lächelnd i»S Ohr und drückte sie fest an sich. So kamen sie ans Ufer. Bon einigen schon promenirenden Hotel- gästen wurden sie freudig begrüßt. Hortense fragte nach ihrer Mutter, es hieß, diese sei noch auf ihrem Zimmer; erstaunt eilten die beiden zur Villa. Auf ihr Klopfen rief Frau Hülsheini: Herein. Als sie die Tochter sah. eilte sie auf sie zu. schloß sie leidenschaftlich in ihre Arme und sprach:Mein liebes, armes Lind." Der Graf wollte eben mit der Erzählung ihres Abenteuers beginnen, da sprach Frau Hülsheim: Wir reisen heute noch, Schwiegersohn, sehen Sie diese Depesche. Ich bitte Sie, die Vorbereitungen zur Abreise zu treffen." Hortense erblaßte. In diesem Tone hatte sie ihre Mutter noch nie sprechen hören." Tumlitz nahm das Blatt ruhig und las. Todtenbläffe trat auf seine Wangen, als er geendigt. Ich besorge die Billels, Mama." sprach er und eilte hinaus. Was ist?" rief Hortense entsetzt. Nichts für Dich, Kind, nichts," sprach die Multer traurig. Du mußt es niir sage». Mama, es geht mich, es geht uns alle an, ich bin kein Kind mehr." Nun ja." sprach Frau Hülsheim,wozu es verheimlichen. Morgen werden es ja doch alle wissen müssen. Armes Kind, wir find verloren. Papa ist ruinirt. Der Kassirer ist verschwunden, und das Haus in Paris , mit dem er liirt war, hat die Zahlungen eingestellt. Hortense stand sprachlos, sie blickte die Mutter entsetzt an. Und Arthur, weiß er alles, was sagt er, was wird er sagen?" rief sie aus einmal. Er wird sich mit Papa verständigen." Mutter," schrie das Mädchen,Mutter "! Ein jäher Schreck erfaßte sie, ein fürchterlicher Verdacht stieg auf in ihrer Seele. Mutter, mir kommt ein entsetzlicher Gedanke: wenn Arthur uns im Stiche ließe? Ich weiß nicht, ich habe ja Vertrauen zu ihm, aber seitdem dieser Gedanke in mir wach wurde. Mutler, ich weiß nicht, was ich thue." Kind was ist? Du bist ganz außer Dir!" Ach Mutter, Mutter", jammerte Hortense,wenn er nicht wiederkäme." Frau Hülsheim konnte kein Wort des Trostes finden. Auch ihr kam sein Betragen beim Empfang der Hiobsbotschaft auf einmal sonderbar vor. Da klopfte man an die Thür. Es war das Stubenmädchen. Herr Graf habe diesen Brief vorhin, ehe er ging, für die Damen hinterlassen. Er sagte mir, ich solle noch eine» Augenblick warten, ehe ich ihn abgäbe, da er erst»och etwas besorgen müsse. Was er damit sagen wollte, verstand ich nicht." Frau Hülsheim riß der Magd den Brief aus der Hand. Fieber- hast zitternd öffnete sie das Kouvert und las: Sie werden nicht verlangen, daß ich mich mit Ihnen in Ihren Ruin stürze. Forschen Sie mir nicht nach! Tumlitz." Hortense stieß einen Schrei ans. Mutter, ich bin verloren, ich liebte ihn so." Laß' ihn, Kind, wir'müssen zum Vater." Nein, Mutter, meine Ehre, meine Ehre, auch diese nimmt er mit sich mit meinem Glück!" So sank sie schluchzend an den Busen der Mutter. IV. Einige Wochen später traf der geschwätzige Baron in Ostende den erste» Bekannten. Na, was haben Sie denn gesagt zu der Rffaire Hülsheim? Hülsheim u. Co. bankrott! Wer hätte das je gedacht? Wenigstens 'mal eine Abwechslung in der ewige» Langeweile! Da ist der Tumlitz schön reingefallen," nieinte der Andere. Wo wird der jetzt fein? Wohl in Amerika . Ja, hier konnte er sich doch nicht wehr halten." Pech, kolossales Pech für Tumlitz," erwiderte der Baron,erst der hohe Kredit für den Verlobten des Fräulein Hülsheim und dann kolossales Pech!"Was machen Sie diesen Nach- mittag?" Ich weiß noch nicht!" Gehen Sie mit zum Taubenschieße». Famoser Sport, schade, daß wir den noch uicht in Berlin haben. Komme» Sie, wir amüsireu uns köstlich. Speisen Sie heute Abend mit mir im Kursaal." Na, meinetwegen, Sie wissen doch immer, Baron, wie Sie die Zeit todtschlagen." Das ist die Hauptsache. War Pech für Tumlitz, maßloses Pech, unangenehme Chose." So sprach der Barou, faßte den Bekannten an und ging mit ihm zum Taubenschieße». Kleines?euillekon Von der Strasse. Das Blumenmädchen. Als ich sie kennen lernte, betrieb sie in einem Keller einen Obsthandel. Sie schien eine stille Frau zu sein, eine Witlwe vielleicht, die ihre» Man» vor langen Jahren verloren. Das offene Antlitz umrahmten schon völlig ergraute Haare, und mit Ilareu Augen schaute sie jedem ins Gesicht. Später merkte ich allerdings, daß sie auch ihre Zunge recht herzhaft zu gebrauchen wußte, besonders dann, wenn der Käufer seinen Handel draußen bei den Körben mit Birnen, Aepfel» und Weintrauben abschließen und nicht die wenigen Stufe» zu ihr hinabsteigen wollte. Ihr Geschäft schien zu gehen; sie war zwar etwas theurer als die anderen Händler, aber ihre Waare war ohne Fehl. Eines Tages war sie aus dem Keller verschwunden. Sie habe wenige Schritte weiter straßaufwärts einen geräumigen Laden gemietbet und ihre» Vorrath um einige billige Topfgewächse, um einige Schalen und Gläser voll abgeschnittener Rosen, Levkoien und Maiglöckchen vermehrt. Und wieder eines Tages, da lachte das ganze Viertel. DieAlte" habe geheirathet. Eine» jungen Gärtner- burschen, der ihr jeden Tag die frischen Blume» gebracht. Wohl dreißig Jahre jünger sei er als sie, und es sei eine helle Schande! Um diese Zeit strahlte das Gesicht der Händlerin vor Glückseligkeit. Aber nur wenig über vierzehnTage währte ihreFreude. Eines Morgens war der Laden geschlossen, und ein rothes Plakat verkündete, daß er sofort z» vermiethen sei. Der Gärtner hatte nicht das Geld gefunden, das er verniuthet hatte, und so war er durchgedrannt. nachdem er das Obstlager»m einen Pappenstiel verklitscht. Die Alte verschwand aus dem Viertel. Nach einem halbe» Jahre un« gesähr tauchte sie wieder auf, unter der Stadlbahnbrücke erst, mit einer flachen Kiepe vor dem Leib, in der abgeschnittene Blumen lagen. Dann wagte sie sich auch wieder in die Straße, in der sie vordem gelebt, zu de» Nachbarn und Bekannten und bot ihnen ihre Blumen a». Als stille Frau schätzt sie keiner mehr. Keck tritt sie aus und mit wippenden Schultern. Ihr Kovf ist ganz klein ge- worden, nnd dünn die schlohweißen Haare. Aber ihre Auge» haben noch nichts an Glanz verloren, herausfordernd blitzen sie die Vor- übergehenden an. Wer zu handeln wagt, dem kehrt sie wegwerfend den Rücken. Schier, als ivärds sie zu ihrem Vergnügen handeln, so giebt sie sich. Ich ahnte es längst, daß ihr Gehaben nur Schau- spielerei, daß es nur angewandt würde, um all den Jammer und das Elend niederznbeißen und zu verdecken; seil ich sie au einem Abend vom Sprühregen in einen Thorwiukel gescheucht sah,»lieber- gebrochen, und sie schluchzen hörte, weiß ich eS, daß es so auch ist. Literarisches. Der englische Botaniker Sir Joseph H o o k e r hat fein großes WerkFlora of British Jndia" zum Abschluß ge- bracht. Das letzte halbe Jahrhundert hat er daran gearbeitet. Das Werk besteht aus sieben dicken Bänden. Das noch nicht gedruckte Register wird 42 000 Namen enthalten. Die französische Nationalbibliothek zu Paris e»t« hielt am 1. Januar 1897: Heilige Schrift IS 401 Bände, Liturgie 27 926, Kirchenväter 4864, katholische Theologie 74 322, sonstige Theologie 17 586, Kirchenrecht 8680, Natur- und Völkerrecht 7111, Rechtswissenschaften 144 888, Erdkunde nnd allgemeine Geschichte 39 425, Kirchengeschichte 36 726, alte Geschichte 30 754, Geschichte Italiens 19 422, Geschichte Frankreichs 279 408, Geschichte Deutsch­ lands und anderer Länder 61929, Biographie 14 601, philosophische Wissenschaften 97 456, französische Dichtungen 68 841, französische Bühne 18409, einzelne Bühnenstücke 42059, Romane 116824 Bände. Theater. Im Schauspielhause werden am 17. September zwei Novitäten zur Aufführung gelaugeu:Die Einzige", ei» drei- aktiges Lustspiel von P ä tz o l d, und hieraus der einaktige Schwank Tanzstunde". Musik. Gustav Mahler ist, wie man derDresd . Ztg." aus Wie» schreibt, thalsächlich zum Direktor der Wiener Hof- o p e r ernannt worden und zwar mit einem lebenslänglichen Kontrakt. Das rein Geschäftliche wird fortan von Beamten der Intendantur erledigt werden. Kuust. Zwei Gutachten. Ein Berliner Wochenblatt hatte ein Zirkular an berühmte Künstler gerichtet, ob sie das Zeichnen n a ch G y p s für ein Studium nach der Natur nnd od sie es für nützlich halten. Darauf antwortete Menzel:NB. Alles Zeichnen ist nützlich und Alles zeichnen auch", und B ö ck l i n: Einem intelligenten, begabten Menschen kann jede Hebung im Zeichnen zum Nutzen gereichen. Einem Schafskopf ist allSS schädlich."- Medizinisches. t. Heilung zerrissener Nerven. Der englische Arzt Robert Kennedy legte der königlichen Gesellschaft in London neulich die Beschreibung von vier Fällen vor, in denen er«ine Ausheilung von zerrissen geiveseiien Nerven feststellen konnte. Einmal handelte es sich nui die Zerreißung des Speicheii-Nerven und des Mittelarni- Nerve» in der Mitte des Vorderarmes, welche erst 6�2 Monate nach Erfolg der Trennung genäht wurden. Die Empfindung nnd die Bewegungsfähigkeit war in dem Glieds verloren gegangen, und es war eine deutliche Verkümmerung der Muskeln zn erkennen. Drei Monate»ach der Operation begann das Gefühl wiederzukehren, am 19. Tage war es bereits in allen Theilen der Finger wieder vor- Händen, nach einem Monat war die Heilung vollkommen. In dem zweiten Falle war der Mittelarm-Nerv über dem Hand- gelenke völlig durchgerissen und das Gefühl in den von ihm abhängigen Theilen des Gliedes verloren, außerdem vermochte der Patient nicht, den Daumen zu gebrauchen. Der Nerv wurde drei Monate nach der erfolgte» Trennung genäht.