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bedurften sie häufig des fie häufig des Vorschusses von 6 Livres( un mittleren Japan   noch im Mai manchmal vor, welche den Maulbeer­gefähr 4,50 Mark). Das lieh ihnen der Wucherer durch Ver- und Theepflanzungen sehr großen Schaden zufügen. Man muß sich mittlung der Makler, aber unter der Bedingung, daß ihm die wundern, wie bei den so rauben Wintern subtropische Formen über­Schuldnerin am Ende der Woche dafür 7 Livres und 4 Sous zurück- haupt möglich sind. Unser Flieder und Roßkastanie nach Japan   ver­bringe. So trugen ihm die 6 Livres, wenn er damit fortarbeitete, pflanzt, kommen bei Tokio   nicht zur Blüthe, vielleicht wegen zu großer das Jahr hindurch fast 60 Livres, also das zehnfache ein. Und es Trockenheit des Frühjahrs. Wiesen in unserem Sinne giebt es im gab damals in Paris   sogar sehr reiche Herren, die ihr Geld auf Flachlande nicht; wo feine Felder wegen zu unebenen oder steinigen solche Weise wuchern ließen. Terrains angelegt werden können, find entweder kleinere Waldungen Was muß wohl," sagt Mercier, hierbei am stärksten auf von Cryptaneria oder Bambus angelegt oder wächst ein hohes steifes fallen? Die außerordentliche Bedrängniß dieser Kleinverkäufe- Gras, Arundinaria japonica, welches als Futter für Thiere nicht rinnen, die nicht einmal 6 Livres zu ersparen vermögen, oder das zu brauchen ist und lediglich als Streimittel dient, oft auch einfach sich immer gleichbleibende Glück eines so abscheulichen Wuchers? weggebrannt wird. Dieses Gras verbreitet sich durch Ausläufer sehr Diese Darleiher wissen recht gut, wie sehr die Seltenheit des ge- rasch und wird vielfach sehr lästig, indem gutes Futtergras ver­münzten Geldes von Tag zu Tag unter uns zunimmt, seitdem die drängt wird. Erstaunlich ist die Blüthenfülle der Kirschbäume; an zahlreichen öffentlichen Anleihen dessen Umlauf gehemmt haben. einem Zweig von 28 Zentimetern wurden 152 Blüthen gezählt. Diese Sie verkaufen also ihr Geld, so hoch sie es verkaufen können. Blüthenpracht steht mit dem Ausbleiben der Fruchtbildung im Zu­Hierbei ist die Thatsache eben so gewichtig, daß man desto weniger sammenhang, indem die Reservestoffe sich in sehr hohem Grade ans ohne baares Geld etwas auszurichten vermag, je ärmer man ist. sammeln. Die japanische Gärtnerkunst hat jene Blüthen zu gefüllten Für den Dürftigen giebt es feinen Kredit. Und aus demselben umgestaltet und sehr vergrößert. Viele japanische Baumarten ge­Grunde, aus dem grade er den Wein und das Fleisch theurer als deihen an der atlantischen Küste Nordamerikas   weit besser, als die der Prinz von Geblüt bezahlen muß, ist er auch genöthigt, sechs entsprechenden europäischen   Arten. Staunen muß man über die Livres für einen Himmelschreienden Preis zu erkaufen. Eben hierin große Sorgfalt und Mühe, welche der japanische Bauer auf seine liegt der Grund, warum der Arme so schwer und selten aus dem Felder verwendet; wer die rationellen, auf Drainage und Abgrunde sich wieder herauszuarbeiten vermag, in den er einmal Durchlüftung des Bodens, sowie auf den Schutz gegen die mecha­versunken ist. Er gleitet mit Händen und Füßen ab, wenn er sich nischen Verletzungen der Saaten durch die heftigen Winde bezüglichen herauswinden will. Denn es ist wirklich schwerer, mit fünf Sous Maßnahmen betrachtet, kann der Ueberlegung jener Bauern seine sechs Franken vor sich zu bringen, als mit zehntausend Livres Anerkennung nicht versagen. Die Kaltung des Bodens ist bei der eine Million zu gewinnen. Jene Wucherer verlassen sich nicht allgemeinen Staltarmuth desselben eine sehr rationelle Maßregel, die immer auf ihre Makler oder sonstigen Mittelsmänner allein. Sie feit uralter Zeit dort geübt wird. Kein Bodenchemiker hätte etwas find neugierig genug, den Haufen ihrer ewigen Schuldnerinnen, Befferes vorschlagen fönnen. Schutzwaldungen an der Meerestüste durch die sie bereichert werden, selbst zwei bis dreimal des Jahres gegen Seebeben, und auch im Innern des Landes wurden schon vor zu sehen, um sich aus eigener Ansicht sowohl von der Lage dieser alter Zeit gepflegt. Man hatte unter anderem einen größeren Fisch­Personen, als auch von der Thätigkeit der Makler zu unterrichten. reichthum an den bewaldeten Küsten bemerkt, als an den fahlen. Der Mann, der ein scharlachrothes Kleid, goldene Tressen, einen Bei dem letzten großen Seebeben zeigte sich in eklatanter Weise der Stock mit goldenem Knopfe trägt, nicht anders als in seiner Schutz der Wälder für die dahinter liegenden Ortschaften. Einiges eigenen Equipage fährt, einen fostbaren Diamanten am Finger Interesse verdienen noch die uralten meist auf Anhöhen liegenden schimmern läßt, das Theater besucht und in vornehme Gesell- Tempelwaldungen, welche in der neueren Zeit verstaatlicht wurden fchaften geht, derselbe Mann zieht zu gewissen Tagen im und auf weithin den Siz eines Tempels verrathen.- Monat einen abgeschabten Rock, alte Schuhe und geflickte Strümpfe an, läßt seinen Bart wachsen, färbt die Haare und macht sich weiße Augenbrauen. Dann begiebt er sich in ein abgelegenes Haus, in einen Saal, in dem nichts als eine elende Tapete, ein Reise­bettchen, drei Stühle und ein Kruzifix sich befinden. Hier giebt er gegen sechszig Fischweibern, Krämerinnen und Obsthöferinnen Audienz, worauf er ihnen mit entscheidendem Tone sagt:" Ihr feht, gute Leute, daß ich nicht reicher bin als ihr. Hier sind meine Möbel. Da ist mein Beft, in dem ich schlafe, wenn ich nach Paris  tomme. Ich gebe Euch mein Geld auf Euer Gewissen und auf Eure Religion. Ich habe keine andere Handschrift. Und ihr wißt es, daß ich euch gerichtlich nicht belangen fann. Ich leiste eurem Ge­werbe den besten Dienst. Und da ich so freigebig mit meinem Zu trauen bin, so muß ich auch meine Sicherheit haben. Ihr müßt demnach alle für einander bürgen und mir vor diesem Kruzifix, dem Bilde unseres göttlichen Erlösers, schwören, daß ihr mich nicht in Verlust bringen, sondern mir das redlich wieder erstatten wollt, das ich euch anvertrauen werde." Hierauf heben dann alle Fischweiber und Obsthöferinnen die Hände empor und schwören, daß sie die jenige unter ihnen erdrosseln wollen, die mit der Bezahlung nicht redlich Wort halten werde. Der schlaue Wucherer fragt dann nach den Namen der Weiber und giebt jeder sechs Livres mit den Worten: Ich gewinne das nicht, was ihr gewinnt. Das versteht sich." Die Versammlung geht auseinander und der Menschen freund bleibt mit zwei Kundschaftern allein, denen er nach abgelegter Rechnung ihren Lohn auszahlt. Am andern Morgen fährt er in einem schönen Wagen durch die Hallen. Kein Mensch erkennt ihn wieder, denn er ist ein durchaus anderer Mann. Von Glanz umgeben, wird er in der besten Gesellschaft aufgenommen, und hier spricht er oft an der Ecke eines marmornen Kamins von den Freuden der Wohlthätigkeit und des menschlichen Erbarmens. Niemand streitet ihm die Redlichkeit, die Ehre und sogar eine ge­wiffe Freigebigkeit ab. Und während so über ihn geurtheilt wird, Schröpft und saugt er, bald unsichtbar, bald gegenwärtig, auf vier bis fünf verborgenen Schlupfwinkeln das Mart und Blut des armen Volkes aus."

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Nach solchen Schilderungen versteht man erst das haß- und wutherfüllte Treiben der Damen der Halle" während der Revo­lution. Es war nur Rache an ihren Peinigern und deren wahren und vermeintlichen Helfershelfern....

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Kleines Feuilleton.

Ueber die Flora Japans   sprach in der letzten Bersamm: lung des Botanischen Vereins in München   Dr. D. Löw, der vier Jahre lang als Professor der Agrifulturchemie an der Universität in Zofio wirkte. Die Flora von Japan   stellt ein Gemenge von sub­tropischen und nördlichen Forinen dar; der Reis wächst neben der Gerste und Kartoffel, Thee und Bambus neben Fichten- und Pflaumenbäumen. Während der Sommer im Juli und August heiß und feucht ist und der Südwind weht, herrscht monatelang im Winter ein heftiger, trockener Nordwind, kommen Spätfröste im

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Theater.

Sein

italienische Schauspiel Das Residenz   Theater führte am Sonnabend da um ersten Male auf. Die französischen   Schwänte verfangen nicht Dorina" von Gerolamo Rovetta  mehr, also sucht Direktor Brandt bei den jungen Italienern Zuflucht. Der Name Rovetta   ist in Deutschland   nicht mehr unbekannt. Drama Die Unehrlichen" ist viel gegeben worden. Künstlerisch ist Rovetta  " zu Kompromissen geneigt. Verismus" vor, das heißt Wahrheitsschilderung, im übrigen bleibt Er trägt gern ein wenig es bei alter französischer Theaterschule im Stile Sardous. So ist es auch in seiner" Dorina". In eine herbe Satire scheint dies Drama auszulaufen, doch auf äußerlich spannende, mitunter ganz triviale Bühnen­und sein wesentlicher Inhalt stützt sich effekte. So zerfällt das Schauspiel förmlich in zwei Stücke. Eines will eine bittere soziale Studie sein, das andere, räumlich um faffendere sieht einem Rührdrama zum Verwechseln ähnlich. In Dorina" ist der Roman des alleinstehenden Mädchens erzählt. Im Hause einer italienischen Baronin ist die schöne Dorina Gouvernante. Sie hat es dem Sohn der Baronin, dem jungen Nicki" angethan, und als die Geschichte ernst zu werden droht, jagt die fluge Mutter, um den Sohn zu retten, das arme, schuldlose Mädchen aus dem Hause. Der Nicki soll sich für eine taugliche, also für eine gold­schwere Ehe vorbereiten und, damit er seine Dorina vergeffe, sorgt feine gute Mama um mannigfache zerstreuung für den Herrn Sohn. In wenigen Monaten ist Nicki zum vollendeten Taugenichts um gewandelt und Dorina hatte indeffen ein böses Martyrium zu be­stehen. Eine Stelle findet sie nicht mehr; sie will, da sie prächtige Stimmmittel hat, zur Opernbühne gehen. Jetzt fängt erst das Elend an. Dorina kämpft gegen Ausbeuter, Kuppler und gegen die schlimmste der Kanaillen, cinen Theateragenten; in ihrer höchsten Moth wendet sie sich an den Baron Nicki, der sie ins Mai­ land   aufgesucht hat. Der aber ist inzwischen flug" geworden und hat für ihre Seelenangst nur ein faltes Lächeln übrig. Durch ein Geldgeschent empört er Dorina vollends, und in ihrer Verzweiflung verkauft sich Dorina.

Auf dem Theater kommt sie, wie das zu gehen pflegt, danach vorwärts. Sie ist in Rom   eine vielbegehrte Sängerin, hat einen greifen Herzog, der für ihre Luxusbedürfnisse sorgt, und zugleich einen Kavallerie- Lieutenant zur Hand; kurz, sie lebt ungebunden. Nun erfüllt sich die Satire. Der Baron Nicki fängt aufs neue Feuer; Dorina martert ihn und läßt ihn zappeln, bis die Verlorene ihren höchsten Triumph erlebt und Baronin Dori, die Gattin des adelsstolzen Nidi wird. Dorina ist eine Rolle für weibliche Wandervirtuosen. Hier wurde sie von Frl. Frauendorfer gespielt, die unleidlich sentimental werden kann, wenn sie Rühr­szenen geben soll. Sehr gewandt und anschaulich spielte Herr Böttcher den flug gewordenen und wieder thörichten Nicki. Das Publikum war zum Beifall geftimmt, wurde aber nicht sehr warm. Eine hausbackene Plauderei aus dem Eheleben Neu­vermählter, die Vertheidigung der Zigarre für den Herrn des Hauses, ging Rovetta's Schauspiel voran. ,, Vice versa heißt das Ding, sein Verfasser ist Ernst Hallenstein.-

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