586

boch bas Mani

eine Entschuldigung. Oh', welch seltsames Ding ist doch das Mann der Pflicht und der Ehre, ich, mein Herr! Sie, Sie Gewissen, und wie tann man jemals erkennen, ob man gut find das Gegentheil davon; aber wenn Sie es auch in oder schlecht handelt? Sehen Sie, vorhin schämte ich mich, bezug darauf sind, daß sie bei diesen Mordbrennern bleiben, Ihnen meine Treulosigkeit gegen Herrn Bochard zu gestehen, um so schlimmer für Sie! Das wird mich nicht abhalten, diese Treulosigkeit, in der Sie kein Verbrechen erblicken. Und meinen Instruktionen nachzukommen, wie immer sie auch jetzt, wo ich Ihnen das übrige bekennen will, das Sie gewiß lauten mögen. Ich habe Sie gewarnt. Es steht Ihnen verdammen werden, fühle ich mich beinahe stolz. Nein, nein, jetzt frei. sich zu entscheiden, ob ich unter den darüber empfinde ich keine Reue." niederträchtigen Schuften, die ich zu bestrafen haben werde, Sie war ganz aufgeregt. Sie hatte sich erhoben. Sie einen Menschen zählen soll, der meinen Namen trägt. stand aufrecht vor mir, ganz grade, aber sehr bleich.

F. B. de Roncieur, Kapitän im 27. Linien- Regiment der Armee von Versailles ." Nun!" nahm Cesarine wieder das Wort, als sie fah,

( Fortsetzung folgt.)

Gestern noch," fuhr sie fort, bestätigte ich Ihnen, daß es Paul gut ginge, daß er bald wieder hergestellt es sein würde. Nun wohl! Das ist falsch. Paul wird nie wieder hergestellt werden. hergestellt werden. Ich weiß es seit acht daß ich Schweigen bewahrte. Was sagen Sie? Welchen Tagen. Unser Nachbar, der Student der Medizin, hat seinen Entschluß wollen wir faffen?" Professor zur Konsultation gebeten. Das Resultat war ein Urtheil, gegen das es keinen Appell giebt. Paul ist verurtheilt. Seine gegenwärtige Gesundheit ist nur eine momentane Gnaden­frist, das letzte Aufflackern einer Flamme, die am Erlöschen ist. Das sind die eigenen Worte des Arztes. Paul wird sich vielleicht noch einen, höchstens zwei Włonate aufrecht halten, an das Leben glauben können; dann wird er sich niederlegen, um nie wieder aufzustehen."

Ich war über den kurzen Ton erstaunt, mit dem sie mir alle diese Details gab. Reine Thräne in den Augen; kein Schluchzen in der Kehle; kein Zittern in ihren Bewegungen. Vielmehr steigerte sich gleichzeitig noch ihre Exaltation. Eine Art Enthusiasmus ergriff sie, durchleuchtete ihren starren Blick, ließ ihre zuckenden Nasenflügel auschwellen, gab dem fingenden Klang ihrer Stimme noch mehr Schärfe.

"

Und das ist meine Entschuldigung", schloß sie.

Ihre Entschuldigung? Für was denn?" fragte ich. Ihr Gesicht erfüllte sich mit stolzem Glanz, als sie mir antwortete:

Wagner und der Verfall der Gesangskunft.

Von Dr. M. Alfieri.

Meine Entschuldigung dafür, daß ich seit dem Tage, wo ich Paul zum Tode verurtheilt weiß, seine Geliebte bin." Und fast gebieterisch fügte sie hinzu: Nun sehen Sie wohl, daß ich ein Recht habe darübernehmer Gesangskunst, nicht mit flimmlichem Prunke beizukommen zu urtheilen, ob man Paul den Brief seines Vaters zeigen faun oder nicht."

Ihre erhabene Hoheit unterwarf mich ihr vollständig. Ohne das geringste Bedenken, wie wenn ich etwas ganz Natürliches thäte, zog ich den Brief des Kapitäns aus der Tasche und übergab ihn ihr. Auch sie zögerte nicht den Schatten eines Augenblics lang, ihn aufzunehmen, und mit einer haftigen Bewegung, in der sich aber nicht die geringste Unruhe des Gewissens bekundete, zerriß sie die beiden Couverts.

Während sie den Brief rasch überflog, erhoben sich all­mälig ihre anfangs zusammengezogenen Augenbrauen in dem Ausdruck wachsenden Schreckens.

Gaëtano Carpani , ein italienischer Komponist des vorigen Jahr­hunderts, rief den deutschen Musikern vorwurfsvoll zn: hr tehret in Euren ausgeschwitzten und nur durch langes Sigen ans Licht gequälten Partituren der Natur vollständig den Rücken und opfert der Ueber­treibung des dramatischen Ausdrucks allen Gesang auf." Rönnten diese warnenden Worte nicht der modernen Richtung entgegengehalten werden, die mit der wüften Ueberfluthung aller Harmonienschranken und krassen Häufung aller Effektmittel der Musit eine reichere Charakteristik ver­leihen und den musikalischen Stil durch eine genial thuende, bizarre und schwülstige Schrankenlosigkeit bereichern will? Die uralte, alleinige Wahrheit, daß echte Kunft überall bedeutungsvollen Gehalt in schöner Form fordere und gebe, ist in dem Naturalis. mus unserer Zeit untergegangen, die für Händel's Wort: Die Kunst ist nicht zur Unterhaltung der Menschen, sondern zu ihrer Hebung und Veredelung bestimmt", feine Empfindung hat. Die einfache melodische Erhabenheit Gluck's , der man allerdings nur mit vor­vermag, sowie das blühende Mozart'sche Orchester, in dem jedes Instrument obligat im feinsten Dienste des Ganzen lebt, werden von Zeitgenossen, welche vom Blechspektakel unserer Musiksymbolisten das Heil aller musikalischen Kunst erwarten, mit mitleidsvollem Achsel­zucken abgethan. Parallel mit dieser dekadenten Dekorationsmusik geht der Verfall der Gesangskunst, und es bleibt für uns ein Wunder, wenn eine Künstlerin gleich einer Märchengestalt die Erinnerung an das verloren gegangene Paradies altitalienischer Gesangskunft wiedererweckt. Der künstlerische Begriffsinhalt der legteren ist im Laufe der Zeit selbst in Italien leider vollständig umgeprägt geworden und viele Akzente, welche man heute im Süden bejubelt, sagen uns, die wir weit entfernt find, einseitige Lobredner der gewöhnlichen und unlängbar falten norddeutschen Vortragsmanier zu sein, als dem Wesen der Kunst, der Wahrheit und Schönheit nicht entsprechend, nur wenig zu. Eine einzige Schule ist es, die wir im Reiche des Gesanges anerkennen, d. i. die große alt- italienische, die beide Tonarten des Ausdrucks, lyrische Zartheit und dramatische Passion, ganz gleichmäßig in fich vereinigte und allen wirklich großen Künfte lern, mochten sie von Süd oder Nord stammen, eigen war. Sie darf nicht mit dem ausartenden Mißbrauch einer Gesangsbildung verwechselt werden, welche die bloße Fertigkeit über den poetischen Ausdruck, über die richtige Dellamation, über die dramatische Ihr gilt die Eitelfeit der Gesangsvirtuosen Wahrheit fett. nichts, fie fennt nur wahre Künstler, feine musikalischen Mein Herr," so schrieb der Kapitän, wenn Sie nicht Automaten. Mit ihr muß man die italienischen Opern Mozart's , Ser elendeste Bube sind, wenn die Schande, in der Sie leben, der wie feiner vor und nach ihm Anmuth und Kunst mit drmatischer Ihnen noch einen Rest Muth erhalten hat, so werden Sie Schwierigkeiten der Briefarie" und der zweiten Arie Don Ottavio's Wahrheit zu verbinden wußte, bewältigen, mit ihr ist man den Baris bei Empfang dieses Briefes verlassen. Ich befehle im Don Juan " gewachsen. Die Annahme, daß die Altmeister des es Ihnen ganz formell! Wenden Sie mir nicht ein, daß Kunstgefangs nur auf eine einförmige Vortrags- und Verzierungs Gefahr dabei vorhanden sei, wenn Sie meinen Befehl er- manier, auf technische Rehlfertigkeit hauptsächlich hingearbeitet hätten, völlig unrichtig; ihre für alle Zeiten mustergiltige füllen. Es ist möglich, hinaus zu gelangen. Ich kenne sehr ist viele Leute, die es gethan haben. Alle anständigen Menschen Methode beruhte vielmehr auf der Ausbildung des getragenen Ge­müssen es thun, selbst wenn sie ihr Fell dabei ristiren. fanges, des reinen, schönen und vollen Zones. Und erstrebte Wagner, der sich melodisch immer da am schönsten Jeder, der es nicht thut, ist ein Feigling, oder mehr entfaltet, wo er seinem durch polemisch- reformatorische Schriften noch, ein Berräther, der Partei der Partei für die Banditen glänzend vertheidigten Systeme untreu wird, etwas anderes in bezug der Kommune genommen hat. Wer unter ihnen bleibt, den auf Gesangskunst, als was den altitalienischen Meistern als Basis betrachte ich als zu ihnen zugehörig. Nun, Sie wissen wohl, was alles Singens erschien? Sowie an Wagner's Opern gerade das ihrer wartet, nicht wahr? Diese Schufte entehren das Land, befriedigend und erhebend wirkt, was nicht als praktische Bethätigung sie werden von den Preußen besoldet; sie haben die Vendôme- seiner in Tristan und Isolde " zur Reife gelangten Reform­auch für die Dars fäule niedergeworfen, angesichts des fremden Siegers, der theorien anzusehen ist, so verlangte er unseren Boden unter die Füße tritt; alles das verdient Züchtigung. ftellung seiner Gestalten im letzten Grunde eine Gesangskunst, Feuer und Blut wird an Paris gelegt werden, um es von die sich in der Oper der Vergangenheit als gut und zweckmäßig, als dramatisch wahr und musikalisch schön erwiesen hatte. einer solchen Schmach zu reinigen. Ich bin stolz darauf, einen Durch die von Wagner schließlich strikt durchgeführte Auflösung Rang in der Armee der Ordnung zu befleiden, die dieses Geschäft verrichten wird. Ich werde dabei ohne Mitleid ver­fahren, ich schwöre es Ihnen. Ich bin Soldat, Patriot, ein

" Oh!" flüsterte sie mit heiserer Stimme, das ist schreck lich, das ist schrecklich! Der Elende! Das Ungeheuer!"

Und als ich nun meinerseits die Augenbrauen zusammen­zog, wie ich diese Ausrufe über den Kapitän hörte, reichte sie mir den Brief.

Sehen Sie da", sagte sie, sehen Sie selbst!" Und auch ich war bei der Lektüre dieses Briefes eines Vaters an seinen Sohn zu Tode erschrocken.

"

der Oper in eine Reihe von Recitationen ohne Ruhepunkte, durch die Berbannung und Erdrückung der Cantilene und Melodie zu gunsten der Mannigfaltigkeit der musikalisch- dramatischen Charakteristit,