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Der Physiologe Beer, der vor zwei Jahren eine merkwürdige| Füßen darstellt. Das Buch hat ungewöhnlichen Umfang; die 309 Aftomodation bei den Augen einiger Fischarten festgestellt hatte, hat( ursprünglich 318) Seiten, jede von zwei Kolumnen, sind 0,9 Meter seine Versuche bei anderen im Waffer lebenden Thieren, den Kopf hoch und 0,5 Meter breit. Das Material besteht aus dickem schön füßlern, zu denen die bekannten Tintenfische gehören, fortgefeßt und gearbeiteten Pergament, zu dem gegen 160 ganze Eselsfelle erforder= hier dieselbe Eigenthümlichkeit gefunden, wie bei den Fischen. Noch lich waren. Die Deckel bestehen aus 4,5 Zentimeter dicken, mit zu Anfang unseres Jahrhunderts war es eine ganz gebräuchliche starken Beschlägen versehenen Eichenbrettern. Das Gewicht des Annahme, daß das Einstellen des Auges für die Ferne häufig Buches ist sehr beträchtlich. Bei dem großen Schloßbrande in mit einer Muskelanstrengung verbunden sei, daß die Raubvögel Stockholm im Jahre 1697 mußte die Bibel aus dem Fenster ge z. B. ihre Augen auf weit entfernte Gegenstände einstellen. worfen werden, um sie zu retten; hierbei wurden die Deckel sehr also für bie Ferne akkomodiren tönnten. A13 die beschädigt, deren Ausbesserung aber erst im Jahre 1819 vorgenommen. Brechungsverhältnisse im menschlichen Auge genauer unter: An den alten Beschlägen kann man noch erkennen, daß das Buch fucht wurden, zeigte es sich, daß wir für die Ferne gar früher angekettet gewesen ist. Dies merkwürdige Buch nebst einer nicht akkomodiren können; im Ruhezustande schweift der Blick in Menge anderer, faum weniger seltener und foftbarer Handschriften, die weitesten Fernen und ganz parallel ins Auge fallende Licht- u. a. die in der Bibliothek zu Upsala aufbewahrte Ulfilas - Bibel, ftrahlen werden auf der Nezhaut in einem Punkt vereinigt. Erst wurden im Jahre 1648 bei der Erstürmung Prags durch die wir einen näheren Gegenstand ins Auge fassen wollen, Schweden unter Königsmard erobert" und der Königin Christine frümmen wir mittels einer Muskelauftrengung die Krystalllinse verehrt". unferes Auges, akkomodiren dasselbe, wie der Kunstausdruck lautet. Theater. Der Begriff des Akkomodirens verschmolz allmälig ganz mit dem des Einstellens des Auges für die Nähe.
- Sudermann's, Johanne3" verboten. Hermann Es erregte daher das höchste Erstaunen, als festgestellt wurde, ersten Novitäten im Deutschen Theater in Szene gehen sollte, hat Sudermann's neuestem Bühnenwerke Johannes", das als eine der daß die Knochenfische für die Ferne akkomodiren; fie thun das nicht, die Zenfur die Erlaubniß zur Aufführung versagt. Die Verfügung wie wir, durch Aenderung der Linfenfrümmung, sondern indem sie des Bolizeipräsidenten lautet:" Der Direktion eröffne ich ergebenst, die Linse, die bei ihnen bekanntlich fugelförmig ist, als Ganzes ver- daß öffentliche Darstellungen aus der biblischen schieben, sie der Netzhaut bald nähern, bald von ihr entfernen. Wie Herr Geschichte des alten und neuen Testamentes be Beerin dem eben erschienenen Hefte des Archivs für Physiologie" mit- it immungsgemäß schlechthin unzulässig find. Ich theilt, gilt für die von ihm untersuchten Augen der Kopffüßler genau bin daher nicht in der Lage, die nachgesuchte Genehmigung zur Dasselbe, so daß also bei den im Waffer lebenden Thieren mit höher Aufführung der zur Zensur vorgelegten Tragödie Johannes" von entwickelten Augen im Gegensatz zu den auf dem Lande lebenden Sudermann im„ Deutschen Theater" zu ertheilen." Die Direktion eine Aftomodation für die Ferne festgestellt ist. Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg Beschwerde eingelegt. Deutschen Theaters" hat gegen dieses Verbot zunächst beim
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Eigentlich war dies zu erwarten; denn da das Wasser doch nicht so durchsichtig ist, wie die Luft, sondern schon in verhältnißmäßig geringer Entfernung undurchsichtig wird, so sind die Wasserthiere darauf angewiesen, ihre Nahrung aus der Nähe zu gewinnen, sowie sich vor Feinden, die nicht allzuweit entfernt sind, zu schützen. Dies muß die Ausbildung Auges begünstigen, das im Ruhezustand, also unakkomodirt, d. h. unangestrengt, die unmittel bare Umgebung überblickt, während die Anstrengung der Akkomodation nöthig ist, wenn weiter befindliche Gegenstände ins Auge gefaßt werden sollen, und bei ziemlich weit entfernten Objekten versagt das Auge den Dienst völlig, da das umgebende Medium, das Wasser, nicht durchsichtig ist.
Kleines Feuilleton.
Bt.
Die neueste Affiche. Der Frantf. 3tg." schreibt man unterm 9. Auguft aus Paris : Die blanke Fläche, die bei so zahlreichen Herren der Schöpfung das wallende Haupthaar vertritt, ist bisher noch nicht praktisch verwendet worden und diente höchstens in den äußersten Vorstadttheatern den Besuchern der obersten Gallerien als Zielscheibe für die Orangenschalen, Wursthäute und ähnliche Geschosse. Auch der findigste Reklamekünstler war noch nicht auf die Kahlköpfe verfallen. Seit gestern wird nun den Bummlern der großen Boulevards ein neuartiges Schauspiel geboten. Zehn höchst elegant gekleidete Herren mit gelben Schuhen und blendend weißem Strohhut spazieren in geschlossener Reihe die Boulevards entlang. Vor den stark besetzten Terrassen der Café's oder vor einer Menschengruppe, die durch den Wagenverkehr zusammengedrängt wird, lüften sie auf ein gegebenes Zeichen die Hüte und senken die Röpfe, auf denen in schöner blauer Lapidarschrift die Worte zu lesen sind: „ Ronzert X.
des
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Musik.
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er. Belle Alliance Theater. Zur Linderung des von der heurigen Ueberschwemmungstatastrophe geschaffenen Elends wurde in diesem Theater, daß sich seit dem letzten Direktions Sturz auch äußerlich gründlich gesäubert hat, eine WohlthätigkeitsVorstellung veranstaltet, die in materieller Beziehung Erfolg hatte. Leider schienen die künstlerischen Darbietungen des Abends die allgemeine Empfindung zu erregen, daß selbst die von der Flagge der Wohlthätigkeit geschüßten Angriffe eines dreiften Dilettantismus nicht bis zur letzten Grenze ihrer Grausamkeit gehen sollten. Nehmen wir die Gesangsvorträge des Herrn d'Andrade aus, deren große Wirkung mehr der feinsten technischen Beherrschung als der keineswegs unberührten Frische des Organs zuzuschreiben ist, so war alles andere von einer mitleiderregenden Minderwerthigkeit. Das regfte Jnteresse hatte man sich für die hier neue Oper Enoch Arden" von Robert Eoen aufgespart, welche der musikalischen Aufnahmsfähigkeit und normalen Nerven das schlimmste zumutbete. Tennyson's berühmtes Gedicht ist wiederholt als Opernlibretto benutzt worden, ohne seinen musikalischen Bearbeitern nennenswerthen Erfolg ges bracht zu haben. Das sentimental Lyrische einiger Situationen kann für die dramatische Passivität der Personen und die Monotonie des Empfindungsmilien nicht entschädigen. Die Mufit des Herrn Erben erschien uns wie eine Improvisation, welche für Gedanken tragisch pessimistische Diffonanzen, für Form die entfesselte Orchester schrankenlosigkeit zu bieten vermag. Man braucht tein Schwärmer für Brüderie in in der Harmonielogit zu sein, um dieser Art von Musit, die ftets aus frankhaft impotenter Originalitätssucht und nie aus dramatisch musikalischer Nothwendig feit emporwächst, geradezu die Wirkung einer Realinjurie zuzumeffen. Die Ausschweifungen diefes Opernhexensabbaths, die fich theils als urwüchsige Energie theils als interessanter Weltschmerz mastiren, Der Erfolg dieser Rahltöpfe Reflame war am ersten Tage ein werden von lyrischen Ruhepunkten unterbrochen, die leider, mögen sie durchschlagender: auf dem ganzen Wege von der Porte Saint- Denis auch mehr füßlich als empfunden sein, sofort im Ozean aufgeregtefter bis zur Rue Scribe erscholl lautes Gelächter über die neuartige Mistlänge verschwinden. Herr Erben wird vorerst alles hypers Annonce, die entgegen den Gesegesvorschriften nicht gestempelt genialische Gehaben ablegen müssen, dann mag über die Persönlichkeit ist. Ein Steuerbeamter, der in der Angelegenheit bewandert feines Talentes eine Entscheidung gefällt werden. Daß Herr Erben ist, versicherte uns, die Steuerbehörde wäre berechtigt, die un- fein Wert in solch unerhörter Weise interpretiren lassen konnte, wie gestempelte Annonce zu konfisziren und den erfindungsreichen es an diesem Abend geschah, bedeutet mehr als bescheidene Selbst. Unternehmer mit einer Buße von 62 Frants per beschriebenen losigkeit. Wenn wir es Herrn Mohwinkel( Arden) als Lob Schädel zu belasten. Das Eintreiben der Buße würde bei der be- anrechnen müssen, daß er wenigstens seine Partie notengemäß be. fannten Gewandtheit der Steuerbehörde keine ernstlichen Schwierig herrschte, so genügt die Thatsache, daß diese Selbstverständlichkeit teiten bieten, desto mehr aber die Beschlagnahme der ungestempelten von den übrigen Mitwirkenden aufs grausamste verletzt wurde, um Ankündigung, da es geradezu barbarisch wäre, die armen Kahl diesen künstlerisch verlorenen Abend zu charakterisiren. töpfigen zu stalpiren. Falls die Steuerbeamten aus Wuth darüber, daß sie dieser neuen Steklame nichts anhaben können, sich die Haare ausraufen, so bleibt ihnen der Trost, daß sie sich dann selbst für die Schädelreklame verwenden lassen können. Man mag über die neue Reflame denken, wie man will, man mag sie geschmacklos finden, wird aber zugeben müssen, daß sie auf keinen Fall bei den Haaren herbeigezogen ist. Dieser Umstand wird es vielleicht mit fich bringen, daß die Schädelannoncen binnen turzem eine große Ausdehnung ges winnen, so daß die wirklichen Kahlköpfe bald vergriffen fein würden und man zu falschen Rahlköpfigen seine Zuflucht nehmen müßte. Bei der jeßigen Verfälschungsivuth muß man auf alles gefaßt sein.
Demnächst Eröffnung."
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Kunstgewerbe.
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Neue Keramit. In München machen die keramischen Arbeiten, die der Kunstmaler Theodor Schmuz= 2 Baudiß gegenwärtig im Glaspalast ausgestellt hat, großes Aufsehen. Die M. N. N." schreiben darüber: Al' diese kleinen, einfach und elegant geformten vasenartigen Gefäße sind ganz seine( des Künstlers) eigene Arbeit: von ihm entworfen, gedreht, modellirt, geschnitten, glafirt und gebrannt. Mit dem Wort geschnitten" ist schon auf die Eigenart der Technik hingewiesen: Die Ornamente sind nämlich nicht gemalt, also durch die Glasur geschaffen, sondern vor der Glasur aus zwei übereinander liegenden Thonfchichten einer weißen Die ,, Teufels: Bibel". Zu den kostbarsten Büchern der und einer gelbrothen herausgeschnitten oder gravirt etwa Bibliothet zu Stockholm gehört die sogenannte Teufels- Bibel. Diesen nach Art der Cameen. Die Glasuren, mit denen dann das Namen hat die Handschrift von einem Bilde erhalten, daß den schon zweifarbig erscheinende ornamentirte Gefäß versehen Zeufel mit doppelter Zunge und langen Klauen an den Händen und wird, find durchscheinend, so daß mit einer einzigen
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