„ Hast's nit g'sehen g'schaut-!"
Dem Lenz graust es.
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bleibst bei mir?
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Der Kranke rührt sich. Lenz eilt an das Bett und neigt sich über ihn. Bissinger blickt verwundert um sich. ,, Gott sei Dank- daß es Tag ist und die Nacht vorbei, die schreckliche Nacht. D Lenz, wenn unser Herrgott mir meine Sünden erlassen möcht'- für das, was i heut abbüßt hab'."
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da hat einer zur Thür' reinIhr seid krank, Vater!" " gelt, jetzt verlaßt mich nimmer Hol Dir Dei Dei wie heißt sie?" Wiltraud?" fragt Lenz bebend vor Furcht und Hoffnung. " Ja, die! Hol sie Dir und bleibt miteinand' bei Wie ist's Euch, Vater?" mir's ist mir ja alles recht " Besser b'finne fann i mich nur, daß D' wieder aber da, da siedet's und da bist!" braust's in die Ohren und im Kopf i hör' halt alleweil ,, Vater!" Jft's Euer Ernst? Dürft i's Madl heirathen?" dös G'schrei von di Haberer. O Lenz, wann Du daheim " Ja, jaso wahr Gott lebt, alles, alles darfst nur g'wesen wärst Du hätt'st Dei'm alten Vater nix g'schehen Dein' elenden Vater nimmer verlassen nur nimmer fort- lassen!" Lenz wird dunkelroth und schlägt die Augen nieder. daß i nit so allein bin und so hilflos, wenn d'Haberer wieder„ Aber jetzt hol' mir die Wiltraud, daß die Sach' in Ordnung komme!" kommt sie sollen sehen, daß alles nit wahr ist, was sie mir aufbracht hab'n! Und bald soll sie kommen und mich pflegen i bin recht krank. Lenz, wann i 3' sterben täm', muß alles in Richtigkeit sei'!"
,, Die komme jetzt nimmer, Vater!"
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" Gelt, gelt wann i alles thu', nachher könne s' nix mehr aushaben, i thu' ja alles! Du kannst ihne an anders Bier brauen und 3 Madl wird ja ihren alten Schwieger ordentlich pflegen o Lenz, wie die mit mir umgange find -die Haberer und nachher die Mägd'o, o" und laut wimmernd wirft er sich in die schützenden Arme des Sohnes und sein Herz hämmert in unregelmäßigen Schlägen. ' s muß a Frau her, i muß jemand haben, die für mich sorgt. I will nig mehr, als a Tochter-die Heirathspoffen die sind mir vergangen-!"
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Lenz sinkt vor dem Bett des Vaters in die Knice, das Herz ist ihm voll zum Zerspringen. So plöglich soll alles fich zum Guten wenden, was so schlimm begonnen! Kann es denn sein? Verdient er denn das? Wiltraud! Er darf sie als sein Weib heimführen, er, der eben noch gehandelt hat wie ein ungezogener Bub'? Aber es ist so, der Vater will's, und er ersehnt's wie eine arme Seele den Himmel. Und den Himmel will er auch ihr bereiten, den Himmel auf Erden soll sie haben und der Sebald er dreht erschrocken den Kopf um, ihm ist, als höre er ein Hüfteln und als stünde der Sebald neben ihm und schaue ihn bleich und vorwurfsvoll an und sage immer nur das eine Wort: Wegen Dir wegen Dir!" Ach nein, das ist Einbildung der Sebald hat's ja so geru gethau, der macht ihm feinen Vorwurf. Und die Trandl, was wird fie für Augen machen, wenn er kommt und um sie wirbt in aller Form und im Namen des Vaters? D, wenn er nur den morgenden Tag erlebt, daß er ihr die Freude ins Haus bringen kann.„ Vater, Vater, Du sollft's gut haben bei uns grad auf Händen thun wir Dich tragen. Ach, Du weißt's nit, was für a brav's Madl die Wiltraud ist Jesus , dös Glück so auf amal,' s ist ja nit zum Ausdenken." Und er legt den schönen jugendlichen Kopf in des Baters Hände, die ihn zitternd streicheln und glücklicherweise nicht die Gedanken heraustasten können, die eben darin zu lesen wären: So war das Haberfeldtreiben doch zu was gut!"
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Der Tag dämmert langsam herauf- aber nichts regt sich im Dorf. Nach der Schreckensnacht ruht alles wie im Todes schlummer. Auch der alte Hochbräu ist endlich eingeschlafen, und die tiefe Ruhe im Arm des Sohnes wirkt milde heilend auf die zerstörten Nerven des Gequälten.
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,, Aber, Vater, i kann Euch doch nit allein lassen!" " Schick mir nur die Leni' 3 ist ja Tag, und Du bringst mir die Wiltraud glei mit!"
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Mit der Haft und Ungeduld eines Kranken, der sich noch immer von Gefahren umringt glaubt, treibt er jetzt Lenz, die Braut zu holen, die den Sohn für immer an den Vater fesseln und ihm einen sicheren Schuh gewähren soll. Dem Lenz wirbelt es in Kopf und Herzen! Gleich soll er gehen gleich? Alles ist plötzlich so glatt und eben, und dennoch beschleicht ihn ein unerklärliches Bangen, als dürfe er der Wiltraud nicht vor die Augen treten. Sie war so sonderbar, als sie ihn durch die Klamm wies!- Sie ist gar wild und hißig aber freilich auch gleich wieder seelengut. Und er rüstet sich zu der seltsamen Brautfahrt. Dann holt er die Leni herein, daß sie indessen für den Bater sorgt, und jetzt kann er gehen.
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Wiltraud hat den Bruder treulich bis ins Dorf gebracht und dort bei einem Bekannten ein Fuhrwerk genommen, in dem Sebald weiter transportirt wurde. Die Gendarmen waren's wohl zufrieden, nach dem auftrengenden Nachtdienst mit ihrem Gefangenen fahren zu dürfen.
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Als Lenz hinaustritt, bleibt er wie vom Blitz getroffen stehen Wiltraud geht eben am Haus vorbei, heimwärts. Gesenkten Hauptes, ganz in fich versunken, schreitet sie dahin und sieht ihn nicht.
was
" Traudl!" ruft Lenz mit unsicherer Stimme. Sie hebt den Kopf und blickt ihn an.
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Traudl! bitt' Dich i muß was mit Dir reden, Wichtig'si hab' g'rad zu Dir sollen."
,, Was willst denn noch von mir?" fragt Wiltraud, stehen
bleibend.
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" Traudl, wir dürfen heirathen! Der Vater ist von dem Schrecken wie verwandelt er möcht' a Tochter, die ihn pflegt und weil er doch weiß, daß i kei andere nimm, hat Er er g'sagt, i soll Dich nur gleich holen er giebt's zu." schöpft tief Athem und erwartet, daß ihm das Mädchen in seliger Ueberraschung um den Hals fallen werde. Aber er hat sich bitter getäuscht. Traudl Traudl was hast? Wie stehst denn da, wie von Stein?",
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( Fortsetzung folgt.)
Mamenlos.
Unter diesem Titel veröffentlicht in einem Wiener Blatte der niederösterreichische Landtagsabgeordnete und Landesausschuß Schöffel, dem das Armenwesen, die Arbeitshäuser und Verpflegungsstationen unterstehen, nachstehende Geschichte aus dem Leben.
Lenz traut sich nicht zu rühren, aus Furcht, ihn zu wecken. Stundenlang bleibt er so am Bett knien, und in seine brennenden Augen kommt kein Schlaf. Jetzt muß er sich aber doch wegschleichen, um Holz im Ofen nachzulegen, denn es wird nun gegen Morgen falt im Zimmer. Der Vater athmet tief und ruhig. Lenz kann einen Moment ans Fenster treten. Graue Wolken hängen wie zerfette Fahnen vom Chamiffo erzählt die wunderbare Geschichte, Peter Schlemihls ", Himmel zur Erde. Ein Niederschlag, halb Regen, halb Schnee, der seinen Schatten verkauft hat und dann ruhelos mit Sieben hüllt Berg und Thal ein. Man könnte meinen, es reue den meilenstiefeln auf der Erde herumläuft, um wieder zu einem Schatten Tag, daß er angebrochen, und er kehre wieder in die Nacht zurück. Jetzt werden gleichmäßige Schritte hörbar. Sie fommen näherein Zug Soldaten in voller Feldausrüstung ift es. Sie marschiren ohne Sang und klang mit feindlichen Mienen ins Dorf.
zu gelangen. Als Pendant zu dieser wundersamen Geschichte will ich die wahrhaftige Geschichte eines Mannes erzählen, der wohl einen Schatten, aber feinen Namen hat und seit einem halben Jahrhundert, nicht mit Siebenmeilenstiefeln, sondern bloßfüßig die Welt durchläuft, um zu einem Namen zu gelangen. In der Zwangsa arbeits- Anstalt in Korneuburg befindet sich nämlich eine Eriftenz, männlichen Geschlechtes, welche vom t. t. Bezirksgerichte Taxenbach . bekannten Wohn- oder Aufenthaltsortes, wegen wiederholter Uebers tretung des Vagabundengeseges in die Zwangsarbeits- Anstalt ab In den Asylen des physischen und moralischen gegeben wurde. Kinderelends, in den von den Ländern, Vereinen oder Privaten erhaltenen Befferungsanstalten und Waisenhäusern, tommen wohl sehr häufig Findel- und weggelegte Kinder vor, welchen von den Findelanstalten, um den Geist der daselbst Angestellten zu illustriren, Namen wie zum Beispiel: Fensterbant, Kyrieeleison, Abendläuten, May, Paternoster, Dritterhof und dergleichen beigelegt wurden, aber daß ein Mensch in Desterreich oder, beffer gesagt, in Mitteleuropa ,
Militär das ist hier noch nie gewesen. Das sieht ja aus wie dem Lenz zieht sich das Herz zusammen unter der Bezeichnung Johann N., beiläufig 50 Jahre alt, unStrafeinquartirung! Aber nicht lange hat er Zeit, darüber nachzudenken, da schleichen vier Bermummte aus einem Heuftadel, der einem Haberer gehört, heraus. Sie tragen einen schweren Körper einen Todten oder Verwundeten, in scheuer Eile nach der entgegengesetzten Richtung zu.- Lenz beklemmt es die Brust mit einem nie gekannten Gefühl. Er öffnet ein wenig das Fenster und schielt ihnen nach. Noch immer dringt widerlicher Rauchgeruch von draußen herein. Ein troftloses Bild! Darf er sich noch freuen?
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