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Die düstern Felsschroffen der Bai von Tindu , wo sich| Wiedergegebenen erachtet, die fieberhaft die Stunden zählten unsere Strohhütten erhoben, erschienen uns im Vergleich mit- nein, wir mußten Rap Horn umsegeln.

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Am 5. April 1880 landeten wir in Brest , wo uns das republikanische Komitee voll liebenswürdiger Besorgtheit ein reizendes Bankett gab, das auch für unsere Mägen nichts weniger als überflüssig war.

der verwünschten Insel wie ein Eden. Die neue Luft, die dort Die glückliche Vereinigung von Wind und Dampf vers unsere Lungen badete, war nicht mehr von den Miasmen der schaffte uns eine höllische Fahrt von 133 Tagen, während ich Entehrung infizirt, und der Anblick der Sträflingswärter, hinwärts in 95 Tagen auf einem einfachen Segler der die übrigens in ihrer Haltung verändert waren, war uns nicht Loire "- angekommen war. Der Marineminister hatte, mehr so unerträglich. Wir wurden mehr als je außerordent- sagt man, einen Versuch mit einem gemischten System machen liche Zwangssträflinge: zu Zwangsarbeit verurtheilt, ohne zu wollen. Warum hat das gerade auf unsere Kosten geschehen ihr verhalten zu werden; verurtheilt, keinen Bart zu tragen, müssen?! als seiner nicht würdig, aber ihn nichtsdestoweniger tragend, wobei uns die Verwaltung stillschweigend gewähren ließ. Das schwankende Ministerium, das einerseits gab, andererseits vor enthielt, machte uns zu lebendigen wandelnden Widersprüchen. Jeder Kurier brachte nun ministerielle Gunstbezeigungen, und jeder suchte sich in dieser Tombola- Lotterie seinen Gewinn heraus: Begnadigung, Verbannung, oder er ging ganz er ging ganz leer aus. Ich erfuhr am 1. Oktober, daß ich unter der Nummer 410, zweite Sektion, begnadigt war. Die letztere Bezeichnung reihte mich mit meinen Kameraden unter die befreiten Zwangs­sträflinge ein, die befugt waren, nach Frankreich zurückzu­tehren.

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Ueber die unwürdige Behandlung, die man uns in einer gewissen Beziehung bis zuletzt zu theil werden ließ, habe ich dem Gouverneur von Neukaledonien einen Brief geschrieben, der von ihm, wie ich später erfahren, dem Ministerium vor­gelegt worden ist. Sein wesentlicher Juhalt ist folgender: " Das einem gewöhnlichen Galeerensträfling auf die Stirn gedrückte Brandmal wird einen politischen Berurtheilten nie entehren, und die übliche Verwaltungspraxis vermag nicht, durch eine leere Formalität von Sektion" und" Nummer", das wieder zu erschaffen, was die Macht der Thatsachen ein­mal zerstört hat. Man hat uns einer Umgebung entnommen, die in Wirklichkeit nicht die unsrige ist; folglich dürfen auch unsere Namen nicht funterbunt mit denen einer Kategorie zusammengeworfen werden, die nicht die unsrige ist.

Ich erlaube mir, Ihre wohlwollende Aufmerksamkeit, Herr Gouverneur, auf ein Verhältniß zu lenken, das durchaus wider spruchsvoll ist, da es eine gemeinsame Liste für Menschen eröffnet, die der gesunde Verstand längst hätte von einander absondern sollen. Die Begnadigten von gestern, welche die Amnestirten von heute sind, liefern den Beweis, daß es nicht gut ist, die Namenseintragung des Bagno auf die Begnadigten von heute zu übertragen, die die Amnestirten von morgen sein

werden."

Endlich, den nächsten Tag, stiegen wir in Paris aus dem Wagen, umgeben von einer dicht gedrängten Menge von Familien und Freunden. Familien und Freunden. Welches Stimmengebrause, als sich die Einzelnen anriefen und zuriefen! Thränen strömten auf die Tausende von Händen hernieder, die einander umflammerten, und eine Umarmung folgte der andern.

Hinter uns das Bagno, vor uns Paris !... Unser Glück war groß!...

Birkhahnbalz.

( Nachbruck verboten.)

Es ist gegen Mitte April. Auf den langgestreckten Hauen der deutschen Mittelgebirge sind die Triebe der Föhren schon zolllang hervorgeschossen. Als wären sie mit Fett bestrichen, glänzen die jungen, lichtgrünen Blättchen der Hängebirke aus dem dunklen Nadelmeer der Schwarzkiefern hervor. Auf den langen, schmalen Baner des Walddorfes seinen Pflug und streut den Samen zu Neckerchen, welche in die Waldparzellen einschneiden, führt der feinem Brotgetreide: Sommerroggen und Gerste mit einem Drittel Safer gemischt. Und hinter ihm, wie ein treuer Hund, wandelt beständig die Saatträhe; ihren Luchsaugen und ihrem zufahrenden Schnabel entgeht weder ein emporgeworfener Engerling noch die fliehende Maus, der die wühlende Pflugschaar das Haus zerstört.

Es ist gegen Mitte April. Der Schnepfenstrich ist längst zu Ende, die paar Auerhähne, die sich aus dem Hochgebirge ins flachere Land verirrt, sind entweder abgeschossen oder wieder ver­flogen, durchs Stangenholz dröhnt der dumpfe Ruf der großen flogen, durchs Stangenholz dröhnt der dumpfe Ruf der großen

Waldtaube.

Da kommt ein Schreibebrief des alten Försters Sichel auf meinen Schreibtisch geflogen:

"

Seit acht Tagen rebellen" die Hähne auf allen Hauen. Dem Naz" ist einer am hellichten Tag schon auf den Holzbirnbaum ges flogen. Die Hütten sind fertig. Kommen Sie!"

Der alte Sichel war der Nachbar meines Vaters. Am Sonn

an der

Försters und die wenigen Holzhauerhütten heran, nur gegen Norden hin schweift der Blick schrautenlos über die wie Silber erglänzenden Bäche und Teiche, die großscholligen Aecker und faftigen Wiesen der Niederung. In der Ferne winken die rothen Dächer eines Wall­im blauen Duft die Kämme des Gebirges. fahrtsortes, ragen die schwarzen Thürme einer Stadt, verschwimmen

Es wurde wenig gesprochen an diesem Abend zwischen uns beiden, mir und dem Förster, ein jeder dachte nur an den kom­menden Tag.

Diejenigen, deren Strafen umgewandelt worden, hatten abend gegen Abend bin ich bei ihm. Am alten, lieben Forsthause das Recht, nach Nouméa zu gehen. Kommen und gehen ist mit ihren Fingern an die Fenster des Erfers, und Kommen und gehen ist hat sich nichts geändert. Noch steht die mächtige Eiche und Klopst ein tonftitutionelles Recht, dessen Ausübung ich seit 8 Jahren Stirnfeite des freundlichen Hauses reckt der alte Birnbaum Gefangenschaft verloren hatte. Nun übte ich es aufs neue in seine verkrümmten Arme bis zum Hirschgeweih des Giebels Nouméa aus: ohne Handschellen, ohne Begleitung von empor. Von drei Seiten schiebt sich der Wald an das Heim des Gendarmen. Stolz ging und kam" ich, wie ein freier Mann, durch Straßen mit Holzhäusern und Veranden und Kaufläden, über denen unaufhörlich der Bankrott schwebt; auf dem Boulevard des Italiens, wo Musik" zu hören ist, wo man die schwarzen Füße der Melanesierinnen der neuen Hebriden unter den feuerrothen Tuniken hervorglänzen sieht. Nouméa ist eine traurige Stadt, ein Ort, in dem man mit dem Ellbogen links und rechts an eine Bevölkerung von Abenteurern stößt, die nicht dahin gekommen sind, um den Am anderen Morgen, kurz nach zwei Uhr, trommelte der alte Montyon- Preis) zu gewinnen; wo man auf Schritt und Tritt Waldläufer schon an meine Kammerthür. Als ich das große Wohn­armen Frauenzimmern begegnet, die ihren Lebensunterhalt aus dem zimmer hinabkam, brodelte bereits der Kaffee im Schnellsteder. Und Preise herausschlagen, den sie für die mit ihren Leibern ge- einige Bissen harten Schwarzbrotes hinterher geschickt, und hinaus nun schnell einigen Schlucken des schwarzen, erwärmenden Getränkes, währten Genüsse nehmen; wo man im Café unliebsam durch ging's in die Nacht. Es war ein toller Marsch über die Wurzeln Händedrücke ehemaliger Galeerensträflinge überrascht wird, die achtzigjährigen Hochwaldes, in dem es finster war wie in einem jezt ihre Freiheit wieder erlangt und uns bei ihrem erschreckend Sack, auf Jägersteigen und gänzlich zerfahrenen Waldwegen. End­treuen Gedächtnisse wiedererkannt haben; wo man fast mit lich, nach mehr als einstündigem Marschiren, Tasten, Tappen und der Nase mit seinen alten Gefängnißwärtern zusammenstößt, Springen sind wir auf dem Langhau. Auch er hat sich kaum ver die uns verdugt ansehen, oder mit Trupps von Zwangs- ändert in den zwanzig Jahren, feitdem ich ihn nicht mehr gefehen. sträflingen erster Klaffe, die dich groß ansehen und murmelu: In dem fahlen Lichte, das vom wolkenlosen Morgenhimmel ausgeht, erscheinen die weit auseinander stehenden Jung­" Da,' n alter Kamerad!" Am 26. November 1879 wurde ich auf der Creuse " ein- Bache sind die Espen und föhren noch ebenso verkümmert wie ehedem, aber unten am Erlen mächtig emporgeschossen, geschifft, die von dem deutschen Sprichworte: Immer langsam und die holzigen Stengel der Erika reichen schier bis zu den Knieen voran" nichts so gut behalten hatte, als das Adverb empor. Der alte Sichel stellt mich in eine der aus wenigen Kiefern­ langsam". Die Creuse " ist ein Schiff gemischter äften zusammengefügten Hütten und nimmt seinen Stand einige Gattung, dessen Segel und Dampfkraft um die Wette hundert Schritte weiter aufwärts hinter einem andern Schirme. auszuruhen bestrebt waren. Der Kanal

wurde als ein viel zu kurzer Weg für die ihrem Vaterlande

Suez Noch ist's ruhig, kirchenstill. Nur ab und zu dringt ans lauschende Ohr das glucksende Singen der über Steingeröll rinnenden Waffer im Thale . Aber schon kommt der Morgenwind, rauscht in den Kronen des Hochwaldes, raschelt im dürren Brombeergesträuch und fäuselt in den langen Nadeln der Jungföhren. Und mit ihm wird es auf dem langgestreckten, nach Osten gelegenen Hau lebendig. Das fingerhutgroße Goldhähnchen schüttelt sein Gefieder, hüpft von

*) Montyon war ein französischer Philanthrop( geb. 1733, gest. 1820). Nach ihm ist der Tugendpreis der franz. Akademie für literarische Werke, die die Moralität fördern, benannt.