-
714
-
bidicht, im Romtoir oder im Privatzimmer des Inspektor- Ireifenden faft niemals sich aus dem Gesellschaftskreis emporauringen hauses: Welche Wahl Teßmer treffen würde, war daher schon vermögen, in dem sie sonst zu verkehren gewohnt sind. lange Gegenstand eifriger Vermuthungen, Klatschereien und sogar Zäntereien gewesen. Ein wenig hatten sich heute Alle für den gnädigen Herrn" geputzt.
Empor
Gleich unser jüngster Logirbesuch aus Paris . Der Mann tummelt sich in den Theatern, flanirt vor den Boulevardkaffees, giebt in befreundeten, gutfituirten Bürgerfamilien die neuesten Anekdoten zum beften: Flugs ist, nach seinem Maßstab gemessen, die Charakteristik Als die ersten Zöne einer Bolta durch den Saal gellten, von Berlin beendet. Er erzählt daheim feine neuefte, immens be trat deshalb eine erwartungsvolle Spannung ein. Zeßmer deutsame Enthüllung: Dh, wie falopp, wie lotterig fleidet man" erhob sich, ging langsam au der dichtgedrängten Reihe der sich in Berlin . In den Schauspielhäusern, auf den Promenaden, Frauen entlang, musterte die Tänzerinnen, während die ihm was sieht man da für Toiletten. Selbverständlich bemerkt er nur zunächststehenden Dirnen abwechselnd roth oder blaß wurden, eine fleine soziale Schicht und da wird er ja mit seiner Anmerkung Aber zugleich wird ihm diese enge ihn anlächelten oder die Augen niederschlugen, ganz wie sie nicht unrecht haben. Schicht zum großen Berlin und nach seinem in Paris es für passend hielten. Endlich machte Teßmer eine würdevolle die neuentdeckte Thatsache zum höchst Berbeugung. geschulten Blick Solch ein Mann Aller Augen richteten sich nach dieser Stelle wesentlichen Merkmal für ganz Deutschland . des Saales; die Hintenstehenden machten lange Hälse, um zu glaubt wirklich, überall fordern zu dürfen, was er in der sogenannten erfahren, wer die Erkorene sei. Diese, ein junges Mädchen eleganten Welt von Paris tennen gelernt hat. Das ist im übrigen von siebzehn Jahren, eine der vielen poluischen Arbeiterinnen, seine Sache; nur wirkt es fomisch, wenn unsere Bürgerschaft mit die vom Frühjahr bis zum Herbste auf Teßmer's Gütern solcher Reizbarkeit auf derlei Aeußerungen hinhorcht. arbeiteten, machte in ihrer Verwirrung Anstalten, scheu hinter tömmlinge, die ihren Haushalt noch nicht mit gesicherter Ruhe zu ihre Kolleginnen zu treten. Sie wußte offenbar die große verwalten verstehen und in nervöser Erregung ausspähen: Wie Ehre noch nicht zu würdigen und hätte es lieber hält es der, wie hält es jener Nachbar von gutem, altem Besitz! Es leisten indessen auch unsere Handlungsreisenden von der gesehen, wenn eine ihrer Nachbarinnen an ihre Stelle ge- Feder Erkleckliches an rasch fertigem Urtheil. Wer in den jüngsten treten wäre. Aber Teßmer hatte sie bereits um die Taille Tagen die Beobachtungen las, die unsere Kriegsberichterstatter von gefaßt. den Manöverfeldern" ihren Blättern übermittelten, der mußte darauf schwören, daß Deutschland doch das einzig wahre und echte Soldatenland der Welt sei, daß nichts den Deutschen so im innersten Nerv erbeben mache, wie das militärische Schauspiel. Es hätte eine weltbewegende Erscheinung auftauchen können, sie wäre nach der Anschauung militärischer Stimmungsmacher vor den glänzenden Manöverspielen jämmerlich verblaßt. Ach und wie leicht sind derlei Beobachtungen festzustellen". Man flammert sich an schablonenhafte Begriffe und braucht sie nur wiederzufäuen. Man sieht eine Menge von Neu gierigen um sich. Wo fehlten die je bei irgend einem Soldatenaufzug, sei es hier, sei es in Paris oder in Wien ? Wo fehlten je die Schlachtenbummler", die bei allem dabei gewesen sein müssen und denen alles zum Sport wird? Diese Menge stellt nun in den Reporterphantasien das gesammte Volt dar; in ihr lebt das Beste des Volksbewußtseins. Und wenn nin diese Menge Ginge es nach den Bersen, mit denen unsere Koupletdichter bei einer schneidigen Reiterattacke in ungebändigtes Halloh Berlins Reize verherrlichen, das lokalpatriotische Gemüth jedes ausbricht, unbekümmert darum, daß diese Reiter- Fantasia, Berliners tönnte ewig sonntägliche Stunden durchkoften. Aber selbst wie die Araber die tecken Reiterstücke nennen, im Ernsts jene Bürger Berlins , die sich mit Stolz als„ Reichshauptstädter" fall einer unnüz tollkühnen Preisgabe von Menschenleben gleichtäme, fühlen, werden rom lobpreisenden Kouplet- und Tingeltangelsang nicht allzu tief berührt. Sie lassen sich nicht ungern von den ist da nicht der vollgiltige Beweis dafür erbracht, daß es nur ein schmeichlerischen Klängen reizen, aber fie geben sich ihnen nicht auf einzig herrliches Soldatengeschlecht auf Erden gebe, das deutsche?! Es wurden diesmal sogar von einzelnen Beobachtern gauz mert
Dummies Ding, wirft Dich doch vor mir nicht fürchten!" raunte er halblaut, und begann zu tanzen. Trotz seines Alters und feiner Korpulenz drehte sich Teßmer flott im Kreise, und auch die hübsche Kathinka schien bald ihre Scheu überwunden und Gefallen am Tanze gefunden zu haben. Nachdem Fräulein Hedwig und ihre jüngere Schwester Rosa ihre Partner gefunden, war das Eis gebrochen, und immer neue Paare stürzten fich in den Tanztrubel.
wiewohl
( Fortfehung folgt.)
Bonntagsplauderei.
nicht das aller
Gnade und Ungnade gefangen. Wenn dem Pariser Pfahlbürger- würdige Entdeckungen gemacht. würdige Entdeckungen gemacht. Manche von den norddeutschen thum zum zehntausendsten Mal versichert wird, Paris sei die Kriegsberichterstattern wußten zu„ fonstatiren", daß der soldatische glänzende Leuchte und Zentrale der Weltkultur, so wird jeder Gedanke auch im bayerischen Boltsherzen feste Wurzeln geschlagen Gewürzkrämer in Paris das durchaus in Ordnung finden, hätte; und es war gar puzzig, wie fie förmlich erstaunt ihre Entfür seine Person gewiß er hüllungen offenbarten, daß der militärische Geist seit 1866 in mindeste zum Glanz der Weltleuchte Paris beigetragen Bayern solche Fortschritte, solche moralischen Eroberungen gemacht hat. Wenn der spaßhaftefte Wiener , deffen geistiger Horizont nicht habe. Fast flang es, als wollten die Enthüller der tiefsten Volks über den Zuegersport oder über das Intereffe am Wettrennen feele dem gemeinen Bayer Glück wünschen, daß er nunmehr beinahe hinausreicht, die Worte hört:" Wien bleibt Wien !", so nicht er ganz würdig sei, Preuße zu heißen. ernsthaft und gewichtig hierzu, wie zu etwas Selbstverständlichem mit Welche Blumenlese von bayerischen Volksaussprüchen, dem Kopf, trozdem sich dabei so gut wie gar nichts denken läßt. die während der Manövertage gefallen waren, könnte man aus den Neu- Berlin ist zu jung noch, als daß es so feststehende Grundsäße Beitungsberichten zusammenstellen! Wie sich der Bayer für seine für sich hätte formen können. Noch immer pflegt man bei uns in manchen charakteristischen Regimenter interessirt; wie er sich für seine Armee, die im Gefecht Zügen die Emporkömmlingsnatur hervorzukehren; und ganz be- gegen die Preußen" stand, erhitzen kann! Die Herren waren ganz zeichnend ist es, wie gespannt man hier zu Lande fremde paff vor Ueberraschung und beeilten sich darum, die allerneueste Aeußerungen über Wesen und Eigenthümlichkeiten Berlins ver Entdeckung über den Kern bayerischen Voltswesens der aufhorchenden Welt brühwarm zu verkünden. folgt. Man erbost sich nicht mehr so heftig, wie vor Jahren, als Was sonst für Beobachtungen auf den ruhmvollen Manöver. Victor Tissot voll von albernen Vorurtheilen auszog und seine Studienfeldern gemacht wurden, das entspricht dent altbekannten Schema. veröffentlichte; etwas ruhiger ist man doch geworden, Den Bayern hängt an der Gewohnheit des Parvenus fest, sich ängstlich darum Nach diesem Schema kommt dem preußischen Soldaten das Beiwort zäh, dem bayerischen das Beiwort raufluftig zu. zu bekümmern, welche Meinung irgend ein Nachbar über das Haus schlechthin wird das Kriegführen zur waghalsigen Lust, dem wesen, das man bestellt hat, austramt. Herr Jules Claretie , der Preußen zur eisernen Pflicht. So steht's im Schema; und bekannte Theatermann und Tagesschriftsteller, hat in diesem Sommer darau wird nicht gerüttelt, aller modernen Waffenein paar flüchtige Stunden bei uns geweilt und in pathetischer technik, allen modernen Marschmanövern, die vom Soldaten Form die Eindrücke wiedergegeben, die er von der riesigen Kasernen die äußerste Kraftausnüßung fordern, zum Troß. Wurden diesmal und Fabrikstadt Berlin gewonnen hat. Er träumte sich in die Vergangenheit hinein und munkelte über die Zukunft des lebens- och Märsche bis zu 58 Kilometern, also bis nahezu acht deutschen Meilen erzielt. voll" anschwellenden Berlins . Das war Grund genug, die wichtigen Studien des Herrn Claretie, die während einer Rundfahrt zwischen dem Mittag- und Abendessen gesammelt waren, unserem Publikum in ihren Einzelheiten genau wiederzugeben und tiefsinnige Erörterungen daran zu knüpfen.
Aber man
Neulich war ein anderer Pariser Publizist hier und schilderte seine„ Berliner Anschauungen" in einer Pariser Zeitschrift. Für jeben Unbefangenen mußte es fofort flar sein, daß dieser Herr un gefähr so gesehen hatte, wie der Italiener Evangelifti, der nirgends in Berlin Noth und Elend zu erblicken vermochte. Das thut nichts. Auch folche Pariser Weisheit bekommt das Berliner Publikum aufgetischt, und es erörtert fie lebhaft. Ja, fällt es in Städten mit alt gefeftetem Kulturbefit, fällt es etwa einem Pariser ein, die Stirne nachdenklich zu falten, wenn igend ein Commis voyageur mit der Feder in ein paar Tagen oder Wochen die tiefsten Geheimniffe von Paris entdeckt hat?
Das macht indessen nichts aus. Wenigftens den Federhelden nicht, die dabei waren. Ganz Findige unter ihnen, die die geheimsten Regungen der Volksfeele zu belauschen wissen, wollten wahrgenommen haben, daß der furor des Bayern dadurch nicht im mindesten gelitten habe. So ist er einmal, dieser Bayer schlechthin, gleichgiltig ob er fränkischen, schwäbischen oder altbayerischen Stammes fei. Haufluftig bis zur Naserei des Halbwilden. An solchem Gegner Alpha, gemessen, wie heben sich da erst die Vorzüge der präzise arbeitenden, säh- preußischen Soldatennatur ab!
-
Kleines Feuilleton.
Die Glocken von Vineta. Bekannt ist die Sage von der reichen Stadt Bineta, die um des Uebermuthes ihrer Bewohner willen vom Meere verschlungen wurde, aber noch heute in der Tiefe ein gespenstisches Leben weiter führt. Nicht selten soll gar der einDabei muß man bedenken, wie diese Art von Entdeckungs- same Wanderer am Sonntagsmorgen, doch nur, wenn er selbst ein