Seite S Donnerstag, 18. Oktaler 1988 Ih. Nt Nationen ,der hungernden Tschechoslowakei zu helfen", so sehr vermissen wir einen Plan der Westmächte, der die Menschen retten soll, die wir dauernd nicht ernähren können. Ich weiß zwar gut, waü Sammlungen sind. Da­ist Suppe und abgetragene Kleider für Leute ohne Heimat. Das ist zwar eine augenblickliche Hilfe aber um die augenblickliche Hilfe geht es nicht. Borläusig hungert in der Tschechoslo­ wakei niemand. Auch wir werden Suppen aus­geben. Wir geben sie schon aus. Es handelt sich nicht um die Hilfe für die hungernde Tschcchoslo- wakei cS handelt sich darum, wie und wohin die Leute aus wandern wollen, welche zwischen zwei Gefahren stehen: zwischen der Gefahr der Konzentrationslager im Dritten Reich und der Gefahr völliger Arbeits­losigkeit in einem verarmten Lande, welches alle Kräfte anftrcngt. um seine Zukunft zu sichern und seinen Menschen Arbeit zu geben. Die Tsche- choftowakei ist für diese Menschen eine Neber« gangSstaiion geworden. Aber wie eine Neber« gangSstation schaffen, wenn die Grenzen aller' Staaten hermetisch abgeschlossen sind... l Durch die Zerteilung der Tschechoslowakei hat man nicht nur einen Krieg, sondern auch große ftnanzielle Verluste für die französische und wahrscheinlich auch englische Regierung verhindert. Ein Bruch­teil dieser Verluste genügt, um für die deutschen Flüchtlinge in der Tschechoslowakei eine neue Existenz zu finden." Die Verfasserin gelangt zu folgenden Schlüssen. 1. Die Grenzen sranzösischer oder englischer Kolonien für deutsche Auswanderer zu öffnen. 2. Die gesammelten Gelder zu plan« mäßiger und geordneter Uebersiedelung dieser Leute zu verwenden. 3. Der tschechoslowakischen Regierung mitzuteilen, bis wann sie mit dieser Hilfe rechnen kann. In der Ucbergangszcit wird die tschechoslowakische Regierung für Hilfe sor­gen müssen. Japanischer Vorstoß In SUdchlna Tokio.< Reuter.) Die japanischen Blät­ter veröffentlichen eine amtliche Meldung, die be­sagt. daß Mittwoch-wischen 3 und 5 Uhr früh in einer südchinesischen Bucht japanisches Mili­tär ausgeschifft wurde. Die chinesische Verteidi­gung ist, ohne Widerstand zu leisten, zurückgewi- chen. Heute vormittags teilte der japanischeAußen- minister den Vertretern der Mächte mit, daß sich die japanische Regierung entschlosien hat, einen Angriff auf die südchinesische Provinz Kangtung zu unternehmen, um den Sturz der Regierung Tschiangkaischeks zu beschleunigen. Rach zuverlässigen Meldungen wird die Stärke der japanischen Abteilungen, die in Süd­china auSgeschifft wurden» auf 40.090 Mann ge­schäht. G London.(Renier.) Der diplomatische Ren­ier-Korrespondent erfährt aus kompetenter Quelle, daß der britische Botschafter in Tokio der japani­ schen Regierung kürzlich den britischen Stand« punkt zu den gegenwärtigen militärischen Ope­rationen Japans in Südchina miigeteilt habe. Der Korrespondent erklärt, der britische Bot­schafter habe die japanische Regierung daran er« innert, daß die britische Regierung auf dem be­reits einige Male vorher bekanntgegebenen Stand­punkt verharre und daß sie jedweden Zwischen­fall an der Grenze von Hongkong demnach als Verletzung der freundschaftlichen Beziehungen der beiden Regierungen ansehen werde. Der Reuter« Korrespondent sagt, daß es sofort zum Einschrei­ten des britischen Botschafters kam, als die Nach­richt von der Ausschiffung japanischer Truppen in der südchinesischen Bucht von BiaS bekannt wurde. Dank an die Freiwilligen Barcelona. lAg. lksp.) Alle Parteien und politischm Organisationen sowie die promi- nonten Persönlichkeiten der Republik , so Cortes- präsident M. Barrio, mehrere Minister und der Rat der katalanisch«! Generalidad, haben den entlaffenen ausländischen Freiwilligen herzliche Abschiedsbotschaften übermittelt. Darin spreche» sie von der ewigen Dankbarkeit Spaniens an die Freiwilligen, die gekommen seien» nicht nur nm für die bedrohte spanische Unabhängigkeit, son­dern auch für die Freiheit der Welt zu kämpfen. Die Gesamtzahl der ausländischen Kämpfer in der republikanischen Zentrumsarmee betrug rund 2590, und zwar Franzosen, Eng« länder, Nordamerikaner, Tschechen, Polen , Deut­ sche , Italiener , Belgier, Holländer und Schwe« den, Kein einziger Ausländer war in der Flie­gerei des Zentrums tätig. DerDaily Workec"(komm.)' berichtet, daß von den 2000 Engländern, die zur spani­schen Volksarmee gingen, 432 gefallen und zahl­reiche andere als vermißt gemeldet und Wohl auch gefallen find. 1203 wurden verwundet, von denen die meisten nach Heilung wieder an die Front gingen, 404 sind invalid. Für die Verwundeten und die Familien der Spanienkäntpfer sind '45.574 Pfund Sterling(etwa 6.5 Millionen XL) gesammelt worden. Dasselbe Komitee wird nun die entlassenen Kämpfer nach England heim­bringen. Ein neuer Sammelaufruf ist u. a. von Major Attley, Sir Norman Angell , Lord Par- moor, H. G. Wells , I, B. Priestley und dem Dekan von Chichester unterzeichnet. Der Kampf um den Kalkan Deutscher Druck und englische Gegenbemühungen Istanbul. (HavaS.) Reichswirtschaftsminister Funk, der von hier zur wirtschaftlichen Verhand­lungen nach Sofia abreiste, erklärte, daß er auch von der rumänischen und griechischen Regierung «ingeladen worden sei, aber nach Berlin zurück­kehren müsse, um sich mit den Fragen zu befassen, die mit dem Anschluß der sudetendeutschen Gebiete an das Reich verknüpft sind. Unter anderen er­klärte der deutsche Minister, daß Deutschland bei den llnierhandlungen mit den Balkanstaaten bila­teralen Verträgen über den Warenaustausch den Vorzug gebe. Der Minister deutete an, daß Deutschland später ähnliche Abkommen mit Ame­ rika und England zu treffen gedenke. ... und denn Italien London . DerDaily Telegraph " lenkt die Aufmerksamkeit der Leser auf den wirtschaftlichen Druck, den Deutschland auf die Balkanländer aus- iibt, von dem ein langer Bericht des Berliner Korrespondenten des Blattes spricht, in dem eS heißt, dah das,>vaö als anglo-franzöfische Ge ­genoffensive auf dem Balkan bezeichnet wurde, jetzt nicht mehr al» ernsthafte Bedrohung aufge« faßt wird. Wenn Großbritannien und Frankreich fortfahren werden, die Handelsmöglichkeiten an sich zu reißen, die in den Augen der Deutschen eigentlich dem Reiche gebühren, dann werde Deutschland in einem oder in zwei Jahren seine Befestigungen im Osten beenden, um seine wirt­schaftliche Exklusivität in Mittel« und Südost­ europa zu beweisen. Man werde sehen, bi» zu welchem Maße sich auf dem Balkan die Inter­essen Deutschland » und Italien » werden vereint» gen lassen. Deutschland wird wahrscheinlich bereit sein, sich mit Italien in die Früchte seiner Arbcft während einiger Zeit zu teilen; dann aber werde es den Anteil Italien » verdrängen, weil dort we­nig Platz für Konkurrenten sein wird. In deut­ schen WirtschäftSkreisen, die den britischen Ein­fluß in der Türkei nicht unterschätzen, hält man den Abschluß eine» türkisch-deutschen Abkommen» fiir ein Zeichen dafiir, daß auch die anderen Län­der, die Reichsminister Funk besucht, der deutschen Schmeichelei leicht zum Opfer fallen werden. Befürchtungen der französischen Gewerkschaften Erhaltung des Friedens um jeden Preis Paris , 12. Oktober. Der erweiterte Vor­stand des Allgemeinen Arbeitsverbandes beendete heute um halb 3 Uhr nachts nach lange» Debat­ten feine zweitägigen Beratungen. Abgesehen von 15 Delegierten, die sich der Stimme enthiel­ten, wurde einstimmig eine Resolution angenom­men, die der Generalsekretär Jouhaux vorgelegt hatte. Diese Resolution spricht sich für die Not­wendigkeit einer Entpolitisierung de» Allgemei­nen ArbeitSverbandcS und für die Notwendigkeit der Erhaltung des Frieden» aus. Der französische Allgenieine Arbeitsverband hat den Arbeiter- GewerkschaftSorganisationen in der Tschechoslo- walei und dem tschechoslowakischen Volke eine Kundgebung übersendet, die sie der brüderlichen Sympathie und der wahrhaftigen Solidarität de» französischen Volkes versichert. Der Allgemeine Arbeitsverband spricht seine Befürchtung aus, daß das Münchener Ab­kommen der vier Mächte keine Garantien für einen wirklichen Frieden bringt, und gibt dem Wunsche Ausdruck, daß in Uebereinstimmung mit der Botschaft des Präsidenten Roosevelt baldigst eine.Weltkonferenz einberufcn wird, die alle Staaten ohne Unterschied ihrer Ideologien, Ueberzeugungen oder polittschen Regime» um­faßt. Diese Konferenz sollte die Probleme und Möglichkeiten einer allgemeinen Verständigung erwägen. Der Allgemeine Arbeitsverband hat sich fer­ner für die Verwirklichung einer internationalen Bereinigung der ArbeitergewerkschaftSorganisatio« nen und ihrer gemeinschaftlichen Anstrengungen für die Erhaltung des Frieden» ausgesprochen. Bezüglich der innerfranzösischen Probleme be­harrt die Entschließung auf der Forderung der 40stündigen Arbeitswoche, der Kollektivverträge und der Gewerkschaftsorganisationen. In der Schlußrede sagte Generalsekretär Jouhaux u. a.: Wir verhehlen un» nicht die Schwierigkeiten der gegenwärtigen Lage, aber wir glauben nicht an den kommenden Krieg. Die Be­wegung würde ihrer Sendung untreu werden, wenn sie in Kenntnis der Gefahr sich nicht be­mühen sollte, sie abzuwehren. Auch die Regierun­gen müssen die» begreifen. Die vom Allgemeinen Arbeitsverband vorgeschlagene internationale Konferenz schließt Verhandlungen mit Hitler und Mussolini nicht au». Der apostolische Nuntius Im Berliner Außenamt Berlin » 12. Oktober .(Havas.) Der apo« fwlische Nuntius Msgr. Orsenigo stattete dem Staatssekretär des deutschen Außenamtes Woer« man» einen Besuch ab. An offiziellen deutschen Stellen wird bemerkt, daß in diesem Besuch kein offizieller Protest des Heiligen Stuhles gegen die Zwischenfälle zu erblicken ist, die sich am Samstag und Sonntag in Wien er­eignet haben. Es wird angedeutet, daß sich der apostolische Nuntius zunächst über die Ereignisse der Untersuchung der deutschen Behörden infor­mieren wollte. Es verlautet, daß der Reichskom­missär für Oesterreich, Gauleiter Bürckel , der die Untersuchung in Angelegenheit der Demonstra­tionen gegen den Kardinal Jnniher leitet, mor­gen einen amtlichen Bericht veröffentlichen wird. In einem Erlaß des Reichsinnenministers wird den Beamten und Lehrpersonen der Er­werb der Mitgliedschaft und irgendwelche Be­tätigung in berussständischen konfessionellen Ver­einigungen verboten. Mitgliedschaft oder BetAi« gung in einem derartigen Verband ist sofort zu lösen. Korridor durch den Korridor? London , 12. Oktober. DerDaily Expreß " berichtet aus Berlin , daß geheime Verhandlungen zwischen Deutschland und Polen über den Frei­staat Danzig und den polnischen Korridor unmit­telbar vor dem Abschluß stehen. Der Korrespon­dent erfährt, daß Polen zugestimmt habe, Danzig Deutschland zu überantworten. Hitler dagegen werde auf die deutschen Ansprüche hinsichtlich de» polnischen Korridor» verzichten. Die Polen hät­ten ferner zugestimmt, daß durch den Korridor eine neutrale Zone gelegt werde, welche Reichs­deutsche, die von oder nach Ostpreußen reisen, ohne irgendwelche Schwierigkeiten, Zollformali­täten usw. werden passieren können. Der Abfall von Handln Paris, 12. Oktober .(HavaS.) Der Bür­germeister von Mühlhausen , Alfred Wallach, gab Flandin seine Resignation auf die Mitgliedschaft im leitenden Ausschuß der demokratischen Allianz. Diese Resignation steht im Zusammenhang mit dem Telegrammwechsel zwischen Flandin und l Hitler. Gestern traf Flandin in Begleitung seiner zwei Söhne in Mailand ein. Es handelt sich um «eine Privatreise. > i > i Keine Neuaufnahmen In den Staatsdienst Pro». Die Regierung hat über Antrag de» Finanzministers die zeitweilige Einstellung der Aufnahme neuer Kräfte in den Staatsdienst b-> schlossen. Diese Maßnahme gilt auch für alle Un« ternehmungen de» Staate», ebenso für Bolks- i und Bürgerschullehrer. Ein allfälliger Mangel an I Kräften in bestimmten Bereichen soll durch über­zählige Kräfte au» anderen Bereichen behoben werden. Da» Verbot der Aufnahme neuer Kräfte , gilt nicht für diejenigen, welche auf Tage»« oder Leistungslohn für bestimmte Arbeitsleistungen ausgenommen werden. via Entlassung der Reservisten aus den besetzten Gebieten Prag . Da» Ministerium für Nationalver­teidigung trng allen Militärformationen auf, so­fort alle tschechoslowakischen Staatsangehörige» zu entlassen, welche dauernd im Ausland« woh­nen und dort angestellt sind und die bei der Mo­bilisierung bei ihren Formationen einrückten und nunmehr ihre Entlassung verlangen. .Alle diese Militärpersonen erhalten das Reise­geld bi» zu ihrem auch außerhalb der Republik liegenden Wohnort und die BerpflegSgebühren für drei Tage. GroB-Relchenbers Berlin . DerVölkische Beobachter" schreibt, daß der Gedanke, die Reichenberger Vorstädte mit dieser Stadt zu vereinigen und so ein Groß- Reichenberg zu schaffen, bereit» in der nächsten Zeit tm positiven Sinn gelöst werden wird. Da­durch wird die Zahl der Einwohner Reichenberg» von 40.000 auf 80.000 steigen. Slowakisch Staatssprache in der Slowakei . Minister Dr. DurLcknskh hat in seiner Eigen­schaft al» Stellvertreter des Vorsitzende» der slowakischen Regierung eine Verordnung heraus» gegeben, welche da» Slowakische al» ausschließ­liche Sprache beim Gebrauch der Staatssprache in der Slowakei bestimmt.