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das Essen für Hurych gebracht. Ausdrücklich verbat sich dieser eine solche Gefälligkeit von Veruna. Jezt aber war Wenzel hier, und der Bruder sowohl wie die Mutter willigten ein, daß sie zu Zeiten fomme, um ihren Auserwählten mit ein paar Worten zu begrüßen. War ihr aber auch anzusehen, ihre liebe Brautschaft! Das neue seidene Kopftuch glänzte, die steifen Rittel rauschten, und um den Hals an einem schwarzen Sammtband hing ihr kleines funkelndes Goldkreuz. Die Wangen eine einzige Gluth, die großen blauen Augen voll Schimmer, der Mund nicht im stande, ein Lachen zu verbergen, und unter dem rothen Mieder ein wogender Busen. Es war eine von Gesundheit und Kraft stroßende Erscheinung, der tiefe Blick der strahlenden Augen machte einen förmlich stutzen, und man mochte unwillkürlich denken, so ein Blick stünde eher einem mehr zarten und träumischen Wesen an als der schlanken Ge­stalt dieses Mädchens.

Im Nu hatte Wenzel sich an sie herangemacht, er schüttelte ihr lachend die Hand, während Hurych dem Korb einen Topf Kaffee und Brot entnahm. Bieta setzte sich etwas weiter weg, neben ihrem Bruder auf die Bank, und kam auf irgend eine Geschichte zu sprechen.

( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck untersagt.)

Die Andvarr- Scharbe."

Von Jonas Lie .

Draußen vor Andvaer( Entenwehr) liegt eine Bogelinsel, an der niemand anlegen kann, wenn das Meer auch noch so ruhig ist. Solch eine Brandung bildet um sie der Wogengang.

An schönen Sommertagen glänzt es durch den Seerauch, als läge dort ein großer, goldener Ring. Und seit alter Zeit haben die Leute gemeint, dort fände sich ein Schatz von einer Art See­räuberschiff her.

Im Sonnenuntergang steigt dort bisweilen ein Fahrzeug mit Hinterkaftell empor und blinkt mit einer altmodisch hohen Gallerie. Es liegt wie in hartem Wetter und gräbt sich hinab in die schwere, weißschäumende Brandung.

Auf dem Riff entlang sigen die Scharben in schwarzen Reihen und spähen nach dem Kohlfisch.

Aber es gab eine Zeit, da sich immer eine ganz bestimmte Zahl darauf fand. Es wurden niemals mehr oder weniger als zwölf, und auf einem Stein draußen saß die dreizehnte im Seerauch, sodaß man sie nicht sah, außer jedesmal, wenn sie sich emporschwang und

davonflog.

Die einzigen, die außerhalb der Fischzeit, im Winter, auf dem Wehr wohnten, waren eine Frau und ein Mädchen im Backfisch­

alter.

Ihren Lebensunterhalt verdienten sie damit, daß sie die Fisch­trockengestelle vor Raubvögeln und Raben bewachten, die so böse waren, die Stricke entzweizuhacken.

Das Mädchen hatte dichtes, kohlschwarzes Haar und ein paar Augen, die die Leute so wunderlich anguckten, daß man fast hätte sagen können, sie ähnelte den Scharben da draußen.

Und viel anderes hatte sie auch nicht zu sehen bekommen. Denn wer ihr Vater wäre, wußte niemand.

So lebten sie, bis das Mädchen erwachsen war.

Da geschah es, daß die jungen Bursche im Sommer, wenn die Yachten zum Wehr hinaus mußten, getrocknete Fische holen, einander zu unterbieten begannen, um dort hinausfahren zu können.

Einige verzichteten sogar sowohl auf Antheil als auf Heuer, und es wurde in den Dörfern über Aufhebung von Verlobungen geflagt.

Die Ursache hierfür war aber das Mädchen dort draußen mit den sonderbaren Augen.

So schlecht sie gekleidet und so wenig sauber sie war, hatte sie eine Art und Weise, daß diejenigen, mit denen sie plauderte, in eine Berzückung geriethen und meinten, sie könnten ohne sie nicht mehr leben.

Im ersten Winter freite um sie ein Bursche, der Hof und Seebot besaß.

Wenn Du zur Sommerszeit wiederkommst und mir den rechten Goldring giebst, will ich mich mit Dir verloben," sagte sie, so daß wohl etwas daraus werden kann."

Und wer zum Sommer wiederkam, das war der Bursche.

Er hatte viel Fische zu holen. Und den Goldring konnte sie so schwer und echt haben, als sie nur wollte.

Der, den ich haben will, liegt unter dem Henkel des eisernen Rastens draußen auf der Vogelinsel," sagte sie. Es fragt sich, ob Du mich so lieb hast, daß Du ihn zu holen wagst." Aber da erblaßte der Bursche.

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Er sah, wie der Meeresrand gleich einer weißen Schaumwand dort draußen an dem flaren, warmen Sommertag sant und stieg. Und auf den Klippen saßen die Scharben und schliefen in der Sonne.

Aus: Nordische Meisternovellen". Berlin . Schuster 1. Loeffler." Der nordische Johannistag entspricht unserer deutschen Walpurgisnacht, es ist der Tag, an dem alle Unholde los find.

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"

Sehr liebe ich Dich," sagte er, aber das würde eine Leichen­fahrt und keine Hochzeit."

Und in diesem Augenblick erhob sich die dreizehnte Scharbe von bem Stein im Gischt und flog davon.

war seit zwei Jahren um ihretwillen unglücklich umhergegangen. Im nächsten Winter freite der Steuermann einer Yacht. Er Und er bekam denselben Bescheid.

" Kommst Du wieder zur Sommerszeit und giebst mir den rechten Goldring, will ich mich mit Dir verloben, sodaß wohl etwas daraus werden kann."

Um die Johanniszeit kam er wieder zur Wehre hinaus.

Als er aber hörte, wo der Goldring lag, saß er und weinte den ganzen Tag und Abend, bis die Sonne nordwestlich im Meer zu tanzen begann.

De erhob sich die Scharbe und flog davon.

Im dritten Winter gab es ein furchtbares Unwetter.

Da tenterten viele. Und auf einer Bootwölbung, die an getrieben wurde, hing ein ohnmächtiger, junger Bursche an seinem Messerriemen.

Aber man konnte kein Leben in ihn bringen, was sie auch mit ihm anstellten und wie sie ihn drinnen im Boothause rieben. Da tam das Mädchen hinzu.

,, Das ist mein Bräutigam," sagte sie.

Und sie nahm ihn in ihren Schooß und saß die ganze Nackt und wärmte ihm das Herz.

Als der Morgen tam, schlug es.

" 1

Mir war es, als saß ich zwischen den Schwingen einer Scharbe und hielt den Kopf an ihrer Daunenbrust," sagte er.

er

Der Bursche war blond und hübsch, mit gefräufeltem Haar, und

konnte seine Augen von dem Mädchen nicht losreißen.

Er nahm Arbeit auf dem Wehr.

noch so früh oder noch so spät war.

da

Da erging es ihm, wie den andern.

Aber er mußte zu ihr hin und mit ihr plaudern, wenn es auch

er abfahren sollte, freite er um sie. Er meinte, er könne ohne sie nicht leben. Und an dem Tage,

"

,, Dich will ich nicht zum Narren halten," sagte sie. Du hast an meiner Brust gelegen, und könnte ich Dir das Leid ersparen, gäbe ich gern mein Leben hin.

Bekommen kannst Du mich, wenn Du den Verlobungsring an meinen Finger steckst. Aber mich behalten darfst Du nicht länger, als der Tag währt. bis der Sommer kommt." Und ich will warten und nach Dir mit Grauen bangen,

Um Johanni fam der Bursche allein in seinem Boote dort hinaus. Klippe holen müßte. Und da erzählte sie von dem Ringe, den er draußen auf der

mich auch wieder dort draußen hinlegen," sagte der Bursche. Ohne " Hast Du mich von der Bootwölbung aufgenommen, kannst Du Dich kann ich nicht leben."

ihm in das Boot hinein und setzte sich auf die Hinterbank. Sie war Als er aber die Ruder ergriff, um hinauszurudern, stieg sie zu so bleich und sonderbar.

Es war schönes Sommerwetter und das Meer ging in langem, blankem Wogenzuge.

Der Bursche saß nur und sah sie an und ruderte ganz hinaus, bis dort, wo die Brandung um die Klippe donnerte und prasselte, und die mächtigen Sturzwellen und der Schaumgischt thurmhoch emporſpritzten.

" Ist Dir Dein Leben lieb, so kehre Du nun um", sagte sie. ,, Dich habe ich lieber, als das Leben," antwortete er.

Als aber der Bursche meinte, der Bordersteven bohrte sich hinab, und der Tod gähnte ihm entgegen, wurde es plöglich blinkend still, so daß das Boot anlegen konnte, ohne daß sich ein Wellchen erhob. Auf der Klippe lag ein alter, verrosteter Schiffsanker halb aus der See hinauf. " In dem eisernen Raften, der unter dem Anker liegt, befindet Trage ihn in Dein Boot. sich meine Mitgift," sagte sie. Und stecke den Ring, den Du siehst, an meinen Finger. Dadurch verlobst Du Dich mit mir.

Dann bin ich Dein, bis die Sonne heut' Nacht nordwestlich draußen im Meere tanzt."

Es war ein goldener Ring mit einem rothen Steine, und er steckte ihn an ihren Finger und füßte fie.

Auf der Klippe in einer Spalte war ein grüner Rasenfleck. Dort setzten sie sich. Und sie wurden in einer Weise bedient, die er nicht begriff und über die er auch nicht nachsinnen mochte vor übergroßer Freude.

"

Brautbett."

Der Johannistag ist schön," sagte sie, und ich bin jung, und Du bist mein Bräutigam. Und nun gehen wir in unser Als die Sonne draußen im Meer gegen Nacht zu tanzen begann, füßte sie ihn und vergoß Thränen.

,, Der Sommertag ist schön," sagte sie; und der Abend ist noch schöner. Aber nun dämmert es."

Ihm war es mit einem Male, als würde sie älter und älter und schwand gleichsam dahin.

Als die Sonne am Meeresrande unterging, lag nur ein Häufiein zerfallenes Linnen vor ihm auf der Klippe.

zwölf Scharben hinaus auf das Meer.... Still war die See und in der lichten Johannisnacht flogen