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Nr. 188.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

16. Jahrg.

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Centralorgan der socialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Pariser   Stimmungen.

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Paris  , 10. August.

ada Seit dem Beginn des Dreyfus- Prozesses lebt das politische Paris   außerhalb Paris   zum Teil in der Person der markanteren Stämpfer der Dreyfus- Strife, die nach Rennes   übergefiedelt sind, auch in physischen Sinne des Wortes. Die Kleine Stadt Rennes   ist für die Dauer des Prozesses der Mittelpunkt des Landes geworden. Paris  , der Kopf und das Herz" Frankreichs  , ist nur noch der Sammel- und Vermittelungspunkt für die aus Rennes   kommenden Nachrichten. Er denkt und fühlt nicht mehr aus eigener Initiative, sondern den aus Rennes   herüberzitternden Impulsen gehorchend. Paris   ist nicht mehr die Sonne Frankreichs  , es leuchtet, ein be­scheidener Mond, mit fremdem Licht.

In der Dreyfussache ist alles und jedes außergewöhnlich. So beranlaßte fie denn auch die außergewöhnliche, nur in Kriegszeiten vorkommende Erscheinung eines sozusagen politisch enthaupteten Paris  .

Sonntag, den 13. August 1899.

Bustandes, ist im hochcivilisierten Paris   die künstliche Giftfrucht des verblödenden Chauvinismus. Unser Parteiblatt, die Petite République", nennt seit langem die Intransigeant"," Patrie" 2c. treffend die Zeitungen der Vertierten"

Alles in allem: Moral, Recht und Logik zwingen zur An­nahme, daß die Militärrichter Dreyfus freisprechen müßten; aber in der Dreyfus- Sache kann das Unwahrscheinliche am ehesten zur That­fache werden. Hier heißt es: Das Unglaubliche wird Ereignis", Denn das ewig Militärische" zieht alles hin ab, in den Abgrund der Unmoral, des Unrechts, der Unvernunft, der Lüge und des Ver­brechens.

Inzwischen hat sich das Ministerium entschlossen, das Verschwörerueft auszunehmen.

Die Antirevisionisten hatten Vorbereitungen getroffen, um einen neuen Handstreich gegen die Republik   auszuführen. Ueber den An­schlag läßt die französische   Regierung durch die offiziöse Agence havas" eine Note verbreiten.

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in

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

mit dem Märkischen Lande zu verbinden und damit zur Hebung desselben beizutragen. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß es auch dieser Stadt gelingen wird, in Verbindung mit Dortmund  und weiterhin mit dem Hinterlande, welches sich daran schließt, wieder einer guten großen Zukunft entgegenzugehen.

Ich weiß auch, daß in den großen Hansestädten der Nordsee  bereits Bewegungen im Gange sind, die, wenn sie zur Ausführung tommen sollten, für den Dortmund  - Emser- Kanal die größte Zukunft versprechen.

Wir dürfen nicht vergessen, daß die stets wachsenden Bedürfnisse unseres Landes auch größere und leichtere Wege ver langen, und als solche müssen wir neben den Eisenbahnen die Wasserstraßen betrachten. Der Austausch der Massengüter im Binnenlande, der vor allen Dingen auch der Landwirtschaft zu gute tommt, läßt sich nur auf dem Wasser bewerkstelligen, und so hoffe ich, daß die Volksvertretung, diesem Gesichtspunkt nach gebend, mich in die Lage versetzen wird, hoffentlich noch in diesem Jahre meinem Lande den Segen dieses Kanals zu nutzen und zu teil werden zu lassen.( Bravo.)

Infolgedessen hoffe ich auch von ganzen Herzen, daß diese so reich aufblühende und, wie man überall beobachten kann, vorwärts schreitende Stadt, zu einer neuen ungeahnten Zukunft sich emporschwingen wird, und daß sie sich den alten Hansa­Traditionen entsprechend entwickeln wird.

Was damals als Rückhalt der Hansa   fehlte, ein starkes geeintes, einem Willen gehorchendes Reich, haben wir durch die Gnade des Himmels und die Thaten meines Herrn Großvaters wieder errungen, und diese Macht soll auch für dieses große Werk mit voller Wucht eingesetzt werden. Dafür werde ich stehen!"( Beifall und Hochrufe.) Der Kanalrede folgte dann im Dortmunder   Rathause eine ergänzende Kompensationsrede, in der der Kaiser, wie wir schon gestern in dem größten Teil unserer Auflage mitteilten, aus­führte:

Das Wert, welches wir heute eingeweiht haben, wird hoffent lich ein Markstein in der Wendung der Geschicke der hiesigen Stadt sein. Es wird aber auch hoffentlich der heutige Tag ein Martstein im Fortschreiten der Einsicht aller meiner Unterthanen sein, daß es notwendig ist, zuweilen die eigenen Wünsche und Aspirationen dem Wohl des gesamten Staates unter­zuordnen. Nicht etwa soll unsere gesamte Straft bloß auf diesen Kanal gerichtet sein, oder er allein die Arbeit und Leistung des preußischen Staates für längere Zeit absorbieren. Abgesehen von ihnen sind von mir zur Arbeit befohlen und bereits in Aus­führung begriffen große Projekte, die der Oder gleich mäßigen Lauf und gleichmäßige Tiefe verleihen sollen, um auch die nördlichen Provinzen und einen Teil Schlesiens mit der See zu verbinden. Auch anderweite große Wafferarbeiten sind geplant in unseren östlichen Provinzen, die der Landwirt. schaft zu gute kommen sollen. Nur durch das Ineinander greifen und das Nebeneinanderbestehen von In dustrie und Landwirtschaft ist es möglich, den Staat vorwärts zu bringen und auf gesunder Basis weiter zu führen. So hofie ich, daß auch die Stadt Dortmund   an ihrent Teile von diesem Werke reichen Nutzen ziehen wird. Ich trinke auf das Gedeihen und Blühen der Stadt."( Lebhafte Hurra rufe.).

Danach ist infolge einer Unterfuchung, die auf Grund des Ja, nur in Kriegszeiten! Auch der Dreyfus- Prozeß ist eine Artikels 89 des Strafgesetzbuches bezüglich eines auf den Umsturz Schlacht, die außerhalb Baris geschlagen wird. Wird er das Sedan der Regierungsform gerichteten Komplotts eingeleitet worden ist, der flerikal militärischen Reaktion sein? Um diese Frage dreht sich eine Anzahl von Verhaftungen vorgenommen das ganze Denken und Fühlen der politisch regiamen Pariser  . Die worden. Die Angeschuldigten gehören den gehören den Gruppen der augenblickliche Unterbrechung der öffentlichen Verhandlungen liefert royalistischen Jugend, der Patriotenliga und den Zeitungsschreibern von hüben und drüben die nötige Muße, wie der Antisemitenliga a n. Nach dem Prozeß be­den Zeitungen den nötigen Raum, um sich in fieberhaften Pro- treffend den Vorfall in ber Reuilly Kaserne phezeiungen zu ergehen. haben die vorgenommenen Haussuchungen und die dabei beschlag­Es versteht sich von selbst, daß die Prophezeiungen tein bloßer nahmten Papiere zu der Feststellung geführt, daß es sich im harmloser Zeitvertreib sind. Sie bilden jenes eigenartige Kampf- Monat Juli um ein komplott handelte, sich mit einem Gewalt­mittel, das in der Kriegsführung wilder und halbwilder Völker- streiche der Regierung zu bemächtigen. Die aufgefundenen schaften in der Form von siegesgewissem Schlachtgeschrei oder Depeschen ließen keinen Zweifel über das Vorhandensein eines Schlachtgefang angewendet wurde und im modernen friegerischen Stomplotts sowie über die hauptsächlich Beteiligten. Infolge Journalismus wenig respektvoll als Stimmungsmache" bezeichnet dessen wurde cine strenge Ueberwachung durchgeführt, welege den wird. Man redet sich hoffnungsvollen Mut ein, giebt sich eine Beweis erbrachte, daß diefe Gruppen binnen turzem einen fiegesgewisse Miene, um den Feind zu schrecken, seine Spannkraft neuen Handstreich vorbereiteten, welcher sofortige Maß­zu lähmen, oder auch nur um des Bergnügens willen, ihn zu nahmen erforderlich machte, um Unruhen vorzubeugen. neden. St Am Sonnabendmorgen wurde Déroulède   durch ein Diefes boshafte Vergnügen ist nicht der einzige Beweggrind, großes Aufgebot von Gendarmen von Gendarmen auf seiner Befißung wohl aber der einzige Nußeffekt der stimmungmachenden Prophe- Croissy verhaftet. Außerdem find allein in Croissy 15 andere zeinngen. Im revisionistischen Lager, wo übrigens die Prophe- Gesinnungsgenossen wegen Komplotts gegen die Sicherheit des zeimgen nicht gernde einen siegesgewissen Eindruck machen, giebt Staates festgenommen worden. Ferner wurde in Paris   der Vor­man sich natürlich keinen Jllusionen hin über die Möglichkeit, die fizende der Antisemitenliga, Guerin, verhaftet. Gegen eine Anzahl Militärrichter von Rennes   durch Zeitungsartikel von" Feinden der Armee" im Sinne des Rechts zu beeinflussen. Aber auch die zur Schau getragene Siegesgewißheit der generalstäblerischen Breß­tojaten dürfte feinen Einfluß auf die Militärrichter ausüben. Ich meine: die letteren sind viel direkteren und mächtigeren Einflüssen zu Gunsten des Generalstabes unterworfen, von den eingewurzelten Die neuesten Telegramme berichten: Vorurteilen gegen Dreyfus schon ganz abgesehen. Paris  , 12. August. Zu den heute hier erfolgten Verhaftungen In aller Objektivität kann niemand zur Stunde den Ausgang von Mitgliedern der Patriotenliga und der Antisemiten­des Prozesses Prozesses voraussagen. Es ist eine ganz eigenartige figa wird noch gemeldet, daß sich unter den Verhafteten Barillet, Es ist eine ganz eigenartige Ballieres, Damay, die Brüder Violet und Sarrazin, der Zeichner des Die zweite Kanalrede des Kaisers ist bestimmt, die durch die erste Schlacht, wo auf der einen Seite die ganze rechtliche und Blattes Antijuif" befinden. Der Verhaftungsbefehl gegen den Präfi- verlegten stanalfeinde zu besänftigen. Es werden den Ostelbiern große moralische Kraft der Wahrheit fämpft, während die andere Seite, denten der Antisemitenliga, Guerin, konnte noch nicht ausgeführt Gegengeschenke in Aussicht gestellt, wenn auch in nicht sehr bestimmter das Kriegsgericht, über die ganze materielle und formal gesetzliche werden, weil derfelbe sich weigert, die Thüre seiner Wohnung zu öffnen. Form. Am Schlusse der ersten Rede beide werden nun doch noch Gewalt verfügt. Das Kriegsgericht ist, genau wie eine Jury, der Er erklärte dem mit seiner Verhaftung beauftragten Polizei- Agenten, im Reichs- Anzeiger" veröffentlicht ist wieder von dem einem Pflicht enthoben, sein Urteil zu begründen. Es kann, aller Evidenz daß er sich mit Gewalt seiner Verhaftung wideriezen werde. Guerin willen gehorchenden Reiche" die Rede. Es bedarf keines Nach­zum Troy, rechtskräftig verurteilen oder freisprechen auf Grund hat sämtliche Thüren und Fenster verbarrikadiert und verweises, daß eine solche Auffassung auch dann staatsrechtlich unhaltbar der intimen Ueberzeugung". Einen Augenblick hatte man in teidigt sich mit dem Revolver, in der Hand. Er versicherte dem wäre, wenn das Deutsche Reich kein konstitutionelles Staatswesen revisionistischen Streifen daran gedacht, noch rechtzeitig einen Gefeß- Agenten, er tönne es 3 Wochen lang in seiner Wohnung aushalten, wäre. Denn der deutsche Kaiser ist nicht der Souverän des Reiches, entwurf unter Dach zu bringen, der die Militärrichter verpflichten ohne sich zu ergeben. Die bei den Haussuchungen beschlagnahmten sondern ist nur der Erste imter Gleichen, der Oberste unter den Papiere lassen feinen Zweifel, daß es sich um ein neues Komplott Souveränen   der Einzelstaaten. würde, ihr Urteil zu motivieren. Der Plan wurde dann auf handelte, das sofort nach dem Dreyfus- Prozeß in Scene gejezt Trop der Bestimmtheit des kaiserlichen Willens ist die Lage in gegeben, hauptsächlich deshalb, weil dessen Gelingen zweifelhaft werden sollte. schien.

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Aber in Nennes stehen sich gegenüber moralische Kraft und materielle Gewalt. Die Richter sind zugleich Partei. Und die erste öffentlichs Gerichtsfigung ist feineswegs geeignet, diefe von selbst sich aufdrängende Ansicht zu erschüttern. Der Gerichtsvorsigende leitete das Verhör, als ob seit dem ersten Prozeß von 1894 gar nichts ge= schehen wäre, als ob namentlich Esterhazh sich nicht in einem an das Kriegsgericht selbst gerichteten Schreiben für den Verfasser des Bordereaus erklärt hätte. Der Gerichtsvorsitzende scheint die Ueber zeugung" Cavaignacs zu teilen, daß Dreyfus die im Efter­hazhschen Bordereau aufgezählten Dokumente ausgeliefert hätte...

Man begreift daher die Jubelstimmung der Generalstabspresse. Die Tintentulis der Fälscherbande haben übrigens im voraus zur größeren Sicherheit alles darauf berechnet, ihren unheilbar verblödeten Lesern auch für den Fall der Freisprechung die patriotische Ueberzeugung von Dreyfus' Schuld in den Hohlschädel fester denn je hineinzufälschen. Wer das Treiben der gewissenlosen Preß­banditen seit zwei Jahren kennt, kann sich füglich nicht mehr über deren neueste Leistungen wundern. Sie haben die Gerichtsverhand lungen des in Paris   spielenden Zola- Prozesses systematisch gefälscht, entstellt, verhungt warum sollen sie nicht das gleiche mit den viel wichtigeren und außerhalb Paris   stattfindenden Verhandlungen des Dreyfus- Prozesses thun? Daß die verschiedenen journalistischen Fälscher widersprechende, einander aufhebende Fälschungen verüben, ist ebenfalls nicht neu. Noch mehr, man findet in einem und demselben Fälscherblatt einander aufhehende Rügen, die mir durch einige Spalten getrennt sind was verses aber? Das Blatt es handelt sich insbesondere um die berüchtigte " Patric"( Vaterland) des Hanswursts Millevoye   verliert deswegen doch keinen einzigen Einzelfäufer....

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Sun Es gehört zu den traurigsten, in der Dreyfus- Krise an den Tag gekommenen Erscheinungen, daß eine Stadt wie Paris   so zahlreiche Zeitungsleser beherbergen kann, deren Urteilsvermögen buchstäblich nicht über dasjenige der Feuerländer hinausreicht. Was bei den armen Wilden die natürliche Folge eines imitiven, halbtierischen

Mitglieder der Patriotenliga und andere Mitglieder der Antisemiten= liga und der royalistischen Jugend sind Vorfügrungsbefehle ergangen. Die Räume der Patriotenliga wurden Sonnabendvormittag polizei­lich geschlossen.

Paris  , 12. August. Die rechte Hand Déroulèdes, George Thiebaud, ist ebenfalls in polizeilichen Gewahrsam genommen worden. Auch bei dem Vicomte de Ramel fand eine Haussuchung statt. Das Ergebnis derselben ist noch unbekannt, doch soll sie derart gravierend sein, daß auch de Namels Verhaftung baldigst erfolgen Sürfte.

Wer bleibt Sieger?

Die erste SanaIrebe des Raisers in Dortmund   liegt jetzt im Wortlaut vor; fie lautet in den wesentlichen Teilen:

" Ich wäre gern schon früher gekommen, wenn mich nicht die Sorge wegen des Befindens meiner Frau zuerst zu ihr geführt hätte, und erst als ich mich überzeugte, daß ich fie ruhig verlassen kann, ohne in Besorgnis zu schweben, habe ich mich entschließen können, Ihre Stadt zu besuchen.

Das Werk, das ich soeben besichtigt habe, ermöglicht hoffentlich der Stadt Dortmund  , wieder ihren Flug über die See zu nehmen, wie sie ihn einftmals ge­nommen hat. Nur möchte ich glauben, daß der Kanal, wie er augenblicklich anzusehen ist, nur ein Teilwert ist.( Lebhaftes Bravo.)

Er ist aufzufaffen in Verbindung mit dem großen Mittel­land- Kanal, den zu bauen und zur Durchführung zu bringen meine Regierung und ich fest und unerschütterlich entschloffen find.( Lebhaftes Bravo.)

Es ist selbstverständlich schwierig, solche neuen großen Gefichts punkte schnell in die Bevölkerung hineinzubringen und das Ver ständnis dafür zu erweden. Ich glaube aber, daß mit der Zeit auch die Ueberzeugung sich immer mehr Bahn brechen wird, daß der Ausbau unserer großen Wasserstraßen absolut not wendig ist und für beide Teile, für Industrie und Land­wirtschaft, segensreich sein wird.( Bravo.)

Der Anstoß zum Bau der Wasserstraßen ist in weiten Jahr­Hunderten zurück zu suchen. Zwei meiner größten Vorfahren, der Große Kurfürst und Friedrich der Große  , sind die bedeutendsten Wasserbauer gewesen. Der Große Kur fürft hat weit ausgreifend feinen Blid auf Emben gerichtet und schon damals die Absicht gehabt, diese Stadt durch einen Wasserweg

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Preußen durchaus nicht geklärt. Von den Konservativen unterwirft fich schlechterdings die ,, Reichsboten"-Gruppe, die sich damit chloro­formiert, daß sie die heitere Entdeckung macht, der Kaiser habe ganz die Anschauungen der Kanal gegner vertreten:

Durch die gestrige Rede des Kaisers wird nach alledem auch die Mittellandkanal- Frage auf einen durchaus den Intentionen der konservativen Partei und ihrer Tradition entsprechenden Boden gestellt. Die Kaiserrede ist also keineswegs, wie es die liberale Presse unter einseitiger Hervorhebung des festen Beharrens bei dem Mittellandkanal- Projekt darzustellen beliebt, ein Affront gegen die konservative Fraktion, sondern vielmehr ein Entgegenkommen gegen die konservativen Anschauungen über die Bedeutung des Wasserverkehrs für die Landwirtschaft und seines zusammenhängenden Ausbaues als eine goldene Brücke für die konservativen Gegner aufzufassen. Wir glauben deshalb, daß die konservative Partei nach dem Bekanntwerden des ganzen Wortlautes der Kaiser reden nicht einmal die gestern vorgeschlagene Beiseitestellung bei der Abstimmung über den Kanal einzunehmen braucht, sondern daß ihre Mitglieder, da ja ein Fraktionszwang in dieser Frage nicht besteht, nach dieser wesentlichen Veränderung der Frage ebenso gut für die Vorlage stimmen können, wie die Mit­glieder anderer Parteien.

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Diese truggoldene Brücke, welche die frommen Byzantiner in löblicher Selbstentmannung zu schlagen suchen, findet bisher in den eigentlichen agrarischen Kreisen wenig Vertrauen. Die Kreuz Beitung" drückt sich zwar sehr demütig aus, scheint aber doch dabei zu beharren, daß es den Konservativen diesmal versagt sei, mit zuwirken:

Die Wünsche unseres kaiserlichen Herrn liegen uns immer am Herzen, und wir empfinden stolze Freude, wenn es uns ver­gönnt ist, an ihrer Erfüllung nach Sträften mitzuwirken. Allein das verlangt sicherlich auch des Kaisers und Königs Majestät nicht, daß Männer, denen die Bevölkerung ein Abgeordneten Mandat übertragen hat und die in Uebereinstimmung mit ihren Wählern nach bestem Wissen und Gewissen und nach reif­lichem Erwägen des Für und Wider Gegner des Kanalsprojekts find, gegen ihre Ueberzeugung für die Vorlage stimmen follen. In der für nächsten Dienstag anberaumten Sigung der tonservativen Abgeordneten Fraktion wird den einzelnen Mitgliedern Gelegenheit gegeben sein, noch einmal ge­