Kleines Feuilleton.

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freulichen Leistungen vom Mittwoch erwartet werden durste. Der Wallenstein des Herrn Pat egg war gewiß noch keine Imperatoren­- Die verschwundenen historischen Fußspuren. Am Genfer   gestalt, aber der Künstler benahm sich doch freier und selbstbewußter See im altehrwürdigen Schloß Chillon  , das allsommerlich von als am ersten Abend; Herr Patry als Questenberg   fehrte mit so und so viel hundert Engländern und andern Fremden heimgesucht recht weniger den Höfling, als den scharfzielenden Diplomaten wird, ist eine schauerliche Dunkelkammer, wo der edele Bonivard hervor. Die Bankettszene im vierten Aft verlief sehr munter; von vier Jahre lang in Banden lag und allwo seine Fußspuren dem trunkenen Illo des Herrn Fro böse will uns bedünken, daß deutlich, sehr deutlich zu sehen sind. Es ist ein Heiligthum der er etwas zu start von modern- naturalistischen Vorbildern profitirer Umgegend, besonders der Hotelbefizer und Fuhrleute. Und nun wollte.­

stellen Sie sich vor, wird der Frants. 3tg." geschrieben, die Fuß­spuren, die viel bewunderten, verehrten find nicht mehr, d. h. sie

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Musik.

waren nicht mehr; denn sie sind mittlerweile wieder zum Vorschein Konzerte ist von Sofet Sut, dem zweiten Geiger des föſt­-er-. Ronzerte. Im dritten philharmonischen gekommen. Das tam so: Die Aufregung, die sich der ganzen Gegend über lichen Böhmischen Streichquartetts", eine Serenade für Streichs das während der Restaurationsarbeiten im Schloffe Chillon festgestellte orchester gespielt worden, in welcher sich neben einem feltenen Verschwinden der Fußspuren bemächtigt hatte, veranlaßte den streb- Reichthum an Harmoniebildungen eine ungewöhnliche poetische famen Deputatus Paul Bulliet, die Regierung über dieses Ereigniß Ausdrucksform offenbarte. Die Ueberraschungen, besonders zu interpelliren. Die Interpellation tam Montag, den 8. November, origineller thematischer Erfindung, finden sich zwar in feinem zur Sprache. Staatsrath Biquerat erwiderte, aus dem Berichte des der vier, in blühenden Wohllaut getauchten Sätze, aber die anmuthigen bauleitenden Architekten gehe hervor, daß diese historischen Modulationen der schwärmerischen, heiter graziösen und mild leiden­Fußspuren nicht von Bonivard'  s Füßen herrühren, daß sie viel schaftlichen Stimmungen entschädigen dafür in ihrer lebhaft ge mehr jeden Winter mittels einer Eisenschaufel steigerten Mannigfaltigkeit und in ihrer, angesichts des tonlich be wieder aufgefrischt wurden, zur Befriedigung der Fremden. Die Reklamationen feien gegenstandslos geworden, da Besonders der 3. Sat, ein in zwei Hauptgefängen durchgeführtes Adagio, engten Streichquintetts, außerordentlich innigen poetischen Beredsamkeit. die Spuren sofort nach Einbringen der Interpellation wieder her bringt das Bild einer von mildem Mondschein überstrahlten Land­gestellt worden seien. Mit Genugthuung nahm der Große Rath schaft mit den zartesten Farben einer musikalischen Joylle vor die Diese Eröffnungen entgegen, und die Aufregung im Lande wird nun Seele. Das Publikum bereitete dem anwesenden Komponisten, dessen einer versöhnlichen Stimmung Platz machen. Im nächsten Sommer Bescheidenheit nur von seiner Begabung übertroffen zu werden tönnen die Fremden wieder die historischen Fußspuren mit demfelben scheint, eine förmliche Ovation. An Instrumentalnummern hehren Schauer betrachten, wie in Verona   das Grab Julien's oder brachte das Programm Beethoven'  s" Coriolan" Ouvertüre, beim finstern Schloß am Meere in Helsingör   das Grab Hamlet's  .- deren Wiedergabe die entscheidende innere Energie mangelte,

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Ueber die Lebensverhältnisse in dem Lick- Observatorium   und Schumann's C- dur Symphonie, deren kontrapunktische auf dem Mount Hamilton in Kalifornien   berichtet v. Schweiger Großartigkeit ja fast ohne gleichen dasteht. Kapellmeister Lerchenfeld. Gleich zu Beginn der Thätigkeit des großartigen Ob. Nitisch fand besonders in der melancholischen Größe und fervatoriums gestaltete sich der Aufenthalt ziemlich unbehaglich. Die fanften Schmerzenstlage des Adagio und in dem feurigen Winter brachten Zustände, welche fast an die Schrecken einer Polar- Jubel des hinreißend rhythmisirten Finale Gelegenheit, seine station erinnerten. Die Häuser der Astronomie- und Beobachtungs- geistig stets feffelnde Dirigentenkunst und den Glanz und gebäude versanten in Schneemassen von 4 Meter Höhe, aufgethürmt die feine Schmiegfamkeit feine Schmiegfamkeit seines Orchesters zu zeigen. Die von orfanartigen Stürmen, unter deren Anprall 5 Centimeter starte Solistin des Abends war Frl. Landi, deren so vortrefflich eiferne Stüßen wie Holzstäbe zusammenbrachen. Die großen gebildeter Stimme der große Raum zwar nicht die Gesangskunst, Beobachtungskuppeln froren ein, wodurch der Beobachtungs- aber die Seele im Ausdruck zu nehmen scheint. Man kann kaum mechanismus versagte; die Wege waren ungangbar, aller Berkehr mit technisch vortrefflicher und empfindungsleerer Arien von Händel   und Der Außenwelt hörte auf. In den Wohnräumen herrschte tagelang, Gluck vortragen hören als von Fri. Landi, wenn sie in der- ja durch Wochen, eine Temperatur, welche nicht über den Nullpunkt Philharmonie diese Stücke fingt. Unter der Leitung des hinauf zu bringen war, so daß das Wasser auf dem Speisetische General- Musikdirektors Frizz Steinbach eröffnete die Mei­gefror und Linsen, wenn sie gewaschen wurden, sich mit einer Gisninger Hoftapelle ein Zyklus von vier Konzerten, deren schicht überzogen. Die Heizung versagte, weil der Sturm die Kamin- Reinertrag für ein Brahms- Denkmal bestimmt ist. Die Intentionen flaminen 2 bis 3 Meter weit in das Bimmer blies. 3u all dem des geschiedenen, einsamen Meisters sind durch nahe freundschaft Schlimmen trat Holzmangel ein. Allerdings waren und sind dies lich fünstlerische Beziehungen dem genannten Kapellmeister wie wenigen nur Episoden, denn drei Viertel des Jahres hindurch herrscht auf offenbar geworden. In der scharfen rhythmischen Kraft, in der dem Mount Hamilton ein fast ungestört heiteres Wetter. Mitunter möglichst klaren Lösung spröder Brahms'scher Gedankenräthsel aber stellten auch im Sommer sich gewisse Bedrängnisse ein. Die und vor allem im Glanze des bis an die äußerste Wasserreservoirs wurden trocken, Erdbeben machten die Grund- Grenze gesteigerten materiellen Orchesterklanges lebt noch immer festen des Observatoriums wanten und fügten ihnen bedenkliche der große Geist Bülow's, welcher die Meininger Hofkapelle Nisse bei. einige Jahre unter seine unwiderstehliche Individualität beugte und in seinem Geifte erzog. Nun, Herr Steinbach ist kein Genie wie Für eine gefchichtliche Darstellung der Volls- Bülow, aber er ist ein begeisterter und den Stoff unbedingt be erhebung von 1848 und der damit zusammenhängenden Kämpfe stehendes Orchester an die energische Sprache seines Stabes herrschender Kapellmeister, welcher sein aus ca. 60 Mann be­durch Deutschland   hat die Deutsche Volkspartei beschlossen, meisterlich gewöhnt hat. zwei Preise auszusehen. Die Schrift soll etwa 10 Druckbogen fülle besitzen die Holzbläser, während in der Blechgruppe( be­Eine edle Weichheit und Klangs umfassen, der Inhalt geschichtlich zuverlässig klar sein. Die Arbeit sonders und in den Hörnern) absolute Verläßlichkeit ist bis 15. Februar 1898 fertig zu stellen. Der erste Preis wurde den Streichern das Verauschende des gesättigten Tones vermißt wird. auf 1000 M., der zweite Preis auf 500 M. festgesetzt. Der engere Das Programm bestand ausschließlich aus Brahms Arbeiten: Ausschuß der Volkspartei erhält das Publikations- und Verlagsrecht Tragische Duvertüre, Konzert für Violine und Cello mit Orchester der prämiirten Arbeiten.

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Literarisches.

- Das Kuratorium der Bauernfeld Stiftung  ( Wien  ) hat einstimmig beschlossen, Ehrengaben zu je tausend Kronen zu verleihen: Rosegger   für sein Werk Ewiges Licht", dem Schriftsteller J. J. David   für seine Novellensammlung" Frühschein", der Schriftstellerin Emilie v. Mataja  ( Emil Marriot  ) für den Roman Junge Ehe", den Dichtern Martin Greif   und Detlev v. Liliencron  für ihre Leistungen auf dem Gebiete der Lyrik  .-

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Theater.

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bei

( Solisten Jof. Joachim und Rob. Hausmann), Orchester­Bariationen über ein Haydn'sches Thema und die erste( E- moll) Symphonie. Nach dem mit überwältigender Intensität gespielten Finale der Symphonie, in welcher die für Brahms   so charakte ristische spröde Pathetik auch nicht einen Augenblick zu bescheidener Gefühlseinfachheit abschwenkt, brach das zahlreiche Publikum in einen geradezu enthusiastischen Beifall aus.

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Unter den Einzelkonzerten der Woche muß der Klavierabend des Herrn Konrad Ansorge mit voller Bewunderung erwähnt werden. Die poetischen Anschlagsarten, sein, die geistige Wesenheit eines Tonstückes ausschöpfender Kunsternst und eine erstaunliche Re­-r. Schiller Theater. Ein frischer, temperamentvoller produktionskraft, welche den Eindruck des eben ursprünglich Bug ging am Freitag durch die Aufführung von Wallenstein's Selbstgeschaffenen macht, lassen Ansorge als einen Pianisten Lager" und der Piccolomini". Man hatte sich aus der bedeutendster Art schäzen. Beethoven'  s Sonate op. 110, nicht triften Energielosigkeit, mit der am 10. November Wallenstein's Liszt's pittoreske und erflügelte Sonatenmusiken, bildete den rechten Tod" gegeben wurde, zu gebührender Anstrengung aufgerafft, und ein großen Rahmen für Ansorge's Künstlerthum. An Süßigkeit des guter, wohlverdienter Erfolg war das Ergebniß solcher Bemühungen. Zones kommt der Violinist Arigo Serato feinem Ideale Die Regie des Schiller- Theaters hat mit rechtem Tatt verstanden, die Sarasate ziemlich nahe; der Bewältigung des Technischen jedoch buntbewegten Bilder des Lagerlebens übersichtlich zu gruppiren, ohne fehlt die Mühelosigkeit, welche das Virtuose nie verdrängt, sondern daß das fluthende Durcheinander zum leblosen Statiftentram stets in den Dienst des Kunstwerks stellt. So gelangen Serato die wurde. Und auch im einzelnen war alles recht tüchtig. Besonders langsamen Gesangsfäße aus dem Mendelssohn'schen und Bruch'schen gefiel uns, daß Herr Schmasow, ein sonst start zu Ueber- Konzerte recht schön, während die Allegro- Theile von vielen unsauberen treibungen neigender Komiker, den Kapuziner nicht als Hanswurst, Elementen befleckt wurden.- fondern nach Gebühr als eifernden Pfaffen gab, der mit Wiz und Wortspielen teinerlei leeres Amusement, sondern eine das Gemüth packende Wirkung ausüben will. Aber auch die In der Stadt Mülheim am Rhein wurden während der Piccolomini wurden besser gegeben, als es nach den wenig er- diesjährigen Herbstferien, ebenso wie im Vorjahre, zur Erholung

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Erziehung und Unterricht.