Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 75 Heller
Redaktion u. Verwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag
18. Jahrgang
Samstag, 8. Oktober 1938
,, Mit gebundenen Händen
und Füßen
Nr. 237
Paris . Das Präsidium der sozialistischen Partei hat befchloffen, für den 5. und 6. November den sogenannten kleinen Parteitengreß und für die Weihnachtsfeiertage den ordentlichen Parteikongres nach
Paris einzuberufen, der zu den inner- und außten wird. Im Laufe der donnerstägigen Sitzung des engeren Präsidiums brachte der Generalsekretär
der Partei, Paul Faure , neuerdings seine Demission ein, als er sich bei der Abstimmung über die Haltung der Sozialisten gegenüber ben lehten außenpolitischen Ereignissen in der Minder= heit fah. Auf Drängen seiner Freunde nahm Feure schließlich von der Demission Abstand.
Außenminister Georges Bonnet teilte mit, daß das Außenministerium demnächst ein Gelbbuch herausgeben wird, das alle diplo= matischen Alten betreffend die letzte Entwicklung des tfche ch of Io wakifchen Problems
enthalten wird.
Roosevelt über die Flüchtlingsfrage
Washington.( Havas.) Aus amtlicher Quelle wird mitgeteilt, daß Präsident Roosevelt ein Telegramun an Chamberlain gerichtet habe, welches Vorschläge für die Lösung der FlüchtlingsFrage enthält, die nunmehr in der Tschechoslowafei aftuell ist.
Hitler durch Blumen verletzt
Berlin , 7. Oftober.( DNB.) Das Deutsche Nachrichtenbüro verweist darauf, daß erneut ein Verbot ergangen ist, Blumen und andere Gegenstände in den Wagen Hitlers oder feiner Begleitung zu werfen. Reichskanzler Hitler wurbe Heute von einem in den Wagen geworfenen Blu
menstrauß im Gesicht verlegt.
zum Dritten Reich...
Nach einer Meldung der„ Prager Presse" aus Berlin beträgt die Fläche, die bis zum 10. Oktober von deutschen Truppen besetzt sein wird, in Böhmen und Mähren 28.291 Quadratkilometer und zählt 3,638.082 Einwohner, von denen 2,811.060 Deutsche und 725.904 Tschechen sind. Es handelt sich also um ein Gebiet vom mehr als halben Flächenausmaß Böhmens .
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Die Slowaken bei Syrový
Rasche Lösung des ganzen Fragenkomplexes
Prag , 7. Oftober. Der Vorsitzende der Re- Staates schnell zu arbeiten. Wenn wir in dieser gierung Armeegeneral Jan Syrový empfing heute Aufbauarbeit zu einem Erfolg gelangen sollen, vormittags furz nach 10 Uhr eine Delegation der müssen wir uns auf gegenseitiges Vertrauen ilowatischen Parteien, die gestern die Vereinba füßen. Der Vorsitzende der Regierung verficherte rung von Sillein abgeschlossen haben. Die Dele- dann der Delegation, er werde bestrebt sein, daß gation führte der Minister für die Verwaltung der alle Fragen zwischen den Tschechen und Slowaken Slowakei Dr. Josef Tiso beim Vorsitzenden der im Rahmen der technischen Möglichkeiten möglichst Regierung ein. Sie bestand für lintas fuwas schnell und definitiv geregelt werden. Die Regietische Volkspartei aus dem Generalsekretär Abg. rung erwartet bei diesem ihren besten Willen von Dr. Martin Sotol, Dr. H. Durčanský und der anderen Seite Verſtändnis für die schweren Prof. Matuš Černák , für die Republikanische Verhältnisse der heutigen Zeit, geduldige lleber Partei aus den Abgeordneten Paul Teplanlegung und Ruhe, die allein imstande sind, das th, Johann Ursini, Karl Rybári!, Jo- Gedeihen des großen Werfes des Staatsumbaues hann Vančo, Johann Petrovič und Johann zu ermöglichen. Lichner; die slowatische Nationalpartei war
inh
Ein Strom von Flüchtlingen ergoß sich in den letzten Tagen in das Innere des Landes: Tschechen , deutsche Sozialdemokraten und viele andere, die nicht im Dritten Reich leben wollen, verließen ihre bisherigen Wohnstätten, hoffend, daß sie nun im tschechischen Gebiet die Sicherhaben werden, eine neue Eristenz zu gründen. heit des Lebens verbürgt und die Möglichkeit Viele der Flüchtlinge, die ihre Wohnstätten aus Angst vor dem Kriege verließen, begaben sich wieder an ihre Wohnorte. Andere aber werden noch kommen. Es werden Abertausende sein, für die nun gesorgt werden muß.
Ihr Schicksal ist gleich schrecklich und ihre Zukunft gleich ungewiß, ob es sich um Deutsche oder Tschechen handelt. Viele brachten nichts anderes mit, als was sie im Augenblicke der Flucht auf dem Leibe trugen, ihr Hab und Gut blieb draußen und über finanzielle Mittel verfügen sie nicht. Ihnen zu helfen, sie vor dem ergsten zu schützen, ist das Gebot der Stunde.
Es ist eine schwere Aufgabe, die dem Staat da gestellt ist, dem Staate, der soviel verloren hat. Das begreift die Welt und überall regt sich die Hilfsbereitschaft. In England werden große Sammlungen veranstaltet, die schon nam hafte Beträge ergaben. Beim tschechoslowaki. schen Gesandten in London laufen ununterbro. chen Spenden ein, und Jan Masaryk hat in einer Dantesfundgebung ausdrücklich darauf
burch Dr. Johann Bay I in both vertreten. Die slowakische Regierung aufmerksam gemacht, daß sich die Silfe nicht
Minister Josef Tiso teilte dem Vorsitzenden Die Regierung der Tschechoslowakischen Re- allein auf die geflüchteten Tschechen beziehen der Regierung mit, daß die Slowakische Boltspartei, die Republikanische, die Slowakische Natio- publit hat( an Stelle des Präsidenten der Re- kann, sondern ebenso die deutschen Sozialdemo. nalpartei, die Gewerbe-, Nationalsozialiſtiſche public) geſtern vier Slowaken zu Miniſtern er- fraten und die Juden erfassen wird. In Schwe und Faschistische Partei sich geſtern über Vor- nannt, welche zusammen mit den bereits vor den ist eine starke Volksbewegung im Gange schläge zur definitiven Lösung der Stellung der gestern ernannten Dr. Tiso die Regierung der Slowakei im Rahmen der Tschechoslowakischen Slowakei bilden werden und gleichzeitig mit mit dem Ziele, dem Flüchtlingselend in der Republif geeinigt hätten, deren Grundlage der glieder der Prager Gesamtregierung sind. Es Tschechoslowakei zu steuern und auch in Franf. Neustadt ( Oberschlesien ), 7. Oktober. ( DNB.) Verfassungsentwurf über die Autonomie der Slo- sind dies Matus Černá f. Professor an der reich wurden Hilfsmaßnahmen eingeleitet. Meichsfanzler Hitler ist heute vormittags mit seiner watei bildet, welcher von der Slowakischen Volfs Staatsrealschule in Bratislava , welcher schon der Begleitung hier eingetroffen und hat nach kurzem partei dem Parlamente vorgelegt wurde. Mini- ersten Regierung Syrový angehörte und Mit Aufenthalt seine Fahrt zur ehemaligen Grenze fortiter Dr. Tiso ersuchte im Namen der an dem Sil- glied der Slinka- Partei ist, die beiden der Agrargefekt. Der Grenzübertritt Sitlers erfolgte in der partei angehörenden Abgeordneten Pavel Tevlanský und Jan Lichner und der Advokat Dr. Ferdinand Durčanský aus Bratislava , gleichfalls Mitglied der Slowakischen Wolfspartei. Von den fünf slowakischen Ministern gehören drei der Hlinfapartei an, zwei sind Agrarier.
Nichtung Jägerndorf . Bei seiner Fahrt in das Sudetenland begab sich der Reichsfangler heute gleichzeitig mit den Truppen in die Bone IV, die erst seit gestern von der deut schen Wehrmacht besetzt wird. Es handelt sich bei diesem Abschnitt um das weitgedehnte Bergland, das im Westen von der Grafschaft Glazz und im Osten von dem Gebiet um Leobschütz und Ratibor um= fäumt wird. Die heutige Besichtigungsfahrt des Reichskanzlers galt dem östlichen Teil der Bone IV. Mit dem Reichskanzler nahm auch der Oberbefehls haber der Luftwaffe, Generalfeldmarschall Göring , an der Fahrt teil.
einer Abkommen Beteiligten, dieses Abkommen möge so bald als möglich ordnungsgemäß und voll verwirklicht werden. Weiter ersuchte er den Vorjizenden der Regierung, daß die Regierung der Republik beschleunigt die Ernennung weiterer vier slowakischer Minister vornehme und so bald eine dauernde Beruhigung der slowakischen öffentlichen Meinung herbeiführe.
Tschechische Sozialdemokraten für slowakische Vereinbarungen
Der Vorsitzende der Regierung Armeegene ral Syrový gab der Delegation namens der Regierung die Erklärung ab, daß er die Beschlüffe der Teilnehmer des Abkommens von Sillein zur Prag . 7. Oftober. Heute um 12.15 1hr Kenntnis nehme, und sprach seine auf- fand sich im Ministerratspräsidium beim Vorrichtige Freude darüber aus, daß die slowakische jizenden der Regierung Armeegeneral Syrový der Frage endgültig gelöst werden wird. Er gab der Cumann der tschechoslowakischen sozialdemokratiDas Freikorps als Hilfspolizel Delegation die Versicherung ab, daß die Regie- schen Arbeiterpartei Abg. A. Hampl ein, der Berlin , 7. Oftober. In das Sudetengebiet rung , wie er dies in ihrem Namen in den vergan- dem Vorsitzenden der Regierung mitteilte, daß die wurde bereits eine Polizeiabteilung aus dem Reich genen Tagen erklärt hatte, entschlossen sei, einen tschechoslowakische sozialdemokratische Arbeiterdirigiert. Das" Sudetendeutsche Freikorp3" einheitlichen Staat auf der Grundlage der prat- vartei sich in vollem Maße dem Abkommen an surde dem Chef der deutschen Polizei Himmler tiſch vollkommenen Gleichheit der Tschechen, Slo- schließe, das am gestrigen Tage zwischen den flowakischen Parteien in Sillein vereinbart wurde, unterstellt. Die Mitglieder des Freikorps wur- waken und Karpathoruffen aufzubauen. den als Hilfspolizisten bereidigt. wie dies bereits gestern seine Freunde in der Slowalei erklärt haben.
Plebiszit in Südwest- Afrika?
Er erklärte, daß es notwendig sei, icht im Interesse der gesamten Bevölkerung unseres
Nationalversammlung erst später
Schwierigkeiten der Einberufung
Es ist wahr, daß sich die Hoffnung aller unserer geflüchteten Menschen nun auf das Hilfswerk richtet, das der Staat mit Hilfe des Auslandes aufbauen wird. Sie freuen sich in ihrem tiefen Unglück auch über die kleinste tätige Befundung der Hilfsbereitschaft und Klammern sich mit jeder Faser ihres Herzens an die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Selber hel. fen können sie sich nicht; sie können nur hoffen, daß sie, die bisher alles Ungemad) gemeinsam mit ihren tschechischen Schicksalsgenossen ertrugen, in alle Hilfsaktionen so einbezogen werden, wie es die helfende Welt will und wie es zweifellos auch der Wille des tschechischen Vol. fes ist.
Dabei sind sich die deutschen Flüchtlinge darüber klar, wieviel das tschechische Volk mit sich selber zu tun hat. Sie wissen, wie sduver das Ringen um die Arbeitsplätze sein wird, für die es auf dem verkleinerten Raum der Republik ein Ueberangebot geben wird, sie wissen auch, daß die sprachlichen Schwierigkeiten, denen sie ausgesetzt sind, ihre Position noch verschlechtert. Immerhin sind sie davon überzeugt, daß getan werden wird, was getan werden kann, um auch ihnen im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten eine wenn auch bescheidene Existenz zu ver. schaffen.
Viele der deutschen Flüchtlinge haben den heißen Wunsch, bei der Existenzfindung die Tschechoslowakische Republik zu entlasten und sich ins Ausland zu begeben. Die Möglich. feiten, die dafür vorhanden sind, dürfen nicht überschätzt werden. Das ist nicht nur ein finanzielles Problem, sondern hängt auch davon ab, ob es Länder gibt, die den Flüchtlingen ihre Grenzen öffnen. In dieſer Hinsicht hätten alle europäischen Länder eine große Verpflichtung, vor allem aber die beiden Westmächte, die für die Neuregelung der Landfarte verantwortlich sind. Es werden alle möglichen Versuche
Windhuck. Die Organisation der südwestafrikanischen Vereinigten nationalen Parteien billigte einmütig eine Resolution, in der gefordert wird, daß das Mandat über die ehemaligen füdwestafrikanischen Kolonien aufgehoben und ein Plebiszit durchgeführt werde, durch das definitiv Prag , 7. Oftober. Mit Dekret des Präfi-[ diefen Gründen konnten bisher das Abgeordnetenund unwiderruflich entschieden werden soll, ob denten der Republik vom 15. September d. 3. haus und der Senat zur Herbsttagung nicht einSüdwest- Afrika der Südafrikanischen Union angeschlossen oder Deutschland wurde die Frühjahrssession des Abgeordneten berufen werden und konnten somit keine Blenarhauses und des Senates mit dem 16. September fitzungen stattfinden. Es trifft für dieselben der zurückgegeben werden soll. geschlossen. Gemäß der Verfassungsurkunde bezeit der Ständige Ausschuß der NationalverfammDer Freiwilligen- Rücktransport ruft der Präsident der Republik das Abgcord lung die unaufschiehbaren Maßnahmen. aus dem republikanischen Spanien netenhaus und den Senat zur Herbsttagung im Da der Präsident der Republik am 5. St. Genf.( Reuter.) Die neutrale Kommission, Laufe des Monats Oktober ein. Die infolge der toker fein Amt niedergelegt hat, ist die Ausübung welche den Rücktransport der Freiwilligen aus dem republikanischen Spanien zu überwachen Befehung des Grenzgebietes durch die reichs diefes Amtes auf die Regierung der Republik haben wird, wurde nun gebildet. An ihrer deutschen und polnischen Truppen eingetretenen übergegangen. Es ist mit Sache der Regierung, Spike steht ein finnischer General, dem je ein außerordentlichen Verhältniſſe machen für diese zu beſchließen, wenn es nach Bestimmung der unternommen, um das Flüchtlingsproblem auch britischer und französischer Oberst sowie zwölf Beit die unstrittige Feststellung unmöglich, wer neuen Grenzen möglich fein wird, die Rational - nach dieser für die Tschechoslowakei sicherlich Offiziere anderer Nationalitäten zur Seite von den für die gegenwärtig besetzten Gebiete versammlung sowohl zur Wahl des Präsidenten willkommensten Richtung zu lösen, und es darf stehen. Der Ausschuß wird wahrscheinlich schon in der nächsten Woche mit den spanisch- republika- gewählten Mitglieder der Nationalversammlung der Republik , als auch zur Herbfttagung einzu- wohl erwartet werden, daß das Land diese aufhört, Abgeordneter oder Senator zu sein. Aus berufen. zweckmäßigste Lösung nach Kräften unterstützt.
nischen Behörden in Berbindung treten.