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stohlenerweise meine Hände mit so scharfen Blicken gestreift hatten.

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Jest besah ich mir diese Hände genau im hellen Sonnenschein. U

" Aha!" dachte ich und lachte leise vor mich hin. Ob sie ihn wohl schon entdeckt haben? Machen wir einmal die da Probe." Und ich zog mit einiger Anstrengung meinen Trau­ring vom Finger und verbarg ihn in der Westentasche.

( Nachdruck verboten.)

Hochwalferschäden.

Bon Theo Seelmann.

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Das Naß des Himmels, das der Landmann so oft sehnsüchtig erwartet, hat in den letztverflossenen Tagen gezeigt, daß es auch Vers derben und Tod mit sich bringen kann. Das spielende Kind, das die sprudelnde Quelle mit seinen Händchen zu verschließen vermag, jauchzt laut auf, der durch die Regenfluthen geschwellte Strom, der Fluren verwüstet, versetzt tausende von Menschen in Noth und Ber über seine Ufer dahin braust, die Siedelungen zerstört und die zweiflung.

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Es war ein eigenthümlich anziehendes Schauspiel, das fich meinen erstaunten Sinnen darbot, ein Schauspiel, über dem ich bald Camilla und ihre Mutter gänzlich vergessen hatte. Von der anderen Ecke des Hafens aus sollte nämlich ein Luftballon aufsteigen, und eine ungeheure Menschenmenge strömte herzu, um das billige Vergnügen zu genießen. Der schmale Streifen Strandes sowie die Molen des Boothafens Wenn schon der Augenschein uns lehrt, welch' foloffale Regens waren mit einer Kopf an Kopf gedrängten Menschenmenge be- massen unter Umständen niedergehen tönnen, fo laffen die wissen­setzt, und auf der Straße Santa Lucia strömten noch unablässig schaftlichen Messungen die möglichen Unterschiede noch um vieles neue Maffen herzu, geputzte Leute im Sonntagsstaat, zum theil deutlicher erkennen. Die Niederschlagshöhe beläuft sich im ganzen fleine Familientrupps bildend, und armes Volt, das für den Jahre für Berlin auf 590 Millimeter, für Wien auf ebenfalls 590, Festtag feine anderen Lumpen wie für den Alltag bereit hatte. für Brüssel auf 710, für Bozen auf 750 und für Graz auf 790 Milli Und durch die langsam vorwärts fluthenden bunten Menschen stieg in einem Zeitraum von nur drei Stunden die Niederschlagshöhe Menschen- meter. Bei einem Gewitter, das am 4. Juni 1889 über Brüssel tobte, wogen schnitten mit scharfem Kiel, gleich stolzen Seglern und auf 83,6 Millimeter, d. h. es fiel in diefen wenigen Stunden mehr lustigen Gondeln, die Tramwagen, unablässig die warnenden als der zehnte Theil der sonstigen jährlichen Regenmenge. Bom 28. bis Trillerpfeifen ertönen laffend, die flinken, leichten Fiater mit 29. Juli 1882 ergab sich für Wien eine Regenhöhe von 104,2 Milli ihren kleinen, schmuck aufgeschirrten Pferden, deren Lenker ihre metern, so daß also der in 24 Stunden gefallene Regen bald einem Peitschen den Fußgängern um die Ohren knallen ließen, große, fünftel der jährlichen Niederschlagsmenge gleichfam. Vom 15. bis zweirädrige Frachttarren, von phantastisch aufgeputzten, eins 18. September desselben Jahres gingen in Südtirol und Kärnthen vor das andere gespannten Maulthieren gezogen und von gewaltige Regenmassen nieder, die ein verheerendes Hochwasser zur wahrhaft beängstigend hoch aufgethürmten Menschenpyramiden Folge hatten. Beispielsweise belief sich in Triest in diesen vier Tagen die Negenhöhe auf 291 Millimeter, während sie sonst in besetzt, endlich auch etliche brave Grauthiere, die gleichfalls einem ganzen Monat nur auf 439 Millimeter zu veranschlagen ist. ganze Familien auf ihrem geduldigen Rücken spazieren Bei allen diesen Messungen entspricht 1 Millimeter Regenhöhe Schleppen mußten. Kein Karabiniere, fein Guardia Municipale 10 Rubikmetern Waffer für den Heftar. Es gingen demnach an den störte in diesem wahrlich lebensgefährlich genug anzuschauen- erwähnten Tagen auf jeden Hektar des Triester Stadtgebietes den Getümmel die öffentliche Sicherheit . Klein und Groß, 2910 Kubikmeter Wasser nieder. ein jedes gab auf sich selber acht und wußte, von Kindes- Die enorme Steigerung der Wasserzufuhr erklärt die Kraft­beinen auf an solchen Trubel gewöhnt, sich durch alle Fährlich entwickelung des Hochwassers und die Furchtbarkeit seiner Wer­feiten sicher hindurchzuschlängeln. Dabei vollführte die völlig der Fortbewegung des fließenden Waffers. Während die mittlere beerungen. Die Erhöhung der Druckkraft prägt sich schon aus in friedliche und vergnügte Menge ein so gewaltiges Geschrei, Geschwindigkeit der Flüffe und Ströme bei großen Gerinuen felten daß man bei uns zu Lande zum mindesten etliche Bataillone mehr als 3 Meter in der Sefunde beträgt, steigert sie sich bei Hoch­Soldaten feldmarschmäßig in den Kasernen bereit gehalten wasser auf 5-6 Meter. Der damit verbundenen Stoßkraft vermag hätte, um den drohenden Aufruhr niederzuschlagen. Diese das Erdreich nicht zu widerstehen, so daß daraus ein Massen Lungenkräftigen Neapolitaner aber pflegten einer ganz gemüth- transport der Bestandtheile der Erdoberfläche entspringen muß, der lichen Nachmittags- Unterhaltung, wahrscheinlich über das Thema die unter den Hochwasserschäden so gefürchteten Abreißungen, der Luftschifffahrt, und fliegende Händler priesen mit etwas Verfandungen und Verschlammungen nach sich zieht. Lauteren Stimmen in dem Gedränge ihre Waaren an. Das Flüsse der mitteleuropäischen Ebene find für gewöhnlich durchweg war alles. Und in rührendem Gegensatze zu diesem ebenso schlammarm, dagegen führen einige Alpenflüsse schon fast 1 Kilogramm Schlamm auf 1 Kubikmeter Waffer. Eine gänzliche Veränderung tollen wie harmlosen Lärm lagen auf der Quaimauer einige erfahren diese Verhältnisse bei Hochwasser. Breitenlohner fand am echte Lazzaronigestalten lang ausgestreckt, pflegten des füßen 16. bis 19. September 1882 in dem Hochwasser der Rienz im Puster Schlummers und ließen sich die warme Sonne durch den thale durchschnittlich 47,920 Kilogramm, gelegentlich fogar 75,544 offenen Mund in den Magen scheinen fie mochten Kilogramm Schlamm in einem Stubikmeter Wasser. Am 17. Seps wohl sonst noch nichts Warmes genossen haben während tember maß er im Reischachbach bei Bruned 104,926 und im Mühl­unten einige andere Genossen der würdigen Brüderschaft graben bei Lorenzen sogar 145,107 Kilogramm Schlamm.ghjon Immer wieder erweckt es Staunen, mit welcher Leichtigkeit das sich eine ebenso einfache wie billige Mahlzeit aus dem tinten­schwarzen Gewäffer des Hafens herausfischten. Die leinenen Hochwasser Gebäude niederreißt, Brücken zerstört und Dämme sprengt. Es liegt dies an der Werkennung des Kraftvorraths, den Beinkleider hoch heraufgestreift, standen sie bis an die Schenkel die fließenden Gewässer befizen. Ein richtiges Urtheil über ihre Schentelegt. im Wasser und tasteten mit den Händen im Schlamme herum, Kraftentwickelung gewinnt man erst, wenn man sich die Geröll wo an alten Pfahlstümpfen und Steinen frutti di mare, mengen vergegenwärtigt, die die einzelnen Flüsse mit sich fort Muscheln und andere kleine Seethiere zu figen pflegten. wätzen. Nach den Beobachtungen Pestalozzi's wandert im Rhein Die leichtgewonnene Beute verzehrten sie behaglich auf bei Ragaz ununterbrochen ein Geröllitrom von über 3 Meter Tiefe. der Stelle, ohne Brot und Nach Heim führte die Reuß 1851-1879 jährlich 146 187 Rubikmeter ohne Zitrone, immer Geschiebe in den Urner See und in 152 Jahren hat nach Strecker eine Muschel mit der Schale der anderen aufbrechend- die Kander seit ihrer Einleitung in den Thuner See 56 Millionen und dann ging's wieder mit zufriedenem Gesichte und Stubifmeter Geröll abgelagert. Weg berechnete die vom Rhein jährlich nenem Eifer an die Arbeit. Der Luftballon ließ diese in den Bodensee geschüttete Gefchiebemenge auf 47 000 Stubifmeter. Philosophen offenbar gänzlich kalt, und über die aufgeregte Sichtbarer gestaltet sich die Kraftentwickelung des Waffers au Neugier der drängenden Massen da oben fühlten sie sich hoch den in den Flußbetten aufgetbürmten Sandbänken. Die Bänke erhaben. Es war sechs Uhr geworden, ehe endlich Böller- wandern in ganz regelmäßiger Weise stromabwärts. Am mittleren schüsse das Zeichen zur Entfesselung des Ballous gaben. Das Rheine verschiebt sich jährlich eine Bant 200-400 Meter weit ab. Geschrei, welches den stolzen Aufstieg der grünweißroth be- wärts, in Hochwasserjahren dreimal so weit. In entsprechender flaggten Riesenbirne begleitete, würde zu seiner Hervor Weise ändern die Bänke in der regulirten Donau den Ort; sie sind bringung bei uns zu Lande zum mindesten einer Million in 7 Jahren 700-1000 Meter ftromab gewandert. Die Abtragung des Erdreichs, die sich durch die Einwirkung Rehlen bedurft haben. Hier genügten deren einige ganz wenige der Wafferthätigkeit vollzieht, läßt sich am besten er= Tausend! tennen bei den Flußkorrektionen. So hat die Kander die Meine Sinne waren so verwirrt von dem ungewöhnlichen Sohle ihres Bettes von der Stelle aus, wo die Ableitung nach dem Schauspiel, daß ich gar nicht bemerkt hatte, wie inzwischen Thuner See beginnt, seit 1714 um 45 Meter vertieft und diese auch andere Gäste der Pension auf das Dach hinausgetreten Vertiefung erstreckt sich 9 Kilometer aufwärts. Seit der Rhein­waren, und mein Gehör insbesondere derart betäubt, daß mir forrettion in der mittelrheinischen Tiefebene ift die Stromfohle die freundliche Anrede der Mutter Camilla's gänzlich ent- zwischen Rheinweiler und Neuenburg um 2 Meter vertieft worden. gangen war. Als ich die Damen gewahr ward, stammelte ich Unter den natürlichen Verhältnissen läßt sich die Arbeitsleistung eines einige verworrene Entschuldigungen hervor und entfernte mich Hochwassers kaum berechnen. Dagegen liegt ein zahlenmäßiger Nach­weis vor für ein Hochwasser, das bei der Regulirung der Weichsel dann in wenig höflicher Plöglichkeit, da mich ein Gelüft packte, mündung im Jahre 1895 sozusagen fünftlich zu wege gebracht wurde. mich selbst topfüber in das Menschengewühl hineinzuftürzen Man hatte hier zwischen dem Endpunkt des neuen Weichselbettes und und auf diese Weise wirklich in nächster Nähe das Volk zu dem Meere einen Dünendamm übrig gelaffen, zu dem nur ein studiren. ( Fortsetzung folgt.) Leitungsgraben von 50 Mieter Breite hinführte. Die Wegräumung

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