Nr. 216

Mittwoch, 11. Snrtentker 1938

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Was ist das Standrecht?

«LmUch dieRund- Sudetendeutschen

Die Morgennebel und die starken Regenfälle er­schweren allerdings die Militäraktionen. Ein wei­terer Nachteil besteht darin, daß die ausgebildeten Jahrgänge im Herbst entlasten werden und die Belastung dieses Jahrgangs im Dienste die Ber- teidigungskräste rechtzeitig sicherstellt. Die Früh­jahrsmonate(März, April, Mai) sind noch gün­stiger für den Angreifer. Der im Herbst eingezo­gene Jahrgang kann zur Rot bereits eingesetzt werden, das Terrain ist übersichtlich mit allen Vorteilen der Herbstmonate ohne deren Nachteile, Die Sommermonate(Juni, Juli, August) find am günstigsten für die Eröffnung der Ope­rationen. Die meisten Kriege haben im Sommer begonnen: Der Krieg 1866 am 14. Juni, der deutsch -französische Krieg 1870 am 19. Juli, der russisch -japanische Krieg 1904 begann allerdings im Frühjahr, der erste Balkankrieg am 8. Okto­ber 1912, der zweite am 28. Juni 1913. Der Weltkrieg am 28. Juli 1914, der spanische Bür­gerkrieg am 18. Juli 1936, der abessinische Krieg Anfang Oktober, der japanische -chinesische Krieg am 13. August. Wir sehen in der langen Reihe der Kriege ist keiner in den Spätherbst- und Wintermonaten ausgebrochen.

Zu- um Gr­aus der

darum kein Volksgenosse geworden. Anders steht es mit einem anderen alten Mann, mit dem Pfar­rer, von dem man sich gar kein Bild machen kann. Ein katholischer Pfarrer, Leute, und ein Rasten- kämpferl Habt ihr so etwas jemals gehört? Da soll «iner sagen, eS gibt nichts Neues auf der Welt... Es gibt immer Neues, immer noch gebiert sich daS Böse seine Brut, immer noch streichen die Häscher durch die Wälder, durch Wüsten, durch Oliven­haine und suchen den Mcnschensohn, auf daß sie ihn zu Tode bringen I Aber eines darf man nicht vergeffen: daß unser Leben einen tiefen Sinn hat, nicht nur für den Einzelnen, sondern vor der ganzen Geschichte der Welt, und daß dieser Sinn darin besteht, daß nmn lernen muß, daß alles ein« Lehre ist, nach der wir Fehler und Fehler verbeffern können, um eines Tages, soweit es menschenmöglich ist, einer glücklichen Zukunft entgegen zu gehen. Aber vom Sportplatz dringen Kommando­schreie zu mir herüber. Zackig klingt daS: Habt acht, rechtsum, und vorwärts marsch, marsch I Es ist unsere Jugend, die man ertüchtigt, die für etwas gedrillt wird von einem Herrn, der vom Gauturnwart entsandt wurde und sich OrtSturn- wart nennt. ES ist gerade so, als sollten sie schon morgen losgehen, mit Gesang und Stechschritt. Für wen? Gegen wen? Ja, das sind Fragen, die man nicht erörtern will. Wenn man den OrtSturnwart fragt, da ist er wie eine Sphinx. Die Geschichte vom Pfarrer aber werde ich ein an-

Die gesetzliche Grundlage für die Prokla­mierung des Standrechtes bildet die Strafprozess­ordnung vom 23. Mai 1873, RGBl . 119, wel­ches über das Standrecht in den Paragraphen 429 bis 446 handelt. Das Standrecht kann im Falle des Aufruhr- verhängt werden, wenn die übrigen gesetzlichen Mittel zu dessen Unter­drückung nicht ausreichen. Die Proklamierung de- Standrechtes steht dem Landespräsidenten im Einverständnis mit dem Obergerichtspräsidenten und mit dem Oberprokurator oder bei Gefahr im Verzüge auch dem Vorsteher der politischen Be­zirksbehörde im Einverständnis mit dem Präsi­denten des Gerichtshofes erster Instanz und dem Staatsanwalt zu. Äusser dem Fall des Aufruhrs kann daS standrechtliche Verfahren auch für Ver­brechen des Mordes, der Brandlegung, des Rau­bes und der böswilligen Beschädigung fremden Eigentums angeordnet werden, wenn sie in ein­zelnen oder mehreren Bezirken in besonders ge­fahrdrohender Weise um sich greifen. Dabei kann das Standrecht nur auf eine bestimmte Art der Verübung eines dieser Verbrechen, z. B. Beschä­digung von Fabriken, Eisenbahnen p. ä. be­schränkt werden. In diesem zweiten Falle steht die Verkündung des Standrechtes dem Innen­minister im Einverständnis mit dem Justiz­minister zu. Ueber die Verhängung des Standrechtes ist in allen Fällen der Nationalversammlung oder, wenn diese nicht tagt, dem Ständigen Ausschuss nach§ 54 der Berfastungsurkunde Bericht zu er­statten. Hinsichtlich der Gerichtszuständigkeit ist ausschließlich der Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel das Standrecht verkündet wurde, für alle in, dessen Sprengel verübten Straftaten, auf welche sich das Standrecht bezieht, sowie für Mitschuld an diesen Verbrechen und jede strafbare Beteiligung an diesen zuständig. Das Stand­gericht setzt sich aus vier Richtern zusammen, von denen einer den Vorsitz führt. Tagen kann es in welchem Orte des Bezirkes immer, für welchen das Standrecht verkündet wurde. Besonderheiten des Verfahren? find: Der Staatsanwalt hat sich sofort, sobald ein Beschul­digter betroffen wurde, entweder für das stand­rechtliche oder für das ordentliche Verfahren zu entscheiden. Im standrechtlichen Verfahren gibt eS

Prag . Der Vorsitzende der Regierung Dr. Milan HodZa empfing Dienstag den französischen Gesandten in Prag Grafen Victor de la Croix und den englischen Gesandten Newton.

kein besonderes vorbereitendes oder Uebergangs- stadium. Das ganze Verfahren findet mündlich vor dem Standgericht statt, und zwar womöglich ohne Unterbrechung und soll nicht länger als drei Tage von dem Zeitpunkt, da der Beschuldigte vor das Standgericht gestellt wurde, bis zum Schluß des Beweisverfahrens dauern. Die Oeffentlichkeit kann im Verfahren vor dem Standgericht ausge­schlossen werden. Jeder Angeklagte muss einen Verteidiger haben. Die Arte« der Entscheidung des Standgerichtes sind: 1. Freispruch, 2. Verurteilendes Erkenntnis, zu dem Einstimmigkeit notwendig ist. Z» der Regel ist ein Todesurteil zu fällen, und zwar auch wen« es im Strafgesetzbuch für die Straftat, um die eS sich handelt, nicht vorgesehen ist. Rur wen» durch die an einem oder einigen am meisten strafbaren Schuldigen vollzogene To­desstrafe ein zur Wiederherstellung der Ruhe notwendiges abschreckendes Bei­spiel bereits gegeben wurde, können auS wichtige» Milderungsgründen den­jenigen, welche in minderem Matze be­teiligt waren, statt dar Todesstrafe schwere Kerkerstrafe« von fünf bis zwanzig Zähren auferlegt werden. Diese Strafe ist auch denjenigen aufzu­erlegen, die zur Zeit der Tat das 20. Le­bensjahr noch nicht vollendet habe«. Gegen das Urteil des Standgerichtes können nicht die übliche« Rechtsmittel (Dernfung, Nichtigkeitsbeschwerde) an- gewendet werden. Die Todesstrafe soll innerhalb zwei, längstens aber inner­halb von drei Stunden«ach der!lr- teüsverkündung vollstreckt werden. Das Standrecht soll sofort aufgehoben wer­den, sobald der Grund, dessentwegen es verhängt wurde, weggefallen ist. Die Aufhebung steht den gleichen Personen wie die Verkündung zu. Ausser­dem ist die Regierung verpflichtet, das Stand­recht aufzuheben, sobald eine Kammer oder der Ständige Ausschuss dies verlangt.

Diekrlegsgefährllchen Monate** Düstojniett lisch"(das Blatt des Offiziers­verbandes): Die Wahrscheinlichkeit eines Kriegs­ausbruchs ist im Laufe eines Jahres nicht gleich­bleibend. Die modernen Kriegswaffen sind zum Teil ziemlich empfindlich gegen ungünstiges Ter­rain und ungünstiges Wetter, die sehr leistungs­fähigen Schusswaffen bedürfen mächtiger Muni- tionstransporte und daher ist es fiir die beabsich­tigte Operation nützlich, die bestgeeignete Zeit auszusuchen. Die Wintermonate(Dezember, Jänner und Feber) sind für die Kriegsoperationen am ungün­stigsten. Schnee und Frost erschweren die Trup­penbewegungen, namentlich aber die Tank, und Fahrzeugbewegung, die für den sogenannten schnellen Krieg unentbehrlich sind. Am ungünstig­sten sind diese Verhältnisse im Gebirge, was ge­rade für unseren Staat am wichtigsten ist, da der Angreifer gleich bei Kriegsbeginn auf schwere Hindernisse stiesse. Die kurzen Wintertage bieten wenig Zeit für die Auskundschaftung und erschwe­ren die Beobachtung, was wieder für den Angrei­fer, der auf unbekanntem Terrain kämpft, beson­ders behindert. Die Herbstmonate(September, Oktober, November) sind für die Eröffnung der Kriegs­operationen bedeutend günstiger. Die Landschaft, die schon der Getreidekulturen entblösst ist, bietet gute Sicht und dem Verteidiger geringeren Schutz.

Je besser ein Staat ist, desto angelegent­licher und glücklicher wird in ihm die Humani­tät gepflegt; je inhumaner, desto unglücklicher und ärger. Dies geht durch alle Glieder und Verbindungen desselben von der Hütte an bis »um Throne. Johann Gottfried Herder .(Briefe zur Beförderung der Humanität ").

Nicht jeher ist ein Patriot, der nicht deutsch kann, konstattert dieBräzda" in einem Artikel, welcher für die Reform und Intensivierung des Deutschunterrichtes an den tschechischen Schulen eintritt: Das Deutsche müssen wir an allen in Betracht kommenden Schulen als einen ausser­ordentlich wichtigen Gegenstand ansehen, welchem die größte Sorgfalt zu widmen ist. Die Unkennt­nis des Deutschen ist für uns ein teurer Luxus, den wir uns nicht erlauben können, und darum dürfen wir nicht weiter untätig zusehen, wie an den Mittelschulen Absolventen maturieren, wel­che selbst nach einem achtjährigen Studium des Deutschen so armselige Kenntnisse aufweisen, dass sie für den praktischen Gebrauch fast völlig wert­los sind. Nach achtjähriger Arbeit bringen sie nicht einmal die gewöhnlichste Konversation zu­stande. So unfähig und untalentiert sind unsere Studenten denn doch nicht und so muß man den Fehler anderswo suchen. Wenn die Methoden falsch sind, dann mutz man sie ändern, wenn viel­leicht unsere Professoren schlecht sein sollten, müs­sen sie ausgewechselt werden. Richt jeder Stu­dent hat die Möglichkeit, sich einen privaten Deutschlehrer zu halten, der gutmachen kann, was die Schule versäumt hat. Die Sache müssen wir ernsthaft in die Hand nehmen. Wir können dem Schulministerium die Reihe der vorbereiteten und bisher nicht verwirklichten Reformen verzeihen, aber die unhaltbaren Zustände im Deutschunter­richt können wir ihm nicht weiter verzeihen. Wir würden uns damit am Staate und an der jungen Generation versündigen und daher müssen wir darauf dringen, datz sich das Schulministerium seiner Verantwortung bewutzt wird. Und unsere Hochschulen müssen sich von ihrer Befangenheit in nattonaler Einseitigkeit emanzipieren, unter deren WÄung das wissenschaftliche Schaffen und der Anteil am praktischen Leben leiden. Ein wenig ftische Luft würde gewiss einen stärkeren Besuch fremdsprachiger Hochschulen durch tsche­chische Hörer mit sich bringen. Wenn der Staat mit bedeutendem Aufwand bei uns deutsche Hoch­schulen erhält, würde es nicht schaden, wenn auch der tschechische Hörer die Möglichkeit hätte, eist oder daS andere Semester an der deutschen Hoch­schule zu absolvieren, wobei ihm diese Semester in sein ordentliches Studium voll eingerechnet würden. Für die Staatsverteidigung. Der Spenden­ausweis zum 12. September weist eine nähme der effektiv eingezahlten Spenden 1,524.578.70 KC aus, wodurch sich der samtstand der eingezahlten Spenden 507,541.366.10 erhöht hat. Die Zahl Spender ist um 1338 Personen auf 235.944 Personen gestiegen.

Leichen derleit" Angesichts der gestern herausge- kommeneu abermals verschärfte» Zen- surweisung, die eine wahrheitsgemäße Berichterstattung über die Entwicklung der innerpolitischen Lage vollständig unterbindet, wirdDie Zeit** ihr Er­scheinen vorübergehend einstelle«. Für diese Pause verweisen wir unsere Leser als Nachrichtenquellen auf de« Rund» funk. Eine» ähnliche» Entschluß veröf­fentliche« die übrigen parteioffiziellen oder offiziösen in Prag erscheinende« Organe der SdP, schau" und die Preffebriefe".

» Die am Dienstag abend von Bodenbach nach Dresden fahrenden Züge waren auffallend start besetzt. ES reisten viele Reichsdeutsche, aber auch viele Sudeteirdeutsche ab. Besonders auffallend war der Zuzug aus dem Egerland .

Die kmpttnge Runcimans Prag . Da' Sekretariat der Mission LordRuncimans hat Diens­tag um 17 Uhr folgenden Bericht auSgegeben: Die Mission Lord Runcimans hat Dienstag vormittags den Abgeordneten Jaromir Spaöek, der die tschechischen Mitglieder des Abgeordneten­hauses aus dem Mährisch-Ostrauer Bezirk ver­tritt, gemeinsam mit dem Grossgrundbesitzer Frantisek Schwarzenberg , der als Vertreter des Tschechoslowakischen Nationalrates erschienen war, empfangen. Die Mission Lord Runcimans empfing fer­ner eine gemeinsame Deputation der Republika­nischen Partei und des autonomen landwirtschaft­lichen Verbandes aus Karpathoruhland. Die Republikanische Partei vertraten der Abg. Peir Zidovskh und Senator Dr. E. BaLinskh, den auto­nomen Landwirte-Verband die Abgeordneten Andrej Brody und Dr. Ivan Pieskak sowie Se- nator Julius Földesi. Die Deputation war von Dr. Alexis Gierowski, Generalsekretär des Kar- pathoruffischen Verbandes begleitet.

Grenzlandskizze V. Von Ferdinand E n z k i n Biel Unverständliches geschieht jetzt bei unS. Von unserem Pfarrer, der alt, weisshaarig uni) eifernd fiir Christus war, soll später die Rede sein. . Aber es gibt noch eine ganze Menge von Gescheh« mffen, die einen den Kopf schütteln lassen ob­wohl sie wieder nicht unbegreiflich find, wenn man die ganze Verworrenheit berücksichtigt,. die in unfern Dörfern herrscht. Zuerst einmal ist es die Jugend. Die jungen Burschen von vierzehn an sind Politiker geworden habt ihr so etwas schon gehört?! Und sie sind von einer Wichtigkeit, die Kinder! Abends, wenn die Sonne sich über den Horizont beugt, um noch einmal nach den Feldern zu sehen, stehen sie an den Häuserecken in lleinen Gruppen und polttisieren, schaffen in ihren Kinds­köpfen neue Staaten und vernichten die Republik . Sie tragen sich älplerisch und haben Abzeichen an­gesteckt und manchesmal gehen sie mit etwelche» Aufrufen und Aufforderungen zu Versammlungen i» die Häuser, abends, wenn die Leute von den Feldern kommen. Sie sind nicht mehr verlegen, wie sie es fru- ber waren, sie haben eine bedeutende Aufgabe vor der Volksgemeinschaft, und also dürfen sie e» wagen, eine kühne Sprache zu führen dem Er­wachsenen gegenüber, der sich einen Einwand er­laubt. So wird zwar das Selbstbewusstsein der Jungen gesteigert zur Ueberheblichkeit, aber besser, wertvoller, werden sie davon nicht! Gewiss ist es nicht die Schuld der jungen Burschen vom Dorf, die ihrer Einfalt gehorchen, wenn sie sich einer Partei zugesellen, die mit Klimbim und Trara sie zu fangen trachtet. Was war das früher für eine stille Sache! Die Jungen hatten keine Aufgabe als jung zu sein. Man hatte ihnen wohl was gesagt von: seid .verträglich, achtet den andern, vergesst nicht, daß wir Menschen sind. DaS war aber alles. Heute wird ihnen mehr gesagt. Heute wird gesagt: die andern sind nichts gegen euch, ihr seid Volks« qenoffen, ihr seid die, die zur Herrschaft berufen sind, und wer sich gegen euch stellt, den vernichtet! Ist eS da ein Wunder, wenn sie»sich fühlen"? Denn sie jeden, der ihnen als andersgesinnt be­kannt ist, mit spöttischen Blicken verfolgen, unsere jungen Helden? Rur den Gendarmen nicht! Da werden sie still, und einer, der gerade eine kräftige Mundklinge geführt hat, ist sogar bereit, in seiner Brettertür zu verschwinden. Aber der Zivilbe- völlerung geben sie manche Ruß zu knacken. Eine durchaus schäbige Gesinnung breitet sich aus. Gegen den Schwächeren gehtS. Das ist das neue Gesetz deS Heldentums. Ich habe euch schon von jenem Emigranten erzählt, den wir im Dorf hatten. Was hat sich die Jugend fiir ein Verdienst um seine Vertreibung erworben! Das gehört nicht in die Annalen des Kampfes, den ein Volk führt, es ist der Kampf eines Volkes nicht es ist ein Kampf, um Lum­pen aus Menschen zu machen, denen Gott alle Möglichkeiten zur Güte ins Herz gelegt hat! Was nun die Sache mit dem Emigranten betrifft, der so fteundlich und still war, so wurde er von lleinen Gruppen der Jungen zuerst des öfteren heimbe- gleitet. Richt offen natürlich, nein, hinterrücks schlichen sie nach Jndianerart auf seinen Fersen. Dann begannen sie zu rufen und schließlich war­st» sie Steine deS Nachts in die lleinen Fenster der Emigrantenwohnung. Mer das sind ja nur unwichtige Dinge, könnte man sagen, und sie als Jungenstreiche bezeichnen. Biel schlimmer ist die Geschichte, die dem Lechner Emil zustieß. Ein einfacher Mann an die fünfzig. Ein guter Mann. Breitschultrig, mageren Kopf und angegrauten Schnauzbart. Ter Lechner Emil hat einen Sohn, den Franz, der ist sechzehn, und der Sohn wurde der politische Geg­ner des Vaters. Der Sohn wurde volksbewußt, stht an! L Der Vater härmte sich. Er hatte seine gute Gesinnung sein Leben lang, hatte seine Ansichten hon Gerechtigkeit, Freiheit und was man so als anständiger Mensch in sich trägt. Aber der Sohn sollte plötzlich nichts mehr damit zu tun haben, wollte einen Führer haben, einen, der ihn zum Marsch in die Zukunft, in den Schützengraben, ausrichtet. Das wollte er haben! Also der alte Rechner kränkt sich Tag und Nacht, aber eS nützte nichts. Ein Verräter bist du, sagt der Sechzehn- lährige zum Vater, ein Bolksverräter! Kurz, der alte Lechner macht die scharfe «robe und sagt: Lass den Firlefanz sein, sonst gehst niir auS dem Haus. Er schielt den Jungen dabei au von der Seite, denn sein Herz hängt an ihm. und der Junge ist einen Augenblick ganz still, schliesslich kriegt er eine Falte auf der Kinderstirn n«d schiebt den Mund vor, aber spricht kein Wort, "ud der Lechner Emil versteht nichts von Kinder- Ahchologie und dergleichen, er denkt: so, nun ist in Ordnung! Er geht befriedigt seiner Arbeit Busch nach, nimmt Axt und Säge und geht da- M in den Busch. Der Jung' wird schon wieder, ^nkt er. U Ja, und der Junge hat die Absicht, wieder zu a>krden. Als sie kommen, er solle eine Haken- stkuzfahne hissen, am Präsidentengeburtstag, sagt Nein, ich tu's nicht, der Alte, wirst mich raus! So so, sagen sie, na, da kann's deinem Vater pf gehn. TvS iS ein Rindvieh, weisst! Was "ttikst,-er wird ein' Kopf kürzer gemacht, wenn'S ^wmt, der Bolksverräter. Bor das Bolksgericht a>ird er gestellt und da gibts nur Todesstrafe! So reden sie und erweisen sich als sehr ver« Da wird dem lleinen sechzehnjährigen Franz ängstlich zumute und er denkt gar, dass er daS ^ben seines Vaters retten muß denn wer ^>8, vielleicht kommen sie morgen schon,,.

Man ist auf alles wunderbare Unheil vorbereitet ranz grau, em alter Mann plötzlich. Aber er ist bei uns, selbst die Erwachsenen nehmen ihren Ver ­stand nicht mehr zusammen, wie erst die Kinder? Also er hisst des Nachts die Fahne, eine Hakenkreuzfahne auf dem Sportplatz, der bet ein ­zige grössere Platz bei uns ist. Am nächsten Mor ­gen erwacht, zeitiger als das Dorf, der Gendarm, geht auf den Dienstgang und sieht die Fahne wehen. Er sieht sich das an, schüttelt den Kopf, holt sie herunter und bringt sie dorthin, wo sie hingehört jenseits des Grenzsteines der Repu ­blik. Das war das Ganze. Aber ein Gerede wurde daraus und der Franz bekam es mit der Angst. Er lief eines Tages, blossfüssig und mir mit Hemd und Hose belleidet, davon, hinüber, seiner Fahne nach. Nun ist der Alte verzweifelt. Er ringt die Hände und ist ganz grau geworden und seine brei ­ten Schultern sind gebückt. Er hat auch immer rote Augen. Denn der Junge war sein Alles. Er muss Wohl auch drüben vorlaut gewesen sein, der Bub, denn man hat ihn in ein Lager gesteckt, damit er sich das abgewöW. Das nämlich ist der Witz bei der Sache: dass man ja leicht ein Volks ­genosse und ein Held sein kann, wenn man den Mund vollnehmen darf, weil einen das Gesetz der Demokratie schützt! Aber dort drüben hat das Kämpfertum ein Ende. Dort wird nicht gekämpft, dort wird stillgestanden. Der Franz also ist in einem Lager, oder in einem Gefängnis oder sonstwo, wo keiner es weih und sagen Lum. Der alle Lechner aber ist grau,< derer Mal erzählen.