Sozialdemokrat
Zentralorgan ber Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 75 Heller
Rebaltion u. Berwaltung: Brag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantw. Rebatteur i. B.: Zdenko Neuwirth, Brag 18. Jahrgang Mittwoch, 28. September 1938
Heute Parlamentssitzung
Nr. 228
Große Front gegen Friedensbrecher
Chamberlain eindeutig gegen Hitler und für die Kampfbereitschaft Großbritanniens Rußland zu militärischer Zusammenarbeit mit England und Frankreich bereit!
Ich werde nicht zögern, Deutschland auch einen dritten Besuch abzustatten, wenn ich mir vorstellen könnte, daß es noch einen Zwed hat. Aber im Augenblid sehe ich nicht, was ich weiter zu der Vermittlung tun fönnte.
Prag . Immer wieder taucht der Vergleich Die Kabinettsberatungen in London und land doch noch dessen bewußt wird, daß ein Krieg, sprechungen nicht zu erfüllen und das Gebiet abunserer spannungsgeladenen Zeit mit den Tagen Paris , die Ministerbesprechungen und Diploma - den Hitler wagt, mit der Niederlage Deutschlands zutreten, habe ich im Namen der britis vor dem Ausbruche des Weltkrieges auf. Aber tenempfänge werden begleitet von der Steigeenden muß, lann der Friede noch gerettet wer- ichen Regierung angeboten, die Ga es ist doch manches anders als damals, wenn auch rung der Wehrbereitschaft. Be- den. Auch das aber ist möglich, daß Hitler zwar rantien für die Zusage der tschechoslowa wieder die Bedrohung eines kleinen Landes durch deutungsvoll ist, für uns und nicht minder für am Samstag, angesichts der Weltkoalition, der er lischen Regierung zu übernehmen. Ich bin daher ein großes Kriegsursache zu werden droht. 1914 Deutschland , Game lins Erklärung, daß sich gegenüber sieht, nicht marschieren läßt, aber überzeugt, daß der Wert unserer Zusage nirwar Deutschland bis zum letzten Tage fest davon die Franzosen nicht hinter der Maginotlinie stehen auch von seinen Forderungen nicht abweicht, daß gends unterschätzt werden wird. Ich gebe nicht überzeugt, daß England sich dem Kriege fern- bleiben, sondern offensiv vorgehen würden. Und er glaubt, die Welt weiter unter dem Drud von die Hoffnung auf eine friedliche Lösung auf und halten werde und man konnte sich, trotz der Mah- auch die russische Bereitschaft Drohungen, unter dem Druck der Kriegserwar ich stelle meine Bemühungen um den Frieden nungen und Warnungen Lichnovsfys, in Berlin ist bedeutungsvoll. Rußland glaubt den Zeitpunkt tung halten zu können, in der Hoffnung, so die nicht ein, so lange irgendeine Aussicht auf Fries diesem Glauben hingeben, weil England es ver- gekommen, da zivischen ihm und Frankreich und anderen mürbe zu machen. Dann fommt es erst den besteht. mieden hatte, eine eindeutige Erklärung über sein England militärische Besprechungen notwendig ge- recht darauf an, vor den Drohungen nicht zurückVerhalten in einem etwaigen Kriege zwischen worden sind. zuweichen. Darauf fommt es dann an, wer den Deutschland und Frankreich abzugeben. Dieslängeren Atem hat. mal aber tann Deutschland nicht im weifel barüber sein, daß England in den Krieg eingreis fen würde. Eine amtliche englische Erklärung fagt flipp und flar, daß ein Angriff Deutschlands auf die Tschechoslowakei die direkte Verpflichtung aur Silfeleistung Frankreichs für den Angegriffe= nen zur Folge hätte und daß dann ganz sicher England und Sowjetrußland an der Seite Franks reichs stehen werden. Wagt Deutschland den Angriff, dann stürzt es sich in den Krieg im vollen Bewußtsein, daß es eine sehr starke, eine ganz zweifellos überlegene Koalition gegen fich hat.
Vielleicht weiß das immer noch nicht der große Reidtragende eines solchen Krieges, das deutsche Volt. Sitler muß es wissen! Er trägt für alles Böse, das geschehen kann, die volle Verantwortung, und er müßte sie dann auch im vollsten Wortsinne zu tragen haben, dafür würde der Verlauf der Ereignisse sorgen.
Ganz sicher will das deutsche Bolt, das wirkthe deutsche Volt, das anonyme, nie gefragte, an jeder Meinungsäußerung verhinderte deutsche Volt feinen Arieg: ja, es fürchtet ihn. Das frei lich weiß Hitler nicht! Er sieht ja und hört ja nicht das Volf! Nur die fommandierten und dirigierten SA. und SS - Leute. Sie waren es, nicht die Voltsmassen, die bei der Kundgebung Hitlers im Sportpalast im Chor riefen, während Trommelwirbel zur Erhöhung des Effektes die Rufe begleiteten:„ Wir wollen Krieg! Wir wollen Krieg!"
Vier Tage noch Wenn man sich in Deutsch
Chamberlain:
Widerstand gegen Gewalt
abends 8 wurde von den
Großbritannien könne nicht für die Verteidigung der Interessen eines fleinen Landes sich zum Striege verpflichten.
Aber wenn ich überzeugt bin, daß irgendeine Nation entschlossen ist, die Welt durch die Furcht vor ihrer Ge nen, da die tchechoslowafische. Regierung walt zu beherrschen, dann glaube ich,
englijden Genbern eine Anſprache des britts nicht in der Lage fei, ons Memornnbum Sit was hier Biberſtand geleistet werden
schen Premierministers Chamberlain übertragen. Chamberlain, der aus seinem Arbeits
zimmer in Detvningstreet Nr. 10 sprach, hielt die Ansprache in einem auffallend müden und refignierten Ton.
Chamberlain begann mit dem Hinweis darauf, daß die Sißung des Unterhauses erst am nächsten Tage stattfinde und er deshalb keine vorherige Erflärung über die britische Politif abgeben wolle. Ich will aber, sagte er, einige Borte an euch. Männer und Frauen von England und des britischen Reiches richten. Ich habe in den letzten Tagen viele Dankbriefe für meine Friedensbemühungen erhalten. Diese Briefe stammten vorwiegend von Frauen, deren Männer und Söhne sich in einem Kriege opfern müß ten, und zwar nicht nur von englischen Frauen, sondern auch von belgischen, italienischen und so gar de utschen Frauen. Viele davon sagten, es wäre schredlich, einen Krieg wegen eines Streites um ein entlegenes und vielen uns befanntes Land zu führen.
Chamberlain erklärte nun, er müffe anerken
lers anzunehmen.
baß
muß. Unter einer solchen Herrschaft der Abtretung judetendeutscher Gebiete eine an die Freiheit glauben, nicht mehr Er habe geglaubt, daß durch die Annahme würde das Leben von Menschen, die friedliche Lösung des Konfliktes ermöglicht wor- lebenswert sein. den sei. Er habe alles getan, was ein Mensch tun fönne, um diese friedliche Lösung herbeizu- Aber Krieg ist etwas Fürchterliches, und wir führen. müssen, wenn wir uns in einen Krieg einlassen, Von Hitlers Rede sagte Chamberlain, uns sehr flar darüber sein, daß es wirklich die daß sie ihn überrascht habe. Er sagte auch, großen Entscheidungen sind, um die es geht. Und er sei überrascht gewesen, als er bei feiner Rüd- daß, wenn alle Folgen abgewogen, jind, der Ruf, fehr nach Deutschland habe feststellen müssen, alles zu ihrer Verteidigung zu wagen, unwiders das neue Forderungen, und zwar Stehlich ist. unvernünftige Forderungen, aufgetaucht waren. Das Gebiet follte fofort von deutschen Truppen besetzt werden, ohne daß vorher Vorbereitungen für die Sicherung der Men fchen getroffen werden sollten, die nicht Deutfche find oder nicht in das Deutsche Reich eingegliedert werden wollen.
Ich muß sagen, daß ich diese Handlung unberechtigt finde. Wenn sie auf Zweifel zurüdgeht, die Herr Sitler über die Absicht der tschechoslowatischen Regierung hegt, ihre Ver
Aber so knapp die von Hitler genannte Frist istvier turze Tage!-, noch ist der Krieg nicht da, noch gibt es vielleicht eine Möglichkeit, ihn zu verhindern. Freilich, auch Ministerpräsident Chamberlain, der mit fast unzerstörbarem Optimismus für die Erhaltung des Friedens arbeitete, wobei er freilich, wie wir nicht ohne Schmerz feststellen müssen, allzu opferbereit war auf Kosten unseres Landes, auch Chamberlain ist pessimistisch geworden. In der kurzen Rundfuntansprache, die er am Vorabend des Zusam= mentrittes des Unterhauses hielt, sprach er von seinen Friedensbemühungen. Er stellte fest, daß Moskau.( Havas.) Die Sowjetregierung hat vor einigen Tagen Sitler neue Forderungen aufgestellt habe, die durch den Außenkommiffär Litwinow erklären laffen, daß sie mit Rück Chamberlain als unvernünftig be- ficht darauf, daß die unzulässigen Bedingungen Hitlers Frankreich und Eng. zeichnete. Chamberlain wäre bereit, des Friedens land dazubrachten, der Tschechoslowakei im Falle eines deutschen Angriffes wegen ein drittes Mal nach Deutschland zu flie zu Hilfe zu kommen, entschloffen ist, selbst ihre Verpflichtungen einzuhalten. gen, aber er sehe im Augenblick feine Möglichkeit Die führenden Sowjetfunktionäre, die vorher die La ge für ziemlich verwor einer Vermittlung. Chamberlain sagte zivar, soren ansahen, halten dafür, daß sie sich nun geklärt hat. Frankreich lange der Krieg nicht begonnen habe, müsse noch und England haben eine klare Stellung an der Seite der Tschechoslo. immer Zeit sein, den Frieden zu retten, aber er erklärte auch, wenn er davon überzeugt sei, daß wakei eingenommen. Es besteht auch kein Zweifel mehr über den mächtigen irgendeine Nation entschloffen sei, die Welt durch moralischen Eindruck, den der Aufruf Roosevelts an Hitler und Benes die Furcht vor ihrer Gewalt zu beherrschen, dann auf die Weltöffentlichkeit gemacht hat. Man glaubt, daß die Welt zwei glaube er, daß Widerstand geleistet 30ll vor dem Kriege hält und daß allein Energie und enge Zusam werden müsse, denn unter einer solchen menarbeit der friedliebenden Großmächte ihn noch verhüten können. Die Herrschaft würde das Leben jener Menschen, die diplomatischen Vertreter der mit der Tschechoslowakei befreundeten Mächte an die Freiheit glauben, nicht mehr lebens- find andererseits völlig davon überzeugt, daß die So wietregierung wert sein nicht die geringsten Hintergedanken hat und entschloffen ist, alle ihre VerDas Unterhaus wird zu einer wahrhaftpflichtungen zu erfüllen und zugunsten der Tschechoslowakei mit noch so höhnen über die Demokratien: das eng die für die Verwirklichung eines gemeinsamen Abkommens und einer lische Parlament ist eine weltbedeutende Körperengen militärischen 3usammenarbeit Frankreichs , wenn dieses Parlament eine Politik England und Rußlands erforderlichen Vorausseyunge cha
Rußland mit allen Kräften für die ČSR
historischen Sizung zusammentreten. Hitler mag ihren Kräften einzutr eten. Man glaubt heute, daß
BOIN
gegen.
Chamberlain erklärte, er müsse jest das bri tische Volf ermahnen, alles zur Verteidis aung seines Landes zu tun. Nachdem er noch einmal auf die Schrecklichkeit des drohenden Krieges hingewiesen hatte, schloß er mit der Bemerfung: Solange der Krieg nicht begonnen hat, muß noch immer Zeit sein, den Frieden zu retten.
Gesamte britische Macht gegen Deutschland !
London.( Reuter.) Lloyd George richtete an den Vorsitzenden der libera. len Organisation in Süd- Wales ein Schreiben, in dem er erklärt: Wir ha ben im Jahre 1914 einen Fehler began. gen, daß wir Deutschland nicht rechtzeitig in dem Sinne gewarnt haben, daß es der gesamten Macht des Britischen Reiches be. gegnen wird, falls es einen Einfall nach Belgien unternehmen sollte. Wie. derholen wir nicht diesen tragischen Fehler.
I
,, Der barbarischeste Führer aller Zeiten"
Wasbing to n.( Havas.) Der demokratische Senator King aus Utah äußerte sich, dic Rundgebung Hitlers sei ein Ausbruch von Sy= steri e: Heute habe er die Fackel des Krieges nicht entzündet. Aber wenn er dies morgen tun
wird, wird ihn die Geschichte als den bar= barischesten und grausam sten Führer aller Zeiten erklären, und das Blut, das durch seine Schuld pergossen werden
wärtig gegeben sind. Die Sowjetregierung iſt bereit, von nun ab Bespre. wird, wird ihn in einem o aeron ***** diefem Siale einzuleiten.
** ertränden,