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er in Erregung kam. Das Einzige, was an dem Manne um Regen, zur Mahdzeit um schön Wetter, zum Krautsezen wohlgepflegt war, mußte wohlt der Schnurrbart sein; der wieder um Naß, nachher um Wind, daß das niedergeweikte war so kohlrabenschwarz, daß man ihn für gefärbt hätte Rorn wieder aufsteht; und blüht das Korn, soll Windstille sein, ist halten können, war so dicht und kurzgeschnitten und mit dem der Schnitt, soll die Sonne scheinen, ist im Herbst das Winter­Scheermesser scharf abgegrenzt, daß es aussah, als hätte der torn im Reim, soll gleich Schnee drauf fallen, ist's im Guldeisner zwischen Mund und Nase ein wulstiges Filzlein Winter zum Holzschleifen, will man Schlittenbahn haben geklebt. Alles übrige war sorgfältig rasirt, was an der sonst alleweil ganz und gar abhängig vom wetterwendischen Herr­ungefügen und verwahrlosten Gestalt das einzige Anzeichen gott ! Ein Narr müßt einer sein!" gab, daß der Mann fein gewöhnlicher Waldbär sei. Er war in der That ein ungewöhnlicher.

" Geht's her, geht's her!" schnarrte er mit seiner breiten fast schmetternden Stimme; man merkte gleich, der Mann war gewohnt, scharf in die Welt hineinzureden, ohne die Worte viel zu mustern.

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Man tennt sich frei nicht aus," bemerkte der Sepp in der Grub, stehst erst auf, Nachbar, oder gehst schon schlafen."

Er stand freilich erst auf, und ein Guldeisner kann die Tageszeiten umkehren wie er will, darüber hat er niemandem Red nschaft abzugeben. Er überhörte also die Bemerkung. Sie sollten die Hosen, Leibeln und Pfaiden von den Stühlen werfen und sich selber drauf setzen, war sein Rath, den die drei Männer sofort auch befolgten. Hierauf griff er, ohne sich von seinen Size zu heben, mit einer langen Hand ins Wandkastel, nahm einen Thonpluzer hervor, schenkte daraus drei Glasstämpchen voll und rief:" Mögt's ein' Schnaps?"

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In der Hitze seiner Rede trank er das zweite Gläschen aus. Was Du da sagst, das ist freilich wahr," gab der Jakob bei, vom Herrgott ist der Mensch allemal abhängig." Wenn ich nachher draußen in meinem Schlössel size und Koupons abschneide, da kümmere ich mich den Teufel um Wind und Wetter!" rief der Guldeisner.

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Der Rodel neigte sich ein bischen vor:" Darf man fragen, wie viel er Dir geben will?"

" Ist kein Geheimniß," versetzte der Guldeisner kurz und bestimmt. Wie es liegt und steht dreißigtausend Gulden fugelrund."

Die Bauern schauten sich an.

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Guldeisner," sagte hernach der Rodel, jetzt hab' ich keine Schneid mehr, daß ich Dir abrathe. Es ist viel Geld!" Ein Narr müßt einer sein!"

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Es ist verflucht viel Geld!"

Der Jakob legte seine Hand auf den Arm des Guldeisner hinüber und sagte:" Ich rathe doch ab. Nachbar bedent's. Du kannst Dir's halt anschicken, da heroben," sagte nun Wenn Du von Deinem Hochwald einen frischen Lärchbaum der Rodel einlenkend, nachdem er ein paar Mal mit der Hand versehest hinaus ins Thal, mitsammt der Wurzel versetzest, in die Luft gefahren war, als wollte er Fliegen fangen, Du und ihm dort die beste Erden giebst und ben fettesten laßt Dir nichts abgehen auf Deinem Berg, und recht haft. Ich Dung, und Naß und Sonne wie Du willst der Lärch that's auch an Deiner Stell', gunn' Dir's. Du kannst besser leben, baum geht zugrund! Ein Gebirgsbaum laßt sich nicht als wie etwan so ein Kampelherr, der im Land umfährt, um sein versetzen, wenn er ausgewachsen ist, schon gar nicht. Ein Geld loszukriegen, sich damit wohl Bauernhäuser kaufen kann, Gebirgsmensch auch nicht." aber nicht das Ansehen und die Altgesessenheit vom Guld­eisnerhof!"

" Hei, der Kampelherr!" schmetterte der Guldeisner lachend hervor.

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Der Sepp blies von seiner Pfeife rasch nacheinander Rauch aus. Die neueste Lug'," sagte er dann und paffte wieder, die in Altenmoos umgeht, hast sie schon gehört, Nachbar? Wird Dir Spaß machen."

" He, Lug? So!" schnarrte der Großbauer.

Ja, ja! Sie sagen, der Guldeisner wollt' sein Haus ver­taufen, sagen fie."

,, Sagen fie das?" lachte der Guldeisner laut.

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" Es wird nicht wahr sein," versetzte nun der Jakob. Warum soll's nicht wahr sein?" schnauzte ihn der Großbauer an. Morgen laß ich einspannen und fahr' nach Sandeben zum Kampelherrn. Ein Narr müßt einer sein!"

,, Nachfahren?" sagte der Sepp, nachfahren wollt' ich ihm nicht. Wenn ich Guldeisner wär, schon gar nicht. So viel ich weiß, ist der Guldeisner noch keinem Bauern und feinem Herrn nachgefahren. Wenn der Herr was will, so wird er schon selber kommen."

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Ein Guldeisner weiß, was sich schickt," sagte der Groß bauer, erfaßte eines der Gläschen, die er für die Gäste vollgeschenkt hatte und goß dessen Inhalt in seine eigene Gurgel. Jest nahm der Jakob das Wort und sprach:" Nachbar, Du machst Spaß. Deinen Hof verkaufst nicht. Wenn unfereiner Kleinbauer sein klemmiges Gütel weghaben wollt' Gott hüt' mich vor dem Gedanken! es wär' zu begreifen. Aber Du, der in diesem Gebirg seit altersher angestammt beffer und freier lebt, als wie ein Graf, den alle gern haben weit um, dem alles nach Wunsch und Willen geht, vor dem fich ich möcht' sagen jeder Baum voll Achtung neigt und jeder Stein schier selber aus dem Weg springt Du Dein Gut verkaufen, auswandern! Nein, Guldeisner, das ist nicht. Das ist nicht."

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" Das ist nicht?" fragte der Großbauer und trommelte mit den Fingerknöcheln auf dem Tisch. Es wird wohl doch schier sein. Ein Bauerngut mag noch so gut stehen, es macht Sorg' und Aerger. Was soll ich mich sorgen und rackern im Gebirg? Ich hab's nicht noth. Ich zieh' mich ins Frei­fingthal hinaus, hab kein Scherereien mit den Dienstboten und Nachbarsleuten, wo doch alle Augenblicke Einer betteln fommt, der Eine um Holz, der Andere um Kornsamen, der Dritte um Heu oder Stroh, der Vierte um Fuhrwerk, der Fünfte um Handwerker, was weiß ich! Und die Blackereien mit dem Steueramt alle Jahr anders, alle Jahr mehr ohne Ziel und End'.

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,, Larifari!" lachte der Guldeisner. Vom Schlechten aufs Beffere, das hat der Mensch noch allemal ertragen. Wenn unsere Buben Soldaten werden und gehunzt von den Obristen, da gefällt's ihnen freilich nicht draußen, das glaub' ich. Der Holzknecht Simon ist auch vierzig Jahre alt geworden zu Altenmoos; jetzt ist er Werksverwalter in der Krebsau. Der verdorrt gar nicht dorten wie ein versetter Lärchbaum, der wird dick und fett und verlangt sich nicht mehr zurück ins Altenmoos. Ein Narr müßt' einer sein!"

,, Wer sich's besser machen kann," sagte der Rodel achsel­zuckend ,,, ein jeder thut's. Aber gefährlich ist's. Wohl über­legen, Nachbar, wohl überlegen!"

,, Wenn der Guldeisnerhof eine Herrenhube sollt werden, dann möcht's traurig ausschauen zu Altenmoos," sagte der Jakob nicht ohne Beklommenheit.

Darauf antwortete keiner etwas.

( Fortsetzung folgt.)]

Sonntagsplandevei.

So oft wie in diesen Tagen sind schwerlich je zuvor die Worte des sterbenden Attinghausen aus dem Tell" zitirt worden. Wohin man blicken mochte, vom Memeler Dampfboot" bis zu den liberalen Blättchen im Schwarzwald , überall tauchte ein würdiger Attinghausen auf und predigte mit salbungsvoll beweglicher Stimme: Seid einig, einig, einig!"

Aufruf. So viel pomvöse Würde, so viel hochgeschwelltes Bathos

Ein Stück bezwingender Komik liegt in diesem warmgemeinten und so viel föstliche Illusion. Die Legende spricht von Heerführern und Königen, die auf das Schlachtroß geschnallt wurden, trotzdem sie halb leblos waren und trotzdem man ihre welken Wangen roth färben mußte. So sollten sie noch den Feinden Achtung gebieten und die Ihrigen anfeuern. Ein gleiches faft wagt jetzt der aufs gezäumte Liberalismus. Aber die Zeiten sind vorüber, da derlei Paradeaufzüge auf eine gläubige Menge wirkten. Man lacht über das Greisenhafte, das sich mit jugendlichem Buzz behängt; man lacht über die guten Leutchen, die so thun, als produziren sie hertulische Rünste, während sie mit Hundertpfündern aus Pappe in der Luft herumfuchteln.

Wie graufig schön nimmt es sich aus, wenn der alte, bemooste Liberalismus als das mahnende, nimmermüde Gewissen der Bolksfeele dargestellt wird. Auch er ist eine Glocke, die für eine Zeit lang versant. Aber sie beginnt wiederum zu flingen, so meinen wenigstens die armen Meergreife, die den Klöpfel rühren; immer lauter und lauter wird das Klingen, bis es mächtig zu­fammendröhnt. Jedoch die verstockte Welt von rechts und links vernimmt feinen Sterbenslaut und je emfiger die Glöckner am Werk sind, um so befremdlicher ist ihre müßige Geschäftigkeit, und statt des Respekts, den sie erwarten, wird ihnen Gelächter zum Lohn.

Das ist ein niederdrückendes Bewußtsein für einen Rämpfer, Und fortweg die Kümmerniß: im Frühjahr wenn er es erleben muß, daß man ihn feines fraftvollen Haffes