Rr. 21» SamSta», 17. September 1938 Seite j. jähre. Genaue Zahlen kennen wir noch nicht, schätzungsweise sind aber pro Hektar 18.8 q Aci« zen anzunehmen. Die Gesamteimt« wird daher heuer um 2.660.000 q höher sein alt im Vor« jahre und dürfte 16,618,000 q betragen(im Vor« jahre 18,958.000 q). Wenn unsere Welzenernte im vergangenen Äahre ausreichte um uns zu der« sorgen, dann mutz man Heuer noch weniger Be- süMhtung haben, daß sie nicht au-reichen würde. Zur Vollständigkeit ist hier hinzuzufügen, daß die im Vorjahre importierten Weizensendungen ge­nau dem Quantum unseres Mehl« und Weizen« getreide-Exporte« entsprach. Auch die Erntefläche des Kornes war dieses Jahr Höher als im Bor« fahre, sie betrug 1,016.000 Hektar(im Vorjahr« 976.000 Hektar). Die Fechsung pro Hektar ist mit 17 q einzuschätzen. Die gesamte Kornernte wird demzufolge 17,272.000 q betragen(im Bor« jahre 14,846.000 q). Die Kornernte ist also um 2,426.000 gröher alS im Vorjahre. Es ist allerdings wahr, daß wir im Vorjahr« an Kornmangel litten, und daß wir deswegen 1,250.000 q aus dem Ausland» importieren muß« ten. Bei der heurigen Ernte sind die Befürchtun­gen, dast eS zu einem Brotmangrl kommen wird, ganz unbegründet, insbesondere dann, wenn die­se« Jahr die Preise de« Tierfutter» vernünftig ge« regelt werden. Aber nicht nur bei un«. sondem auch in an« deren groben Staaten ist die Ernte an Getreide diese« Jahr bedeutend gröber al« im Vorjahre. Amerikanischer Weizen wird auf den nördlichen Gctreidemärkten um 78 bis 79 AL pro Hektoliter ausgeboten. Der beste russische Weisen um 74 AL. Die Unwetter haben nur einen ganz unbe« deutenden Teil unserer Ernte vernichtet. Vielleicht 1 bis 2 Prozent. Auch mit Mais, Gerste und Ha­fer sind wir genügend versorgt, so daß gar kein Grund zu Befürchtungen vorliegt. IMUwüWuift mul äoriaipHkM Der Arbeitsmarkt In Nordböhmen In den 45 Bezirksanstalten in Nordböhmen wurden im August 1988 18.768 Vermittlungen erzielt. Die Vermittlung von Hopenpflückern er­scheint in diesen Erfolgen nicht eingerechnet, weil dies alljährlich aus technischen Gründen erst in der Statistik für den Monat September geschieht, da diese Vermittlungen in ihrer Gänze und gleich­zeitig von den Anstalten, die die Pflücker abgcfer« tigt haben, sowie von denjenigen, in deren Be­reiche sie geschickt wurden, ausgewiesen werden soll. Aus dem nordböhmischen Bereiche gingen nach vorläufigen Daten aus die HopfenpflÜcke 38.926 Personen, von denen auf die Bereiche der Arbeit-« Vermittlungsanstalten in Aussig ä. E., Bilin , Brüx , Dux, Gorkau, Aarbitz, Koniotau, Oberleu« tcnSdorf, Teplitz -Schünau und Weipert 88.794, also fast 87 Prozent entfallen. Den BerufSgrup« pcn nach handelt es sich bei den Vermittlungen abgesehen von den Hopfenpflückern um 8498 Bauarbeiter, 8276 Arbeitskräfte bei der Land­wirtschaft, 2388 Tag«, 1888 Textil« und 1512 Hilfsarbeiter, 1075 Personen im Haushaltung«« dienstc, 760 Metall« und Maschinenindustriearbei­ter, 752 Glasarbeiter, 749 Personen der Lebens­mittelindustrie(besonders zufolge der saisonmä» tzigen Besserung in der Süßwarenindustrie, sowie der Obst« und Fischkonservenerzeugung) und 546 Lehrlinge und Lehrmädchen. Auch in anderen Be« rufen wurden beträchtliche Erfolge erzielt. Seit Ende November 1981 sank die Anzahl der Arbeitslosen da« erstemal unter 50.000. Die Anzahl der Arbeitslosen betrug am 81. August 16.749, wobei noch berücksichtigt werden muh. daß eine ziemlich große Anzahl der al« arbeitslos ge­rechneten Bewerber bei der HopfenpflÜcke, eben noch Ende August, eigentlich in Arbeit standen. Gegenüber Ende August 1931 zeigt sich heuer ein Rückgang um 9284, d. i. um 16.6 Prozent, ge­genüber 1932 um 67.501, d. i. um 59.1 Pro­zent, gegenüber 1988 um 82.900, d. i. um 68.9 Prozent, gegenüber 1934 um 69.613, d. i. um 59.8 Prozent, gegenüber 1985 um 66.294, d. i. um 58.6 Prozent, gegenüber 1986 um 55.204, d. i. um 49.3 Prozent, gegenüber 1987 um 12.282, d. i. um 20.8 Prozent, gegenüber Juli 1988 um 9808, d. i. um 17.6 Prozent und ge« genüber der höchsten Anzahl der Arbeit-losen vom Feber 1988 um 142.194, d. i. um 75.8 Prozent. Sin teilweises Bild der Entwicklung der Lage am Arbeitsmarkte geben die Zahlen über die An­zahl der Arbeitslosen in den wichtigsten Berufs­klassen: BeruflAaffe: 1981 1988 1987 1988 Landwirtschaft, 2.275 5.051 1.198 968 Bergbau. ,, W 1.858 8.581 1.822 1.149 Ton iiia 888 1.504 760 468 GlaS«aia 8.516 20.275 6.646 5.488 Metall. ,, g 8.770 9.782 8.610 2.075 Maschinen a. W 1.282 2.588 864 568 Holzbearbeitung 1 1.298 4.784 2.687 1.767 Textil... 9.877 26.424 11.700 10.745 Bekleidung,, 1 1.081 8.794 2.110 1.925 Baugewerbe,, 8.674 8.870 4.014 2.987 Hilfsarbeiter, 1 18.405 20.057 7.067 5.020 Angestellte( W 1.299 4.044 8.714 2.978 Tagarbeiter., 8.464 0.782 8.654 2.062 .Haushaltung-personal 1.828 2.882 2.000 1.880 Al- die erfreulichst« Erscheinung kann dies­mal der Rückgang der Arbeitslosen in der Textil, und Glasindustrie betrachtet werden, auch wenn in mancher anderen Beruf-gruppe hauptsäch­lich Saisonerscheinung ziffernmäßig ein gleicher oder noch höherer und prozentuell bedeu­tender Rückgang verzeichnet werden kann. Bei den zeitweise Arbeitslosen zeiat sich ein ziemlich gro­ßer Rückgang in der Metallindustrie. Zur Linde­rung der Arbeitslosigkeit haben auch die Not­stands- und JnvestltionSarbeiten beigetragen; bei 247 Arbeiten haben 7105 Personen Beschäfti­gung gefunden. Beruhigung unter den Einlegern Prag . Die Ereignisse der letzten Tage haben zu einer Behebung von Einlagen bei Geldinstitu­ten in erhöhtem Maße geführt. Die Geldinstitute haben dabei eine volle Liquidität bewiesen und sie konnten allen Ansprüchen der Einleger genügen. Unter den Einlegern ist eine Beruhigung einge­treten, schon die Behebungen am Donnerstag wa­ren viel geringer, al« am Tage zuvor. Diese Um­stände an und für sich widerlegen am besten die Meldungen des reich-deutschen Rundfunks. Gute Getreidevorräte ffefli® Iobo" schreibt: Da- Volk ver­sorgt sich in diesen Tagen mit Vorräten. Vernünf­tig betrachtet braucht man hierin keine Panik» machcrei zu sehen. Jedermann weiß, daß wir in der Tschechoslowakei genügend Lebensrnittel zur Verfügung haben. ES ist erwiesen, daß die TIer< Vorräte bei»ns gerade jetzt einen Höchststand er ­reicht haben. Bei den Getreidevorräten sieht die Sache folgendermaßen auS: Die Erntefläche Äir Weizen war dieses Jahr größer als im Vorjahre. Insgesamt wurden 898.000 Hektar besät(im Vorjahre 853.000 Hektar) mißerdem ist die Ernte pro Hektar dieses Jahr besser gewesen als im Bor - Die Wanderungen der Anniviarden MTP. Pari-. So oft man dies seltsame Bild auch schon gesehen haben mag. so stark weiß«» den Beschauer doch immer wieder zu fesieln, dieser Auszug eine» Bergvolkes au» sämtlichen Dörfern de- Tales, mit Kind und Kegel, mit Vieh und Habe. Die erste Wanderung beginnt im Feber, wenn der Frühling die winterliche Eisdecke der Rhone bricht. Dann verkästen die Anniviarden»hr immer noch von Eis und Schnee starrendes Hoch­tal, beladen ihre Wägelchen und steigen in« Ne­bengelände von SiderS hinab, da- schon die auen Römerdie löbliche Gegend- nannten. Erst nach der Ernte, im August, kehren sie wieder zurück. Kinder und alte Leute, Ferkel und Ziegen, Lämmer',und. Hühner, Trüben und.Mchkngerqjc, Rebstecken und Werkzeuge stauen sich in maleri­schem Durcheinander auf den kleinen, gebrechlichen Wägelchen. Einer kutschiert; der Rest der Familie trottet mit den marschfähigen Stallgenosten hinten nach. Wie ein von Hau « und Hof vertriebene» Völkchen, daS sich ein anderes Land suchen muß, muten diese Wanderzügr an. Tag um Tag wieder­holen sie sich, bi» sozusagen das letzt« Bein die Talschast verlosten hat. Aber auf den Gesichtern dieser Wanderer lasten weder Wehmut noch Ver­zweiflung. Sie sind keine Flüchtlinge, die von einem verwüsteten Besitz ins Ungewisse ziehen, sondern arbeitsame Landlente, die einfach die Scholle wechseln, um sich weiter unten im Tal auf altererbtem Besitz neu anzusiedeln. Neuerdings bestellen sie manchmal auch«in Lastauto. Aber das kostet Geld, und die Anniviarden sind ein arme- Volk. An einigen Orten werden Dorfwachen zn- rückgelaffen, an anderen begnügt man sich mit Schloß und Riegel und dem unerschütterlichen Vertrauen in die traditionelle Ehrlichkeit der an« niviardtschen Mitmenschen. In drei Dörfern oberhalb von SiderS , von denen die.Hauptstadt" Muraz allein rund 600 Einwohner ausninunt, öffnen sich di« Fenster­läden, und die Kamine beginnen wieder zu rau­chen. An den Fensterbrüstungen wehen bunt« Windeln. Die Krämer schlagen ihre Buden auf. Der Pfarrer schreitet mit dem Räucherfaß in die Kirche. Gestern hat der Sigrist noch in dem 2000 Meter hohen Schweizer Grenzdorf Chandolin den Glockenstrang gezogen; h«ute läutet er den Berg« schwalben derNoble Lontrke" den englischen Gruß. Die Hühner stürzen sich auf da- lang ent­behrte Gewürm und Grünsutter in den Matten und gackern zuerst heiser und verworren bald aber im alten Rhythmus ihren Eiersegen. Schweine wühlen in den Düngerhaufen, Maultiere tragen gefüllte DUngersäcke in die Weinberge hinaus. Sind die Grundstücke bearbeitet, so werden in gemeinsamer Arbeit die Gemeindeweinberge in Angriff genommen. Die Frauen werden zwar tüchtig angespannt, aber mit der Arbeit im Wein­berg haben sie nicht- zu tun; ihre Ausführung geht vielmehr in ausgesprochen militärischen For­men vor sich. Früh um 6 Uhr stellen sich die Trommler und Pfeifer an die Spitze de- Arbeiter« bataillonS , und wie früher mit Spieß und Helle­barde versammelt sich die Truppe mit dem Winzer­gerät unter dem Kommando de« Rottenmeisters. Die Winzer tragen da« altgewohnte Werkzeug ihrer Ahnen, vom gleichen Holz und Schnitt, und führen auf einem abwechselnd mit der Hand ge­zogenen Wägelchen ein Fäßchen Wein. Zinn­kannen, hölzerne Becher und«ine Anzahl Brot« Kreditanstalt üer VMfchen | i e| II><«> n R ie dakasfemge» Shndrftbn»*«Ön OeldßefchSft« CraDalteia«la*faI BiooMÄHmi K» mit. Der Fahnenträger schwingt da- Banner in den alten anniviardischen Farben Blau-Wciß- Grün; Trommler und Pfeifer musizieren, und der Zug schwenkt im Dogen in die Gaste ein. mieten durch da» Dorf rechtwinklig hinauf zum,.Mette'.!", wo er einen Krei» beschreibt. Fahne, Musik und Troß gruppieren sich in der Mitte. Dann kmeen alle nieder, der Pfarrer spricht das Gebet, und die Winzerschar verteilt sich in zwei Arbeit-Häuten in die Weinberge. Abends marschiert die Truppe unter den Klängen der Musik wieder zuriick und läßt dann noch eine oder zwei Stunden, je nach dem Ertrag de« vorigen Jahre», den Holzbechcr kreisen. Bier oder fünf Wochen später räumen die Anniviarden di« Hänge von SiderS und ziehen sich wieder in die Berge zurück, aber noch n'cht in ihre Dörfer. In den tiefer liegenden«Mann» säßen- bestellen sie die Felder, pflanzen Kartrf» seln und Saubohnen, säen Hanf und Roggen. Damit ist die Wanderung aber noch lang nicht zu Ende. Dort, wo noch keine Kollektivwirtschaft be­steht, wandert der Anniviarde sogar da» ganze Jahr hindurch. Man kann im Sommer, im Früh­ling oder im Herbst in» Bal d'Annivier» hinaus­wandern, immer wird man einige Weiler ein,am und verkästen finden. Da» Eigentum der Anniviarden ist derart zerstückelt, daß«» Familien mit mehr al « hundert Flecken Land gibt, die trotzdem oft kaum mehr al» da» Futter für einen ganz kleinen Viehbestand abwerfen, aber Stunden oder sogar Tagereisen auSeinanderliegen. Nach der Erntezeit folgt des­halb eine zweite Wanderung. Mehr al« zwei Monate bleibt da« kleine Volk nun im Rhonetal, wo auch die Winterschule be­ginnt. Gegen Mitte Dezember sind dann die Heu­vorräte verzehrt; die Anniviarden verschwinden und klettern auf tiefverschneiten Pfaden zu ihren Heimstätten empor, bi» hinauf in den dunklen Eid­trichter von Final. Dort raucht der Hausherr dann in Ruhe sein Pfeifchen, die Frau hütet da» Vieh, zupft den Hanf und die Wolle, schürt den mächtigen Giltsteinofen, und da» Anniviarden« Völkchen wartet auf die nächste Wandening. Die ethnographische Wissenschaft hat sich Über die Anniviarden, die sich sehr selten mit Fremden vermischen, lange vergeblich die Köpfe zerbrochen. Schließlich entdeckt« man abrr in ihrem Dialekt, der von der französischen Schriftsprache in Wort­bildung und Satzbau stark abweicht, ausfallende Anklänge an da« in Graubünden gesprochene Rätoromanisch, die Häufigkeit blauer Augen und ausgesprochen keltischer Schädel ergab weitere An­haltspunkte, und heute ist man sich allgemein dar­über einig, daß die Anniviarden wie die Räto­romanen Graubündens , dir Ladiner Südtirol» und die Friauler Istrien» die letzten Reste der mit den alten Iberern, Etruskern und wahrschein­lich auch mit den heutigen Albanesen verwandten rätoromanischen Rasse darstellen. E. K. Vom scheidenden Sommer und abgebrochenen Zelten Der Feuilletonteil der Tageszeitungen ist jetzt oft mit Ferienberichten und Schilderungen herrlicher. Sonimerfreudcn auSgefiillt. Fast all« diese Berichte stammen von Reisenden, die den Ur­laub in fernem Land oder in idyllischer Einsam­keit verlebt haben. Ich gehörte nicht zu diesen Glücklichen, sondern muß meine Gommergeschichte dem grauen Alltag entnehmen, wie ihn das Leben an der Peripherie der Großstadt auSfüllt. Dabei ist das eine völlig unpolitische Geschichte, obwohl sic Zeichen unsere» Zeitgeistes enthüllt. Zwischen großen Häuserblock» liegt vor den Fenstern meiner Wohnung in grünen Rasen ein­gebettet ein Kinderspielplatz, von dem fröhliche» Treiben der Jungen und Mädchen täglich die Freuden des Sommer» kündete, wie sie die Kin­der der Großstadt erleben. Jetzt ist e» stiller ge­worden; die Schul« hat wieder begonnen. Doch ich wollte von vergangenen Sommer­tagen erzählen. Nicht da» lebensfrohe Haschen und Jagen der Kinder war mir besonders ausge­fallen, sondern da» Treiben upt ein kleine» Zelt herum, daS unweit des Spielplatzes auf grünem Nasen von kundigen Knabenhänden errichtet war. Wenn in den Mittagsstunden die Sonne recht heiß brannte und Straßen und Plätze von den Men­schen gemieden wurden, dann barg diese». Zelt trotz seiner Kleinheit und Enge täglich einige Kinder, währet» es an den übrigen Stunden de» Tage» fast unbeachtet dastand. Erst am Wend sammelten sich die Kinder wieder um da» Zelt. Neidische Blicke der Kleinen bewunderten jene größeren Jungen, die mit einer Wolldecke ausgerüstet nun da» Zelt bezogen, um dort die Nacht zu verbringen. E» war kein wei­che» Lager, wie ich mich selbst, al» ich da» Zelt be­sichtigte, überzeugen konnte. Dem einen oder an­deren mochte di« fürsorgliche Mutter ein kleine» Kcpfkifsen für die Nacht hineinreichen, sonst aber ivar die tägliche Badehose auch Bekleidung für die Nacht. Im übrigen kümmerten sich di« Eltern der Kinder herzlich wenig um diese-Jungen, die mit einbrechender Dunkelheit einschliefen und am frühen Morgen einander mit dem Tartenschlauch bespritzten, um wieder einen neuen Tag in glei­cher Weise zu beginnen. So floß während der großen Hitze da» Leben einiger Wochen für die Kinder dahin, denen kein Gommeraufenthalt im Gebirge oder an herrlichen Badeseen möglich war. Und trotz aller Schlichtheit und spartanischen Ein­fachheit bot diese» Leben um da» Zelt herum sen« herrliche Romantik, wie sie nur Kinder erleben und wie sie Kinderherzen mit dem Einerlei des Alltags äussöhnt. Man konnte«s an der immerwahrenden Fröhlichkeit erkennen und Ivenn gar ein Gewitter beraufzog und ein heftiger Regen niederging. war die Freude diese» Zeitlebens besonders groß. Da» Zelt mochte durchaus keinen genügenden Schutz fegen den Regen gewähren, die Kinder fühlten sich >»och gut in thm geborgen und mit lautem Triumph verließen sie e» erst, wenn nach dem Regen die großen Pfützen ringsum neue Ziel­gelegenheiten boten. Wurde in der Frühe oder am Abend der Rasen gesprengt, dann gab e» eine sioh« Abwechslung, weil Jungen und Mädchen darin wetteiferten, einen nassen Strahl auf den Körper zu erhaschen. Doch nicht all« Daheimgebliebenen brauchten auf diese primitive Art Erfrischung zu suchen. Wer kennt nicht die Moldau-Ufer an Sommer­tagen, wie sie von Badenden in großer Zahl ge­säumt sind? Ost lenkt« ich meine Schritte dahin, »m mich selbst nach einem erquickenden Bad in die Ungezwungenheit de» Lagern» zwischen die unbe­kannten Menschen zu begeben, die der Zufall hier zusammenführt. Auch dort gab e» Zelte, in denen übernachtet wurde und um die herum tagsüber braungebrannt« Gestalten in seligem Lungern dir Zeit verbrachten. Gegenüber dem Kinderzelt zwischen den Häuserblock» boten diese Zelte am Moldau-Ufer nichts Ungewöhnliche», bis eines Tages ein Zelt größeren Format» und au» ganz neuen Stoff gefertigt auftauchte. Wenn man sich diesem Zelt näherte, so fesselt« sowohl da» Arußere tole da» Innere den Blick, denn e» stand weit auf­geschlagen, damit jeder seine Pracht bewundern könne. Ein wesch bereitete» Lager mit reichlichen Decken und Kiffen füllte da» Inner« de» Zelte», während draußen Leinen gespannt waren, an denen Wäsche getrocknet wurde. Viele Frauen benutzten ja die Gelegenheit de» Baden», um in dem Weichen Flußwasser«In Wäschestück au»zu« waschen und er auf dem spärlichen Rasen zu trock­nen. Doch gn.dem neuen Zelt hingen fein säu« berlich neben den Kinderschürzen solch« Wäsche­stücke, die daheim d«n Schmuck der Hausfrau bil­den und um die Gründlichkeit zu vervollständigen, fehlte auch nicht da» klein« Detail der Wäsche­klammern, die. sonst mitzunehmen wohl keinem Badenden einfällt. Vor dem Zelt« spielten einig« Kinder und di« Mütter war ängstlich bemüht, st« nicht an Wäsche und Zelt herankommen zu lassen. Auch sonst tönte fortwährend der Kommandoruf der Mutter in di« Ohren, dieser Kinder, und wenn sie schlafen sollten, durften sie nicht selbst da« Lager des Zelte» aufsuchcn, sondern sie wurden von der Mutter darauf gebettet, damit nicht» beschmutzt wurde. Ucberhaupt glich diese» Zeltleben einem in die Natur verpflanzten WohnnngSleben und mußte den Kindern wohl da» Erlebnis jener Ro­mantik nehmen, die bei dem Zeltleben zwischen ten Häuserblock» so natürlich schien. Mese» Zelt war ja auch nicht zu diesem Zweck hier aufgeschlagen. Seine Eigentümer saßen in der Nähe und studierten«Zeit- und Rundschau- und liehen in Gebärden und Hal­tung erkennen, daß ihr Zeltleben einer neuen Romantik entsprechen sollte, die denAufbruch- deS sonst al» Spießer twhinlebenden Kleinbürger» deutscher Zunge kennzeichnet. Obwohl sie laut miteinander politisierten und di« Badeiwen ihrer Umgebung nur mit ge­ringschätzigen Blicken maßen, wurden sie kaum beachtet und in keiner Weise belästigt. Die Un­gezwungenheit deS Badeleben», die tschechische und deutsche Bürger an der Moldau vereint, hatte auch um sie den Pogen de» großen Himmelszelte» mit seinem Frieden geschlagen. Wer hätte hier wohl Unterdrückung»"-Merkmale entdecken wollen, von denen die genannten Zeitungen behaupten, daß sie überall zu finden wären? E» war im Gegenteil«ine wohltuend« Ruhe überall, in der eher der laut« deutsch « Disput hätte herausfor­dernd wirken können. Doch jeder ließ den ande­rennach seiner Fasson selig werden-. Nun sind die Zelt« sowohl hier wie dort ab­gebrochen. Die Romantik de» KinderzeltlebenS ist der de» Drachensteigens und anderer herbstlicher Spiel« gewichen. Die Romantik neudeutscher Art aber wirst sort, die Tage de» Nachsommer» mit Bedrohungen de» Frieden« erfüllend. Leboz.