Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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Nr. 41.

Freitag, den 26. Februar.

( Nachdruck verboten.)

Jakob der Lekke.

Eine Waldbauerngefchichte aus unseren Tagen. Bon Peter Rosegger . " Nachher ist's recht," sagte sie und stand auf. Er wollte es auch thun, blieb aber in fniender Stellung vor ihr und schaute mit halbgeschlossenen zuckenden Augen zu ihr empor.

Deb ' Dich, Büberl!" rief sie schneidig, heb' Dich und merl' Dir's, mit tecken Dirndeln ist's nicht gut Krebsen essen." Dann wurde fie ernsthafter und fuhr fort: Mußt aber nicht glauben, Friedel, daß ich jedem Burschen so nachlauf', wie Dir. Ich weiß recht gut, was ich werth bin, aber Du gefällt mir und haft mir schon lang' gefallen. Du hättest mich nicht angesprochen, bis zum jüngsten Tag nicht. So lang' mag ich nicht warten. Ich sag' Dir's truz, Friedel, ich hab' Dich gern."

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Der Friedel- der sanfte Friedel sprang auf und riß sie stürmisch an seine Brust. " Oho!" rief fie und schob ihn fräftig zurück. Ich bin start genug, daß ich mich vertraue und bin stark genug, daß ich mich erwehre. Ein Bussel für diesmal und gut ist's." Und gut war's.

Es ist nicht zu beschreiben, mit welchen Empfindungen der Friedel seines Weges ging, nachdem die Furchenbauern­Tochter mit ihrem Korbe umgekehrt war. Hundertmal war er stehen geblieben und hatte nach ihr umgeschaut und sie war doch längst nicht mehr zu sehen. Er schlug sich die Fauft auf die Brust und sagte mit unerhörtem Nachdruck: Die wird mein Weib!"

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Dann ging er ruhig die rauschende Sandach entlang, fletterte dort, wo der Weg zerrissen war, flink an den Hängen hin, kam stillvergnügt heim, und das frohe Leuchten seiner Augen beglückte Bater und Mutter.

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Wie sehr that dem bekümmerten Jakob das Glück der Kinder wohl! Er dachte nicht allein an die feinen erwachsenen, sondern auch an die fremden kleinen, die völlig aufsichtslos in der Gegend umherliefen.

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1897.

fagte

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alte Naß war auf einem Ohr schwerhörig. Er hörte er zu den Kindern gern mit demselben Ohr nur der Leute Reden nicht immer ganz genau, besonders das Zischeln und Munkeln und Tratschen nicht, gottlob! Hingegen höre er etwas ganz anderes. Sein Ohr es war das rechte habe wunderlicherweise die Gabe, Thiersprachen zu verstehen, die von anderen Leuten nur für Bellen oder Blöken oder Zwitschern gehalten würden. Wenn die Menschen wüßten, was der Zugochs, oder der Kettenhund oder andere über sic sprächen! Zum Herzabdrücken wär's!

Eines Tages führten mehrere Knaben den Naiz hinab zu den Bacheschen. Dort hatten sie Vogeljanghäuseln auf­gestellt und der Naz sollte auch mitthun. Da hatten sie aus Stäben viereckige Häuschen so gezimmert, daß zwischen den Stäben Fugen blieben, durch welche man ins Innere schen fonnte. Das faum einen Geviertfuß weite und einen halben Fuß hohe Häuschen hatte über sich einen Falldeckel, der durch ein Stänglein zur Hälfte aufgespreizt werden konnte. Dann ruhte diese Spreize mit dem unteren Ende auf einem sehr Leicht beweglichen Querbrettchen, welches mitten im Häuschen wagrecht gespannt war. Auf dieses Querbrettchen waren Haufförner oder Brotkrümchen oder anderer Köder gelegt. So war die Vorrichtung nun ins Gebüsch oder auf den Baum gestellt. Kam der Vogel geflogen, um den Köder zu picken, so mußte er sich auf das Querbrettlein sehen, in dem selben Augenblick fiel die Spreize, der Deckel flappte zu und der Vogel war gefangen.

Als sie nun zu den Eschen famen, erhoben die Knaben ein Freudengeschrei, in einem der Fanghäuschen flatterte ein herziges Rothkehlchen.

Wie es luftig hüpft und singt!" rief einer der Knaben, denn das Thier flatterte angstvoll hin und her im engen Raum und zwitscherte erbärmlich.

Der Natz fletterte auf den Stamm. Muß ich doch wissen, warum Du gar so lustig bist!" sagte er und hielt sein rechtes Ohr an das Häuschen. Mit dem Zeigefinger winkte er: Pst! fie sollten ruhig sein! Und that, als horche er dem Thiere. Das ist jetzt eine schöne Geschichte!" sagte er. Dem Vogel ist's nicht recht da drinnen." Dann horchte er wieder. -Armer Kerl!" rief er endlich und zu den Knaben gewendet: Er flagt und weint, daß sich ein Stein funnt erbarmen. Sein Weibchen, sagt er, size im Nest bei den Jungen, er sei ausgeflogen, Rörner und Käfer zu suchen, um seine lieben Lente zu speisen. Und jetzt sei er in dieses Unglück gerathen und die Seinen müßten verhungern und verderben."

Im Altenleuthäusel des Grubbauernhofes, dort, wo der Donnersgrabenbach zur Sandach stößt, war früher die Schule gewesen. Die Bauern hatten den Schullehrer- der letztere war in Ermangelung eines besseren ein ausgedienter Feld­webel gewesen selbst versorgen müssen, sie hatten ihm kein Geld gegeben, sondern ihn mit Lebensmitteln ausgerüstet. Die 1 Auswanderungspest hatte auch diesen Feldwebel hinweggerafft. Auslassen, auslassen!" schrie einer der Knaben. Er verdingte fich in eine Eisenhütte als Kohlenschlepper, da" Siehst du!" rief der Natz gegen den Vogel gewendet, gab es Geld. Zwar mußte er es wieder ausgeben und mehr siehst du, wie du Glück haft! Sie wollen dich auslassen. als er hatte, so daß aus dem Gelde Schulden wurden. Aber Sind ja lauter brave Jungen, die ein Herz im Leib haben Baargeld in die Hand friegen und mit Baargeld umher- für ein armes liebes Bögerl." werfen, Kleider nach der Mode tragen und Sonntags mit filbernen Uhrketten den feinen Herrn spielen, für diesen Krämerspaß und solches Geckengeflunker opferten sie ihre frische freie Luft, ihre Kraft, ja ihr Leben. Um die Alten­moofer Schule fümmerte sich feine Behörde mehr. Die Berg­banern leisteten zwar ihre Steuer auch für die Schule; doch um des Bauern Geld erbaut man in den Städten Schul­paläste, Bildersäle, Komödienhäuser. In den Gebirgen oft weit und breit keine Schule. Dann wirst man dem Bauer Bald darauf zwitscherte eine Schwalbe. Was sagt sie?" vor, daß er roh und ungeschult ist, spottet seiner und be- fragten die Kinder den Nat. Bevor dieser noch den Mund nachtheilt ihn. Bauer! Wenn Du Dir selbst nicht mehr aufthat, trillerte die Schwalbe frisch und klar: helfen kannst, dann ist es aus mit Dir. sparen! Thut's sparen! Als ich fortzog im Herbst, sind alle Kisten und Kästen voll g'west; im Lenz, als ich wiederum fam', ist alles vertritschelt, vertratschelt!"

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Und

Auslaffen, auslaffen!" schrien jetzt alle. Der Natz hob den Deckel und der Vogel flog wie ein Pfeil in die freie Luft. So trieb er's. Und einmal fam's besonders feltsam. Er ging mit mehreren Kindern über den Reuthofer Grund. als sie am Schachenraine waren, hörten sie, wie eine Wachtel ihr:" Bizimit! Biziwi!" schrie. Die Knaben lauschten und riefen: Hörst Du? Der Bogel sagt: Siehst mich nit! Juch, jetzt verstehen auch wir den Bogel."

Thut's

Jetzt, da es so stand zu Altenmoos, war der Pechöl­brenner- Nat herfürgegangen aus seinem Donnersgraben und hatte dargethan, daß er die Buchstaben tenne, ja viele der- Der Nat war verblüfft, denn er hörte die deutlichen felben fogar mit Kreide an die Wand zu schreiben wisse, auch Worte des Vogels nicht allein mit dem rechten, sondern auch die Ziffern, und ob er diese merkwürdigen Künste nicht den mit dem linken Ohr, und was er den Kindern sonst nur vor­fleinen Leuten beibringen dürfe, so lange sie noch zu schwach gefabelt, das hörte er jetzt selbst, ihm ward der Vögel Sprache wären, andere Arbeiten zu betreiben. Im Haselgebüsch schlug eine Amfel, fie schlug hell und munter, daß es weithin gellte in der sonnigen Luft, und ihr Sang ging plötzlich in die Worte über:" Folgt's ihm, Kinder, folgt's ihm, folgt's ibm! Der Natz ist ein braver Mann! Ist ein braver Mann!"

fund!

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So hatten die wenigen Altenmoofer Kinder wieder einen Schullehrer, und einen gar luftigen! Er saß mit ihnen an Sommertagen gerne unter dem Ahornbaum, welcher vor dem verfallenen Wegerer- Hause stand, oder er ging mit den Kindern am Bache entlang, am Waldrain hin und sprach zu ihnen Freilich ging dem Nazz jetzt ein Licht auf, er erkannte über Bäume und Blumen und Wasser und Stein und Thiere, die Schelmenkunft des Luschel- Peterl, der im Gesträuche vers und erzählte alles, was er von solchen Dingen wußte. Der borgen war, hütete sich aber, die Kinder darüber aufzuklären.