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„ Die
Sonntagskind ift, in der Stille der Dünen den Klang der Kirchen -| Er, vor dem die blaublütigsten und goldschwersten Frauen friechen glocken aus der Tiefe der See vernehmen, die noch immer die Be- und der dennoch zu seinem getreuen Moppelchen", der bescheidenen wohner der längst versunkenen Stadt zur Kirche rufen. Gewiß hat Kathi von München zurückkehrt, er, der Allüberwinder und endlich schon mancher über die aus dieser Sage sprechende fromme Einfalt noch Reichskommissar des Königreichs Unjamwewe, welch' ein gelächelt, und auch ich habe es wohl früher gethan, bis es mir ge- Prachtkerl nach dem Geschmack guter Bürger. Aber nur nach der schah, daß ich die Glocken aus der See, zwar nicht der Dst, aber empfindsamen Schlußszene im zweiten Aft, in der ein Nigger seines der Nordsee , mit eigenen Ohren läuten hörte und einfah, Bana Ewert Bubi" in den Schlaf singt und dabei voll Heimweh daß auch hier, wie so oft, dem alten Boltsglauben doch seines eigenen Buben im fernen Afrifa gedenkt, gab es starten etwas Wirkliches zu grunde liegt. E3 war im Juli 1895 Beifall. Nach dem dritten und dem Schluß- Att mischte sich Zischen zu Wittdün auf Amrum Morgens halb fünf Uhr. Das Fenster war in den nicht besonders lebhaften Applaus. Herr A. Klein gab den Helden Ewert. In der Manier halb geöffnet, ein flarer Morgen schien herein, tein Laut des Lebens war vernehmbar, selbst der faft nie raftende Wind schien zu schlafen. diefes Schauspielers liegt es, das Einfachste wie etwas Bedeutsames Ich glaubte noch zu träumen, als ich durch das regelmäßige Brausen vorzutragen. Vielleicht trug er mit Schuld daran, daß Petersder schwachen Brandung hindurch bald schwach, bald stärker an- Ewert gar zu sehr wie ein selbstgefälliger Romanphraseur vorkam. schwellend tiefe Glockentöne vernahm, wie von einem fernen, voll-- Das Schiller Theater hat sich am Freitag durch die ftimmigen, wohlabgestimmten Geläute. Geisterhaft, wie von etwas Aufführung von Anzengruber's Bauernfomödie Körperlofem aus unbestimmbarer Ferne kommend, schwebten die Kreuzelschreiber" ein Verdienst erworben. Wir haben das Töne in der Luft, übertönten die Brandung und mischten sich mit luftige Stück schon bei früherer Gelegenheit besprochen und brauchen ihr. Eine Täuschung war nicht möglich; so scharf ich horchte, und es daher nicht im einzelnen zu würdigen. Aber es drängt einen ich habe ziemlich musikalische Ohren, die Töne blieben. Ich trat ans Fenster, sie wurden nur deutlicher. Ein wirkliches Glockenläuten doch, der Freude Ausdruck zu geben über die kerngesunde Sinnlichteit, die mit so schalkhaftem Behagen über der Handlung auskonnte es nicht sein, denn um 15 Uhr morgens und Alltags läuten gebreitet liegt und so energisch die Dünste pfäffischer Unnatur zu in protestantischen Ländern keine Kirchenglocken, ganz abgesehen vertreiben weiß. Mag darüber geftritten werden, ob im Tiroler davon, daß es ein so schönes Geläute in Hörnahe dort über Bauernvolke ein Pantheist vom Schlage des alten Steinklopferhannes haupt nicht giebt. Noch lange lauschte ich den tiefen möglich ist; dieser Mann ist lebenswahr, wie er dasteht auf der Tönen, zugleich über ihre Herkunft nachdenkend, bis sie mir klar zu Bühne und flug die Jungfrauschaft des Dorfes zu werden anfing. Das regelmäßige Geräusch der Brandungswogen felbft mußte es sein, das sich von einer langen Rüstenstrecke her sich in standhafter Entsagung mühen, die vermeintliche Pflicht gegen frommem Werke an den Männern mobil macht, wo deren Ehefrauen unter der günstigen Bedingung vollkommener Stille zu tiefen musi die Kirche höher zu achten als die eheliche Pflicht. Wo hat wohl talischen Tönen zusammenfassend, die ihrerseits wieder unter sich ein neuerer Dichter Sinnlichkeit und Sittlichkeit in gleich schöner noch tiefere Kombinationstone erzeugten. Letztere halte ich sogar Mischung zu vereinen vermocht, wie Anzengruber in den Kreuzelihres eigenthümlich ergreifenden Charakters wegen an dieser felt schreibern" famen Naturmusit für sehr stark betheiligt.-
Literarisches.
(„ Prometheus".)
Unjamwewe", Ernst v. Wolzogen's vierattige Romödie, ist soeben im Verlage von F. Fontane u. Co., Berlin , als Buch erschienen.- Theater.
Unmensch, Unmensch, wer bist Du, daß Du uns so die Köpfe verdrehen und die Herzen zerfleischen fannst und lächelnd weiter schreitest auf Deinem blutigen Wege zum Ruhme!"
Première erlebte.
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Die Darstellung, die dem Stücke im Schiller- Theater au theil ward, war lobenswerth. Man sprach durchweg gut und spielte frisch und wahr. Die beiden Hauptpersonen, der Steinklopferhanns und der Anton fanden in den Herren Pategg und Neuert tüchtige Vertreter, und wenn auch die Seffa des Fräulein Barth ein wenig schnippisch und bläßlich war, fo wußte sie sich doch im Ensemble brav zurechtzufinden. Ein kleines Rabinetstück schuf Herr Eyben in dem alten Brenninger.
Musik
er-- Neues Operntheater. Weit Beginn dieses Mit diesem start romanhaften Ausschrei apostrophirt Frau Leonore, die Gattin des reichen Konsuls Gerth, den Afrika - Eroberer mürrischen Septembers find bis auf wenige Ruh- und Urlaub Franz Ewert, für den sie in stürmischer Leidenschaft entbrannt ist. bedürftige sämmtliche Künstler, welche das Ensemble der töniglichen Herr Ewert aber weist die Liebessieche mit fühler Ueberlegenheit Oper bilden, heimgekehrt. Stille Wünsche, welche die Pietät und zurück. Er ist kein Damenmann, er ist ein männischer Mann, erinnerungsgütige Dankbarkeit bisher nicht zu Worte kommen ließ, der nur seiner großen Aufgabe lebt, dem Vaterland ein Stüd Afrika werden in dieser Spielzeit sicherlich zu nachdrücklichen Forderungen zu gewinnen. Ihn darf das Weib nicht icht unterkriegen. Für ihn be- anfanden, het bie Heberzeugung, daß ohne einen jugendlich unverbrauchten Heldentenor und eine mehr auf ihre stimmfrische Gegendeutet die Frau das bischen Schönheit, den Duft, der den geplagten wart als auf ihre große verklungene Vergangenheit pochende Menschen zu Zeiten erquicken soll. So heißt es in der neuesten Komödie Wolzogen's Undramatische Sängerin feinem Kunstwerke wirklich dauerhaftes Leben verliehen werden könne, dürfte jenen ehrenwerthen Emjam wewe", die am Freitag un Lessing- Theater ihre pfindungen, welche vieljähriges Verdienst nicht der unerbittlichen Held Ewert in der Komödie erinnert mich an den Kraftmeier Beit gänzlich überlassen wollen, kaum mehr unterliegen. Wir hörten Herrn Sylva, dessen ehrliche und ernste Künstlerschaft weit das einer höchst romantischen Geschichte von Sue, der jeden und jede übliche Tenoristenthum seit vielen Jahren überragt, kürzlich als Canio überwand, der den Männern im Kampfe obfiegte, wie den zierlichen( Bajazzo) und Mathias( Evangelimann ). Noch flingt uns aus Mädchen auch. Wo er auftritt, kann er Furcht und Respekt um früheren Zeiten diese in breiten Tonwellen ausströmende Tenorstimme, sich verbreiten, wo er hinblickt, brechen zärtliche Frauenherzen. deren üppiger Bruftklang selbst in hohen Lagen nicht verblaßte, Solchen Vergleich mit hyperidealisirten Romanfiguren weckt der im Ohre nach, und die Erinnerung, wie dieses Erzorgan am Schlüsse Held von Unjamwewe; und andererseits giebt er sich bis auf der einer noch so auftrengenden Rolle dieselbe Leuchtfülle besaß wie zu Namen so deutlich als eine Gestalt, die nach lebendigem Modell ge fchaffen ist, die die Thaten des vielberufenen Afrikahelden Peters Beginn der Oper, wird niemand, welcher diese echt dramatische, aus dem innersten Wesen einer kraftvoll männlichen, in sich abge: von allem Krampfhaften freie Stimme in ihrer Blüthe gehört, entfchloffenen Natur erklären, nicht idealistren soll. Das giebt einen schwinden. Weit entfernt, sich über seine herrliche Vergangenheit zu tünstlerischen Mißtlang. In dem ideologischen Eifer, den angeblich täuschen und sie durch Leistungen seiner Müdigkeit zu trüben, wird verlästerten Peters zu retten", hat Wolzogen seine fünstlerische Herr Sylva den Muth eines wahren Künstlers zeigen und sich als Kenner des seinen Geheimnisses erweisen, wie man die Absicht verschoben. Er mußte retouchiren; hier verschönen, Tyrannei der Zeit bekennt, ohne ihr zut unterliegen. dort verschweigen. Hier drängt sich ein Bug auf, der beinahe ein reporterhafter Abflatsch nach der Natur ist, dort Dasselbe verfärbende Bild bot Frau Sucher als„ Ortrud" in der letzten Aufführung von Wagner's" Lohengrin ", wird er überwuchert von romanhaft phantastischen Buthaten. fann faum das Gefühl faffen, sich für immer von den magischen Man soll an einen schlichten Mann glauben, der eben nach den Gesetzen seiner eigenen Kraftnatur handeln muß, und anderseits hat Reizen dieser einst reinen und großen Stimme, von der zwingenden man einen theatralischen Großsprecher und nur einen Großsprecher Macht diefer Schauspielkunst trennen zu müssen, welche von dem realistischen Parvenüthum unseres modernsten Primadonnenthums vor sich. Man soll im Ernst an das verwogene Selbstvertrauen nichts wußte. Und dennoch müffen wir den unbarmherzigen Wunsch dieses Menschen glauben, wenn er die Peters Anekdote zum besten giebt: Einst wollte er sich an die Spitze der Sozialdemokratie äußern, dieser gewaltigen künstlerischen Persönlichkeit bald die weiten stellen, und nur das Aristokratische in seinem Wesen habe ihn Grenzen und die volle Kraft unserer weihevollen Erinnerung widmen zu dürfen. zurückgehalten.
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Gegenüber Zwitter Komödien, wie Unjamwewe ist, braucht man nicht erbost zu sein; nicht um der Peters- und Kolonialschwärmerei willen und nicht der männisch- bequemen Art wegen, wie das Verhältniß der Frau zum schaffenden Mann behandelt wird. Gewichtigere Dinge als dieses Lustspiel, das als Charakterkomödie angelegt ist und alle Augenblicke ins übliche Salonstück oder den Theaterschwant umschlägt, sind des Grolles werth.
Dieser Ewert, der ein Erdenmensch unserer Tage sein soll und doch sich geberdet wie nur irgend ein pofirender Romanheld, hätte sicherlich unserem Philifter heidenmäßig vielen Spaß gemacht, wäre nur die Erinnerung an sein Vorbild Peters nicht allzu lebendig.
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Man
- In den großen Philharmonischen Ronzerten unter Arthur Nitisch's Leitung gelangen im nächsten Winter zur Aufführung außer Symphonien von Beethoven , Haydn , Mozart , Schumann, Brahms die Symphonie in B- dur von Rob. Volkmann, eine Symphonie in D- moll von César Frank , die bei diefer Gelegenheit in Deutschland zum ersten Mal gespielt wird, eine Senerade für Streichorchester von Josef Sut, dem Führer des Böhmischen Streichquartetts, Till Eulenspiegel " von Rich. Strauß, das Vorspiel zum zweiten Aft der Oper Gernot" von Eug. d'Albert, ein neues Wert von Heinr. Zoellner, dem Komponisten der Oper„ Das hölzerne Schwert", Brahms ' berühmte Haydn- Variationen, Bizet's" Arle
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