56 eines Pariser   Theaters gehen, und zwar vor einem auserwählten und eingeladenen Publikum, um Scherereien seitens der Thealerzensur zu vermeiden. Da aber die Reklame nie schadet, so hat der Verfasser bereits jetzt Inhalt und Charakter des Dramas durch freund- liche Reporter ausposaunen lassen.Aus Leben und Tod!" die Formel des zwischen Boulanger und seiner adligen Geliebten de Bonnemain ausgetauschten Liebesschwnrs hat Pierre Denis zum Titel gewählt. Der frühere Redakteur des offiziellen Boulanger- OrgansVoix du Peuple"(Volksstimme") stellt damit das Liebes- verhältniß in den Mittelpunkt des Dramas und der politischen Laufbahn seines Helden. Als intimer Freund Boulanger's muß er es ja wissen. Auch ist er aufrichtig genug, die Wasch- lappigkeit des Talmi- Diktators, der in entscheidendem Augenblick Reißaus nahm, nicht zu verbehlen. Sehr schlimm kommen die klerikal-monarchistischen Hintermänner des Abenteuerers weg mit ihren eigennützigen Absichten und jähen Verräthereien. Henri R o ch e f o r t, der durch seine mächtige Journalistenfeder so viel für die Popularität Boulanger's gethan, wird im Drama blas erwähnt. Es wird jedenfalls ein pikantes Schauspiel geben. namentlich wenn unter den eingeladenen Zuschauern sich die de Mackau und die Arthur Meyer   befinden. die in nur leicht ver- schleierter Gestalt auf der Bühne erscheinen sollen. Nach ein paar privaten Vorstellungen in Paris   wird das Drama öffentlich i» Bruxelles, London   und Nordamerika   aufgeführt werden. Medizinisches. Röntge»-Strahlen als Heilmittel. Angeregt durch eine Notiz i» den Zeitungen, welche von einem Arzte meldete, er habe seinen Kopf den Strahlen ausgesetzt und eine Glatze hiervon bekomme», hat Dr. Freund in Wien   den praktische» Versuch ge- macht, die Röntgen-Strahleu als Enthaarungsmittel bei Hypertrichosis anzuwenden. Ein Kind hatte ein vollständig behaartes Rückgrat. Dr. Freund setzte den Rücken des Kindes den Röntgen-Strahlen aus und erzielte thatsächlich einen Erfolg, indem die Haare ver- schwanden. Völkerkunde. Sind die Indianer im Aussterben be- griffen? Es ist eine allgemein verbreitete Anschauung, daß die indianische Rasse seit dem Auftreten der Weißen in Nordamerika  sich in einem Zustand allmäligen Anssterbens befinde. Auf grund vieler Studien, die von Warden Pope, einem Offizier in der Armee der Bereinigten Staaten, und von Major Powell, Chef des Bureaus für die indianischen Angelegenheiten, vorgenommen wurden, sowie des von diesen beigebrachten statistischen Materials muß, so schreibt man derKölnischen Zeitung  ", diese Anschauung ins Reich der Fabel verwiesen werden. So lange ordentliche statistische Rachweise bestehe», läßt sich im Gegentheil eher eine all- mälige Zunahme der Rasse feststellen. Nicht besser soll es mit der eingewurzelten Ansicht von der mangelnden Widerstands- kraft der Indianer gegen die Zivilisation stehen. Aus ein bis drei Jahrhunderte zurückreichenden Angaben über einzelne Stänune, die unter dem Einflüsse der Zivilisation stehen, ergiebt sich nämlich, daß sich die Stämme unter diesem Einflüsse durchaus vermehrt haben. Ebenso zeigen auch die in späterer Zeit zivilisirten Stämme, bei de»«» zivilisirte Lebensart, Landwirthschaft. Kirchen, Schulen, Kom- mnnalverwaltung u. f. w. eingeführt wurden, ihrer Anzahl nach eine stetige Vermehrung. Ueber de» Stamm der Irokesen sind Ziffernaugaben seit 1660 vorhanden, der Zeit, wo sie mit den Jesuiten   und ihren Missionaren in Berührung kamen. Ihre Zahl wurde damals auf II 600 angegeben, und Angaben über eine zusammenhängende Reihe von Jahren stimmen mit dieser Ziffer überein; jetzt ist ihre Zahl ans 13 060 gestiegen. Zivilisirte Stämme haben sich in augenfälliger Weise und schneller als jemals die wilden Stämme vermehrt, sodaß die Annahme, die Indianer ertrügen die Zivilisation nicht, hinfällig wird. Die wichtigsten der zivilisirten Stämme, die ganz wie weiße amerikanische  Mitbürger leben, sind die Tscherokesen, die 1782 3006 und 1887 25 000 Seelen zählten; die Tschockta-Jndianer, 1782 6000 und 1887 16 000 Personen, und die Krikindianer, die 1782 3000 und 1887 14 000 Seelen zählten. Die Tscherokesen, die sich am meisten vermehrten, sind die zivilisirtesten. Einigermaßen genaue Angaben über die Gesammtzahl der Indianer in den Vereinigten Staaten   sind n»r für die Zeit von 18601800 vorhanden. Sie betrug 250 000 im Jahre 1860 und 250 000 im Jahre 1800, hat sich somit anscheinend stets auf gleicher Höhe erhallen. Die kleine Verminderung der Zahl wird darauf zurückgeführt, daß sich die Angaben der erste» Jahre auf allgemeine Ueberschläge und Vermuthungen gründen, die sich bei wilden Volksstämme» stets als übertrieben erweisen, während für die spätere Zeit genaue Zählungen vorliegen. Besonders wichtig ist auch der Umstand, daß viele Stämme oder Theile davon nach Kanada   ausgewandert sind, wo sie sich weniger von der Zivilisation beengt fühlen. Aus der Zeit vor 1860 ist zu erwähnen, daß das indianische Bureau 1856 die Zahl der Indianer auf 253 000 schätzte, und 1825 veranschlagte das Kriegsministerium die Zahl auf 130 000. Diese abweichende» Ziffern zeige», in wie hohem Grade die Zählungen auf reinen Vermuthungcn beruhten. Man glaubte, ihre Zahl stände im Verhältniß zur Größe ihres heimischen Bezirks. So wurde 1850 die Zahl der California- Indianer ans 100 000 geschätzt, während sie bei der Zählung noch nicht ganz 30 000 erreichte. Nach alledem liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß in geschichtlicher Zeit mehr Indianer als jetzt im Gebiete der Vereinigten Staaten   lebten. Sicher ist ihre Zahl jetzt ebenso groß wie jemals in den verflossenen 200 Jahren, und in der letzten Zeit hat sie zugenommen. Die Erzählungen von Massenausrottungen von Indianern sind als Fabeln zu betrachten.Der letzte Mohi» kaner" lebt noch bei bestem Wohlbefinde» 2400 Mann stark. Sie sind nur nach Kanada   ausgewandert. Thatsächlich ist nur ein einziger Fall bekannt, wo ein ganzer Stamm ausgerottet wurde. Dies war in Kanada  , wo ein 20 000 Mann starker Stamm thcils einer Pocken- Epidemie, theils der Mordsucht eines anderen sehr kriegerischen Stammes zum Opfer fiel. Die größte Ausrottung, an der Weiße die Schuld haben, fand an der Küste des Stillen Ozeans statt, als sich hier die Goldsucher festsetzten. In den hier stattfindenden Kämpfen kamen insgesammt 7000 Indianer um, doch kennt die Ge- schichte der Rothbäute kein Gegenstück hierzu. Bergbau. xr. Zur übersichtlichen Darstellung der im Jahre 1895 in Nordamerika   gewonnenen Produkte des Berg- b a u e s brachte eine dortige Fachzeitung eine Anzahl recht instruk- tiver Zeichnungen. Die Mengen der Produkte wurden in Cylinder umgerechnet, und diese zur Verglcichung der Größeuverhältnisse neben die entsprechenden Verkleinerungen des 300 Meter hohen Eiffelthurms und der Pyramide von Gizeh gesetzt. Nach den Mittheilmigen von Reichel s Patentbureau würde das Volume» der gewonnenen Stein- kohlen eine Säule von 304 Meter Durchmesser beanspruchen. Den zehnten Theil dieses Durchmessers würde dagegen nur die Säule ans Eisen erfordern, und Kupfer, Blei und Zink brauchen zusammen die kleinste Säule von 15,2 Meter Durchmesser. Humoristisches. Moderne Malerei. In einem Speisezimmer, erzählt dieTägl. Rundschau", in dem der berühmte englische   Schauspieler Sir H. Irving einige Gäste, darunter den Maler Whistler  . be- wirthele, hingen unter anderen Gemälden auch zwei Laudschafte» des Genannten. Whistler   konnte seine Augen gar nickt von ihnen abwenden, wiederholt sprang er sogar aus, um näher heranzutreten und die Bilder genau zit prüfe». Endlich nach einer längeren Bs- trachtung rief er aus:Irving, Irving, was haben Sie gethan? Sehen Sie nur her!"Was ist los?" fragte Irving gelassen. Was los ist! Der Teufel ist los!" donnerte Whistler   entrüstet. Diese Bilder hängen verkehrt und Sie haben es noch gar nicht bemerkt! Die hängen wohl schon Monate so!"Das mag sein," erwiderte Irving mit unerschütlerlicher Nahe.Aber das können Sie mir nicht übel nehmen, da Sie selbst über eine Stunde gebraucht haben, um zu entdecken, daß die Bilder verkehrt hängen." Vermischtes vom Tage. Breslau  . 10. Januar. In der G i f t m o rd> A f f ä r e Rodewald wurde nach demBreslauer General-Anzeiger" auch die Frau des Fabrikbesitzers Rocksch verhaftet. Der Sektionsbefnnd soll bei der verstorbenen Rodewald   dasselbe Gift ergeben haben, das in Rocksch's Tasche gefunden worden. Der in Regensburg   verstorbene österreichische Kämmerer G r a f E r n st D ö r n b e r g hat sei» Gesamintvermögen von fünf- zehn Millionen Mark der Stadl Regensburg zu wohlthätigcn Zwecken vermacht. Der Ehescheid ungs'Prozeß des Prinzen Chimay hat am 10. Januar in Charleroi   begonnen. Dem Antrag des Staatsanwalts auf Ausschluß der Oeffentlichleil wurde stattgegeben. London  , 19. Januar. Die zum Studium der technischen Ausbildung nach Deutschland   ent­sandte Kommission hat einen Bericht veröffentlicht, in dem es heißt, es bestehe kein Zweifel, daß in gewissen Industrien die britische Ueberlegenheit ernstlich gefährdet werde, indem Deutsch  - laud gewaltige Fortschritte macke, besonders in den Industrie- zweigen, i» denen es eines größeren chemischen oder technischen Wissens bedürfe. In Edinburgh   ist der Porträt- und Gcnremaler O. Th. Leyde gestorben. Leyde stammte aus Wehlan in Ostpreußen  , kam 1351 nach Schottland   und war hier zuerst als Lithograph, dann als Maler lhätig. Seit 1330 ivar er ordentliches Mitglied der schottischen Akademie.   Die B e n l e n p e st in M a s s a u a h. Nach einem im TriesterPiccolo" veröffentlichten Brief hat das österreichisch« KriegsschiffFranz Joseph  ", von Bombay kommend, an, 7. Januar in Massauah zwei erkrankte Matrosen ausgesetzt, ivelche wenige Stunden nach ihrer Ausschiffung an der Beulenpeft verstarben. Die Aerzte konstatirten das Vorhandensein furchtbarer Beulen. Die Körper der Verstorbenen waren violett gefärbt. Rinderpest-Bazillus. Professor Koch hat, wie dieTimes" aus Kapstadt   meldet, der Kap- Regierung einen Bericht über die Rinderpest eingereicht, in dem er sagt, daß alle Bemühungen, den Rinderpest- Bazillus aufzufinden, bisher fruchtlos gewesen seien. Siebentausend Händedrücke hat der Präsident Cleveland   am Steujahrstage austheilen müssen. Ebenso viel Personen waren gekommen, um ihn zu begrüßen. Die Hand des Herrn mag nach der Gratulation schön ausgeschaut haben. Verantwortlicher Oiedakteiir- Angnst Jacobcy in Berlin  . Druck und Verlag von Max Bading in Berlin  .