Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 202.

Donnerstag, den 14. Oktober.

1897.

( Nachdruck verboten.) strafbare That zur Last legen können? Nein, die Notizen der Polizei sind zu belastend. Der General- Polizeiminister ist

Der Roman einer Verschwörung. überzeugt, daß Herr Nocherenil im Besitze eines großen Theiles

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Bon A. Ranc.

Jns Deutsche übertragen von Marie Kunert  . Juliette Lefrançois sprach diesen letzten Satz in traurigem Tone wie in Resignation. Während sie sprach, betrachtete der Untersuchungsrichter fie mit brennender Neugier. Eine Weile schwieg er noch.

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von Malet's Geheimnissen ist. Mau ist in Paris   überzeugt, daß er, wenn er reden wollte, alles, was an der Affäre vom 23. Oktober dunkel und unerklärlich geblieben ist.

Herr Drault fonnte nicht vollenden. Juliette Lefrançois hatte sich erhoben und grüßte falt mit den Worten: Adieu, mein Herr."

" O," begann der Richter, schmerzlich überrascht scheinend, Mein Fräulein", sagte er endlich, find Sie aufrichtig? thun Sie mir nicht die Kränkung an, mein Fräulein, Wenn Sie es sind, wenn Herr Rochereuil Ihnen nichts anver zu glauben, daß ich Herrn Rocherenil zu einer niedrigen traut hat, so schäßt er Sie geringer, als Sie es werth sind. Handlung rathe. Ich weiß, wer er ist, ich weiß, wie fein In meiner Eigenschaft als Untersuchungsrichter weiß ich Charakter ist,.ch würde ihm nichts vorschlagen, was seiner vieles, und ich habe da, halt! eine Notiz, die Sie betrifft. unwürdig wäre. Und gestatten Sie mir, es auszusprechen: Es wird darin gesagt, daß Sie Herrn Fernand Ron gefolgt Herr Rocherenil ist keiner von den Männern, welche ihre find, als er im Jahre 1805 aus Gründen der öffent- Freiheit um den Preis schimpflicher Schwäche erkaufen. lichen Sicherheit auf der Insel Oléron   internirt wurde. Allein Malet und seine Mitschuldigen find todt; nichts kaunt Sie waren damals noch jehr jung, noch nicht zwanzig ihnen mehr schaden, und Herr Rochereuil ist ihnen gegenüber Jahre alt, und doch war die Festigkeit Ihres Charakters und von seinen Verpflichtungen entbunden. Könnte er nicht, ohne die Entschlossenheit Ihres Geistes schon derart, daß die Juter- fich zu kompromittiren, ohne eine lebende Person zu uirten, neben denen Sie lebten, Ihnen nichts oder nur sehr kompromittiren, uns die Mittel geben, wenigstens bis zu wenig verbargen. Andererseits hatten die Behörden der Insel einem gewissen Grade den Anforderungen der Verwaltung zu fein Mißtrauen gegen Sie, Sie waren so heiter und so kind genügen? lich! Sie haben die Freiheit zu gehen und zu kommen, dic Die kaiserliche Regierung würde ihm für die geringste Ihnen bewilligt worden war, benutzt und sogar etwas miß- Auskunft Dank wissen. Wissen Sie es denn, mein braucht. Sie haben die Flucht vorbereitet, dauf deren mehrere Fräulein, Herr Rocherenil hat fein anderes Mittel Internirten ein englisches Schiff erreichen konnten. Die mehr, und wenn er Werth legt auf seine Freiheit, muß Thränen kommen Ihnen in die Augen, mein Fräulein? Ver- er sprechen. Die Staatsgefängnisse sind voll von zeihen Sie mir, wenn ich eine so schmerzliche Erinnerung in weniger schuldigen Lenten... ch will sagen, von solchen, die Ihnen wachrufe, aber es ist nöthig, damit Sie be- nicht wie er eitlärte Feinde des Kaiserreichs sind. Wenn er greifen, daß keine Handlung Ihres Lebens der Behörde schweigt, wird seine Haft bis ins Unbestimmte aufrecht er­unbekannt ist. Vergessen Sie aber nicht, daß es nicht talten; wenn er spricht und ich wiederhole Ihnen, man ter Untersuchungsrichter, sondern der Landsmann, beinahe verlangt feine herabwürdigenden Geständnisse, die seinem Ge der Freund ist, der zu Ihnen spricht. wiffen widerständen dann wird er frei sein. O, ich vers In dem Augenblick, als die Internirten sich einschifften", spreche Ihnen keine volle und ganze Freiheit; vielleicht wird fuhr Drault fort, wurden sie von den Küstenwächtern und er gezwungen werden, das Reichsgebiet zu verlassen. Er ist den Zollbeamten überrascht, die Feuer gaben. Fernand, der reich; er wird unter einer zeitweiligen Verbannung nicht zu der letzte auf dem Lande war, wurde von zwei Kugeln ge- fehr zu leiden haben. Es ziemt mir nicht, Verpflichtungen troffen. Nach dem Zollamt gebracht, starb er dort am zu übernehmen, aber ich glaube Ihnen versprechen zu nächsten Tage. Sie haben seine letzten Worte entgegen fönnen, daß, wenn Herr Rocherenil meinen Rath genommen, und wie Sie eben zugegeben haben, sind Sie nach schlägen folgt, der Herr Unterpräfekt Bourguon, der Poitiers   gekommen, um sie seinem Freude Pierre Rochereuil Herr Generalprokurator und ich seine sofortige Befreiung zu überbringen. Dieser hat Sie empfangen, nicht nur als durchsetzen werden. Er wird dann Frankreich   verlassen, und eine unglückliche Frau, sondern als die, welche seit vielen Sie fönnen ihm folgen. Ist das nicht auch Ihr Wunsch, Ist das wie Jahren mit den Gedanken, Plänen und Hoffnungen Fernand Fräulein Lefrançois, und würden Sie nicht glücklich sein, Roy's vertraut war. Seitdem hat er nicht aufgehört, wenn Sie Paris   verlassen könnten unter der Bedingung, daß Sie zu besuchen, Sie sogar oft zu besuchen. Es ist unmög cs mit Herrn Rochereuil geschähe? Nun, das hängt nur von lich, daß das Vertrauen, das die Gefangenen auf der Insel Ihnen ab. Was Sie auch sagen mögen, Sie haben viel Oléron Ihnen schenkten, nicht von Herrn Rochereuil fortgesetzt Einfluß auf den Geist des Herrn Rocherenil. Wenn Sie mir worden sei. versprechen wollen, mit ihm in dem angegebenen Sinne zu reden, wenn Sie ihn dazu bestimmen wollen, werde ich sofort ein Wort an den Herrn Unterpräfekten Bourgnon schreiben, und zweifellos wird er Ihnen die Erlaubniß, um die Sie bitten, bewilligen."

Drault sprach diesen Satz in fragendem Tone. Juliette Lefrançois verharrte regungslos; ihr Gesicht blieb unbeweg­lich. Sie antwortete nur:

Sie haben mir gesagt, daß nicht der Untersuchungsrichter in diesem Zimmer wäre."

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Der Richter hatte diese kleine Rebe in einem Athem Und ich habe die Wahrheit gesagt, mein Fräulein. Der herunterge haspelt, ohue Juliette Lefrançois Zeit zu lassen, ihn Untersuchungsrichter würde Ihnen nur eines geantwortet zu unterbrechen. Als er geendet hatte, antwortete sic: haben, daß es nicht in seiner Macht stände, Ihnen einen Sie sind in einem großen Frrthum, mein Herr, bezüglich Besuch bei Herrn Rocherenil zu erlauben. Nur der Herr der Dienste, die ich Ihnen leisten kann. Ich würde mich viel Unterpräfekt Bourgnon hat injolge höherer Befehle, denen leicht dazu entschließen, zu thun, was Sie wünschen, wenn es ich mich anpassen muß, dieses Recht. Der Untersuchungsrichter nicht ganz unnütz wäre. Niemals hat Herr Rochereuil mich würde Sie zu dem Herrn Unterpräfekten geschickt haben. zu seiner Vertrauten gemacht, niemals hat er mich um Rath Ich kann Ihre Bitte nur unterstützen. Aber ich muß einige gefragt. Onein, ich würde es gar nicht wagen! Beim ersten Gründe haben, um es zu thun. Ich muß Ihren Besuch mit Wort würde er mich unterbrechen. Ich brauchte diesen irgend etwas motiviren. Mißtrauen Sie uns nicht, mein talten, harten Blick, den er hat, wenn er will, auf mir nur zu Fräulein Herr Bourgnon und ich, die wir aus der Stadt fühlen, und die Stimme würde mir versagen... sind, haben nur einen Wunsch, und der ist, uns dieser traurigen. Nun, mein Fräulein, Sie haben Ihr Köpfchen für sich Angelegenheit zu entledigen. Herr Rocherenil und seine und halten Ihr System ganz gut aufrecht. Ich würde nicht Freunde gehören zu den besten Familien der Stadt. Sie geglaubt haben, daß Rocherenil Sie so in Schrecken versetzt. fühlen wohl, daß ein Prozeß eine Quelle von Verdruß und Was nun die Unkenntniß seiner Angelegenheiten betrifft, so zwar von großem Verdruß für uns sein würde. Andererseits gestatten Sie mir, rundweg darau zu zweifeln. führt die Untersuchung zu nichts. Herr Rochereuil bewahrt Sie unter uns gesagt, was wir wissen wollen, brauchen absolutes Schweigen. Bis jetzt hat er sich geweigert, auf die wir nicht gerade nothwendig von Rocherenil selbst zu haben. Fragen, die wir an ihn gerichtet haben, zu antworten. Glauben Es ist vielleicht nicht unmöglich, ihn durch einen anderen zu Sie, daß er in Freiheit gesetzt wird, wenn wir ihm selbst teine ersetzen. Denken Sie darüber nach. Sie haben mich jetzt ver

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