenn nicht Deutschlands   nicht unberührt bleiben und eine Blut versinken zu lassen. Wir sind der Ueberzeu alles verloren gehen soll, was im neuen Deutsch­katastrophale Niederlage Deutschlands   wäre auch gung, daß der Tag kommen wird, unser Tag, land geschaffen worden ist. cine nationale Katastrophe für die Sudeten  - aber wir wollen nicht, daß dieser Tag kommen deutschen. möge nach einem Blutbad, wle es fünf Jahr Man erinnere fich an die dramatischen Tage tausende menschlicher Geschichte nicht gesehen des Jahres 1914 knapp vor den Kriegserklärun| haben.

Kriegsfurcht in Deutsch  - Oberschlesien  

Gerüchte, die die Gestapo   in Panikstimmung versetzen

Spionengefahr im Grenzgebiet!

Von der polnisch deutschen   Grenze smacht. Es sind doch ihre eigenen Leute, die uns wird uns geschrieben: Die neuen Einberufungen die größten Schwierigkeiten machen, bei Material­von Reservisten, die bis Ende Oktober bestimmt mangel und Fehlen von Ersatzteilen für Maschinen jind, also über die Manöver hinausgehen, haben fann man feine Leistungsbetriebe führen. in Deutsch  - Oberschlesien   die Angst vor dem Kviege Seitdem auf einer der Gleiwißer Gruben der nur noch bestärkt. Man muß wissen, daß es gerade Führer in einem Flugzettel beschuldigt wird, Hitlers   alte Landsknechte sind, die von dieser Deutschland   einer neuen Satastrophe zuzuführen, Striegsfurcht am stärksten erfaßt worden sind. Sie ist die Gestapo   völlig nervös geworden. Man geht gaben dies in zahlreichen Gehorsamsverweigern sogar soweit, die Polizei zu beschuldigen, daß sie gen Ausdrud, als eine Wassenflucht einseßte, nicht auf der Höhe sei, staatsfeindliche Dinge nicht ES. und SA  - Stürme in Gleiwiß und Beuthen  zur Anzeige bringe und nur zu beruhigen versuche, jich nicht stellten und bei ihrem Abtransport nach wo Verhaftungen angebracht wären. Die Grenz­Faltenberg und Lamsdorf einfach von der Fahrt gänger, Sitters   110prozentige Nazis aus Bolen, aus polnischen Urlaub" nahmen. Auch Urlauber find es, die die Gerüchte über einen baldigen Krieg zu Kursen für Artillerie- und Panzerabwehr sind nach Deutsch  - Oberschlesien   bringen, sie verbreiten nicht wiedergekommen, was Breslauer und Ber­auch die Meldungen, die die polnische Presse über liner Stellen veranlaßte, die oberschlesischen Stel­die Lage im Dritten Reich bringt und gerade die Ten ein wenig stärker zu kontrollieren. Einem Nazis find es, die diesen Gerüchten Glauben schen namhaften Induſtriellen wurde an Berliner   Stellen und sie auch weitertragen. Was man weder Ten gesagt, daß den Oberschlesiern nicht zu trauen sei, die SA insbesondere sei aus unzuverlässigen in der Presse lesen kann, noch zu hören bekommt, Elementen zusammengesetzt, die gestern noch bei bestätigt jetzt der Bund Deutscher Osten  " in sei­polnischen Aufständischen und dem Rot Front­nen Versammlungen. Sie dienen dem ,, Schutz des Bunde waren und heute überzeugte National­Grenzlandes" und vor allen Dingen der Abwehr sozialisten" sind.

Vor einigen Wochen hat man in oberschle­sischen Betrieben Polizei und Kriminalbeamte als Facharbeiter eingesetzt, die die Stimmung in den Betrieben fontrollieren sollten, weil die Berichte

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Katholiken, Marristen und Juden werden wieder einmal als die größte Gefahr bezeichnet, Staatsfeinde, die besonders zu beobachten find. Man muß sagen, daß in den letzten Tagen auf

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daran liegt, daß unser Staat die gegenwärtigent Schivierigkeiten überwindet.

Aehnlich schreibt der ,, Venkov":

Unsere Ruhe quillt aus dem Bewußtsein der cigenen Kraft, sowie aus dem Bewußtsein der Kräfte der Weltdemokratien, welche nicht knien, sondern aufrecht stehen, welche auf der Wacht sind und ihr entschiedenes Wort gesagt haben: Wir wollen den Frieden, wir bereiten den Frieden vor, aber nicht um den Preis der Vergewaltigung der Freiheit der Nationen.

An einer anderen Stelle sagt das Blatt:

Vom Standpunkt der Außenpolitik müssen wir offen, unerbittlich, entschieden unserer Deffentlich feit sagen, auch wenn es ihr nicht gefallen sollte: Insidente sind Arbeit gegen den Frieden. Inzi dente helfen dem Feind. Insidente kompromittie ren uns in der öffentlichen Meinung der Welt.

Vertreter der deutschen   freien

frühere Gewerkschaftsfunktionäre Jagd gemadt Gewerkschaften bel Lord Runciman wird, es regnet Vorladungen zur Gestapo  , Haus­Am Dienstag, den 30. Auguft, elf Uhr vor­suchungen werden nachts durchgeführt, von unter- mittags, wurde eine Delegation der Zentralge. tage Bergarbeiter herausgeholt, weil sie etwas werkschaftskommission des Deutschen Gewerk­von der Opposition oder von einem Flugzettei( bundes, bestehend aus dem Vorsitzenden Stellver­wissen sollen. Aber der Erfolg" ist negativ, man treter, Fr. Kaufmann- Komotaur, Peter Schmidt, kann den Gerüchtemachern, besonders über den Sekretär der Union der Textilarbeiter, und Wil­nahen Kriegsausbruch, nicht beikommen. Nun helm Weigel, Reichenberg, von den Mitarbeitern werden von der Gestapo   besonders die Zuwande- des Stabes Lord Runciman empfahrgen. Sie rer, Hitlers   Auslandsdeutsche, unter Kontrolle überreichten eine Denkschrift über die gegenwär. genommen. Man vernimmt diese neuen Volts- tige Situation im farbetendeutschen Industriege­genossen stundenlang, warum jie noch nicht biete und über die Möglichkeiten der Befferung der NSDAP   angehören, warum die Frau nicht in der Wertschaftslage.

der NS  - Wohlfahrt ist und die Kinder noch der Hitlerjugend und dem Bund deutscher Mädels ferngeblieben sind. Konnten sie dies nicht in Polen  Auch Kostka bei Runciman  tun, so ist es Zeit, daß sie es nachholen. Zur Runcimans hat Dienstag um 17 Uhr folgenden Prag  . Das Sekretariat der Mission Lord Strafe bemerkt dann der neue Volksgenosse, daß Bericht ausgegeben: Heute um 11 Uhr vormit ihm vom Lohn drei Monate rückwirkend die ge= ſamten Beiträge für die genannten Organisation Internationalen Metallarbeiterverbandes in tags wurden F. Kaufmann, Vorsitzender des nen abgezogen worden find. Man will aber auch. Stomotau, Peter Schmidt, Sekretär der Union  wissen, ob man noch mit Verwandten in Polen   in der Textilarbeiter in Reichenberg   und W. We i Verbindung steht, ob diese Marristen sind, was ge 1, Sekretär der Deutschen   Gewerkschaftstom­diese machen und macht es ihnen zur Pflicht, daß sie über alle diese Dinge zu berichten haben, wenn sie echte Nationalsozialiſten ſein wollen. Kriegs­furcht beherrscht Deutsch  - Oberschlesien   und die größte Angst legen die Nazis selbst an den Tag. Tschechische Blätter rufen croir speiste heute mittags mit Lord Runciman zur Besonnenheit auf

gegen die Spionengefahr. Da empört sich ein Tschechische Blätter rufen

Wanderredner des Bundes Deutscher Osten  " darüber, daß in Deutschland   Spionengefahr be­stehe, solche Gerüchte seien unwahr, aber, obwohl

die Preſſe darüber schweigt, ist bekannt, daß im

her Gestapo  , ban, Agenten au optimistic find und die Wertsverwaltungen nur, von De- ſtandes wegen Verbindung mit dem Ausland ver­geisterung für Adolf Hitler   zu berichten wissen, haftet und erschossen worden ist, daß ein Eisen­während die zahlreichen Verhaftungen staats- bahner in Groß- Strehliz zu 20 Jahren Zucht­feindlicher Elemente und vor allem die zahlreichen haus verurteilt wurde und nur deshalb mit dem Flugblätter in den Gruben, das Gegenteil be- Leben davon kam, weil er geständig war und zur weisen. Vergeblich war die Reorganisierung der Aufdedung eines Spionageneßes in ganz Schle­Gestapo, auch die Berliner   Spizel vermochten die sien beigetragen hat. Der Verkehrsplan für eine Oppositionsnester nicht zu entdecken, die Arbeiter Mobilisierung für die oberschlesischen Eisenbah­werden immer widerspenstiger, wagen sich mit den nen soll an eine ,, befreundete Macht" durch besag­unmöglichsten Beschwerden an die Vertrauensräte, ten Eisenbahner verraten worden sein. Vor Wo­die zum größten Teil gemeinsame Sache mit der chen verhaftete man innerhalb der polnischen Min­Belegschaft machen. Der Stadtrat und Kreisleiter derheit im Groß- Strehlißer Kreis etwa 74 Bau­der Hindenburger Arbeitsfront, Ring, mußte sichern und Landarbeiter, die beschuldigt wurden, von einem Betriebschef sagen lassen, daß seine In­terventionen über die unhaltbare Lage in den Werken solange fruchtlos bleiben werde, solange man nicht nur Versprechungen den Arbeitern

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DIE SPIONIN

VON W. STERNFELD

einen Anschlag auf das Ehrenmal für die Selbst­schußfämpfer auf dem St. Annaberg geplant zu haben, inzwischen ergab die Ermittlung, daß an diesem Anschlag waschechte Nazis aus der SA  

unverdächtigem Gespräche die beiden Beamten und beobachteten genau jeden ihrer Schritte, jede Geste. Sie tat, als ob sie sich bei dem Vesizer nach Louis erkundige, benußte aber die Gelegen heit, ihm zu sagen, daß sie selbst verhaftet und heute nur zum Schein auf der Suche nach Lam­pert sei. Der Wirt möge diesen und ihren Vater Die einzige, die ihn fannte, war Hermine. Wenn sofort verständigen und beiden dringend zur man sie überreden könnte, ihn zu verraten! Man Flucht raten. Dann ging sie, wie suchend sich um­sicherte ihr Gnade zu. Wergevens! Sie lehnte ab. sehend, hinaus und berichtete, daß" Louis" sich Sie dachte nur daran, ihren Water zu retten und seit Wochen nicht mehr im Lotal gezeigt habe. alle noch freien Mitglieder zu verständigen. Wenn Noch in einige andere Lokale ging sie, von denen jie in ihrer Belle allein war, grübelte jie, wie jie jie genau wußte, daß dort tein Mitglied der diejes Ziel erreichen könnte. Endlich glaubte sie. Organisation verkehrte, ſo daß ſie ſicher war, nie den Weg gefunden zu haben. Sie beschloß, zum mandem von ihnen zu begegnen. Am späten Abend Schein auf den Vorschlag, Louis zu verraten, ein- fuhr man nach Mons   zurück, Hermine froh in zugehen und erklärte sich bereit, mit zwei Strimi dem Glauben, ihren Vater und Lampert gerettet nalbeamten die verschiedenen Cafés in Brüssel   zu haben. aufzusuchen, von denen sie wußte, daß der Leiter Bald aber sollte sich dieser Glaube als ein der Spionage früher dort verkehrt habe. Sie Irrtum herausstellen. Sei es, daß der Wirt teine wurde daher von Mons   nach Brüssel   gebracht. Möglichkeit gehabt hatte, die Nachricht Herminens und mit zwei Herren in Zivil ging sie von einem weiterzugeben, sei es, daß er sich nicht selbst in Café zum andern. Es war verabredet, daß sie Gefahr begeben wollte- furz, Lampert und er­die Café allein betreten solle, sich aber stets im minens Vater wurden nicht verständigt, und nach Blickfeld der draußen stehenden Beamten halten wenigen Wochen faßen beide und noch mehrere müsse, damit jeder Fluchtversuch unmöglich sei, andere, bis dahin noch nicht verhaftet gewesene andererseits aber auch die Aufmerksamkeit etwa Organisationsmitglieder in den deutschen   Unter anwesender Verschworener nicht sofort auf die suchungsgefängnissen.

Auch die tschechischen Blätter erkennen die

mission in Reichenberg   von den Mitgliedern des Stabes der Mission Lord Runcimans empfangen, denen sie ein Memorandum vorlegten, das von der gegenwärtigen Wirtschaftslage in der sudeten­ deutschen   Industrie und den allfälligen Möglich­feiten ihrer Besserung handelt.

Der französische   Gesandte in Prag   de La. und dessen Gemahlin im Hotel Alcron.

Der Vorsitzende der Deutsch  - demokratischen Notwendigkeit für die gesamte demokratische Be- reiheitspartei Senator C. No st ta und der Ge­schäftsführer der Partei Prof. Dr. S. Schmidt jolie bem Peitten Reid leine Gelegen der Sdß i Neich feine Gelegens Runcimans empfangen, benen fie ein Me wurden heute von den Mitgliedern der Mission heit zu geben, die Deutschland   Anlaß zu irgend- morandum vorlegten und hiezu die erforderlichen welchem Eingreifen geben könnte. So schreiben Erläuterungen gaben. die Národní Listy":

Immer mehr wird der Plan ersichtlich, aus uns Angreifer zu machen. Das hat für die Wei­Der Minister für auswärtige Angelegen­terentwicklung der Begebenheiten eine große Beheiten Dr. Kamil Kroft a empfing Dienstag deutung. Es soll dadurch im Ausland der Eindruck den Bischof von Nitra   Karol Kmeffo und den erwedt werden, daß wir im Unrecht sind. Es soll diplomatischen Korrespondenten des Londoner  dadurch auf den Standpunkt der anderen Staaten Blattes Times" 3. MacDonald. eingewirft werden. Es gibt überhaupt feinen Zwei- Für die Staatsverteidigung. Der Spenden­fel, wie wir uns diesen Absichten gegenüber ver- ausweis zum 25. August weist eine Zunahme der halten sollen. Unser Bestreben muß dahin gehen, effettiv eingezahlten Spenden um 845.756.05 auf dem Gebiet unseres Staates Nuhe und Ord- aus, wodurch sich der Gesamtstand der eingezahl= nung aufrechtzuerhalien. Das ist nicht nur die ten Spenden auf 473,754.648.80 erhöht hat. Aufgabe der Regierung und ihrer Erelutivorgane. Die Zahl der Spender ist um 764 Personen auf Es ist dies eine Aufgabe für alle Bürger, denen 210.155 Personen gestiegen.

nur ihren Stolz und eine mutige Haltung, sons| in ihrer wallonischen Heimat zur Arbeit gesungen dern zeitweise auch einen Frohsinn, der selbst die hatte, Lieder von einer immer wieder gean­deutschen Beamten in Erstaunen sezte. Dabei gen nehmenden Zartheit und Weichheit. Manch­mußte jie erkennen, daß nicht alle ihre männlichen mal drang auch die Melodie aus der Zelle hinaus Kameraden sich wie Männer benahmen. Viele auf den Gang, wo die Posten patrouillierten. brachen jeelisch unter der Belastung der Schwere der Anklage zusammen. Am feigsten benahm sich Lampert, in dessen Händen eigentlich die Führung der Organisation hätte liegen sollen: um sein eigenes Leben zu retten, verriet er alle Einzel­heiten der Spionage und jeden der Mitverschwo­renen.

Dann aber überfam sie wieder eine tiefe Traurig­feit, ihr schauderte vor dem Geschickt, das ihrer harrte, und sie dachte voller Angst und Schrecken an die Art ihrer Hinrichtung. In diesen Stunden flossen ihre Tränen unaufhörlich, ohne daß ein Laut über ihre Lippen kam, obgleich ihr Störper schluchzte. Bis sie müde vor Erschöpfung nie er jant und einschlief.

Die Haltung, die sie nach außen hin wäh­rend der Zeit ihrer Untersuchungshaft zeigte, be­wahrte sie auch während der Tage der Verhand­lung vor dem deutschen   Kriegsgericht. Vollkom­men ruhig und gefaßt wiederholte sie ihre zuletzt gemachten Angaben. Sie leugnete nichts mehr, beschönigte nichts, suchte nicht nach Entschuldigun gen. Sie hatte das getan, wessen man sie hier an­klagte. Voilà tout!- Die einzige Bitte, die sie aussprach, als man sie zum letzten Male vor die Schranken rief, galt dem Schicksal ihres Vaters.

Ein bitteres Gefühl überkam Hermine, als sie vom Verrat Lamperts Kenntnis erhielt. Viel hatte sie nie von ihm gehalten, aber jetzt erst er­fannte sie, wie wenig er wert war. Sie bereute nichts von dem, was sie getan hatte. Sie suchte zu erforschen, warum gerade sie, die doch nie son derlich viel von nationalen Redereien gehalten hatte, so zu handeln gezwungen war. Sie wußte, daß nichts Heroisches in ihr war, und unange nehm war ihr der Gedanke, in den Augen ihrer Leute jetzt als Märtyrerin zu gelten. Aber genau so entrüstet lehnte sie es ab, sich als Verbrecherin zu betrachten, als die im Laufe der Untersuchung sie ein deutscher   Beamter bezeichnet hatte. Motiv Dieser Stolz ohne Hochmut, diese Anmut ihres Handelns war einfach ein natürliches ohne Stofetterie, diese Freimütigteit ohne Ueber­Empfinden für Heimat und Volt gewesen, das heblichkeit verfehlten ihre Wirkung auf ihre Rich aber erst in ihr wach geworden, als Henrys Ver. ter nicht. Der ganze Gerichtshof bezeigte Achtung halten ihr wie Verrat erschienen war und ihr vor dem Mute dieser Frau, die die Männer lehrte, plößlich bewußt wurde, daß es nicht Aufgabe des mannhaft zu sein, und die die einzige ihres Ge­Heeres und der Verbündeten allein sei, die frem schlechts unter den vielen Angeklagten war.( Ich den Eindringlinge aus der Heimat zu jagen. Auch habe vor einigen Jahren den Bericht eines deuts Troß gegen Henryts Tun war mit im Spiel der schen Kriminalbeamten gelesen, der diesem Pro­Kräfte gewesen, die sie zu ihren Entschlüssen ge- zesse beigewohnt, und der öffentlich, ohne die An­trieben hatten. geflagte je gefannt zu haben, in Tönen höchster Bewunderung von ihrem Verhalten und ihrem Charakter gesprochen hat.)

Hermine begleitenden Kriminalbeamten gelenkt In immer neuen Verhören sah sich Hermine werde. Erst auf ein verabredetes Zeichen Ser- genötigt, ihre gemachten Geständnisse zu erweis minens sollten die Beamten das Lotal betreren. tern. Aber immer blieb sie ihrem Bemühen treu, Mit blaffem Gesicht und zitternden Gliedern feinen Komplicen durch ihre Aussagen zu be­betrat sie die ihr vertrauten Gaststätten, immer lasten. Immer enger wurde das Neß der Beweise voller Angst, von einem ihrer Mitverschworenen gegen sie und die andern Verschworenen. Eine angesprochen zu werden. Dies wäre natürlich für Verhaftung folgte der andern, bis man glaubte, jeden von ihnen das sichere Verderben gewesen. endlich alle hinter Schloß und Riegel zu haben. Doch sie hatte Glück, sie sah teinen ihrer Mit Gegen neununddreißig Belgier wurde die Ans Endlos zogen sich die Wochen der Unter­verschworenen und wurde von feinem Menschen flage des Hochverrats erhoben. Die belastendsten suchung hin. Stundenlang lief fie in ihrer Belle begrüßt. In einem Lokal, dessen Inhaber sie Beweisstücke richteten sich gegen Lampert und auf und ab. Zuweilen seste sie sich, um auszus genau fannte und der selbst von der Organisation Hermine. In ihrer Tätigkeit war die Arbeit aller ruhen, auf einen Schemel, ließ den Kopf in die iwußte, gelangte sie ungehindert bis zum Büffett. anderen zusammengelaufen. Troß dieser sie mit Hand sinken und fummte leise und mechanisch Vor den großen Fenstern des Cafés standen in dem Tode bedrohenden Anklagen bewahrte sie nicht die alten franzöfifchen Weisen, die sie vor Jahren

( Fortseßung folgt)