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Alles ist stumm in der Jsba. Selbst die Mäuse haben sich davon gemacht, um nicht Hungers zu sterben; sie knabbern nicht mehr unter der Diele. Eine Grabestälte herrscht überall. Und die armen, fleinen, erschöpften Wesen tämpfen noch immer

Der kleine, brennende Kopf lehnt sich gegen die mit Eis bedeckte Fensterscheibe; die müden Wimpern fallen su; und lange, schöne Träume ziehen an Paraguta vorüber

Sie sieht Berge von Brot, Satten mit Milch, die sie sonst so felten zu Geficht bekommt; fie sieht die Mamka  , die sie herzt und ftreichelt und zu sich heranzieht nach irgend einen Ort, wo es so hell und tlar ist, wo es so viele, hübsche Blumen giebt, Blumen, die sie noch niemals gesehen hat. Betta ist bei ihnen und läuft lachend und singend herum... Aber Waßjuta ist nicht bei ihnen. Paraguta sucht ihn und kann ihn nicht finden, als hätte ihn jemand fort: gebracht und hielte ihn versteckt.

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Die Baba erwartete ihren Mann mit solcher Ungeduld, daß sie es nicht mehr zu Hause aushalten fonnte und ihm entgegenlief. Bald erschien Sila; aber statt des Reifigs hatte er auf seinem Schlitten etwas liegen, das in Lumpen und Decken ein­gewickelt war. Das kleine Pferd dampfte.

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Was giebt's denn da?" fragte die Hausfrau erschreckt.

Gott   hat sie uns aus dem Walde geschickt!" erwiderte Sila. Gieb ihnen zu essen und wärme sie ein wenig auf. Was den Kleinen anbetrifft, so braucht er nichts mehr.

Der Frühling brach herein. Die Luft wurde wieder warm, die Sonne schien in vollem Strahlenglanze, der Schnee schmolz, die Bächlein flossen, und es erschien das neue Cras.

Zu dieser Zeit fanden zwei Muschits, die den Wald durchzogen, Und plößlich, mitten in ihren Träumen hört sie einen schreck- in einer Lichtung den Leichnam eines Mannes; und man erkannte lichen, herzzerreißenden Schrei, und sogleich erinnert sie sich an in demselben den Waldhüter Prov. Waßjuta.

Der arme Waßjuta schreit! Was hat man ihm gethan?" Sie erwacht und schleppt sich, durch die Finsterniß tappend, bis zur Wiege. Alles ist ruhig darin, ganz ruhig.

Sie steckt die Hand in die Wiege und berührt den fleinen nadten, eistalten Körper. Sie tappt weiter, fommt zum Gesicht und berührt mit ihrem Finger den offenen Mund. Und entfeßlich in dem Munde spürt sie dieselbe Kälte.

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Es durchfährt sie wie ein elektrischer Schlag. Sie erkennt in ihrem findifchen Sinn, daß Waßjuta todt ist, todt ist wie ihre Mamta: aber sie will noch nicht daran glauben!

Wasjuta! Waßjuta!" murmelt fie und fängt an, ihn hin und herzubewegen und zu schaukeln... doch keinen Ton bringt sie aus Idem Kleinen hervor.

Plöglich erfaßt sie ein instinktiver Schrecken. Sie springt zum Fenster, vergräbt das Gesicht in die Hände und bleibt ohne zu athmen, ohne sich zu bewegen stehen..

Die Morgenröthe verlieh ihr wieder einigen Muth. Sie ent­schloß sich, vom Fenster fortzugehen. Aber kaum hatte sie einige Schritte gethan, als ein unwiderstehliches Verlangen, sich Bewegung zu machen, fie erfaßte. Sie ging zur Tonne, schöpfte Waffer daraus und gab Petta zu trinken, der ebenso wie Waßjuta unbeweglich, ohne zu weinen dalag und nicht zu trinken verlangte, trotzdem aber gierig seine Lippen mit dem Waffer Ats fie Petka zu trinken gegeben hatte, fühlte sie plötzlich eine außerordentliche Zärtlichkeit für ihn; fie nahm ihn auf den Schooß, streichelte ihm den Kopf, wiegte und tröstete ihn.

benette.

Petegofa! Betiuschka! Petiunot!" sagte sie, ihn küssend. Weine nicht, mein Täubchen. Weine nicht, weine nicht, mein Freund! Der Vater fommt ja! Er tommt ja, mein Kind!"

Borsichtig legte sie ihn auf die Bank und blieb mitten in der Jaba stehen... Noch immer wollte sie suchen und retten. Ihre Hände zitterten, der Kopf wirbelte ihr, entsetzt blickte sie auf die Wiege, wandte aber sogleich den Kopf ab. Plöglich bemerkte sie einen Haufen Spähne. Ein Gedante schoß ihr durch den Kopf. Sie raffte die Spähne zusammen und warf sie mechanisch in den Ofen.... Diese Arbeit erforderte viel Zeit.. Als sie aber fertig war, nahm sie ein Streichholz und zündete das Feuer an. Augenblicklich flammten die Späne auf. Eine lebhafte Flamme erhellte die ganze Jeba. Sie fauerte sich vor dem Ofen nieder, nahm den Kopf in beide Hände und sah zu, wie die Späne sich verzehrten.

Seltsame Gedanken schossen ihr durch den Kopf.  -

Lange vor Tagesanbruch zündete Sila's Weib ihre Kerze an, und begann, in ihrer Jsba aufzuräumen. Sila, der noch im Bett lag, betrachtete mit halbgeschlossenen Augen das Treiben seiner Frau. Aber lange durfte er nicht so liegen bleiben. Die Baba" hieß ihn aufstehen und schickte ihn zum Reisigholen in den Wald. In diesem Winter brauchte man in der That viel Holz; die Witterung war sehr streng, und die Weihnachtszeit nahte; da mußte man Kuchen backen und ein Schwein schlachten.

Sila brummte ein wenig; doch was sollte er thun? Er fleidete sich daher warm an, spannte sein Pferd an den Wagen und fuhr zum Walde. Bald hatte er Prov's Jaba erreicht; als er davor stand, wurde er blaß. Ein dicker Rauch, der immer stärker wurde, drang aus dem Schornstein. Sila sprang von seinem Schlitten, band sein Pferd an und Ein lief zur Jsba. Vorlegeschloß hing an der Thür. Er wunderte sich und Schrecken durchrieselte seine Glieder. Er ver­fuchte zu flopfen, zu schreien; teine Antwort! Und noch immer drang der Rauch, immer dichter, immer dichter aus dem Schornstein. Sila lief um die Jeba herum, blickte in das Fenster und sah Paraguta vor dem Ofen niedergekauert sitzen.

Der Muschit weiß nicht mehr, was er denken soll. Er stürzt auf die Thür zu und schlägt mit seiner Art auf das Schloß; dasselbe weicht, und die Thür öffnet sich.

Paraguta!" schreit Sila; wo ist der Vater?"

Paraguta erhebt das Haupt, sieht ihn mit blöden, wirren Augen an und fällt wie ein Bund Stroh zur Erde.

Der Muschik eilt zur Wiege und bemerkt das todte Kind. Entsetzt erhebt Sila die Arme gen Himmel...

Kleines Feuilleton.

Von einer Hofjagd erzählen sächsische Blätter folgendes: In den prächtigen Waldungen der Dresdener Haide, woselbst all­jährlich Hofjagden stattfinden, werden vom Forstpersonale stets einige fapitale Stücke Hochwild bereit gehalten. Die Thiere werden das ganze Jahr über gehegt und gepflegt, und wenn die königliche Jagd stattfindet, in den Schuß getrieben. Schon im vorigen Jahre war es aufgefallen, daß kurz vor dem Tage der Jagd kein einziges der Thiere zu sehen war, und zum großen Leidwesen der hohen Jagd­gesellschaft und des verdußten Forstpersonals fiel die Jagdbeute in dem ohnehin wildarmen Jagdreviere recht färglich aus. Niemand wußte, wer das Hochwild verjagt haben könnte. Wer beschreibt aber in diesem Jahre den Schrecken der Waidmänner, als auch bei der fürzlich abgehaltenen Hochwildjagd von ziemlich einem Dußend Stück gezogenen Wildes nur ein einziges die Schußlinie passirte. Die Jagd­gäste waren natürlich hierüber abermals nicht sehr erfreut, und mit der fröhlichen Jagdstimmung war es auch für dieses Mal wieder personale, den Grund der eigenthümlichen Erscheinung aufzudecken. gründlich vorbei. Vor einigen Tagen nun gelang es dem Forst­Ein Waldarbeiter, den man mit der Pflege und Abwartung des Hochwildes betraut hatte, hatte sich an die prächtigen Thiere ge­wöhnt, daß er es nicht über das Herz bringen konnte, dieselben dem Tode zu überliefern. Deshalb ließ er die Thiere am Tage vor der Jagd in das benachbarte Revier und so kam es, daß nur ein ein­ziges Stück Hochwild zur Strecke gebracht werden konnte. haben es übrigens einmal erlebt, daß man einen ehrsamen Staats­anwalt auf einen bereits todt geschossenen Hasen lostnallen ließ, den man mit einer Strippe lenkte.

Wir

- Volksthümliche Universitätsvorträge. Am 22. Februar beginnt an der Wiener Universität   der dritte Zyklus derartiger Vorlesungen. Es wird vorgetragen werden über: Elektromagnetismus  ( mit Experimenten); Physiologie der Sinnesorgane( mit Demons strationen); die bildenden Künste im frühen Mittelalter( mit Stioptikondemonstrationen); die Polarforschung, ihre Geschichte und Ergebnisse; Geschichte Napolens I.; Verkrümmungen der Wirbel­fäule und Gliedmaßen( mit Demonstrationen); Bauernbefreiung und Grundentlastung in Desterreich; Vorgeschichte der altklassischen Länder; Nerven( mit Demonstrationen); den neuen Zivilprozeß; Franz Grillparzer  ; römische Geschichte( III. Theil); Chemie( mit Demonftrationen); Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahr hundert; Hygiene( Trinkwasser); die allgemeinen Rechte der Staats­bürger; elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung( mit Experi menten und Ertursion); frankhafte Vorgänge im Nervensystem. Jedes dieser Unterrichtsfächer wird in einem fechswöchentlichen Kursus behandelt, für den ein Unterrichtsgeld von 85 Pf. erhoben

wird.

- Kleine Zuckerfabrikanten. Unter dieser Stichmarke schreibt der Prometheus": Im Jahre 1852 fand der Chemiker Pelouze in den Früchten der Eberesche, nachdem sie einige Zeit in einem Gefäße gestanden hatten, eine zuckersüße krystallisirbare Substanz, die er Sorbin oder Sorbose nannte, und der Glucose, Galaktose und ähn= lichen Zuckerarten anreihte. Auffälligerweise fonnte dieselbe Sub­stanz später von Byschl, Dellfs und anderen Chemikern weder in den frischen noch in den gegohrenen Vogelbeeren wieder gefunden werden, und auch Professor Bertrand gelang dies in neuester Zeit nicht, bis er eine zur Gährung aufgestellte Portion der Vogel­beeren von der ziegelrothen Essigfliege( Drosophila funebris) besucht fab, die allem Auscheine nach einen kleinen Mikroben mitbrachte, der sich rasch vermehrte und binnen furzem eine reiche Zuckermenge Uebrigens giebt es von diesem, im in dem Safte erzeugt hatte. Herbst mit seinen mennig- bis zimnoberrothen Beerendolden die Straßen prächtig schmückenden Baume auch eine Abart, welche direkt süße Beeren reift.-

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Die Aerzte in Korea   sind, wenn man dem in Söul ers scheinenden, von Missionären herausgegebenen Independent" glauben darf, die reinen Schinder. Die Medizin, die sie verschreiben, wirkt oft ganz fürchterlich. Am schlimmsten ist aber eine eiserne Nadel, Tschim genannt, die von diesen Heilkünstlern" benutzt wird. Sie ist drei bis fünf Zoll lang und hat eine sehr feine Spize. Die Aerzte tragen diefes Instrument gewöhnlich lose in der Tasche, ohne es einzuwickeln. An Reinigung nach dem Gebrauch denkt man nur

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