Sozialdemokrat

Sentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 75 Heller

Rebaltion u. Berwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Rebatteur: Rarl Rern, Prag  

18. Jahrgang

Eine Belastung?

Samstag, 15. Oktober 1938

Aus dem Inhalt:

Vereinigung

der Volksparteien in der Slowakei  

Die gewerkschaftliche Konzentration

Kontrolle der Vermögens­übertragungen

Nr. 243

Aussprache in Berchtesgaden  

Erörterung aller bestehenden Fragen

Labour Party  

Die bitteren Gefühle des tschechischen Volfes fann man sehr wohl verstehen. Wer, der seit langem inmitten des tschechischen Voltes levt und den Staat immer als sein Vaterland ge= liebt hat, könnte des Verstehens dieser Bitterfeit ermangeln? Und auch das ist begreiflich, daß diese bitteren und schmerzlichen Gefühle sich nicht Minden  , 14. Oktober.  ( DNB.) Reichs-| funden sei. Er sprach die Hoffnung aus, daß es gegen ein schredliches Schicksal schlechthin wen- fanzler Hitler empfing hente in Gegenwart des gelingen möge, auch in dieser Frage baldigit den; stets suchen Menschen im Unglüd nach be- Reichsaußenministers von Ribbentrop den tsche- eine befriedigende Lösung zu finden. stimmten Schuldigen: nach einzelnen, nach Grup- choslowakischen Außenminister Dr. Chvalkovský. Die Besprechungen waren gegen halb 2 pen, nach Völfern. Was liegt näher, als daß jest Der tschechoslowakische Außenminister gab dem 1hr beendet. Wie das Deutsche   Nachrichtenbüro sich Abneigung gegen die Deutschen   zeigt, und Reichskanzler die Versicherung ab, daß die hört, gab die etwa anderthalbstündige Ans- teilt wird, empfing Donnerstag abends Unter­was leider eine Selbstverständlichkeit war zu Tschechoslowakei   eine loyale Haltung Deutschsprache, an der auch der Reichsanßenminister allen Notzeiten auch gegen die Juden! Schwer, land gegenüber einnehmen werde, wovon der teilnahm, Gelegenheit, alle beide Staaten be­mit rein fachlichen Gründen sich gegen Gefühle deutsche Reichskanzler mit Befriedigung Kennt- rührenden Fragen zu erörtern. wenden! Aber muß man nicht gerade dann, nis nahm. Reichskanzler Hitler   drückte dem Außenminister Chvalkovský   stattete nach

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für die Flüchtlinge

London.  ( Reuter.) Wie amtlich mitge staatssekretär Butler im Außenministerium eine Abordnung des Rates der nationalen Labour Party   und verficherte fic, die britische   Regierung sei sich voll der Dringlichkeit des Problems der fude­diefer Angelegenheit wirksam beſchäftigen.

wenn solche Empfindungen hochfluten, doch vertichechoslowakischen Außenminister sein Be- mittags Reichsanßenminister von Ribbentrop tendeutschen Flüchtlinge bewußt und werde sich mit

suchen, das Sachliche dagegen zu stellen?

Man liebt derzeit die Deutschen   nicht sehr. danern darüber aus, daß in der Frage der im Münchener   Hotel Vier Jahreszeiten" er­ungarischen Minderheiten noch keine Lösung ge- neut einen Besuch ab.

Der Konflikt mit Ungarn  

Maximale Forderungen- Daranyi bei Hitler  

In einem Brief an den ,, Daily Telegraph  " verlangt die unabhängige Abgeordnete Mis Rath­bone, daß die Flüchtlinge in der Tschechoslowakei  für eine Zeit lang ein Asyl in England finden und daselbst auf Kosten des britischen   Schaamtes erhalten werden sollen. Das Innenministerium folle für die fudetendeutschen Flüchtlinge eine libe=

Wiele Deutsche   bekommen das auch schon anders als rein gefühlsmäßig zu spüren. Es ist für einen Deutschen   jetzt schon schwer und es wird noch schwerer werden, eine Arbeitsstelle zu bekommen. Sogar jüdische Firmen ziehen es jetzt vor, Deutſche   nicht zu beschäftigen. Soll das, kann das so bleiben? Soll sich das noch steigern? Zunächst: getroffen werden vor allem Budapest  , 14. Oktober.  ( MTJ.) Nach der Sprachgrenze aus dem Jahre 1910 geltend. Es ralere Einwanderungspolitik zulaffen. Deutsche  , die treu zum Staate standen und Nückkehr der Minister Kanya und Teleki von stehen und ihre Staatstreue nicht bloß durch Komorn nach Budabest hielt die Regierung unter Worte, durch Beteuerungen bewiesen. Soll es Vorsit des Ministerpräsidenten Imrédy   eine juſt dieſen Deutschen   jetzt und in aller Zukunft Sitzung ab. Miniſter Kanya berichtete über den im tschechischen Staate schlechter gehen als Verhandlungsverlauf mit der Delegation der andersgesinnten Deutschen  ? Es wird ja auch in tschechoslowakischen Regierung. Der Ministerrat Zukunft im tschechoslowakischen Staate nicht an befchlof, einige Maßnahmen zu treffen, durch Deutschen   fehlen, die deutschnational sind, welche

wird.

forderte auch die Durchführung eines Plebiszites In einem großen Artikel im ,, New Chro­auf dem übrigen Gebiet der Slowakei   und Karnicle" erklärt Sir Walter Layton, der gestern aus pathorußlands. Diese Forderung wurde von tschecho Brag zurückgekehrt ist, wo er zusammen mit dem slowatischer Seite abgelehnt, denn sie lonnte mit Recht darauf veriveisen, daß das Münchener Ab- Londoner Bürgermeiſter weilte, daß in der Flücht­kommen nur von der ungarischen Minderheit und lingsfrage die Initi..tive von England und feineswegs von den Slowafen und Ruthenen spricht. Frankreich   kommen müsse, da diese Mächte frag­Der ungarische Vorschlag würde bedeuten, daß mehr los eine moralische Verantwortung tragen. Die als 400.000 Stowalen und etwa 80.000 Ruthenen vier Mächte von München   hätten die Berantwor­Ungarn eingegliedert werden würden, so daß in tung zu tragen und Layton meint, England und Ungarn  , wo gegenwärtig eine Minderheit von Frankreich   seien moralisch verpflichtet, von Berlin  300,000 Slowaken und 40,000 Ruthenen lebt, eine zu verlangen, in der Flüchtlingsfrage keinen große slawische, etwa 800.000 Ruthenen und Slo- Druck auf Prag   auszuüben. England und Frank­wafen umfassende Minderheit entstehen würde. Eine solche Lösung würde der Slowakei   und Karpatho  - reich müßten alles tun, damit die Flüchtlings­rußland eine ganze Reihe großer Städte, wie zum verforgung keine finanzielle Last für den tsche­Beispiel Košice  , Bratislava  , Nitra  , Uiborod usw. choslowakischen Staat werde und damit eine neue entziehen und dem Lande auch die wichtigsten Ver Heimat für die Flüchtlinge gefunden werde. fehrsadern des ſlowafischen und farpathorussischen Kommunikationssystems abschneiden. Aus diesen Gründen waren die ungarischen Vorschläge unan Kirchliche Sammlungen in Paris  

desmäßig vor, lasse man die Gefühle schweigen, haben, daß diese Verhandlungen an einem toten hätte Ug00 Meni lägen

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Die ungarischen Forderungen

Brag. Ungarn   machte den Anspruch auf Ab­tretung eines Gebietes der gegenwärtigen Slowakei  auf Grundlage des Nationalitätenprinzips und nach

Paris  . Der Pariser Erzbischof Kardinal da Verdier hat alle Pfarrer seiner Diözese aufge= von etwa 330.000 Perfonen ungarischer Nationali- fordert, am Sonntag, den 16. d. M. bei allen Hl. tät bewohntes Gebiet erhalten. Durch dieſe Rege- Weffen zugunsten der tschechoslowakischen Flücht­Lung wäre einerseits vollständige Befriedigung der ungarischen Ansprüche auf Gebiete mit überwiegend linge Sammlungen zu veranstalten und das Er­ungarischer Bevölkerung, andererseits ein gewisses trägnis der Sammlungen unverzüglich an das erz­bereitelt forben. Da gegenüber der flairiſchen, Gleichgewicht haewicht bezüglich der nationalen Minderheiten bischöfliche Ordinariat zu überweisen. 400.000 zählenden Minderheit in Ungarn   in der Slowakei   und in Karpathorußland etwa 300.000 Ungarn   verblieben wären.

Englisches Militärflugzeug in Palästina abgeschossen

Kündigung des Flottenvertrags?

man wird es hinnehmen, daß sie es fim. und beit besiederstärkung der militärischen Sicher Sie werden sich gesichert fühlen im Vertrauen auf Hitler   empfing heute nachmittags in Ge­den Schuk Deutschlands  . Die demokratischen genwart des Reichsanßenministers von Ribben­Deutschen aber, die unter niemandes Schuß trop den ehemaligen ungarischen Ministerpräfi­stchen werden, sollen sich als Diffamierte fühlen? denten von Daranyi zu einer Besprechung über In den tschechischen Blättern wird jetzt oft Fragen des ungarischen Volkstums in der Tsche­gesagt, man müsse jetzt auf den Lugus großer choslowakei. Gefühle und Tugenden verzichten, müsse aus dem Der Berliner   Berichterstatter des Havas Reben streichen den Glauben an Freunde, an die büros meldet, dar amtliche deutsche   Kreise gestern demokratische Solidarität, an die flatvische Brü- abends in der Beurteilung des negativen Aus­berlichkeit, man müsse eine Politik des falten ganges der tschechoslowakisch ungarischen Ver­Verstandes machen. Gut, gehe man bei der Behandlungen von Komárno   sehr zurückhaltend nehmbar. urteilung des Deutschenproblems ganz verstan- waren. Sie sollen ihr Bedauern ausgesprochen dann wird man schon zu einer erträglichen Punkt angelangt sind und sprachen nur die Soff­Rösung kommen! Dreihundertfünfzigtausend oder nung aus, daß es möglich sein wird, auf Grand bierhunderttausend Deutsche   in einem Zehnmil- der Münchener   Vereinbarungen eine zufrieden­Tionenvolt, zerstreut über das ganze Staats- stellende Lösung zu finden. gebiet, brauchten überhaupt kein Problem zu sein. Die im tichechoslowatischen Staat verblei benden Deutschen   werden in der Politik keine Rolle mehr spielen. Sie werden nichts anderes wollen, als daß man sie arbeiten läßt, um leben zu können. Sie werden und das kann man ihnen doch nicht gut verdenken leben wollen. Der tschechoslowatische Staat wird durch eine zahlenmäßig so wenig bedeutende Minderheit nicht mehr belastet als alle anderen Staaten, die auch Minderheiten haben einen national so Jerusalem  , 14. Oftober( Reuter). In den lek- bei zwei Polizisten getötet und zwei verwundet leicht gezwungen sehen, den deutsch  - britischen einheitlichen Staat, daß er überhaupt teine ten zwei Tagen wurden durch Schädlingsbanden wurden. nationalen Minderheiten hat, gibt es nicht. So zahlreiche Straßen in Nordpalästina beschädigt. Beim Kampf an der Straße nach Hebron  geringe Minderheiten brauchen teinem Staat An vielen Orten wurden die Straßenbrücken ein wurde neuerlich ein britisches Militärflugzeug ab­Sorgen zu bereiten. gerissen und die Straßen aufgegraben. Der Stadt geschossen und verbrannte. Der Pilot und der Be­Aber wenn man die hier verbleibenden Schafamer, östlich von Haifa  , wurde eine Bußze Deutschen   hier auch arbeiten läßt, so braucht man von 700 Pfund Sterling auferlegt. In die Biga- obachter sprangen mit Fallschirm ab, jedoch wird fich gar nicht etwa auf den Humanitätsstandpunkt rettenfabrit einer beitisch- amerikanischen Tabak- der Beobachter vermißt. zu begeben; man kann auch dabei fühl- sachlich Company an der Straße Jerusalem- Jaffa dran= Anläßlich der heutigen Rückkehr des Hohent urteilen. Ein beträchtlicher Teil dieser Deutschen   gen heute Bewaffnete ein, die die Belegschaft mit Kommifffars für Palästina nach seinen Verhand­find Bauern. Niemand kann sagen, daß der Waffen in Schach   hielten und das ganze Tabat- lungen mit dem Dominienminister MacDonald in deutsche Bauer am Rande der Hanna oder in der lager mit Petroleum übergossen und ansteckten. London   herrscht die Ueberzeugung vor, daß die glauer Sprachinsel einem tschechischen Bauern Sämtliche Tabakvorräte gingen in Flammen auf: Unruhen ihren Gipfelpunkt erreichen. Die Tätig den Boden wegnimmt, ihn in der Eristenzmög- Der Gesamtschaden beträgt 20.000 Pfund. Bei keit der Aufständischen steigt sowohl in bezug auf lichkeit behindert, denn diese deutschen   Insel dem Dorfe Kubele kam es geſtern zu einem Ge- die Zahl der Vorfälle als auch in bezug auf ihre bauern sißen auf ihrer Scholle seit vielen, vielen fecht zwischen Arabern und jüdischer Polizei, wo- Ausdehnung. Generationen. Andere unserer Deutschen sind Arbeiter. Sehr viele von diesen sind Qualitäts­orbeiter, Gereicht das Vorhandensein von etlichen wieder Zeiten industrieller Belebung, in denen es ruhig und sachlich ein Problem, das für den tausend hochqualifizierten deutschen   Arbeitern sogar Mangel an guten Facharbeitern gab Staat und das tschechoslowakische Volt fein dem tschechoslowatischen Staate, der ja auch Wenn die Tschechoslowakei   die jeßige Krise durch schwieriges zu sein braucht, zu beurteilen. Dann tünftighin eine Industrie haben wird und sie wird schritten haben wird, wird sie Facharbeiter brau- wird man ertennen, daß das Verbleiben einer so weiterentwickeln wollen, etwa zum Schaden? chen! Dann werden ihr auch die bekanntlich sehr geringen Anzahl Deutscher   den Charakter des Staates als Nationalstaat durchaus nicht beein Dder hat nicht vielmehr noch jedes Industrieland tüchtigen deutschen   Qualitätsarbeiter nüßen! Und was von den deutschen   Arbeitern ge- trächtigt und daß die verhältnismäßig wenigen auch die Tschechoslowakei   wird in Zukunft noch immer nicht bloß Agrarland, sondern auch Indu- sagt wurde, gilt auch von den deutschen   Gewerbe- Deutschen, die als Tätige in Industrie, Hand tanutgegeben, daß zum Schuße wichtiger Indus ſtrieland sein von der Tüchtigkeit seiner Ar- treibenden, Handelstreibenden und Intellek- und Gewerbe in Betracht kommen man muß ſtrieunternehmungen gegen Luftangriffe Formas von der Zahl der Erwachsenen auch noch die tionen leichter Luftabwehrartillerie werden gebil beiter, aus der Arbeitsbegabung der in den tuellen. Fabriten Schaffenden, Borteil gezogen? Es gab Es handelt sich nicht darum, Gnade für die deutschen   Bauern abrechnen nicht den Tſche- det werden, und zwar aus der Reſerve der Terri in vielen Staaten schon schwere Induſtriekrisen, im Staate verbleibenden Deutschen   zu erflehen. chen das Brot wegnehmen werden, sondern torial- Armee. Die hiezu erforderliche Mannschaft während welcher auch bestqualifizierte Arbeiter Onein! Nur darum, ſich nicht bloß von zeit- vielmehr durch ihr Können und ihren Fleiß dem soll unter den Angestellten dieser Industrieunter arbeitslos wurden; aber dann famen doch immer bedingten Gefühlen leiten zu lassen, sondern Staate nüßen werden.

Rom  , 14. Oktober( Havas). Falls Groß­ britannien   bei der Absicht, seine Rüstung zu ver­stärken, bleiben sollte, würde sich Deutschland   viel­Flottenvertrag zu kündigen. Zu diesem Schluß ge= langen die italienischen Beobachter in Berlin  , die die Reaktion der amtlichen deutschen   Stellen auf die Tendenz der verantwortlichen englischen Fak­toren verzeichnen, die bemüht sind, das Tempo der englischen Nüftung zu verstärken. Popolo di Roma" führt in einem aus Berlin   datierten Arti­tel aus: Deutschland   gibt zu verstehen, daß es ge= zwungen werden wird, dem Beispiel Englands und Frankreichs   zu folgen, und infolgedessen ge­gebenenfalls auch den mit England abgeschlossenen Flottenvertrag zu fündigen.

abend in Sheffield   eine Rede, wobei er u. a. era flärte, daß die Regierung beschlossen hat, eine eins gehende Untersuchung aller Mängel einzuleiten, die sich auf dem Gebiete der Nationalverteidi gung in der legten Zeit ergeben haben. Sir John Simon tat feine Erivähnung darüber, ob die Res gierung die Einführung der allgemeinen Wehr­pflicht beabsichtigt oder ob sie sich auch weiterhin mit dem Freiwilligendienst zufriedengeben wird.

Schaßlanzler Sir John Simon hielt gestern

Das Kriegsministerium hat heute früh be

nehmungen ausgewählt werden.