Sozialdemokrat
Sentralorgan ber Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme bes Montag täglich früh/ Einzelpreis 75 Heller
Redaktion u. Berwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantw. Redakteur i. V.: Zdenko Neuwirth, Prag 18. Jahrgang Samstag, 17. September 1938
Abg. Jaksch
im Rundfunk:
Das Gebot
der Stunde
Nr. 219
Sudetendeutsche Partei aufgelöst
Die zweite nationalsozialistische Bewegung im Sudetendeutschtum endet wie die erste Ernüchterung und Empörung über die Flucht der ,, Führer" Chamberlain berichtet dem König
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Prag . Auf Beschluß der Regie- und deren Führer vom Auslande aus zur Jr.| führerlos geworden, ist desorientiert. Henleins, nicht gewollt, wollen sie jest recht nicht! Nun rung wurde die Sudetendeutsche Par- rebenta aufruft. Ebenso selbstverständlich it Flucht wird mehe und mehr verurteilt, gerade sie erkennen, daß Henleins abenteuerliche und tei aufgelöst. Ebenso wurde gegen an das Verbot der FS, der Kampftruppe der Sdß. die gläubigsten Anhänger wurden durch fie am wider das eigene Wolf verbrecherische Politit fie dere umstürzlerische Organisationen Brager deutsche Sender jest sehr aftiv ist, daß tum" ist, vom Anslande her durch den Rundfuak die Ernüchterung ein. Sie kann noch, zum Wohle Mit Genugtung stellen wir fest, daß der schwersten erschüttert. Daß das nicht„ Führer- so nahe an das Unheil herangebracht hat, sett von den zuständigen Behörden bereits er jetzt sehr energisch der Lügenpropaganda des zum Kampfe aufzufordern, das ist eine Auf des Sudetendentschtums, politisch wirksaw, fie früher mit der Auflösung und anderen reichsdeutschen Rundfunks entgegenwirkt und faffung, die bereits ziemlich allgemein ist. Uebri- fann noch ein Friedensfaktoz werden, wenn die Maßnahmen vorgegangen, durch die wertvolle positive Arbeit leistet durch die Mah- gens hat der rasche Zusammenbruch des Auf- Abwendung von der Hochverrats- und Irreberen weitere Tätigkeit unmöglich ge- nungen zur Vernunft, zur Ruhe, zur Selbst- standsversuches sehr dentlich erwiesen, daß das denta- Politik positiv wird, wenn die Ernüch deren weitere Tätigkeit unmöglich ge- besinnung, welchem Zwecke am Freitag beson- Sudetendentſchtum nicht revolutionär iſt. Nicht terten sprechen! Würde vor aller Welt sichtbar, ders die Ansprachen des katholischen Politikers die Volksmasse hat sich erhoben, sondern eine sehr daß die Masse des sudetendeutschen Volkes Hen3af und des Paters Reichenberger und des fo- kleine Minderheit hat einen Butsch versucht, der leins Abenteurerpolitik ablehnt, daß sie die zialdemokratischen Parteivorsitzenden Abg. bald zusammengebrochen ist. Unklare Vorstel- Lösung ihres Volksproblems auf dem Boden des Jaksch dienten. Iungen von irgendeinem Kommen" Hitlers Staates anstrebt dann wäre das die einhaben wohl sehr viele Sudetendeutsche gehabt. dentigste Demonstration gegen jeden Interven Eine das Land verheerende Revolution, einen tionsversuch, die wirkungsvollste Tat für den Bürgerkrieg und gar einen Weltkrieg haben sie Frieden.
' macht wurde.
Die Anhängerschaft der SdP ist durch die Desertion Henleins, feines Stellvertreters Frank und anderer Leute des„ Stabes" Henleins
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noch nicht gelüftet
Prag . Nichts, gar nichts weiß man bis jest über das Ergebnis der Anssprache des eng lischen Ministerpräsidenten mit Hitler . Alles, was darüber die englischen und französischen Blätter sagen, ist Annahme, Vermutung. Es ist wohl auch selbstverständlich, daß keiner ber wenigen Teilnehmer an dieser Zusammenkunft ausgeplaudert hat, was vertraulich behandelt werden mußte. Chamberlain selber hat in einer furzen Rundfunkansprache knapp nach seiner Heimkehr erklärt, die Aussprache sei offen, aber freundschaftlich gewesen und er sei darüber zufrieden ,,, daß jeder von uns jetzt weiß, was der andere denkt". Aus diesen Worten Chamberlains darf man schließen, daß zwar Hitler seine bekannte Auffassung vorgetragen, daß aber auch Chamberlain ihn über Englands Standpunkt London . Ministerpräsident Chamberlain teilung erfolgte, daß die Unterredungen unter- Ị Brinzips gestellt wurde. Falls Chamberlain cin unterrichtet hat. Wie Hitler aber diese Mit- fehrte Samstag nach London zurück. Vor der brochen wurden und daß eine neue Bufammen- zweitesmal mit Hitler zufammentrifft, wird es teilungen Chamberlains aufgenommen hat, Abreise sprach er einige englische Worte in das tunft beabsichtigt sei, bekundeten deutsche Kreise feine Aufgabe fein, ihm die Antwort auf diese das dürfte auch der Ministerpräsident nicht Mikrophon des Münchener Senders, mit welchen laut ihre Befriedigung. Jetzt zeigte sich aber, daß vorläufige Frage zu stellen. Man hält es für wissen. Besonders in französischen Blättern er für den freundlichen Empfang in Deutschland gerade diese Abkürzung der gestrigen Unterredung selbstverständlich, daß diese zweite Zusammenwird die Befürchtung laut, daß Hitler auch dankte. auf eine reichlich ernste Situation hinweist. In funft überflüffig wäre, wenn diese Antwort den Chamberlains Wunsch nach der Aussprache und Berlin und in Berchtesgaden hatte man vermutet, deutschen Standpunkt nicht entsprechen würde. den Besuch in Berchtesgaden als Schwäche und daß Chamberlain schon durch seinen Entschluß Diese Verzögerung beunruhige die deutschen poliNachgiebigkeit dentet, und daß die Radikalen zur Fahrt nach Deutschland andeuten wollte, daß tischen Kreise. Großbritannien bereit ist, die deutschen Forde. in Hitlers Umgebung ihn in dieser Auffassung rungen hinsichtlich der Sudetendeutschen im Brinbekräftigen. Ist Hitlers Meinung so, dann zip anzunehmen und daß nur noch über die Modürfte er aber auch noch immer an dem Glauben dalitäten gesprochen werden wird, unter denen die London . König Georg empfing Freitag festhalten. Troy Chamberlains Erklärungen, Selbstbestimmung und das Plebiszit durchgeführt um 21.30 Uhr den Ministerpräsidenten Chamberdaß im Ernstfalle Frankreich und England doch werden soll. Berlin und Berchtesgaden erwar- lain in besonderer Audienz. Samstag um 11 Uhr Deutschland gewähren lassen würden. teten also nicht, daß von Großbritannien auch das vormittags tritt der Ministerrat zusammen. Prinzip dieser Verfügung in Zweifel gezogen wird. Die rasche Abreise Chamberlains nach der Daladier und Bonnet einzigen Zusammenkunft mit Hitler beweist zur Genüge, daß schon zu Beginn des Gespräches entgegen den deutschen Erwartungen die Frage des
Hat sich auch, so weit man ans der Haltung der deutschen Presse schließen darf, nichts an der Starrheit der deutschen Politik geändert, so fann man doch wenigstens daraus, daß es zu einer neuen Zusammenkunft zwischen" Cham berlain und Hitler kommen soll diesmal in Bad Godesberg am Rhein gewiß Hoffnun gen schöpfen. Wahrscheinlich wird der fran zösische Ministerpräsident Daladier am Samstag in Begleitung des französischen Außenministers nach London kommen, um mit den englischen
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London . Es wird gemeldet, daß die nächste Zusammenkunft des britischen MinisterPräsidenten Chamberlain mit Reichskanzler Hit ler keineswegs in Berlin , wie ursprünglich angenommen wurde, sondern im Städtchen Godesberg bei Köln a. Rh. stattfinden soll.
Paris . Der Berliner Havasberichterstatter meldet: Die Zusammenkunft Chamberlains mit Hitler hat, wie es scheint, weder die eine noch die andere Seite befriedigt. Gewiß ist, daß Deutsch land auf weitere Unterredungen vorbereitet war, und zwar für Freitag und vielleicht auch Sametag, denn für die nach Berchtesgaden gekommenen Journalisten wurden in fieberhafter Eile gestern abends Fernsprechzellen errichtet. Als die Mit
Plebiszit undiskutabel
Eindeutige Erklärung Minister Bechyněs
König G
Chamberlain beim König
Paris . An informierten Stellen werden die Nachrichten bestätigt, daß sich der französische Ministerpräsident Daladier und Außenminister Bonnet wahrscheinlich Samstag nach London begeben, um dort mit dem britischen Ministerpräsi= benten Chamberlain nach dessen Nückkehr aus Berchtesgaden eine Aussprache zu pflegen. Inzwischen wird sich der britische Premierminister mit feiner Regierung beraten. Auf der Londoner Kon
führenden Staatsmännern zu beraten. Auch Brünn . Der Stellvertreter des Vorsißenden in der Angelegenheit gar keine Lösung herbeifüh- ferenz der franzöfifchen und der britischen Minidas gilt als wahrscheinlich, daß Daladier an der Regierung, Eisenbahnminister Rudolf Bechyně , ren, denn mindeſtens eine Million Deutscher ſter, die Neville Chamberlain über feine Unterder Besprechung in Godesberg teilnehmen wird. empfing Freitag einen Redakteur der Brünner würde aus dem Plebiszitgebiete ins Innere des redung mit dem Reichskanzler Hitler informieren Wie schon so oft, taucht auch diesmal die Kom-" Lidové Noviny", welcher dem Miniſter die Frage Landes flüchten- und so würde eine neue deutsche wird, werden dann die Vertreter der franzöfifchen bination einer Viermächtekonferenz auf. Sie vorlegte, was er über die Nachrichten halte, die Minderheit bei uns entſtehen, welche ein neuer und der britischen Regierung zu der Meinung und am gestrigen Donnerstag in Prag verbreitet wor- Vorwand wäre für eine neuerliche fudetendeutsche den Forderungen Hitlers Stellung nehmen. Bis hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. den sind, und welche das Gerücht zum Gegenstande Frage und damit gleichzeitig auch ein neuer Bor- zum vollständigen Abschluß der Berchtesgadener Während die englische und französische nahmen, daß ein Plebiszit im gemischtsprachigen wand für einen neuen Druck auf die Tschechoslo- Besprechungen wird an amtlichen Stellen ein zuDiplomatie mit Hochbruck arbeiten, während sich Gebiete Böhmens verhandelt werden soll. watische Republit bis zu deren vollständigen Ber - rückhaltender Standpunkt zu den Nachrichten und mintims. Cagen Sie Ihren Lefern, Sie mögen Bermutungen eingenommen werder die hoffende und bangende Erwartung aller Friedensfreunde bereits der Zusammenkunft in Minifter Bechyně äußerte sich dahin, daß ein ihre Nuhe bewahren. In diesem Staate wird es Berchtesgaden zuwendet, nehmen auch die Blebiszit den allerkürzesten Weg zum Kriege dar- lein Blebiszit geben und keine internationale Boli. Quiese Gerüchte? innerpolitischen Ereignisse einen dramatischea stelle. In der Tschechoslowakischen Republit fin- sei. Wir haben felbst die Ordnung bei und er. Berlauf. Das wichtigste, aber nicht mehr über- det sich nämlich keine Regierung, die ein Plebiszit neuert und wir tönnen fie auch felbft aufrechterakzeptieren würde. Und wenn sich eine derartige halten. Wir werden den Beweis erbringen, daß raschend wirkente, sondern als Selbstverständ- Regierung bennoch finden follte, so würde fie bin- wir unser Programm durchführen können, daß auf lichkeit betrachtete Ereignis ist der Regierungs- nen einer einzigen Stunde gestürzt werden, ge- die vollkommene Gleichberechtigung aller Natia beschluß, die Tätigkeit der SDP einzustellen. stürzt von der erbitterten Nation, welche lieber den nen in der Republik abzielt. Ich bitte die Deffent. Kein Staat der Welt kann eine Partei bestehen Tod wählt, als eine Verkrüppelung ihres Vater- lichkeit, volles Vertrauen zur Regierung und zur laffen, die einen Aufstandsversuch unternommen landes. Uebrigens würde auch ein folches Plebiszit Armee zu haben."
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München . Zu den im Ausland neuerdings aufgetauchten Gerüchten, wonach eine Proflamation des Reichskanzlers bevorstehe, wird in Berliner unterrichteten Kreisen erklärt, daß derartige falfche Gerüchte nicht dadurch wahrer würSen, daß man sie wiederhole. Eine Proklamation des Reichskanzlers steht nicht bevor.