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Ich stehe allein und habe mich sogar verpflichtet, mich vor der die Glasflächen, die Einblicke in den Waarenbazar gestatteten; den eigenen Polizei Ihres Minifterians und der Gendarmerie in Eisenrippen" gehört die Zukunft, riefen einzelne Architekten aus; acht zu nehmen. Ich soll alles selbst ersinnen und ausführen. das moderne Waarenhaus wird uns den heißersehnten neuen Bauftil Glücklicherweise hat dieser triefäugige Spürhund, der bringen. Nun steht in der Hauptverkehrsader der Stadt der typisch­moderne Bazar vollendet da: von oben bis unten zu begucken, cin Degrange, mir selbst Mittel und Wege gewiesen, um in das ungeheurer Schaukasten in mannigfachen Abtheilungen; nirgends mehr Gefängniß einzudringen, wo Rochereuil und der Abbé Georget Seimlichkeiten, überall freier Naum für das blendende dekorative inhaftirt sind. Arrangement, bei dessen verwirrender Fülle selbst der wohlfeile Trödel bestehen kann. Längst ist der Marktschreier, der seinen Witz und seine Zunge oft bis zur Erschöpfung abrackern mußte, in welt­Dort mag der arme Hanswurst ein ferne kleine Orte verbannt. Betteldasein fristen. Nicht wie im erstarrten orientalischen Bazar tritt der Handelsherr mit dem Käufer in direkte Berührung; und hat der Verkäufer gar ein besonderes liebes, kostbares Stück, so weist er es heimlich dem bevorzugten Gast.

Eines Abends saß ich gerade im Speisesaal des Hotels bes Trois- Piliers und dachte nach, wobei ich Pfirsichstückchen in ausgezeichneten Wein tauchte( was für Tafelgenüsse, werther Herr, bietet doch dies Poitou!), als ein Polizeikommissar, der zweifellos den Anweisungen Degrange's folgte, sich im Hotel vorstellte. Er kam zu einer Inspektion der Reisenden und wollte ihre Pässe prüfen. In dem Augenblick war mein Entschluß gefaßt. Ich gab meinen Namen und meine Stellung an: Pavie, Beamter bei den Armeelieferungen," aber ich bekannte auch, daß ich keine Papiere hatte. Ach, mein lieber Herr, ich hätte sterben mögen vor Lachen, als ich in diesem Augenblick das kleine, unruhige Auge von Degrange sah, der gern dazwischen gefahren wäre, es aber nicht wagte. Er war halb befriedigt, halb ärgerlich. Auf der einen Seite begriff er, daß ich eine Idee verfolgte, auf der anderen fab er eine Gelegenheit, aus meiner Anwesenheit in der Heim fuchung" und aus den Beziehungen, die ich nach seiner Ansicht zu Rocherenil hatte, irgend welchen Vortheil zu ziehen. Ich möchte wetten, daß Degrange mich im Grunde für einen royas listischen Agenten hält.

Am Abend also schlief ich im Gefängniß unter demselben Dach mit Rochereuil und Abbé Georget.

Die moderne Glasburg steht stumm da in ihrer prozigen Macht und doch schreit sie unvergleichlich fauter, schriller und eindringlicher, als die gewigtesten Marktschreier der Welt und als die blumigite Beredsamkeit der Orientalen. Sie gligert und flimmert bei Tage, und in den Abendstunden gleiten elektrische Fluthwellen über sie hin. Sie lockt den müßig schlendernden Gaffer und fie zwingt den rasch Vorüberschreitenden zum Aufschauen. Sie läẞt niemanden los; sie ist ein Tempel der Reklame.

Die zentralisirte Rapitalsmacht eines spekulativen Raufherrn tam auf den Einfall, sich den riesigen Schaufasten nicht weit von der Stätte zu erbauten, wo vor nicht allzu ferner Zeit, ehe noch der Zug nach dem Westen vorherrschte, das Potsdamer Thor ins Freie und Grüne führte und wo jetzt noch der runde Leipziger Platz mit seiner ruhigen, wenn auch nicht erhebenden Architektur eine freundliche Dase bedeutet. Dieselbe Kapitalsmacht wird in den speichern, Bedarfs- und Schmuckgegenstände: in Maffen für die Masse; bauchigen Räumen der neuen Glasburg hunderterlei Dinge auf ein Magazin für alles. Von Manschettenknöpfen und armselig Nun, mein Herr, ich habe diese beiden Männer dünnen Kinderstrümpfchen bis zu den Erzeugnissen der Literatur: gesehen, die von ihrer Zelle aus die kaiserliche Re- dem spekulativen Machthaber ist das alles willkommen. Er fagt: gierung in Schach   halten und das Kissen, auf dem Nichts, was in Massen verschlungen werden fann, soll mir fremd der häßliche Kopf des Herzogs von Rovigo   ruht, mit sein. Ich kaufe auch Literatur, stoß- und ballenweise. Literatur, Dornen spicken. Ich habe sie gesehen und mit ihnen gesprochen. Gesprochen ist etwas viel gesagt, denn in unserer kurzen Unterredung war ich es nur, der sprach, und als sie mir antworteten, geschah es, um mich zu verabschieden.

die harmlos ist und unschädlich. Schöngeistige Arbeit für das deutsche Mädchen, schöngeistige Arbeit für die deutsche Frau, das Heimchen am Heerd. Vor allem fei sie wohlfeil und frei von unnütz individuellem Gepräge! In diesem Puntt treffen sich der Handels­herr in Waarenbranchen aller Art mit dem Großlaufmann, der auf feinem Zeitungspapier in parteilos öffentlicher Meinung für 200 000 Abonnenten macht, wie im brüderlichen Verein.

Mit folchen Burschen darf man nicht hinter dem Berge halten. So habe ich mich ihnen denn auch frei und offen ge­nähert und gesagt: Ich bin Méhu de la Guiche. Ich wußte Darum wird die dekorative Glasburg, so nothwendig fie auf wohl, daß ich ein gewagtes Spiel spielte, aber ich hatte ihnen grund gesellschaftlicher Zustände und als Huldigung der heiligen genügende Erklärungen über meine Beziehungen zu Drake, Reklame tommen mußte, ein schlimmer Bildner des Geschmacks Sem englischen Minister, zu geben; ich konnte ihnen werden. Die gläserne Burg als Erzieher, das wird ein unfreund­beweisen, daß die Broschüre über die Jakobiner und liches Ergebnis werden. Wo das Flache verbreitet wird, aus dem die englische Regierung, die unter meinem Namen jedes individuelle Streben geflissentlich verbannt ist, wo man allen­falls noch mit wohlfeilem Glanz anzureizen sucht, da wird Druckerei hervorging, fein gediegener Geschmack sich erschien und aus der kaiserlichen Druckerei hervorging, fein bilden. Oder man müßte nicht von mir war, furz, um sie endgiltig zu überzeugen, an die Lehre glauben, von der zum Beispiel einzelne Berleger von wollte ich mich auf Abbé Lafon berufen, dem ich bei seiner Hintertreppenromanen ausgehen. Wenn man denen Vorhaltungen Flucht aus Paris   geholfen habe. nacht, so erwidern fie faltblütig: Was wollen Sie? Zuerst muß man die Leute ans Lesen gewöhnen. Mit dem Hintertreppenroman fängt's an; dann fommen die Leute von selber drauf, ein volle wissenschaftliches Buch von Werth beim Kolporteur zu bestellen." Das überaus gemüthliche Wort: von selber! Als ob die gleich­mäßige Fortbildung im Flachen selbst bessere Instinkte nicht er schlaffte und endlich erstickte!

Aber leider haben sie mich nur wenige Minuten reden laffen. Plöglich unterbrach Rocherenil mich mit den Worten: Sie haben unter dem Namen Müller die Philadelphen von Besançon   ausgeliefert." ( Fortsetzung folgt.)

Sonntagsplauderei.

Gegenüber dem alten Haus des Reichstages in der Leipziger­straße erhebt sich ein neuer seltsamer Geschäftspalast. Wer in den Abendstunden dort vorübergeht, sieht ihn von weitem schon blinken und leuchten. Das Licht aus elektrischen Bogenlampen umflirrt das Glashaus; weit hinein in Flur und Gänge blickt das Auge, dem es über all dem grellen Glanz wohlthut, daß tiefer drin im Hause das mildere Glühlicht wenigftens wohlthätige Abwechselung schafft. Man kann nicht vorübergehen, ohne daß das gläserne Haus zu rufen scheint: Du mußt mich betrachten, Du mußt!

Man hat in der jüngsten Zeit stets so viel von der dekorativen Politit gesprochen, von den Jubelfesten und Prunkmanövern, von Paradefeierlichkeiten und Fürstenbesuchen, und mancher Bürgersmann gewöhnte sich die bleiche, flapprige Furcht an, wenn er von Ver­stimmungen irgendwo in Darmstadt   oder Karlsruhe   las. Das Deforative, das Arrangement spielt aber im modernen Leben auch außerhalb der Politik seine bedeutsame Rolle.

Das weite gläferne Gebäude in der Leipzigerstraße stützt sich auf eiferne Rippen. Alle übrige bauliche Verkleidung ist zur Neben­fächlichkeit herabgesunken. Es ist eben eine leichte steinerne Ver­fleidung, eine ornamentale Zier.

Da versucht man mühselig, den kunstgewerblichen Sinn bei uns 31 beleben. Erst jüngst war ein Artikel über diese tastenden Be­mühungen im Vorwärts" veröffentlicht. Der Auffah athmete viel Hoffnungsfreude. Wenn ich an die gläferne Schauburg denke, schrumpft meine Hoffnung arg zusammen. Die Stack Kultur fitzt uns zu fest im Geblüt, das heißt die Kultur, die stuckartigen Aufputz und Ueberladung der farger scheinenden, aber echten Gediegenheit vorzieht. Diese Stuck- Kultur aber und die gläsernen Burgen stehen in einem innerlichen Verwandtschaftsverhältniß zu einander.

Es wäre ja so schön, den alten Zufammenhang zwischen Handwerk und Kunstbemühen wiederzufinden. Die banaufische Berachtung der Kunst, die man in dem Preußen Deutschland   der Gegenwart selbst bei ganz intelligenten Köpfen findet, müßte schwinden, wüchse die Einsicht, daß eben die Kunst eine nothwendige Lebensäußerung ist; daß sie das Alltagswesen erhöht, wenn sie zugleich das Alltagsbedürfniß be rücksichtigt und verschönt. Künstler mit hochfliegenden Absichten haben längst, zumal in England, daran gearbeitet, dem Kunstgewerbe individuelle Wege zu weisen. Ein Walter Crane   hat selbst an die Bedürfnisse der kleinen Jugend gedacht. Und welchen rein wirthschaftlichen Lohn hat das gebracht, von der ideellen Seite ganz zu schweigen. Bei uns wird hieriu die fortschrittliche Arbeit nicht blos darum schwieriger, weil wir nachhumpeln, sondern weil in zwischen die Stuck- Kultur so vieles verbildet hat.

Wie aus der Bußenscheiben- Phantastik, die anfangs an altdeutsch trauliches Kneipenleben erinnern wollte, nach mancherlei Stil­umwandlungen der moderne Bierpalast entstand, so hat das Reklame. Gewiß, die moderne Glasburg als Kaufpalast ist an sich als Schaufenster allmälig sich zum riesigen Reflameschauhaus entwickelt. Maffenzentrale kein Hinderniß für die Entwicklung des einfach­Mit romantischer Deutschthümelei, wie beim Bierhause, hat gefunden Kunstgeschmacks. Wenn man in ihr nur wollte! Ob man diefer Prozeß freilich nichts zu schaffen. Jmmer weiter und in ihr mit vervielfältigten Gegenständen der Stuck- Kultur handelt, tiefer wurde das Schaufenster, nicht selten machte es den Haupt- oder ob man vervielfältigte Erzeugnisse tunstgewerblicher Art um werth des Kaufladens aus. Mit Hilfe der Eisenkonstruktionen setzt, die im Originalentwurf wirklich gediegenen, persönlichen Cha erhoben sich die inmodernen Kaufhäuser; immer umfassender wurden Iratter trugen, das ist den großkapitalistischen Handelsleuten höchst