Anterhaltungsblatt des Vorwärts
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Nr. 108.
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Die Gräfin.
Von Han 3 Röder.
Donnerstag, den 3. Juni.
( Nachdruck verboten.)
Die Gräfin unterwarf die dicke Schlächterfrau einem förm lichen Berhör, indem sie deren Redseligkeit geschickt anzuspornen und auf die Punkte hinzulenken verstand, die für sie zur Er reichung ihres Zwedes von Wichtigkeit waren. Frau Langemat tam ihr hierbei auf halbem Wege entgegen, denn es that ihr wohl, gerade dieser vornehmen Dame gegenüber das volle Gewicht der Hunderttausende, die sie werth war, in die Wagschale zu werfen. So sagte fie: Eigentlich ist 20 000 M. mir etwas wenig, wir legen nicht gern solche kleine Summen unter 50 000 M. an, man hat sonst immer zu viele Scherereien mit diesen Hypotheken. Gewöhnlich lassen wir das Geld so lange liegen, bis von unsern Zinsen wieder soviel zusammen ist; aber da es schließlich doch angelegt werden muß, so würde mir das in diesem Falle auch gleich sein."
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1897.
die Komtesse mußte sie begleiten und ihre Wohnung in Augens schein nehmen. Die Kleine, die nach ihrer Mutter geartet und durchaus nicht auf den Kopf gefallen war, wehrte zunächst ab, schließlich aber ließ sie sich erweichen. So oft und so vielen Frau Langemat auch schon ihre Wohnung gezeigte hatte, denn das war nun einmal ihr Parade- und Steckenpferd, aber ein gehender als an diesem Tage war sie dabei noch nie zu Werke gegangen und noch nie hatte sie dabei aufgeräumter und stolzer in die Welt geblickt.
Nun, ich hoffe doch, Sie werden mir noch öfter die Ehre erweisen," sagte sie, als das junge Mädchen sich verabschiedete. Diese machte eine steife Verbeugung, sobald sie aber auf der Straße war, wollte sie sich vor Lachen fast ausschütten. Frau Landemat hingegen sagte, nachdem sie die Rorridorthüre wieder geschlossen hatte, im ernstesten und gewichtigsten Tone zu ihrer Köchin: Anna, das war eine wirkliche Komtesse, das heißt nämlich so viel wie Gräfin!"
" So, na idk finde, die sieht jrade so aus wie die Jette Es dauerte nicht lange, und die Gräfin hatte einen voll- von die Schulzen unten im Grünframkeller, sie hat' och ständigen Einblick in die Vermögens- und Familienverhältnisse man zwee Beene und ene Nese ins Gesicht," gab die Köchin der Frau Langemat. Sie sagte sich ganz richtig, daß diese zur Antwort. Schlächterfrau nicht, wie es gewöhnlich geschieht ,. mit etwas Das verstehst Du nicht," erwiderte Frau Langemat selbstrenommirte, was sie nicht hatte, sondern daß dieselbe im Gegen- bewußt und entrüstet. Es stand bei der Schlächterfrau fest, theil mit dem renommirte, was sie hatte, um ihre Eitelkeit der Gräfin das Geld zu leihen, ja sie fürchtete im geheimen zu befriedigen oder sonst irgend etwas zu erreichen, was ihr förmlich, das Geschäft möchte sich wieder zerschlagen, denn sie erreichenswerth erschien. So kam sie zu der Ueberzeugung, daß hatte wirklich den Eindruck gewonnen, als läge der Gräfin ihr der Himmel in dieser wohlbeleibten und redseligen Person grade nicht besonders daran, die Sache schon abzuschließen. Bei wirklich einen Goldkarpfen gesandt, wie sie ihn gerade ge- ihrer Abfahrt hatte dieselbe gesagt: Also Sie überlegen sich brauchen konnte. Es handelte sich also nur darum, dieses nüß- die Sache wohl und geben mir gelegentlich Bescheid. Viel liche Geschöpf glücklich in ihre Nezze hinein zu komplimentiren. Leicht kommen Sie, wenn Sie spaziren fahren, auch Darum vermied es die Gräfin, das Gespräch auf das Geschäft mal wieder persönlich mit heran. Es wird mich freuen, Sie selbst zu lenken. Sie hütete sich auch, zu sagen, daß sie eine wieder zu begrüßen. Im übrigen hat die Sache ja auch Zeit zweite Hypothek aufzunehmen wünschte, vielmehr suchte und Geschäfte wollen ja auch überlegt sein." fie zunächst sich in das Vertrauen der Frau Lange Frau Langemat war ihrem Gatten gegenüber des Lobes mah einzuschmeicheln. Bei ihrer gesellschaftlichen Ge- der Gräfin voll; freilich damit machte sie auf ihren Frize wandtheit und der Liebenswürdigkeit, die sie je nach feinen Eindruck. Dieser hatte nie für die vornehmen Leute Bedarf zu entwickeln verstand, war ihr das nicht schwer, etwas übrig gehabt, dazu war er ein zu fleißiger Mensch und zumal fie darin nicht zu weit ging und ganz systematisch eine viel zu demokratisch angelegte Natur. Trotzdem hatte verfuhr. er gegen das Geschäft nichts einzuwenden. 20 000 m. war Man besichtigte das Grundstück; doch nur, weil Frau so eine Billa in Westend auf alle Fälle werth, Langemat das durchaus wollte, theils des Geschäfts wegen, vor allem aber, um ihre Neugierde zu befriedigen. Mit Bewunderung blieb die dicke Schlächterfrau vor den Ahnenbildern der Gräfin stehen. Diese waren zwar schon sehr verschossen, aber gerade das imponirte ihr. Auch konnten an den Rahmen derselben scharfe Augen ganz verborgen auf den Seitenrändern noch immer die Spuren blauer Siegel entdecken, die dort vor Jahren von rechtswegen eine friedliche Ruhestätte gefunden.
dazu fünf Prozent Zinsen, das konnten sie ruhig machen. Er fümmerte sich also nicht weiter um diese Angelegenheit und ließ seiner Frau freie Hand, zumal das Geld für sie ein getragen werden sollte; denn sie hatten es immer so gehalten, daß die Hälfte ihres Vermögens für ihn, die andere Hälfte auf ihren Namen angelegt wurde.
Nachdem zwei Tage verstrichen waren, saß Frau Langemat wieder in ihrem Wagen und fuhr nach Westend hinaus zu ihrer Bekannten, der Gräfin. Sie war in sehr gehobener Frau Langemat war entzückt, als die Gräfin sie bat, den Stimmung. Wieder wurde sie sehr freundlich empfangen, Raffee mit ihr einzunehmen. Auf Geheiß ihrer Mutter mußte wieder mußte sie den Kaffee mit der Gräfin einnehmen und die junge Komtesse sich bereit machen, um mit der Bahn nach wieder sprach man nur ganz flüchtig über den eigentlichen Berlin zu fahren. Die Gräfin wollte erproben, ob die Zweck ihres Besuches, nämlich über das Hypothekengeschäft. Schlächterfrau das junge Mädchen auffordern würde, mit ihr Erst nach dem Kaffee, als die Langemat sich wieder zum Aufzu fahren. Sie rechnete bestimmt darauf und sie rechnete bruch rüftete, sagte die Gräfin: Ja, meine Liebe, ich bin richtig. Ihre Absicht dabei war, auf alle alle Fälle mir eigentlich immer noch nicht schlüssig, ob ich das Geld aufs mit der Langemaz Fühlung zu behalten. Sie wollte nehmen soll oder nicht." Fran Langemat hatte ihr gleich bei dann den Abschluß des Geschäfts etwas hinzögern, ihrer Ankunft gesagt:" Meine verehrte Gräfin, das Geld gebe um den Anschein zu erwecken, daß sie das Geld eigentlich über ich Ihnen;" aber die Gräfin hatte das scheinbar höchst gleichgiltig haupt nicht benöthige und es vielmehr gewissermaßen eine aufgenommen und das Gespräch auf einen anderen Gegenstand Gefälligkeit von ihr, jedenfalls aber eine Ehre für die Lange- gelenkt. mag wäre, wenn sie, die Gräfin Matuschka, ein Kapital von Sehen Sie," hatte die Gräfin fortgefahren, es handelt ihr, der Schlächterfrau, entlieh. sich da um eine Gefälligkeit, die ich hohen Verwandten von Als das junge Mädchen sich entfernt hatte, sagte die mir auf ein paar Monate erweisen soll. Gern thue ich es Langemat, die der Gräfin eine Schmeichelei sagen wollte: ja nicht, aber es ist doch im Interesse meiner Kinder, wenn Schade, daß ich keinen Sohn habe, sonst hätte sie meine ich solchen einflußreichen Personen mal gefällig bin. Schwiegertochter werden können. Ich habe die Hypothek ja vor Jahren schon mal begeben einer ähnlichen und Gelegenheit " Ja, es ist schade", erwiderte die Gräfin verbindlich und bei dann wieder lächelte in sich hinein; dabei dachte sie: so eine dumme Gans, zurückgezahlt, als ich anderweitig Geld flüssig bekam. Kurz, was sich die eigentlich denkt; aber sie ist eben so fett, wie sie ich weiß wirklich noch nicht, was ich da thun soll; aber ich dumm ist, ich werde sie gehörig rupfen. will Ihnen was sagen, meine liebe Frau Langemat, bis Frau Langemat war stolz, als sie an der Seite der kleinen morgen Nachmittag werde ich mich definitiv entscheiden. Hier Romtesse in ihrem Gespann durch den Thiergarten fuhr. ift der Hypothekenbrief, da sind die Details drin, Sie können Gradezu auf dem Gipfel der Glückseeligkeit fühlte sie sich aber, das ja prüfen und sich die Sache nochmal überlegen. Ich als ein Offizier zu Pferde, der ihnen begegnete, ihre Nachbarin werde morgen Nachmittag zu Ihnen kommen, und dann können höflichst begrüßte. Sie ließ deshalb auch durchaus nicht nach; wir uns beide entscheiden."