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wahren Kult. Auf grund dessen wurde ihre Tochter auch in einem Zimmer durch Kohlendampf getödtet hätten. Gie Cefarine genannt- das Femininum von César." waren Näherinnen gewesen alle vier, alle arbeiteten einer Nähstube. Der Mann der einen einer ift in Frren Anstalt, die andere war vonl ihrem Manne
Und indem er die Augen zukniff, wie wenn er noch einen geheimen Sinn unterschieben wollte, wiederholte Gavarot:
Ja einen wahren Kult mit dem Gedächtniß des Kaisers und hiervon stammte ohne Zweifel auch ihre Vorliebe für die Uniform der Polytechniker, der zukünftigen Artilleristen."
Dann fügte er, mir ins Ohr flüsternd, noch hinzu:
Es scheint selbst, daß... kurzum, ich lege fein Gewicht darauf. Mit anderen Worten, Fräulein Malvina war etwas zu leicht, positiv etwas leicht. Sie müssen Herrn Bochard barüber sprechen hören. Denn er hatte sie gekannt, als sie noch Fräulein war. Unter uns gesagt, ich vermuthe, daß er ihr, sehen Sie... den Hof gemacht hat. Nur daß... der Ungar fie ihm weggeschnappt hat. Er mag ihn auch nicht recht leiden. Man könnte in der That sagen, daß er ihm immer noch einen Groll nachträgt."
, Groll worüber?" warf ich ein.„ Wenn dieses Fräulein so leicht war, was macht dann ein Verhältniß mehr oder
weniger aus?"
" Ja, es handelte sich nicht mehr um ein Verhältniß, sondern um die Heirath, sehen Sie; eine Heirath aus Liebe, die allen Liebeleien ein Ende setzte. Malvina war damals reich lich dreißig Jahre alt und das war, wenn ich so sagen darf, gewissermaßen ihr Schwanengesang. Nachdem sie sich verheirathet hatte, wurde fie eine sehr ehrbare Frau. Der andere Kleinkram wurde verabschiedet! Sie betete ihren Mann an. Er war übrigens weit jünger als sie. Und, wie sich Herr Bochard ausdrückt, opferte fie alle ihre übrigen Verhält nisse auf seinem Altar. Das literarische Kabinet erlebte damals eine schlechte Stunde."
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( Fortsetzung folgt.)
Sonntagsplandevei.
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verlassen worden, die dritte hatte einer verführt und dann fizen lassen. Noch ein siebzehnjähriges Mädchen war da, die Schwester der Zwischenmeisterin. In den langen Stunden lebenzehrender Arbeit besprachen die Frauen auch öfter ihre elende Lage. Es wäre das beste, zu sterben, meinte die eine. Und sofort stimmten die andern ihr zu, noch einmal aßen sie gemeinsam zur Nacht, dann legten sie sich hin, um zu sterben. Auf einem hinterlassenen Blatt, das alle vier unterschrieben hatten, stand zu lesen:„ Wir sterben freiwillig und ohne Bedauern." Keine der Frauen war über die haben, daß sie ihr junges Leben fortwarfen wie einen vertretenen, Mitte der Zwanziger. Was müssen sie erlitten, erduldet und erlebt zerriffenen Schuh! Die fatte Moral der Befißenden mag freilich mit einer Antwort und einem Verdammungsurtheil sehr schnell zur Hand sein: Sie hatten eben feine Religion. Ein Christ thut so etwas nicht!" Gin Christ? Ein Christ ist doch vor allem auch ein Mensch. Sind denn aber Wesen, wie diese Näherinnen, die Lebensfreude aus dem Herzen gesogen hat, sind das noch denen die Maschine das Mark aus den Knochen und Ihr wundert Euch, wenn sie anders handeln als Jhr, denen das Menschen? Bu Sklaven habt Ihr sie gemacht, zu Maschinen. Und Leben rosig vor den Füßen liegt? Diese dumpfe Verzweiflung am Leben wird immer mehr zunehmen. Dagegen helfen weder Kirchenbauten, noch Traktätchen. Vor drei Tagen stürzte sich hier in Berlin ein zwölfjähriges Mädchen aus dem dritten Stock in den Hof hinab und starb, als man es aufbob. Das Kind, das von feinen Eltern in der Nacht mit Zündhölzchen und Blumen haufiren geschickt wurde, soll sich vor einer Züchtigung gefürchtet haben, weil es einen Tag nicht nach Hause gekommen. Schicken Eltern, die etwas zu beißen haben, ihre Kinder nachts auf den Asphalt und in die Schänken? Ist Zündhölzchen verkaufen ein Vergnügen? gar Prügel, die man bekommt, wenn man nichts verkaufen konnte? Dieses arme Kind, wenn es sonst nichts gelernt hatte, mit Bibelsprüchen ist es gewiß vollgestopft worden. Haben sie ihm etwas genügt, als es in seinem Elend nicht mehr wußte, wo ein, wo aus? Es ist an den Verhältnissen zerschnellt, an den Verhältnissen, die Es wird dreizehn Jahre her sein, da wohnte ich drüben im 3hr mit allen Mitteln zu erhalten strebt, weil sie Euch ein feines, Scheunenviertel in einer Stube, die war so schmal und eng, daß faules Leben ermöglichen. Ihr wißt, daß sie da sind, Ihr fennt sie, oder habt wenigstens mit tnapper Noth ein Bett und ein Tisch in ihr Platz fanden. Im ganzen Haus ratterten die Nähmaschinen Tag ein, Tag aus, die eine Ahnung davon. Aber Ihr wollt das Glend nicht sehen, weil ganze Woche hindurch. Nur am Somitage erzitterte der Boden es Euer ästhetisches Gefühl" beleidigen könnte. Darum umgebt Ihr nicht unter den rüttelnden Stößen. Dafür übte dann ein Musik. Euch mit Schuhwänden, um ja nicht zu sehen, was Ihr nicht sehen lehrling brei geschlagene Stunden lang auf dem Baß- Bombardon. wollt. Wo eine Etiquette ist, da ist auch etwas zu verbergen. Je Auch meine Wirthslente unterhielten eine Nähstube. Der Mann ärger der Bureaukratismus, defto fauler steht es mit dem Staate. war früher Schuhmacher gewesen, hatte aber sein Geschäft aufgegeben ist bezeichnend, daß gerade in der Gegenwart das äußere und sich als Zwischenmeister aufgethan. In dem großen Zimmer, Formenwesen wieder überall Trumpf geworden. In Berlin will das an meine Stube stieß, standen acht Maschinen, sieben Mädchen man einem Mann nicht mit der Stadtbahn fahren laffen, weil er arbeiteten an ihnen und die Frau des Zwischenmeisters. teine Kopfbedeckung bei sich hat. In einem Park bei Berlin schnauzt wurde nur ein Artikel fertiggestellt: Feine, abgesteppte, mit man einen Besucher an, weil er den Hut in der Hand und nicht auf Und was ist es mit den vielen Biers dem Kopfe trägt. Seide überzogene Frauenunterröcke, nach Nordamerika gingen. lokalen und Kaffeehäusern, in die man keinen hineinläßt, der nicht Dort toftete das Stück feine zehn Dollar. Die Mädchen, die diese Prachtstücke herstellten, verdienten eine Mark den einen weißen Kragen vorgeknöpft? Man sondert sich ab, man will Zag. Und da mußten sie sich noch dazu halten. Früh tamen sie, etwas Besseres, Feineres sein, man will nichts zu thun haben, mit mittags wärmte ihnen die Frau des Zwischenmeisters den mit diesem Gesindel da unten". gebrachten Kaffee auf, erst am Abend verließen sie die Arbeitsstätte. Eine Zwischenpause gab es nicht, Echrippen und Stullen wurden während der Arbeit stückweise hinuntergewürgt. Nur ab und zu ließ eines der Mädchen das Treten, um einige Augenblicke lang auszuschnaufen. Es wurde wenig gesprochen in dieser Nähstube. Die Maschinen waren ziemlich schwer, das Geräusch, das sie hervorbrachten, schier betäubend. Und die Mädchen, die zusammengebückt auf den Maschinen lagen, zeigten auch keine große Lust, sich zu unterhalten. Sie stammten aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands : Aus Ostpreußen und der Oberpfalz , aus Hannover und Schlesien . Einige von ihnen waren noch jung und erst vor furzer Zeit nach Berlin gefommen. In ihren Augen lachte noch hie und da die Freude am Leben, in ihren Adern pulfirte noch frischlebiges Blut. Die meisten der Näherinnen standen schon in den Zwanzigern. Ihre Körper hatten die Fülle, ihre Wangen die Farbe verloren, müde glomm der Blick. An die Maschine gekettet, waren sie selbst zu Maschinen geworden, eingefargt und begraben hatten sie all' ihre Wünsche und Hoffnungen. Nur wenn der Tag tam, an dem der Zwischenmeister seinen Arbeiterinnen das Sommerfest" veranstaltete, zeigte sich auch bei diesen abgeraderten Wesen etwas wie Lust am Dasein. Ich war einmal bei diesem Feste". Draußen in der Schön hauser Allee saß man in einem jener Gärten, an deren Eingang ge schrieben steht: Hier können Familien Kaffee tochen". Bor dem Die Allgemeine Literarische Rundschau" bringt einen Brief Meister stand ein Glas schaumlosen Bieres, in der Mitte des Tisches blähte sich neben einem zerschnittenen, strohdürren Napftuchen eine Laffalle's an die Deffentlichkeit, den derfelbe am 17. Februar 1864 gweiliterige Kaffeekanne, jedes Mädchen hatte eine dickbauchige als Begleitschreiben mit seinem Buch über Heraklit an Eduard Tasse vor sich und wartete der Herrlichkeiten, die nun tommen sollten. Löwenthal, den Verfaffer mehrerer philofophifcher Schriften, sandte. Es schlug keine Fröhlichkeit auf an diesem Zische. Nur wenn die Der für Laffalle's geistige Art und für seine Selbstbeurtheilung echt anderen Gäste ihre Köpfe zusammensteckten, tuschelten und hinüber- charakteristische Brief lautet: blickten, dann wurden die Mädchen etwas lebhafter, aber dann " Lieber Doktor! wurden ihre Blicke oft noch trauriger als bisher.
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Freilich manchmal erhält man auch eine Antwort, die nicht von schlechten Eltern ist. So ist es unlängst dem mit Eichenrindentunke gefalbten Präsidenten der französischen Republik und seinem OberHerr Faure hatte die Minister zu Beremonienmeifter ergangen. einem Festessen geladen. Einer konnte nicht kommen und sagte durch den Fernsprecher ab. Am andern Tage erschien bei dem Minister der Ober- Zeremonienmeister Crozier und theilte ihm mit, er sollte fünftig den Präsidenten nicht mehr antelephoniren. Das entspräche nicht der Vorschrift. Jede Mittheilung an den Präsidenten müsse brieflich gemacht werden. Der Minister riß die Augen auf und brach los: Mein lieber Herr, als Herrn Crozier schätze ich Sie, halte Sie für einen netten Menschen und bitte Sie, Platz zu nehmen und ein Gläschen von diesem Madeira, der vor Ihnen steht, zu kosten. Dem Zeremonienmeister aber sage ich: Sie können mir was Ihr Herr Felix Faure mit Ihnen. Wiederholen Sie es ihm so, wie ich es buen gefagt habe; verstanden?- Der Ober- Zeremonienmeister hat den Wein des Ministers nicht gekostet.
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Sie und
Ein bisher unbekannter Brief
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Tallalle's.
Erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, daß ich erst diese Woche Mit brennender Deutlichkeit erhob sich vor meinem Geifte das Ihre wirkliche Bekanntschaft gemacht habe, eine Bekanntschaft, die Bild der Nähstube in der Bartelstraße, als vor einigen Tagen aus mir zur sehr großen Freude gereicht hat. Ich bin nämlich erft jetzt, Paris die Meldung fam, daß sich dort vier Frauen zu gleicher Zeit I wo ich einen Moment Zeit habe, und durch Ihre Schrift contra