Sozialdemokrat

Sentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 75 Heller

Rebaltion u. Berwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 58077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag  

18. Jahrgang

Eine überraschende Reise:

Donnerstag, 20. Oktober 1938

Oberst Beck bei König Carol

Tagesordnungspunkt: Die Regelung zwischen Ungarn   und der ČSR  

würden.

London  . Die Times" schreiben, es beste hen Gründe für die Annahme, daß die englische gen unterstützen wird, die ausschließlich auf der Regierung nur diejenigen ungarischen Forderun­ethnographischen Idee beruhen. Die Regierung hoffe, daß sich beide Seiten in dieser Angelegen heit rasch einigen werden. Der Standpunkt der englischen   Regierung fügt das Blatt hinzu, iſt aber ein vollkommen anderer soweit es sich um ungarische Forderungen handelt, die auf politis  schen oder strategischen Erwägungen berühen.

stimmten Vorschlägen nach Bukarest   gefahren sei, die sich auf das Verhältnis Ungarns   und Polens  zur Tschechoslowakei   beziehen. Zweifelsohne liegt Polens  , die sich seit langem um eine engere Ver­die Reise Becks im Zuge der konsequenten Politit bindung der osteuropäischen Völker bemüht. Aller­dings ist es fraglich, sagt der Angriff", ob der gegenwärtige Anlaß diesen Konzeptionen förder= lich ist. Die Stellungnahme Rumäniens   dürfte nicht nur von den Erwägungen diktiert werden, die sich aus den tschechoslowakischen Ereignissen ergeben haben, sondern auch von Momenten

Bukarest  . Der polnische Außenminister politischen oder strategischen Charakters beruhen Betrachtungen. Man glaubt, daß Bed   mit be­Oberst Bed ist in Galaz eingetroffen. Gleichzei­tig mit ihm traf der rumänische Botschafter in Warschau   Franafovici ein, ferner der vol­nische Botschafter in Bukarest   Graf Hac finski, der dem polnischen Außenminister bis an die Grenze entgegengefahren war. Unterwegs bestieg der rumänische Außenminister Comnen den Sa­lonwagen des polnischen Außenministers, so das die Besprechungen noch im Zuge begonnen haben. Das Wesentliche des überraschenden Besuches Beds   ist seine Audienz beim König Carol  . Oberst Bed   reiste noch abends nach Warschau   zurüd.

Berlin  . Der Reise des polnischen Außenmi­nisters Beck nach Bukarest   widmet die gesamte Presse der osteuropäischen Länder aufmerksame

gründjäßlicher Art und jener betrachtenden Hal­tung zu solchen Dingen, an denen man keine di­retten Interessen besitze.

Flüchtlinge nach Übersee  

Flüchtlinge eine genügende Kapitals unterstügung haben, um sich als Far­mer niederlassen zu können, keine ernsthaften Einwände dagegen beste hen. Flüchtlinge jedoch, welche sich in den Städten niederlassen wollen, feien unerwünscht, da sie nur die bestehende Arbeitslosigkeit vermehren würden. Neuseeland  

Paris  . Die plötzliche Reise des polnischen Außenministers Bed   nach Galab zu einer Zusam menkunft mit dem König von Rumänien   Carol hat in Paris   ein beträchtliches Interesse erweckt und wird als äußerst bedeutsam für die fünftige Regelung des ungarisch- tschechoslowakischen Pro­London, 19. Oktober. Die Be blems bezeichnet. Amtliche Stellen bewahren weis strebungen, sudetendeutschen Flüchtlin. terhin Zurüdhaltung. Das Außenministerium gen aus der Tschechoslowakei   in Groß­aber läßt sich über die Ansichten der Regierungen britannien eine neue Heimstätte zu der einzelnen Staaten durch ihre diplomatischen schaffen, haben zu kleinen Anfangs Vertreter daselbst solvie durch die diplomatischen resultaten geführt. Die britische Regie Vertreter dieser Staaten in Paris   eingehend in- rung ist Blättermeldungen zufolge, ent­formieren. Außerdem steht der Quai d'Orsay in schlossen, einer bestimmten Anzahl von dauerndem Meinungsaustausch mit dem britischen Flüchtlingen wenigstens für eine ge Foreign Office. wiffe Zeit die Niederlaffung in England Bon berechtigter Bariser Seite wird ange- zu gestatten. Die notwendigen Borbe deutet, daß die franzöfifche Regierung, ohne zu reitungen werde der britische   Konsul in nächst in die eigentlichen Verhandlungen( zwischen Prag   treffen. Man glaubt in London  , London  . ,, Daily Herald" mel­Ungarn und der Tschechoslowakei  ) einzugreifen, daß von dieser Maßnahme etwa 300 det: Der Hochkommissär für Neusee vollkommen die Anschauung amtlicher englischer land in London   Jordan erklärte Stellen teilt, welche die Erwartung hegen, daß Personen erfaßt werden dürften. beide unmittelbar interessierten Seiten, nämlich Aus Ottawa   melden die ,, Times", Dienstag abends, Neuseeland   könne Ungarn   und die Tschechoslowakei  , sich so einigen daß der Vorschlag, 5000 Flüchtlinge aus eine große Zahl von Flüchtlingen auf werden, wie das Münchener   Abkommen feftfette, den fudetendeutschen Gebieten die Ein- nehmen. Wir haben für sie Arbeit auf nämlich auf gerechter und rein ethnischer Grund- reise nach Kanada   zu gestatten, gün- einige Jahre und können Arbeitskräfte Inge. Die Pariser   Blätter machen hiebei auf stig beurteilt wird. Die kanadischen Be aufnehmen, wenn wir geeignete Kräfte Grund autorisierter Informationen aufmerksam, hörden erklärten, daß im Falle die finden". baß der Standpunkt sowohl der britischen wie der französischen   Regierung ein ganz anderer sein würde, falls Forderungen erhoben werden soll­ten, die zum Schaden des tschechoslowakischen von Nichtungarn bewohnten Gebietes auf Gelüsten

Verlassene Wohnungen anmelden!

Prag  . Mittels Erlaß des Innenmini­fteriums vom 13. Oktober 1938, Zahl 85.652­1938-14a wird eine Konskriptioit der verlaffenen Wohnungsein richtungen in dem von der reichsdeutschen und polnischen Armee besetzten Gebiete ange­ordnet.

In diesem Zusammenhange fordert der Brager Polizeipräsident alle Personen auf, die in dem genannten Gebiete Wohnungseinrichtun­gen zurückließen und sich nun im Bereiche Groß­Brags aufhalten, ihre Konstription sofort, späte­stens aber bis zum 31. Oftober 1938 bei dem zuständigen Polizeikommiffariate abzugeben.

Die Anmeldung soll enthalten:

1. Den Namen des Wohnungseigentümers, feine Beschäftigung und gegenwärtige Adresse. 2. Gemeinde, Gaffe, Konskriptionsnummer, Nummer der verlassenen Wohnung, Stockwerk, Größe der Wohnung.

3. Politischer Bezirk.

4. Nächste Eisenbahnstation.

nimmt Flüchtlinge auf

Tiso  , Durčanský und Bačinský

bei Ribbentrop

Berchtsgaden. Der Minister für die Verwaltung der Slowakei   Dr. Tiso, der Vorsitzende der flowakischen Regierung, der flowakische Justizminister Dr. Durčanský und der karpathorussische Minister des Innern Dr. Bačinský sind am Mittwoch vom Reichsaußenmini­ster von Ribbentrop empfangen worden.

Wie das Deutsche   Nachrichtenbüro hört, gibt der Tschechoslowakei   führen wird. Der Besuch in der gegenwärtige Stand der Besprechungen, denen München   wird hier als logische Fortsetzung der eine Anregung der Prager   Regierung zugrunde Besprechungen zwischen Meichskanzler Hitler   und liegt, zu der Hoffnung Anlaß, daß die von dem gewefenen ungarischen Ministerpräsidenten Deutschland   und Italien   eingeleitete Vermitt- Daranyi fowie zwischen dem italienischen   Mini­lung bald zu einer endgültigen Bereinigung der sterpräsidenten Mussolini   und dem Grafen Czafy noch schwebenden ungarischen Wolkstumsfragen in bezeichnet.

Palästina in heller Rebellion

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Aus dem Inhalt:

Neuerliche Unterredung

Hitler- Chamberlain?

Nr. 247

Vor der Präsidentenwahl

Prag  . Amtlich wird mitgeteilt: Da die Verhandlungen mit den ausländischen Staaten über die Festschung der neuen Grenzen bisher nicht abgeschlossen werden konnten, ist es phy fifch nicht möglich, das Parlament in der von der Verfassung für die Wahl des Präst. denten festgesetzten Frist einzuberufen.

Seit dem Rücktritt des Präsidenten Dr. Be es sind eben vierzehn Tage verflossen, innerhalb elcher Frist nach dem Wortlaut der Verfassung ollen. Wenn dies noch nicht geschehen ist, hat das in neues Staatsoberhaupt hätte gewählt werden feinen Grund teils in formaljuristischen, teils in lichen Zeitläuften aufgetaucht sind. politischen Schwierigkeiten, die in so ungewöhn

Staatspräsidenten ist die Frage entstanden, von Gleich nach der Demission des früheren Nach der Verfassung sind zu dieser Wahl beide vem der fünftige Präsident gewählt werden soll. Häuſer der Nationalversammlung berechtigt, die zu diesem Zwecke zu einer gemeinsamen Sizung zusammentreten. Nun sind sowohl das Abgeord netenhaus als auch der Senat nicht nur unter ganz anderen politischen Verhältnissen, sondern sie sind auch von einem Gebiet gewählt worden, von dem ein Teil heitte faktisch zur Tschechoslos walischen Republit nicht mehr gehört. Die neuen Staatsgrenzen und die Grenzen der Wahlkreise überschneiden sich derart, daß es unmöglich ist, zu entscheiden, welche Abgeordnete in dem abge­tretenen Gebiet und welche in dem neuen Staats gebiet gewählt worden sind, wer also für die Wahl des Präsidenten zuständig ist. Die Bes über diese Frage geführt worden sind, haben eine ratungen, die innerhalb der Kaolitionsparteien gewisse Zeit in Anspruch genommen und man fann wohl heute sagen, die allgemeine Ansicht ist die, daß der neue Präsident von der bisher is gen Nationalversammlung gewählt werden wird.

Die Wahl des neuen Staatsoberhauptes ist aber naturgemäß vor allem eine politische Frage. Eine der Wirkungen der erschütternden Ereignisse der letzten Wochen auf das tschechische Volf bestand darin, daß ganz allgemein Bestres bungen auftauchten, welche die Zusammenfassung der nationalen Kräfte anstreben. Bezeichnend hie Presse im Gange ist, ob das bisherige politische für ist die Diskussion, welche in der tschechischen Parteiensystem aufrecht erhalten werden kann, bziv. ob nicht die Anzahl der politischen Parteien reduziert werden sollte. Auch innerhalb der Arbei­terschaft gibt es Einheitsbestrebungen, die sich vor allem auf die Schaffung einheitlicher Gewerks schaften erstrecken. Ebenso sind die Organisatio­nen der Turner der verschiedenen Parteirichtun gen untereinander in Verbindung getreten, um gemeinsam zu arbeiten. Es liegt nun auf der Hand, daß dieses Bestreben nach Einheit und Ein­helligkeit sich auch geltend machen muß in der Frage der Wahl des Präsidenten der Republik  . Es wäre ein gar zu schreiender Widerspruch ge= wesen, wenn auf der einen Seite ununterbrochen der Ruf nach Einheit ertönt wäre, und gerade bei der Präsidentenwahl diese Einheit gemangelt hätte. Die Koalitionsparteien haben sich des­wegen mit der Frage der Person des fünftigen Präsidenten beschäftigt und schon vor einigen Tagen grundsäßlich beschlossen, daß eine einheit liche Kandidatur aufgestellt werden soll. Das iſt nach der Lage der Dinge nicht nur eine Frage der Tschechen  , sondern auch eine solche der Slo­vafen und Karpathorussen, denn der künftige Präsident muß nunmehr den dreiteiligen Staat, bzw. soll alle seine drei Teile repräsentieren. In der Slowakei   und in Karpathorußland im beson deren gibt es selbständige Regierungen, deren Wille und Wamsch gerade bei der Wahl der Per­son des fünftigen Präsidenten nicht unbeachtet gelassen werden kann.

Schwere Straßenkämpfe in Jerusalem   Keine Teilung Palästinas? Jerufale m.( Menter.) In Ueberein. Während des Montag stand der hohe Kom­stimmung mit dem montägigen Befehl des Mili- missar für Palästina in ständiger Verbindung mit tärgouverneurs, Major O'Connor, ist Dienstag den kommandierenden Offizieren und den Chefs| Diese einheitliche Wahl bietet manchen Vor­vormittags das Elitegarderegiment Cold- der zivilen Behörden. In der Altstadt dauerten teil. Es wird verhindert werden, daß eine Per­streams" in die Altstadt von Jerufalem einmar- den ganzen Tag über die Schießereien an. Die in son gewählt werden könnte, welche für einen Teil schiert und begann auf Grund eines einheitlichen guten Deckungen befindlichen Aufständischen be- der Nation untragbar wäre. Es wird also der strategischen Planes die Stadt von aufständischen schossen die britischen Truppen und die Polizei. fünftige Präsident der Ausdruck des nationalen Elementen zu fäubern. Willens sein, wie er gegenwärtig vorhanden ist. Flugzeuge warfen gestern über Jerufalem Beirut.( Reuter.) Der französische Hohe Das fünftige Staatsoberhaupt wird auch unbe 6. Verzeichniß der Möbel, Wäsche, Betten. Flugzettel ab, in denen die außerhalb der Altstadt Kommissar in Beirut   hat der Regierung von Sy- lastet sein von der früheren Politik, das heißt, es 7. Andere nähere Daten( z. B. wem die wohnende Bevölkerung aufgefordert wird, im rien und Libanon   eine amtliche Warnung zugehen ist nicht ein Mann, der aus der Reihe der bisher Wohnung oder Schlüffel anvertraut wurden, Sinblick auf die erforderlichen militärischen lassen, daß sie Bewaffneten den Grenzübertritt führenden Politiker des Staates genommen u. dgl.). Maßnahmen ihre Wohnstätten nicht zu verlassen. aus ihren Ländern nach Palästina nicht gestatten In den Mittagsstunden waren die Straßen in sollen. Jeder Verkehr aus diesen Staaten nach ganz Jerusalem   beinahe menschenleer. Sie wur- Palästina auf der Uferstraße über Antara ist ein­ben nur von Militärautos hurchfahren. gestellt worden,

5. Vorbereitet zum Abtransport( gepact oder nicht?).

Die Anmeldung ist doppelt auszufüllen, auf einem besonderen Formular, das bei den zustän­bigen Bezirkspoliscitommiffariaten erhältlich ist.

werden wird.

Allgemein wird auch die Ansicht ausgespro chen, daß der fünftige Präsident ein Mann mit wirtschaftlichen Erfahrungen sein müsse. Gerade