Anterhaltungsblatt des Vorwärts
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Nr. 74.
Mittwoch, den 14. April.
( Nachdruck verboten.)
Ein alter Streif.
1897.
- von
ehrlich und hab' meine tollen Streich' eing'standen ,. da an hab' ich sie verheimlicht, und bald war mir mein Vater nig mehr, als ein Zuchtmeister, vor dem man sich hüten muß. Dann hab' ich's Schuldenmachen ang'fangen
Roman aus dem bayerischen Volksleben der sechziger Jahre bitenum hundert Gulden vor meinem Vater zu verheim
Aber, Herr Gemming," sagt ein allerliebstes Hofstallerstöchterlein, machen Sie uns jetzt nichts mehr vor?"
Er nähert sich ihr ein paar Schritt und schaut ihr Lächelnd so tief in die Augen, daß dem Mägdlein heiß und kalt wird.
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Ein andersmal, Herzer!! Aber dann mach' ich Dir nir vor, sondern dann ist's Ernst!"
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Das Fräulein wird bei dieser unerhörten Recheit dunkelroth und kommt wie begossen zur Mama zurück. Die examinirt gleich:" Was hat er Dir denn g'sagt, daß d' so verlegen bist?"
Acherer hat, mein' ich, zuviel!" stammelt das Töchterlein mit glühenden Wangen.
" Ja es ist auch Zeit, daß man aufbricht!" sagt die Mama laut. Rellnerin, sind Sie so gut und lassen Sie den Michl auspannen."
" Ja, meinen Knecht auch!" mib) " Unsern auch!" erschallt nun das Echo von allen Seiten, denn wenn eines den Anfang gemacht hat, folgen alle nach. Gemming nicht befriedigt zu diesem Aufbruch. Er sitzt schon lang wieder beim Pfarrer und hat sich mit der größten Unbefangenheit einen Stuhl genommen, als wäre es seine Pflicht, den geistlichen Herrn zu unterhalten.
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lichen, beim Wucherer fünfhundert verschrieben bis nig mehr da war. Und so ist's grad' beim Militär g'wesen.Da hat man's auch mit Strenge machen wollen, aber je strenger man war, desto widersätzlicher bin ich worden, und weil ich halt amal a lustige Haut bin, so hat sich's bei mir auf die humoristische Seit' g'schlag'n! Da hab' ich mich aufs Perfifliren g'legt, wo vielleicht andre' n Kopf hätten hängen laffen und wo andre g'weint hätten, da hab' ich g'lacht." ord
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Ja auch wohl ausgelacht" wirft der Pfarrer ein. Natürlich, hab' i f' ausg'lacht!"
Der Pfarrer lehnt sich in den Stuhl zurück. ,, Da kann man sich freilich nicht wundern, wenn die Vorgesetzten sich das nicht gefallen lassen."
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" Ja, ich bitt' Sie, was ist denn das so schrecklich's? Weil mir alleweil vorg'worfen worden ist, ich hätt feine Disziplin- und ich mach' den Spaß, daß ich den Befehl auf'm türzesten Weg nach Nürnberg ' nein zu marschiren, wörtlich nehm' und mit meiner Abtheilung gleich frisch durch dis Pegnitz schwimm' weil das der kürzeste Weg war-! Da hätt ein gefcheidter, wohlwollender Borg'setter mitg'lacht und höchstens g'sagt: Lassen Sie aber fünftighiu solche Wize bleiben, das könnt Ihnen ein zweites Wal schlecht bekommen," oder irgend sowas aber, daß man einen jungen Offizier deswegen zur Disposition stellt, das ist doch eine Strenge, die nur zum Unglück führen kann. Und was war's Resultat? Daß ich das sakrische Spottgedicht g'macht hab': Was i thät', wann i Rönig wär'!" Da hab'n sie mir dann auch noch den Rock auszogen und den Degen zerbrochen und jetzt bin ich halt ein ruinirter Mensch. Das ist die heilsame Strenge, Herr Pfarrer, so macht man aus einem heißen, jungen Blut, was vor Kraft Nun, wie steht es denn mit Ihrem Sohn, Herr und Uebermuth nicht weiß, wo' naus' n Verbrecher- Biffinger?" frägt der Pfarrer, als der Wirth ihm eine Halbe' n Ehrlosen, und ist amal die Ehr' hin, dann ist der mit schönem weißen Schaum hinstellt. Noch immer keine Lump fertig!" Nachrichten?"
Der Wirth tuschelt dem letzteren ins Ohr:" Wollen Hochwürden heut auch a Flaschenbier? Oder probiren Sie's mit ' re Halben vom Faß?' s Bier is heut gut, i fann's Jhna rekommandiren!"
Geben Sie nur Faßbier her" erwidert der Angeredete ungeduldig verstimmt, als wollte er sagen: Wenn der dabei ift geht alles in einem hin!" Der Gemming braucht auch nicht zu sehen, daß er ein extra Bier für sich hat.
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mei, Herr Pfarrer! Was das heutzutag für Kinder find! Lauft der Bu' davon, weil i ihm amal den Vater zeigt hab'!"
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Der Pfarrer streift mit einem unsicheren Seitenblick den Sprecher." Nun, Sie scheinen sich's nicht zu sehr zu Herzen genommen zu haben Ihr Humor ist Ihnen wenigstens treu geblieben"
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Der Pfarrer nippt an der Halben vom Faß" mit der Meinen Sie?" sagt Gemming und zündet die ausResignation des Sokrates, als er den Giftbecher an die Lippen gegangene Pfeife wieder an, aber es ist, als zittere die starke setzte. Es ist nun einmal heute fein guter Tag! Sie waren Hand ein wenig dabei. Ja, ja der Humor und der eben nie streng genug! Sie haben ihm zu selten den Vater Lump, das g'hört zusammen, wie die Fiedel und der Bettel gezeigt," jagt er mit der noch vom ersten Schluck verzogenen sack. Aber wissen Sie, Herr Pfarrer, nicht alle Leut', Miene. Drum hat er sich nicht daran gewöhnt. Jezt- ist's die auf solche Weis', durch Härte und Strenge zu Grund' zu spät!" g'richtet werden, enden so harmlos! Ein Theil versteht den Meinen Hochwürden, daß es beffer g'wesen wär', wenn Spaß von der Narrensposs' falsch- und rächt sich! Aber man den Buben mit Strenge erzogen hätte?" erlaubt sich nicht durch Spott und Weltverachtung sondern dadurch, Gemming dreinzureden. daß er das wirklich thut, was man ihm unschuldig zur Last Der Pfarrer blickt ihn an, als wollte er sagen: Wie gelegt hat und wofür er so wie so schon büßen muß. Nehmen kommst denn Du dazu, Dich in ein solches Gespräch zu Sie einem Menschen die Selbstachtung, und Sie machen ihn mischen?" zu allem fähig. Das, mein hochwürdiger Herr, haben Sie heut' gethan."
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Ich?!"
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Gemming bemerkt den Blick wohl, läßt sich aber nicht eins schüchtern. Er bläst eine dicke Wolfe aus seiner kurzen Pfeife und spricht ruhig weiter:„ Ich hab' immer gefunden, daß" Na, halt der Bannbrief, den Sie und Ihre Kollegen durch Strenge mehr verdirbt als nuttin allen Dingen!" Ihre Berichte an's Ordinariat heraufbeschworen haben." " Ich weiß nicht, wo Sie Ihre pädagogischen Studien
"
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" Aha, geht es da hinaus?"
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ich fag's
gemacht haben sagt der Pfarrer achselzuckend und„ Herr Pfarrer, ich mach' keine Winkelzüg' bricht ab, als wolle er sich mit Gemming überhaupt nicht frei und offen, ja! Ich halt' den Banubrief für ein großes einlaffen, da aber der Hochbräu die auswärtigen Gäft hinaus- Unglüd!" komplimentiren muß, sind die beiden allein aufeinander an- Weil er die Treiben vernichtet?" gewiesen.
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" Nein, nicht weil er die Treiben- sondern weil er Treiber vernichtet."
Wo ich die Studien g'macht hab'? An mir selber, die Hochwürden! 3 ist ja richtig' s war nicht viel an mir" Sie brauchen ja nur den Unfug bleiben zu lassen." verderben, aber was noch zu verderben war, das Erstens kennen Sie unsere Bauern schlecht, wenn Sie hat Strenge gethan. Hätt man mich gehen und mir die meinen, die ließen von ihrem Haberfeldtreiben, und zweitens Hörner ablaufen lassen, wär' vielleicht ganz was Rechts aus wenn sie's auch thäten, so sind doch die nicht wieder zu Ehren mir worden. Aber da hat auch alles in meinen Vater gebracht, die seither' trieben haben und die der Bannbrief als ' neing' redt, er soll die Zügel straffer anziehen. Was hat's Mörder, Meineidige und schamlose Jugendverführer gebrandg'holfen? Daß ich meinen Vater g'fürchtet und mir's markt hat. Ich bin tein Haberer, Hochwürden, aber wenn Lügen ang'wöhnt hab'. Vorher war ich doch wenigstens ich mir dent', ich müßt' mich so was heißen lassen und müßt's
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