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und leg' mich zur Ruh', und ess'' mittag und bet' alles mit Dir!"

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alles, Hammersteiner, zu stützen. Sie werden beinahe zärtlich, wenn der großindustrielle Polterer in seiner Weise das Thema behandelt: die Wissenschaft mus umkehren. Oftelbiern imponiren könnte. Was Herr v. Stumm selbst im Kampf Es ist wirklich nicht einmal die aufbegehrliche Schneid, die dem wider die Kathederfozialisten vorbringt, flingt gar so schneidig nicht. Es hat sogar etwas Predigerhaftes an sich, und in der ewig einförmigen Wiederholung, im eifernden Ton macht es nicht selten den Eindruck einer Kapuzinade über eine Welt, die von den nationalökonomischen Lehren der Brentano, Schmoller und Wagner vergiftet werde. Aber auch dieser Jeremiadenton flingt dem Geschlecht der Junker wohl. gefällig und er klänge ihnen selbst dann wohlgefällig, wäre vom Stumm fchen Einfluß nicht so viel die Rede als zur Zeit die Rede ift. So gering ist bei dieser friegsluftigen Raffe im Durchschnitt die Fähigkeit sich selbständig geistige Waffen zu schmieden.

Wiltraud liegt stumm in seinen Armen er fährt fort: Und übergießen will i Dich mit meiner Lieb', und in Dei tiefste Leben will i untertauchen, wie der Föhn, wann er im Walchensee   wühlt! Und an mei Herz preff' i Di, daß Dir angst und bang wird vor lauter Heiß und D' kein Athem mehr kriegst unter meine Bußl'n bis D' mi um Gott's   will'n bittst, i soll Di lass'n, und dann lass i Di erst nit!" Er hält plöglich inne, wie einer, der eine schwierige Summe zusammenrechnet, die Summe eines un­geheueren, unfaßbaren Glücks. Ach's ist nit zum aus­denken!" stößt er aus der tiefften Brust hervor und wirft lachend und weinend den Kopf in ihren Schooß;' s ist halt so's ist wahr und wirklich i hab' Dich leibhaftig im Arm! Wiltraud!" Er verstummt, die Seele muß aus ruhen vom Uebermaß der Wonne.

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Jahre sind vorüber.

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Die todte Mühle geht wieder, und helle Kinderstimmen fingen jetzt, wie zum fröhlichen Spott auf die ungeahnten Leiden des Vaters, die G'stanzeln vom Mühlrad, was g'flickt wird, und vom Herzen, was stillsteht.

Selbst dem Minister Bosse, der neulich noch nicht sehr Er­sprießliches über geistige Bewegungsfreiheit auf preußischen Hoch­schulen äußerte, war das ewige Greinen wider den Gelehrten- und Professorenübermuth zu viel. Professoren- Uebermuth, ach! wie das flingt! Die Eigenschaft ist gewiß bei deutschen Universitätslehrern selten geworden. Herr v. Stumm freilich ärgert sich schon über Schmoller, wenn der nicht mit heiligstem Respekt von schnell zu­sammengerafften Millionen spricht. Auch in seinem Groll wider das Wort, man erwirbt nicht Millionen, ohne mit dem Armel das Zucht­haus zu streifen, liegt etwas Charakteristisches. Der Bourgeois in ihm, der auf strenge Reputirlichkeit sieht, wird stark gereizt. Ver­wogener Junkersinn, dem Wetten und Wagen vertrauter ist, würde vielleicht auf solchen Spruch weniger lebhaft reagiren.

Lenz und Wiltraud sind in der ganzen Gegend geachtet und mit allen braven Leuten im Dorf ausgeföhnt.-Nur der alte Bissinger bleibt, wie alle gemeinen Naturen, un- Herr v. Stumm und die Seinen werden trotz allem fich in Ents versöhnlich. Er hat den Sohn enterbt und eine Kellnerin ge- fagung üben müffen. Man kann wirklich wider den Geist der Wissen­heirathet. Ein kleines mütterliches Pflichttheil, was er dem schaft nicht Kanonen auffahren lassen. Der Minister hat diesmal Lenz herausgeben mußte, reichte eben hin, um den Haberern so recht! In den ostelbischen Kreisen, die auf ihr Altpreußenthum pochen, das Darlehen auf Wiltraud's Gütchen zurückzuzahlen. Jetzt wird das Mißbehagen über allzugroße Deffentlichkeit durch das Gerichts­find Lenz und Wiltraud lediglich auf ihrer Hände Arbeit schauspiel, das gegenwärtig entrollt wird, noch mehr verstärkt werden. angewiesen. Doch das ficht sie nicht an in ihrem stillen, tief- Warum mußte auch Herr v. Marschall   seine sprichwörtlich ge­inneren Glück. Mit voller Kraft und Freudigkeit arbeitet wordene Flucht in die Oeffentlichkeit" antreten? Mußte dem Lenz für das geliebte Weib, und sie genießen um so dant- ruhigen Bürger, für den sonst all die Dinge ein verschlossenes barer die Früchte ihres Fleißes, je mühsamer sie diese er- Geheimniß sind, ein Blick in die Winkelgänge der politischen Polizei gestattet werden? Was das persönliche Schicksal Lühow's Welche oder Tausch's werden möge, ist an sich so geringfügig. Elemente aber in diesen Winkelgängen gedeihen durften, gedeihen welcher stickige Hauch von ihnen aus die Presse durchdrang, das bleibt von Belang. Noch ist das Gerichtsverfahren im Gange, noch find die Fäden nicht vollkommen blosgelegt, die von Polizei zu Presse führen. Aber schon ist es tlar, daß auch die Preffe Grund genug haben wird, fich nicht auf ihr hohes fittliches Pathos zu versteifen. Der Umgang mit den Nicht- Gentlemen färbt ab.

rangen.

ducz

Ende.

Sonntagsplandevei.

Die deutsche Welt, könnte man meinen, sei aus den Fugen, wenn man der Minister Weherufe vernimmt. Wie dachte Herr v. d. Recke   schwarz in Schwarz gemalt zu haben, als er von der Sozialrevolution und dem Anarchismus sprach. Aber selbst im preußischen Abgeordnetenhause war die Mehrheit unbotmäßig ge­worden und die Kassandratlagen des Ministers fanden bei ihr teinen Widerhall. Und er wollte doch durch eine gesunde Reaktion" die Welt, die aus den Fugen gegangen, wieder ein­renken,

Ueber den politischen Aufregungen der letzten Tage und dem großen Gerichtsprozeß zu Moabit   ist ein Vorfall wenig beachtet worden, der geradezu eine klassische Satire auf das Duellwesen be­deutet. Die Handlung spielt in Ungarn  . Auch dort spielt trotz allem liberalifirenden Zeitungsgeschrei eine Gentry, ein alter Landadel, der ebenfalls die Ueberlieferungen einer Kriegertaste pflegt, eine Die gesunde Realtion"! Oftelbiens schneidige Herren wissen herrschende Rolle. Das liberalste Gesetz wird vom Herrenbrauch eben das Wort zu schätzen. Ihnen freilich tommt gefund umgestoßen. Ein Mann aus dieser Gentry, ein Baron Nopcsa war vor, was anderen den Athem benimmt. Was ist ihnen in Best Intendant der königlichen Theater geworden. Kunstverständ­Deffentlichkeit? Wozu sich verantworten, sei es vor dem niß braucht ein solcher Theaterintendant nicht zu befizen; aber vor der neugierigen repräsentiren" Richterstuhl der Wissenschaft, sei muß er können und Baron Nopcja wußte Er repräsentiren. Menge, die sich in stinkende Versammlungen" drängt. Für sie war zu für sich, repräsentirte wie für gesund, was sie seit Jahrhunderten übten. Ihnen bekam ihre eigen- den hohen Landadel, der in Ungarns   Hauptstadt sich zu thümliche Herrenmoral, ihr unumschränktes Kleinkönigthum und ihre amüsiren liebte. Wer jemals nur ein paar Tage in Peft sich männliche Herrlichkeit. Sie konnten sich in freier Kraft" entfalten, aufgehalten hat, der weiß, daß überempfindliche Prüderie nicht zu wie sie es nanuten; wenn ihre Jugend tollen Launen folgte, den Eigenthümlichkeiten dieser Stadt gehört. So sehr sie äußerlich so war es eben das wilde, brausende Blut, das Bethätigung sich modernisirt und abendländischem Wesen sich angeschmiegt hat, suchte; es waren die fleinen einer Teufeleien Raffe, ein Stück Orient guckt eben doch überall hervor. Trotzdem entstand die nicht mit dem Schneiderellenmaaß gemessen werden über die Art der Repräsentation des Barons Nopcja   im leicht darf. Und nun erlebt diese alte Raffe die Genugthuung, lebigen Best eine heftige Aufregung. Der Herr Generalintendant daß einer, der gewiß nicht ihres Blutes ist, es ihnen allen an ge- hatte doch eine zu krasse Paschawirthschaft eingeführt und Ehre und sunder Reaktion vorausthun möchte. Aus Kreisen, die ihnen völlig Scham und Selbstbewußtsein seiner weiblichen Untergebenen in fremdartig sein müßten, ist er hervorgegangen: Ein Großindustrieller. einer Weise mißhandelt, als sei er ein afrikanischer Rolonisator. Was den Kavalierstroß derer ausmacht, die auf eroberter Boden- Der Herr Baron war auch mit der Ehre der weiblichen Mitglieder scholle groß geworden, ist sein Erbtheil nicht. Nicht der Kriegerkaste des Hoftheaters gefällig, über die Maßen gefällig, wenn seine entstammt dieser Großbourgeois; und doch folgt der oftelbische Heer- Standesgenossen von ihrem agrarischen Kummer in der Hauptstadt bann seiner Scharfmacherei mit einer Art von Wollust. Ihren sich erholen wollten. Kurzum, er war der vielbegehrte Gefälligkeits­Fürsten und Königen hat dieser Heerbann manchmal schon die Ge- macher der Gesellschaft. Spaß muß Spaß bleiben, und Baron folgschaft verwehrt und sich auf alte Geschlechtsprivilegien gestützt Nopcja ist ein gemüthlicher, spaßiger Herr. Als aber der Spaß gar oder gar teck betont: Wir fißen länger auf unserer Scholle, als die zu stark zu stinken anfing und die rüde Junkerwirthschaft in Tollheit jenigen, die uns jetzt befehlen wollen. Wenn aber der Industriebaron ausartete, da kam die Sache endlich vor die verhaßte Oeffentlichkeit; die voran zu fröhlichem Jagen wider Freiheit und Wissen aufbläft, gönnt Empörung war zu groß geworden. Die Presse legte Kritik an und die sonst ungeberdige Schaar ihm neidlos den Vorrang. Es ist psychologisch Baron Nopesa sollte sich verantworten. Eine Untersuchung wurde nicht uninteressant, wie Leute, die auf dem abgeschlossensten Sippen- eingeleitet. Wenn Kavaliere in Desterreich- Ungarn   sich amüsirt" Standpunkt stehen, den Mann zugleich mit offenen Armen empfangen, haben, pflegt man dort nachsichtig zu sein. Man hat auch allen der aus einer völlig anderen Welt zu ihnen stößt, wenn er ihnen Grund dazu. Die Unsersuchung also war ein Scheinmanöver; nur Waffen im Kampfe zuführt. So ist einft Stahl ihnen würdig Baron Nopcsa  , der dem Adel Ungarns   so viel Freuden zu bereiten erschienen, der abstrakt nnd nüchtern denkende Vorfämpfer geistiger verstand, ging frei aus, nur die Intendanzgeschäfte", die fröh­Reaktion. So beugen sie sich heute dem Machteinfluß Stumm's, lichen, mußte er abgeben. Als er so gereinigt" war, erinnerte er sich der sicherlich nichts vom gepriesenen, wilden Jungerblut seiner Kavaliersehre, die durch die Kritik in der Presse gelitten hatte. und dessen Kraftüberschuß" an sich hat. Sie vergessen ihre Was will auch ein elender Zeitungsschreiber das Amusement hoher starte die sie Blutsgemeinschaft, feinerzeit bewog, Der Baron   forderte also einen der schärfsten selbst Herren stören. mehr als anrüchigen Kreuz- Zeitungs" Redakteur, den Kritiker zum Duell. Leider besaß der nicht den Muth, dem fleckigen

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